§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Anfechtungsgründe

Juni 8, 2025

§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Anfechtungsgründe

Selbst wenn Sie kein Jurist sind, können Sie mit erbrechtlichen Themen in Berührung kommen. In diesem Blogbeitrag erkläre ich Ihnen die komplizierten Regeln rund um die Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft und wann Sie Ihre Entscheidung rückgängig machen können.

Was ist die „Anfechtung“ einer Erbschaftserklärung?

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine wichtige Entscheidung getroffen, zum Beispiel eine Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen. Später merken Sie, dass diese Entscheidung auf einem Irrtum beruhte oder Sie getäuscht wurden. In solchen Fällen ermöglicht das Gesetz, Ihre Erklärung „anzufechten“. Das bedeutet, Sie können Ihre Entscheidung unter bestimmten Umständen rückgängig machen.

Die gesetzlichen Regeln für die Anfechtung (in den Paragraphen 1954-1957 des Bürgerlichen Gesetzbuches) legen hauptsächlich fest, wie Sie eine Anfechtung formal vornehmen müssen. Die eigentlichen Gründe, warum Sie anfechten dürfen, finden sich in anderen Paragraphen, die allgemein für alle möglichen Erklärungen gelten.

Wann kann ich eine Erbschaftserklärung anfechten?

Im Erbrecht gibt es hauptsächlich drei Gründe, aus denen Sie Ihre Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft anfechten können:

  1. Wenn Sie getäuscht oder bedroht wurden
    Stellen Sie sich vor, jemand hat Sie absichtlich getäuscht oder bedroht, damit Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Das Gesetz schützt Sie davor, unter solchem Druck eine Entscheidung zu treffen. Wenn Ihre Erklärung aufgrund einer arglistigen Täuschung (also einer bewussten Falschaussage) oder einer Drohung erfolgte, können Sie diese anfechten. Das gilt auch, wenn Sie durch Täuschung oder Drohung die Frist für die Ausschlagung verpasst haben.
  2. Wenn Sie sich im Inhalt Ihrer Erklärung geirrt haben (Inhaltsirrtum)
    Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn Sie zwar wissen, was Sie sagen oder tun, sich aber über die Bedeutung oder Tragweite Ihrer Handlung irren. Sie wissen also, welche Worte Sie wählen oder welche Handlung Sie ausführen, aber Ihnen ist nicht klar, was diese Worte oder Handlungen rechtlich bedeuten.

Das ist besonders wichtig, wenn Sie eine Erbschaft nicht ausdrücklich angenommen, sondern durch Ihr Verhalten („schlüssige Annahmehandlung“) zu erkennen gegeben haben, dass Sie die Erbschaft annehmen wollen. Hier ein paar Beispiele, wann ein Inhaltsirrtum vorliegen könnte:

Sie bezahlen Schulden des Nachlasses: Sie denken, Sie müssen das tun, weil Sie der vorläufige Erbe sind, wollen aber eigentlich die Erbschaft nicht endgültig behalten.

Sie verkaufen oder verbrauchen Nachlassgegenstände: Sie tun dies, ohne zu wissen, dass die Gegenstände zur Erbschaft gehören.

Sie beantragen einen Erbschein: Sie glauben, dass Sie die Erbschaft trotz dieses Antrags noch ausschlagen könnten, weil die Ausschlagungsfrist noch läuft.

Sie treffen Verfügungen über Nachlassgegenstände, die nicht dringend sind: Sie halten diese Verfügungen irrtümlich für notwendig.

Sie wussten nicht, dass Ihre Handlung die Annahme der Erbschaft bedeutet: Oder Sie kannten Ihr Recht zur Ausschlagung nicht.

Sie dachten, Sie wären aus einem bestimmten Grund Erbe geworden (z.B. durch ein Testament), und haben deshalb etwas getan, was als Annahme gilt, obwohl Sie in Wirklichkeit aus einem anderen Grund (z.B. Erbvertrag) Erbe waren.

§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Anfechtungsgründe

Wenn Sie sich über rechtliche Konsequenzen irren (Rechtsirrtum / Rechtsfolgenirrtum)

Grundsätzlich ist ein bloßer Rechtsirrtum oder Motivirrtum (also ein Irrtum über die Beweggründe Ihrer Entscheidung) normalerweise kein Grund zur Anfechtung.

Das Gesetz geht davon aus, dass jeder für seine Beweggründe selbst verantwortlich ist. Es gibt jedoch Ausnahmen:

Der Irrtum über die Person des Nächstberufenen: Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen, weil Sie fälschlicherweise glauben, sie würde dann einer bestimmten Person zufallen, und sie fällt stattdessen einer anderen Person zu, ist das in der Regel kein ausreichender Anfechtungsgrund. Hier irren Sie sich über eine mittelbare Folge Ihrer Ausschlagung, nicht über die unmittelbare Folge (nämlich dass Sie selbst nicht Erbe werden).

Ausnahme: Wenn Sie ein Wahlrecht nicht kannten: Es gibt Fälle, in denen das Gesetz Ihnen ein Wahlrecht einräumt, das Sie nicht kannten.

Ein wichtiges Beispiel ist, wenn Sie als pflichtteilsberechtigter Erbe eine Erbschaft antreten, die mit Beschränkungen oder Lasten verbunden ist. Wenn Sie in dieser Situation die Erbschaft annehmen, weil Sie nicht wissen, dass Sie sie ausschlagen können, um stattdessen Ihren Pflichtteil zu verlangen, liegt ein beachtlicher Irrtum vor. Das Gleiche gilt, wenn Sie als Ehegatte die Erbschaft Ihres verstorbenen Partners annehmen, ohne zu wissen, dass Sie diese auch ausschlagen könnten, um den konkreten Zugewinnausgleich und einen kleinen Pflichtteil zu erhalten.

Unkenntnis über die Möglichkeit, Bindungen zu lösen: Wenn Sie in einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag gebunden sind und nicht wissen, dass Sie diese Bindung durch Ausschlagung des Ihnen Zugewandten aufheben können, ist dies ebenfalls ein beachtlicher Irrtum. Hier irren Sie sich nicht nur über eine Folge, sondern über ein Ihnen zustehendes Wahlrecht.

Was ist, wenn ich die Erbschaft „zugunsten eines Dritten“ ausschlagen wollte?

Manchmal möchten Menschen eine Erbschaft nicht für sich selbst annehmen, sondern sie direkt einer anderen Person zukommen lassen. Wenn Sie eine Erbschaft mit dem Ziel ausschlagen, dass sie einer bestimmten Person zufällt, handelt es sich rechtlich gesehen nicht um eine wirksame Ausschlagung. In solchen Fällen wird oft davon ausgegangen, dass Sie die Erbschaft konkludent angenommen haben und versuchen, sie anschließend der anderen Person zu übertragen. Das ist ein wichtiger Unterschied!

Fazit

Die Regeln rund um die Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft und deren Anfechtung sind komplex. Ein kleiner Irrtum kann weitreichende Folgen haben. Es ist entscheidend zu wissen, wann Sie Ihre Entscheidung rückgängig machen können, um ungewollte Rechtsfolgen zu vermeiden.

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen sollen oder ob Sie eine bereits getroffene Entscheidung anfechten können, zögern Sie nicht, sich rechtlich beraten zu lassen.

Wir stehen Ihnen bei RA und Notar Krau gerne zur Seite, um Ihre individuelle Situation zu prüfen und Sie umfassend zu beraten.

Schlagworte

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.