§ 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer nach wie vor anwendbar

Mai 13, 2025

§ 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer nach wie vor anwendbar

BFH Urteil vom 09. April 2014, II R 48/12

Sehr geehrte Damen und Herren,
in unserem heutigen Beitrag möchten wir Ihnen ein wichtiges Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) näherbringen, das sich mit der Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Vorliegen von Nutzungsrechten an Immobilien befasst. Auch wenn die juristischen Details komplex erscheinen mögen, möchten wir Ihnen die Kernaussage dieses Urteils verständlich erläutern. Bleibt alles beim Alten?

Die Anwendung von § 16 BewG
Sie fragen sich vielleicht, was mit § 16 des Bewertungsgesetzes (BewG) gemeint ist.
Vereinfacht gesagt, regelt diese Vorschrift, wie der Wert eines sogenannten „Nutzungsrechts“ an einem Wirtschaftsgut – in unserem Fall oft ein Grundstück oder ein Haus – für die Steuer berechnet wird.
Ein Nutzungsrecht kann beispielsweise ein lebenslanges Wohnrecht sein, das einer Person zusteht, auch wenn sie nicht Eigentümer der Immobilie ist. Der BFH hat in seinem Urteil vom 9. April 2014 (Aktenzeichen II R 48/12) klargestellt, dass § 16 BewG weiterhin angewendet wird, wenn der Wert dieses Nutzungsrechts bei der Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer vom sogenannten „Grundbesitzwert“ abgezogen wird. Der Grundbesitzwert ist der Wert, den das Finanzamt für die Immobilie ansetzt. Eine wichtige Ausnahme: Der „niedrigere gemeine Wert“

Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von dieser Regel. Wenn Sie nachweisen können, dass der tatsächliche Verkehrswert (der „gemeine Wert“) der Immobilie niedriger ist als der vom Finanzamt festgesetzte Grundbesitzwert, und dieser niedrigere Wert bereits das Nutzungsrecht berücksichtigt, dann findet § 16 BewG keine Anwendung. In diesem Fall wird der tatsächliche Wert inklusive der Wertminderung durch das Nutzungsrecht angesetzt.

§ 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer nach wie vor anwendbar

Ein praktisches Beispiel zur Verdeutlichung

Stellen Sie sich vor, eine ältere Dame hat ihrer Pflegetochter ihr Haus geschenkt, behält aber ein lebenslanges Wohnrecht. Ein Gutachter schätzt den Wert des Hauses auf 60.000 Euro und den Wert des Wohnrechts auf 43.000 Euro. Das Finanzamt setzt den Grundbesitzwert zunächst auf 53.874 Euro fest.

Nun kommt § 16 BewG ins Spiel.

Dieser begrenzt den jährlichen Wert des Wohnrechts. Das Finanzamt teilte den Grundbesitzwert durch 18,6, um den jährlichen Wert zu ermitteln, und multiplizierte diesen dann mit einem Faktor, der die Lebenserwartung der älteren Dame berücksichtigt. So kamen sie auf einen Kapitalwert des Wohnrechts von 23.000 Euro.

Dieser Wert wurde vom Grundbesitzwert abgezogen, um die Schenkungsteuer zu berechnen. Das Gericht stellte nun fest, dass diese Vorgehensweise korrekt ist, solange der niedrigere Verkehrswert des Hauses nicht nachgewiesen wurde und das Nutzungsrecht bereits in dessen Berechnung eingeflossen ist.

Was bedeutet das für Sie?

Dieses Urteil bestätigt, dass die Berechnung des Werts von Nutzungsrechten nach § 16 BewG bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin relevant ist. Es zeigt aber auch, dass es wichtig sein kann, den tatsächlichen Verkehrswert einer Immobilie im Blick zu behalten und gegebenenfalls nachzuweisen, um eine möglicherweise günstigere Steuerberechnung zu erzielen.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen diese komplexe Thematik etwas näherbringen.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Team von RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Überwachung auf dem eigenen Grundstück

Überwachung auf dem eigenen Grundstück

Juni 11, 2025
Überwachung auf dem eigenen Grundstück: Wann verletzt sie die Rechte der Nachbarn?Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1…
Bauträgervertrag - Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!

Bauträgervertrag – Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!

Juni 9, 2025
Bauträgervertrag – Unwesentliche Protokoll-Mängel vorhanden: Fertigstellungsrate wird nicht fällig!RA und Notar KrauIn einem Fall vor dem La…
Was bedeutet "fertiggestellt" bei Bauverträgen?

Was bedeutet „fertiggestellt“ bei Bauverträgen?

Juni 9, 2025
Was bedeutet „fertiggestellt“ bei Bauverträgen?KG, 27.05.2025 – 21 W 8/25RA und Notar KrauDas Kammergericht Berlin hat eine wichtige Ent…