§ 1958 BGB Keine Klage vor Annahme der Erbschaft
Es freut mich, Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau die komplexe Welt des Erbrechts näherzubringen. Heute sprechen wir über einen wichtigen Schutz für Erben: Wann Sie als Erbe gerichtlich in Anspruch genommen werden können – und wann eben nicht.
Stellen Sie sich vor, ein geliebter Mensch verstirbt. Als Angehöriger, den der Verstorbene in seinem Testament bedacht hat oder der als gesetzlicher Erbe infrage kommt, sind Sie möglicherweise der Erbe. Doch „Erbe sein“ ist nicht immer einfach, besonders am Anfang. Direkt nach dem Tod fällt die Erbschaft zwar „automatisch“ an Sie, aber Sie haben als Erbe eine wichtige Entscheidungsfrist: Sie können die Erbschaft annehmen oder ausschlagen.
In dieser Phase, bevor Sie sich entschieden haben, sind Sie quasi ein „vorläufiger Erbe“. Und genau hier setzt § 1958 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an.
Der Gesetzgeber hat sich etwas dabei gedacht: Er möchte Sie als vorläufigen Erben in dieser sensiblen Zeit schützen. Sie sollen nicht sofort mit gerichtlichen Auseinandersetzungen überhäuft werden, die eigentlich den Nachlass betreffen.
Konkret bedeutet das: Solange Sie die Erbschaft noch nicht angenommen haben, kann niemand einen Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, gerichtlich gegen Sie geltend machen.
Warum ist das so wichtig?
Diese Regelung betrifft alle Forderungen, die sich ausschließlich gegen das Erbe richten. Dazu gehören zum Beispiel:
Wichtig: Schulden, die Sie selbst als vorläufiger Erbe neu begründet haben, fallen nicht unter diese Regelung. Wenn Sie also in dieser Zeit neue Verträge abschließen, haften Sie dafür persönlich.
Der Schutz des § 1958 BGB umfasst alle Arten von gerichtlichen Verfahren, in denen Sie als vorläufiger Erbe die Rolle des Beklagten oder Antragsgegners einnehmen müssten. Das sind zum Beispiel:
Die Regelung des § 1958 BGB gilt nur für neue Verfahren. Wenn der Verstorbene bereits in einen Gerichtsstreit verwickelt war, als er verstarb, gelten andere Regeln. In solchen Fällen tritt das Verfahren nicht einfach in Kraft, es gibt spezielle Vorschriften, wie mit solchen „eingeleiteten Verfahren“ umgegangen wird.
Obwohl Sie nicht verklagt werden können, sind Sie nicht völlig handlungsunfähig:
§ 1958 BGB ist ein wichtiges Schutzschild für Sie als vorläufigen Erben. Es gibt Ihnen die nötige Ruhe und Zeit, um in einer emotional oft schwierigen Situation eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft zu treffen, ohne sofort in zeitraubende und belastende Gerichtsverfahren verwickelt zu werden.
Ich hoffe, diese Erläuterung hilft Ihnen, dieses wichtige Detail des Erbrechts besser zu verstehen. Wenn Sie Fragen zu Ihrer spezifischen Situation haben, zögern Sie nicht, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden.
Herzliche Grüße, Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau