§ 1957 Wirkung der Anfechtung

Juni 8, 2025

§ 1957 Wirkung der Anfechtung

Liebe Leserin, lieber Leser,

manchmal kommt es im Leben anders, als man denkt – besonders, wenn es ums Erben geht. Haben Sie sich schon einmal gefragt, was passiert, wenn Sie eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen, und es dann doch bereuen? Genau hier setzt ein wichtiger Paragraph im deutschen Erbrecht an, der § 1957 BGB. Er regelt, was geschieht, wenn man seine Entscheidung zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft nachträglich „anficht“. Als Rechtsanwalt und Notar Krau möchte ich Ihnen heute dieses Thema näherbringen.


Was bedeutet „Anfechtung“ im Erbrecht?

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erbschaft ausgeschlagen, weil Sie dachten, der Nachlass sei überschuldet. Später erfahren Sie aber, dass dies ein Irrtum war und es doch ein beträchtliches Vermögen gibt. Oder umgekehrt: Sie haben eine Erbschaft angenommen, nur um kurz darauf festzustellen, dass Sie damit unwissentlich enorme Schulden geerbt haben. In solchen Fällen ermöglicht das Gesetz eine „Anfechtung“ Ihrer ursprünglichen Erklärung.

Anfechtung bedeutet, dass Ihre ursprüngliche Entscheidung – ob Annahme oder Ausschlagung – rückwirkend so behandelt wird, als hätte es sie nie gegeben. Es ist, als würde man die Zeit zurückdrehen und den Fehler ungeschehen machen.


Wenn die Annahme zur Ausschlagung wird und umgekehrt

Genau das regelt § 1957 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in aller Deutlichkeit:

  • Anfechtung der Annahme = Ausschlagung: Wenn Sie Ihre Annahme der Erbschaft erfolgreich anfechten, gilt das automatisch als Ausschlagung der Erbschaft. Sie müssen dann nicht noch einmal extra die Ausschlagung erklären. Das Gesetz geht davon aus, dass Sie nun das Gegenteil Ihrer ersten Entscheidung wünschen.
  • Anfechtung der Ausschlagung = Annahme: Wenn Sie Ihre Ausschlagung der Erbschaft erfolgreich anfechten, gilt das automatisch als Annahme der Erbschaft. Auch hier müssen Sie keine weitere Erklärung abgeben.

Diese Regelung schafft Klarheit und Rechtssicherheit. Ohne sie gäbe es einen „Schwebezustand“, in dem niemand wüsste, ob die Erbschaft nun angenommen oder ausgeschlagen ist. Das Gesetz verhindert diesen Zustand im Interesse aller Beteiligten. Es ist eine Art Abkürzung, die Ihnen erspart, zwei Schritte zu gehen, wenn einer ausreicht.

§ 1957 Wirkung der Anfechtung


Warum das Nachlassgericht informiert wird

Stellen Sie sich vor, Sie schlagen eine Erbschaft aus, und dadurch rückt der Nächste in der Erbfolge nach. Dieser Erbe nimmt die Erbschaft vielleicht sogar schon an und beginnt, sich um den Nachlass zu kümmern. Was passiert, wenn Sie nun Ihre Ausschlagung anfechten und plötzlich selbst Erbe werden?

Genau hier kommt § 1957 Absatz 2 BGB ins Spiel. Er verpflichtet das Nachlassgericht, also das zuständige Gericht, das sich um Erbschaftsangelegenheiten kümmert, denjenigen zu informieren, dem die Erbschaft infolge Ihrer Ausschlagung ursprünglich zugefallen war. Dies dient dem Schutz der „nachrückenden“ Erben. Sie sollen erfahren, dass sich die Situation geändert hat und sie möglicherweise doch nicht Erbe bleiben. So können sie ihrerseits reagieren und wissen, woran sie sind.


Wann eine Anfechtung möglich ist und welche Folgen sie hat

Damit eine Anfechtung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören:

  • Ein Anfechtungsgrund: Es muss einen triftigen Grund geben, warum Sie Ihre ursprüngliche Erklärung anfechten wollen, z.B. einen Irrtum über wichtige Eigenschaften des Nachlasses.
  • Die richtige Form und Frist: Die Anfechtung muss formgerecht (schriftlich, oft notariell beglaubigt oder zu Protokoll des Nachlassgerichts) und innerhalb einer bestimmten Frist (meist sechs Wochen ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes) gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.
  • Keine Bedingungen: Sie können die Anfechtung nicht an Bedingungen knüpfen. Entweder Sie fechten an, und die oben genannten Rechtsfolgen treten ein, oder nicht.

Was passiert mit Ihrer Erbenstellung?

  • Wenn Sie die Annahme anfechten: Sie verlieren rückwirkend Ihre Stellung als Erbe. Die Erbschaft fällt dann dem Nächsten in der Erbfolge zu. Für die Zeit, in der Sie fälschlicherweise Erbe waren, können aber bestimmte Pflichten oder Ansprüche bestehen bleiben.
  • Wenn Sie die Ausschlagung anfechten: Sie werden rückwirkend zum Erben. Die Person, die nach Ihrer Ausschlagung Erbe geworden war, verliert ihre Erbenstellung und muss den Nachlass an Sie herausgeben. Auch hier gibt es Regelungen, um die Interessen des ursprünglich eingesetzten Erben zu schützen, etwa wenn er gutgläubig gehandelt hat.

Fazit

Der § 1957 BGB ist ein wichtiger Baustein im deutschen Erbrecht. Er sorgt dafür, dass Ihre Entscheidungen bezüglich einer Erbschaft nicht endgültig sind, wenn Sie sich im Irrtum befanden. Gleichzeitig schafft er durch klare Regeln und Informationspflichten Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Wenn Sie Fragen zur Anfechtung einer Erbschaft haben oder rechtliche Unterstützung benötigen, stehe ich Ihnen als Ihr Ansprechpartner, Rechtsanwalt und Notar Krau, gerne zur Verfügung.

Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau

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