§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Kausalität des Irrtums
Erbschaft ausschlagen oder annehmen: Wann ein Irrtum Sie retten kann!
Als Erbe stehen Sie vor einer wichtigen Entscheidung: die Erbschaft annehmen oder ausschlagen? Doch was passiert, wenn Sie diese Entscheidung aufgrund eines Irrtums treffen? Kann man das rückgängig machen? Ja, unter bestimmten Umständen ist das möglich! In diesem Blogbeitrag, verfasst von RA und Notar Krau, beleuchten wir, wann ein Irrtum bei der Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft eine Rolle spielt und wie Sie Ihre Rechte wahrnehmen können.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erbschaft angenommen, weil Sie dachten, der Nachlass sei wertvoll. Später stellt sich heraus: Er war überschuldet. Hier kommt die sogenannte Irrtumsanfechtung ins Spiel. Damit diese erfolgreich ist, muss Ihr Irrtum „ursächlich“ für Ihre Entscheidung gewesen sein. Das bedeutet: Hätten Sie den wahren Sachverhalt gekannt, hätten Sie die Erbschaft nicht angenommen oder ausgeschlagen.
Es geht nicht darum, dass Sie bei Kenntnis der Lage sofort die gegenteilige Entscheidung getroffen hätten. Es reicht, wenn Sie die Dinge erst einmal offengelassen hätten, um sich genauer zu informieren. Ihr eigenes Verschulden, also ob Sie den Irrtum hätten vermeiden können, spielt dabei keine Rolle.
Um zu beurteilen, ob Ihr Irrtum ursächlich war, wird die Situation aus der Sicht eines „verständigen Dritten“ betrachtet. Man fragt sich: Hätte jemand anderes in Ihrer Situation, mit den Informationen, die Ihnen zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt waren oder die Sie mit zumutbarem Aufwand hätten herausfinden können, genauso gehandelt?
Es ist wichtig zu wissen, dass nur Umstände berücksichtigt werden, die Ihnen damals bekannt waren oder leicht zu erfahren gewesen wären. Informationen, die Sie erst viel später bekommen haben, spielen keine Rolle. Diese Regelung soll verhindern, dass jemand das Anfechtungsrecht missbraucht, nur weil sich später seine Meinung geändert hat. Es geht um Rechtssicherheit.
Die Praxis zeigt: Ein Erbe schlägt einen überschuldeten Nachlass in der Regel aus. Wenn Sie sich also über die (Nicht-)Überschuldung geirrt haben, ist das oft ein wichtiger Anfechtungsgrund. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Irrtum über die wirtschaftliche Lage des Nachlasses nicht als ursächlich angesehen wird.
Ein Irrtum ist dann nicht ursächlich, wenn er wirtschaftlich unbedeutend ist oder wenn Sie Ihre Erklärung unbedacht abgegeben haben.
Es kommt nicht darauf an, wie viel ein einzelner Gegenstand wert ist, über den Sie sich geirrt haben. Entscheidend ist, ob dieser Irrtum wirklich ausschlaggebend für Ihre Entscheidung war, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen.
Wann ein Irrtum wirtschaftlich bedeutsam ist (Beispiele):
Wann ein Irrtum wirtschaftlich unerheblich ist (Beispiele):
Ein Irrtum ist auch dann nicht ursächlich, wenn Sie die Erbschaft ohne nachzudenken angenommen oder ausgeschlagen haben. Das ist der Fall, wenn Sie sich keine Gedanken über die finanzielle Lage des Nachlasses gemacht haben, Ihnen das egal war oder Sie die Entscheidung auch bei Kenntnis der Wahrheit so getroffen hätten.
Wann eine „unbedachte“ Erklärung vorliegt (Beispiele):
Wann keine „unbedachte“ Erklärung vorliegt (Beispiele):
Neben den bisher genannten Irrtümern gibt es auch den Inhaltsirrtum. Hier irren Sie sich über die rechtliche Bedeutung Ihrer Erklärung.
Wann ein Inhaltsirrtum ursächlich ist (Beispiele):
Wann ein Inhaltsirrtum nicht ursächlich ist (Beispiele):
Grundsätzlich muss der Irrtum in der Person des Erklärenden (also bei Ihnen als Erbe) vorliegen. Wenn die Annahme oder Ausschlagung von einem gesetzlichen Vertreter (z.B. Ihren Eltern für ein minderjähriges Kind) erklärt wurde, kommt es auf dessen Irrtum an. Bei mehreren Vertretern reicht es, wenn einer von ihnen im Irrtum war.
Selbst wenn Sie unter Betreuung stehen, kommt es auf Ihre eigene Fehlvorstellung an. Kenntnisse Ihres Betreuers werden Ihnen in diesem Fall nicht zugerechnet.
Die Materie des Erbrechts kann komplex sein. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie Ihre Entscheidung bezüglich einer Erbschaft aufgrund eines Irrtums angefochten werden kann, zögern Sie nicht, sich an uns zu wenden. Als RA und Notar Krau stehen wir Ihnen mit unserer Expertise zur Seite und helfen Ihnen, Ihre Rechte zu wahren.