§ 1954 BGB – Die Berechnung der Anfechtungsfrist

Juni 8, 2025

§ 1954 BGB – Die Berechnung der Anfechtungsfrist

Erbschaft anfechten – wann und wie lange?

Stellen Sie sich vor, Sie erben – und dann stellt sich heraus, dass doch nicht alles so ist, wie Sie dachten. Vielleicht haben Sie sich geirrt, wurden getäuscht oder sogar bedroht. In solchen Fällen kann es sein, dass Sie die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft anfechten möchten. Aber wie lange haben Sie dafür Zeit und was müssen Sie beachten? Als Ihr Rechtsanwalt und Notar möchte ich, Krau, Ihnen hier einen verständlichen Überblick geben.

Die normale Frist: Sechs Wochen sind die Regel

Im Allgemeinen haben Sie sechs Wochen Zeit, um die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft anzufechten. Diese Frist gilt, egal ob Sie sich geirrt haben, getäuscht wurden oder unter Drohung gehandelt haben.

Diese sechs Wochen sind bewusst gewählt: Sie sollen Ihnen genug Zeit geben, um in Ruhe über alles nachzudenken und sich zu entscheiden. Gleichzeitig soll aber auch schnell Klarheit über die Erbschaft geschaffen werden, damit nicht über lange Zeit Unsicherheit herrscht.

Wichtig zu wissen: Diese Frist ist eine sogenannte „Ausschlussfrist“. Das bedeutet, sie kann nicht einfach verlängert werden. Wenn Sie die Frist verpassen, ist es in der Regel sehr schwierig, Ihre Anfechtung doch noch durchzusetzen.

Längere Frist bei Auslandsbezug: Sechs Monate

Es gibt Ausnahmen, in denen die Frist auf sechs Monate verlängert wird:

  • Wenn der Verstorbene (der Erblasser) seinen einzigen Wohnsitz im Ausland hatte.
  • Wenn Sie sich selbst zu Beginn der Anfechtungsfrist im Ausland aufgehalten haben.

Hier soll sichergestellt werden, dass Sie auch bei internationalen Bezügen genügend Zeit haben, sich um alles zu kümmern.


Wann beginnt die Frist zu laufen?

Der Startschuss für Ihre Anfechtungsfrist ist entscheidend. Hier kommt es darauf an, warum Sie die Erbschaft anfechten wollen:

Wenn Sie bedroht wurden:

Die Frist beginnt erst, wenn die Zwangslage, also die Bedrohung, endet. Das wird aus Ihrer persönlichen Sicht beurteilt.

In allen anderen Fällen (Irrtum oder Täuschung):

Die Frist beginnt, sobald Sie sicher wissen, was der Grund für Ihre Anfechtung ist. Es reicht nicht, dass Sie es hätten wissen können oder vermuten. Sie müssen eine klare und sichere Vorstellung davon haben, was Sie zur Anfechtung berechtigt.

Ein Beispiel: Sie erfahren von einer hohen Forderung gegen den Nachlass. Die Frist beginnt nicht schon, wenn der Gläubiger Ihnen die Forderung mitteilt. Sie beginnt erst, wenn Sie wissen, dass diese Forderung auch tatsächlich durchsetzbar ist – also zum Beispiel, wenn Sie nicht durch Einreden wie Verjährung geschützt sind.

Es ist auch unerheblich, ob Sie selbst bereits wussten, dass Sie überhaupt ein Anfechtungsrecht haben. Entscheidend ist die Kenntnis des Anfechtungsgrundes.

§ 1954 BGB – Die Berechnung der Anfechtungsfrist


Was passiert, wenn Sie nicht geschäftsfähig sind oder versterben?

  • Bei nicht oder nur eingeschränkt geschäftsfähigen Personen: Hier zählt das Wissen des gesetzlichen Vertreters (zum Beispiel der Eltern oder eines Betreuers).
  • Wenn der Anfechtungsberechtigte verstirbt: Die Anfechtungsfrist für die Erben des Verstorbenen endet in der Regel erst sechs Wochen (oder sechs Monate bei Auslandsbezug) nach deren eigener Annahme der Erbschaft. Hier wird sichergestellt, dass auch die neuen Erben genügend Zeit für eine Entscheidung haben.

Die absolute Obergrenze: 30 Jahre

Es gibt eine absolute Höchstgrenze: Eine Anfechtung ist spätestens 30 Jahre nach der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft möglich. Diese sehr lange Frist soll sicherstellen, dass auch nach sehr langer Zeit noch eine Korrektur möglich ist, auch wenn die ursprüngliche sechswöchige oder sechsmonatige Frist schon abgelaufen ist. Diese 30-Jahres-Frist läuft unabhängig davon, ob Sie von einem Anfechtungsgrund wissen oder nicht und kann nicht verlängert werden.


Wer muss was beweisen?

Wenn es darum geht, ob eine Anfechtung wirksam ist, gibt es klare Regeln, wer was beweisen muss:

  • Wenn Sie sich auf eine wirksame Anfechtung berufen: Sie müssen beweisen, dass ein Anfechtungsgrund vorlag (z. B. ein Irrtum), dass Sie die Anfechtung formgerecht erklärt haben und wann Ihre Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht eingegangen ist.
  • Wenn jemand behauptet, die Anfechtungsfrist sei abgelaufen: Derjenige muss beweisen, dass die Frist versäumt wurde. Dazu muss er beweisen, wann Sie vom Anfechtungsgrund erfahren haben oder wann eine Zwangslage endete.

Auch in gerichtlichen Verfahren wird diese Beweislastverteilung angewendet. Das Nachlassgericht prüft von sich aus, ob die Fristen eingehalten wurden.


Ich hoffe, dieser Überblick hat Ihnen geholfen, das Thema der Erbschaftsanfechtung besser zu verstehen. Wenn Sie Fragen haben oder eine Anfechtung in Erwägung ziehen, stehe ich Ihnen als Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau jederzeit gerne zur Verfügung, um Sie persönlich zu beraten und Ihre Interessen zu vertreten.

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