§ 1958 BGB Keine Klage vor Annahme der Erbschaft

Juni 8, 2025

§ 1958 BGB Keine Klage vor Annahme der Erbschaft

Es freut mich, Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau die komplexe Welt des Erbrechts näherzubringen. Heute sprechen wir über einen wichtigen Schutz für Erben: Wann Sie als Erbe gerichtlich in Anspruch genommen werden können – und wann eben nicht.


Wenn der Todesfall eintritt: Die Rolle des vorläufigen Erben

Stellen Sie sich vor, ein geliebter Mensch verstirbt. Als Angehöriger, den der Verstorbene in seinem Testament bedacht hat oder der als gesetzlicher Erbe infrage kommt, sind Sie möglicherweise der Erbe. Doch „Erbe sein“ ist nicht immer einfach, besonders am Anfang. Direkt nach dem Tod fällt die Erbschaft zwar „automatisch“ an Sie, aber Sie haben als Erbe eine wichtige Entscheidungsfrist: Sie können die Erbschaft annehmen oder ausschlagen.

In dieser Phase, bevor Sie sich entschieden haben, sind Sie quasi ein „vorläufiger Erbe“. Und genau hier setzt § 1958 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an.


Das Ruhekissen für den vorläufigen Erben: Schutz vor frühen Klagen

Der Gesetzgeber hat sich etwas dabei gedacht: Er möchte Sie als vorläufigen Erben in dieser sensiblen Zeit schützen. Sie sollen nicht sofort mit gerichtlichen Auseinandersetzungen überhäuft werden, die eigentlich den Nachlass betreffen.

Konkret bedeutet das: Solange Sie die Erbschaft noch nicht angenommen haben, kann niemand einen Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, gerichtlich gegen Sie geltend machen.

Warum ist das so wichtig?

  • Schutz Ihres Privatvermögens: Bevor Sie sich für die Erbschaft entschieden haben, sollen Sie nicht befürchten müssen, dass Gläubiger des Verstorbenen Ihr privates Vermögen antasten könnten. Sie sollen in Ruhe überlegen können, ob Sie die Erbschaft annehmen möchten – auch wenn Sie sich später entscheiden könnten, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
  • Freiheit zur Entscheidung: Sie sollen ohne den Druck eines Gerichtsverfahrens entscheiden können, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Das ermöglicht Ihnen, sich einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Nachlasses zu verschaffen, ohne sofort in einen Rechtsstreit verwickelt zu werden.
  • Vermeidung unnötiger Prozesse: Was wäre, wenn Sie verklagt würden und dann die Erbschaft ausschlagen? Dann wären Sie ja gar nicht mehr der Erbe! Der ganze Prozess wäre umsonst gewesen. Das Gesetz verhindert solche unnötigen Gerichtsverfahren.

§ 1958 BGB Keine Klage vor Annahme der Erbschaft


Was sind „Ansprüche gegen den Nachlass“?

Diese Regelung betrifft alle Forderungen, die sich ausschließlich gegen das Erbe richten. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Erblasserschulden: Das sind Schulden, die der Verstorbene zu Lebzeiten hatte (z.B. offene Rechnungen, Darlehen).
  • Erbfallschulden: Das sind Kosten, die durch den Todesfall entstehen (z.B. Beerdigungskosten).

Wichtig: Schulden, die Sie selbst als vorläufiger Erbe neu begründet haben, fallen nicht unter diese Regelung. Wenn Sie also in dieser Zeit neue Verträge abschließen, haften Sie dafür persönlich.


Welche Gerichtsverfahren sind betroffen?

Der Schutz des § 1958 BGB umfasst alle Arten von gerichtlichen Verfahren, in denen Sie als vorläufiger Erbe die Rolle des Beklagten oder Antragsgegners einnehmen müssten. Das sind zum Beispiel:

  • Leistungsklagen: Wenn jemand von Ihnen die Zahlung einer Geldsumme oder die Herausgabe einer Sache fordert.
  • Feststellungsklagen: Wenn jemand gerichtlich feststellen lassen möchte, ob ein bestimmter Anspruch besteht oder ein Gegenstand zum Nachlass gehört.
  • Klagen zwischen Miterben: Auch wenn sich Miterben untereinander verklagen wollen, weil es um Ansprüche aus dem Nachlass geht, greift dieser Schutz.

Was ist, wenn schon ein Verfahren lief?

Die Regelung des § 1958 BGB gilt nur für neue Verfahren. Wenn der Verstorbene bereits in einen Gerichtsstreit verwickelt war, als er verstarb, gelten andere Regeln. In solchen Fällen tritt das Verfahren nicht einfach in Kraft, es gibt spezielle Vorschriften, wie mit solchen „eingeleiteten Verfahren“ umgegangen wird.


Was Sie als vorläufiger Erbe tun dürfen

Obwohl Sie nicht verklagt werden können, sind Sie nicht völlig handlungsunfähig:

  • Außergerichtliche Geltendmachung: Außergerichtliche Forderungen können natürlich weiterhin an Sie herangetragen werden. Sie müssen sich aber nicht gerichtlich darauf einlassen.
  • Ansprüche des Nachlasses geltend machen: Der Nachlass kann selbstverständlich auch Forderungen haben. Diese können Sie als vorläufiger Erbe auch gerichtlich durchsetzen, zum Beispiel wenn der Verstorbene noch offene Rechnungen hatte.

Zusammenfassend für Sie

§ 1958 BGB ist ein wichtiges Schutzschild für Sie als vorläufigen Erben. Es gibt Ihnen die nötige Ruhe und Zeit, um in einer emotional oft schwierigen Situation eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft zu treffen, ohne sofort in zeitraubende und belastende Gerichtsverfahren verwickelt zu werden.

Ich hoffe, diese Erläuterung hilft Ihnen, dieses wichtige Detail des Erbrechts besser zu verstehen. Wenn Sie Fragen zu Ihrer spezifischen Situation haben, zögern Sie nicht, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden.

Herzliche Grüße, Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau

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