§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Personenbezogener und nachlassbezogener Eigenschaftsirrtum

Juni 8, 2025

§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Personenbezogener und nachlassbezogener Eigenschaftsirrtum

Wenn der Erbschein zum Stolperstein wird: Wann Sie eine Erbschaft doch noch ablehnen können

Manchmal kommt es anders, als man denkt – besonders, wenn es ums Erben geht. Sie haben eine Erbschaft angenommen, aber im Nachhinein stellt sich heraus, dass wichtige Dinge ganz anders sind, als Sie dachten? Vielleicht ist der Nachlass doch überschuldet, oder es tauchen unerwartete Belastungen auf? Dann könnte eine sogenannte Anfechtung der Annahme der Erbschaft Ihr Ausweg sein.

Als Rechtsanwalt und Notar Krau beleuchte ich für Sie, unter welchen Umständen Sie eine bereits angenommene Erbschaft rückgängig machen können. Ziel ist es, Ihnen die oft komplexen juristischen Regelungen verständlich zu machen, damit Sie wissen, welche Möglichkeiten Sie haben.


Was bedeutet „Irrtum“ im Erbrecht?

Im deutschen Recht gibt es die Möglichkeit, eine Erklärung – wie die Annahme einer Erbschaft – anzufechten, wenn man sich bei der Abgabe dieser Erklärung geirrt hat. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) spricht hier vom sogenannten „Eigenschaftsirrtum“ (§ 119 Abs. 2 BGB).

Vereinfacht gesagt: Ein Irrtum ist dann relevant, wenn er sich auf eine wesentliche Eigenschaft des „Gegenstands des Rechtsgeschäfts“ bezieht. Im Erbrecht ist dieser Gegenstand nicht nur eine einzelne Sache, sondern die gesamte Erbschaft – der sogenannte Nachlass.


Welche Eigenschaften der Erbschaft sind wichtig?

Die Erbschaft ist oft ein buntes Sammelsurium aus vielen verschiedenen Dingen – von Immobilien über Möbel bis hin zu Schulden. Nicht jeder Irrtum über eine Eigenschaft des Nachlasses berechtigt zur Anfechtung.

Wichtige Eigenschaften sind zum Beispiel:

  • Die genaue Höhe Ihres Erbanteils: Wenn Sie dachten, Sie erben die Hälfte, es aber nur ein Viertel ist, weil ein weiterer Erbe auftaucht, kann das ein Grund zur Anfechtung sein. Dieser Irrtum betrifft direkt, wie stark Sie am Nachlass beteiligt sind.
  • Belastungen und Beschränkungen des Nachlasses: Dazu gehören etwa die Anordnung einer Nacherbschaft (Sie erben nur vorübergehend, dann jemand anderes), die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers (jemand verwaltet den Nachlass an Ihrer Stelle) oder die Verpflichtung zur Erfüllung eines Vermächtnisses (Sie müssen jemandem etwas aus dem Nachlass geben). Wenn Sie von solchen Belastungen nichts wussten und sie den Wert oder die Nutzung der Erbschaft erheblich beeinflussen, kann dies ein Anfechtungsgrund sein.

Was in der Regel KEINE wichtige Eigenschaft ist:

  • Der reine Wert des Nachlasses: Wenn Sie sich einfach nur über den Wert eines Gegenstands oder des gesamten Nachlasses täuschen (z.B. Sie dachten, das Haus ist mehr wert), ist das in der Regel kein ausreichender Anfechtungsgrund. Juristen sprechen hier von einem „Motivirrtum“ oder „Bewertungsirrtum“ – eine unzureichende Einschätzung, die nicht zur Anfechtung berechtigt.
  • Die Möglichkeit der Verwertung des Nachlasses: Auch wenn Sie sich irren, ob Sie den Nachlass gut verwerten können, ist das meist kein Anfechtungsgrund, da dies von äußeren Umständen abhängt.
  • Die Erbschaftsteuerlast: Ein Irrtum über die genaue Höhe der Erbschaftsteuer, die Sie zahlen müssen, ist ebenfalls kein Anfechtungsgrund.

§ 1954 BGB Anfechtungsfrist – Personenbezogener und nachlassbezogener Eigenschaftsirrtum


Der häufigste Irrtum: Ist der Nachlass überschuldet?

Ein besonders relevanter Punkt ist die Frage, ob der Nachlass überschuldet ist. Das bedeutet, dass die Schulden des Erblassers höher sind als das vorhandene Vermögen.

Viele Gerichte und Juristen sehen eine Überschuldung oder Nicht-Überschuldung des Nachlasses als eine wesentliche Eigenschaft an. Es ist oft der Hauptgrund, warum Erbschaften überhaupt ausgeschlagen werden. Wenn Sie also die Erbschaft angenommen haben, weil Sie dachten, sie sei werthaltig, und sich dann herausstellt, dass sie überschuldet ist, kann dies einen Anfechtungsgrund darstellen.

Wichtig: Es geht hier nicht nur darum, dass Sie sich im Wert des Nachlasses irren, sondern darum, dass die Gesamtlage der Finanzen eine völlig andere ist. Wenn Sie beispielsweise eine erhebliche Schuld des Erblassers nicht kannten, die den Nachlass überschuldet, können Sie die Annahme anfechten.


Die Zusammensetzung des Nachlasses: Wann ist ein Irrtum beachtlich?

Auch wenn Sie sich über einzelne Gegenstände im Nachlass irren, kann dies zur Anfechtung berechtigen.

  • Irrtum über das Vorhandensein eines Gegenstands: Wenn Sie dachten, ein wertvoller Gegenstand gehört zum Nachlass, dieser aber tatsächlich nicht da ist, kann dies ein Anfechtungsgrund sein.
  • Irrtum über das Nichtvorhandensein eines Gegenstands: Umgekehrt gilt das auch: Wenn Sie dachten, ein bestimmter Gegenstand gehört nicht zum Nachlass (z.B. eine Forderung, die Sie für verjährt hielten), er aber doch dazu gehört, kann das ebenfalls zur Anfechtung berechtigen.

Was tun, wenn Sie sich geirrt haben?

Wenn Sie feststellen, dass Sie sich über eine wesentliche Eigenschaft der Erbschaft geirrt haben, können Sie die Annahme der Erbschaft anfechten. Dies muss innerhalb einer bestimmten Frist geschehen und gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

Es ist ratsam, sich in einem solchen Fall umgehend rechtlichen Rat einzuholen. Als Rechtsanwalt und Notar Krau stehe ich Ihnen gerne zur Seite, um Ihre individuelle Situation zu prüfen und die beste Vorgehensweise zu besprechen.

Denken Sie daran: Eine Erbschaft ist nicht nur ein Geschenk, sondern oft auch eine Verantwortung. Prüfen Sie sorgfältig, was Sie da annehmen – und wissen Sie, dass Sie unter bestimmten Umständen die Möglichkeit haben, einen einmal gemachten Schritt rückgängig zu machen.


Haben Sie Fragen zur Anfechtung einer Erbschaft oder zu anderen erbrechtlichen Themen? Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren!

Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau.

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