§ 1959 BGB Geschäftsführung vor der Ausschlagung – Geschäftsbesorgung durch den vorläufigen Erben
Nach dem Tod eines geliebten Menschen kann eine Erbschaft viele Fragen aufwerfen, besonders wenn die Situation rund um die Erben nicht sofort klar ist. Manchmal ist nicht von Anfang an ersichtlich, wer das Erbe antreten wird. In solchen Fällen gibt es oft eine Person, die sich bereits um den Nachlass kümmert, bevor der „richtige“ Erbe feststeht. Diese Person nennen wir den vorläufigen Erben.
Was passiert aber, wenn dieser vorläufige Erbe Ausgaben tätigt, um den Nachlass zu erhalten oder zu verwalten? Oder wenn ihm im Rahmen dieser Tätigkeit Schäden entstehen? Genau diese Fragen beantwortet Rechtsanwalt und Notar Krau in diesem Blogbeitrag, um Ihnen einen klaren Überblick zu verschaffen.
Stellen Sie sich vor, Sie kümmern sich um ein Haus im Nachlass. Das Dach ist undicht, und Sie beauftragen schnell einen Handwerker, um größere Schäden zu verhindern. Wer trägt diese Kosten, wenn sich später herausstellt, dass jemand anderes der endgültige Erbe ist?
Grundsätzlich gilt: Der vorläufige Erbe kann vom späteren, endgültigen Erben verlangen, dass dieser ihm die notwendigen Ausgaben erstattet. Das sind all jene Ausgaben, die der vorläufige Erbe vernünftigerweise für erforderlich halten durfte, um den Nachlass zu erhalten oder zu verwalten. Dabei spielt es eine Rolle, wie der vorläufige Erbe selbst die Situation eingeschätzt hat. Es geht nicht darum, ob der endgültige Erbe diese Ausgaben auch getätigt hätte, sondern darum, ob der vorläufige Erbe sie zum Zeitpunkt der Ausgabe für sinnvoll hielt.
Was genau gehört zu diesen erstattungsfähigen Ausgaben?
Wichtig zu wissen: Ihre eigene Arbeitsleistung, die Sie in den Nachlass stecken, können Sie nicht in Rechnung stellen. Auch wenn Sie zum Beispiel beruflich Handwerker sind und das Dach selbst reparieren, können Sie dafür keine Vergütung verlangen. Es geht hier um tatsächliche finanzielle Opfer, die Sie aus eigener Tasche getragen haben.
Manchmal kann es vorkommen, dass dem vorläufigen Erben bei der Verwaltung des Nachlasses Schäden entstehen. Ein Beispiel: Sie fahren mit Ihrem eigenen Auto, um wichtige Dokumente des Nachlasses zu transportieren, und haben einen Unfall.
Hier unterscheiden wir:
Was passiert, wenn der vorläufige Erbe Ausgaben tätigt, die aus Sicht eines Außenstehenden völlig unsinnig oder übertrieben sind, wie beispielsweise die Anschaffung eines teuren Luxusartikels für ein bereits voll ausgestattetes Haus im Nachlass?
In solchen Fällen, wenn der vorläufige Erbe nach seinen eigenen Maßstäben unüberlegt oder „achtlos“ handelt und reine Luxusausgaben tätigt, ist der endgültige Erbe nicht verpflichtet, diese zu erstatten. Hier muss der vorläufige Erbe die Kosten selbst tragen, da er die Grenzen des Vernünftigen überschritten hat.
Die Ansprüche des vorläufigen Erben auf Auslagenersatz oder Schadensersatz werden als sogenannte Nachlassverbindlichkeiten betrachtet. Das bedeutet, sie werden aus dem Nachlass beglichen, noch bevor die eigentlichen Erben ihren Anteil erhalten. Sollte der Nachlass zahlungsunfähig sein und ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, haben die Ansprüche des vorläufigen Erben oft Vorrang, da sie dazu beigetragen haben, den Wert des Nachlasses zu erhalten.
Diese Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren. Das bedeutet, Sie haben drei Jahre Zeit, Ihre Ansprüche geltend zu machen, beginnend ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie davon Kenntnis erlangt haben oder hätten erlangen müssen.
Auch der endgültige Erbe kann Ansprüche gegen den vorläufigen Erben haben. Dies ist der Fall, wenn der vorläufige Erbe sich unrechtmäßig aus dem Nachlass bedient hat. Solche Ansprüche gehören zum Nachlass und dienen dazu, die Schulden des Nachlasses zu begleichen. Auch diese Ansprüche unterliegen einer regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
Im Streitfall kommt es darauf an, wer welche Behauptungen beweisen muss:
Die hier besprochenen Regeln zum Auslagenersatz und Schadensersatz zwischen dem vorläufigen und endgültigen Erben haben keine direkten Auswirkungen auf die Beziehungen zu Dritten, wie zum Beispiel zu den Gläubigern des Nachlasses. Für diese Beziehungen gelten andere gesetzliche Regelungen.
Der vorläufige Erbe ist, solange seine Erbenstellung noch nicht endgültig geklärt ist, nicht als „unberechtigter“ Besitzer der Erbschaft anzusehen. Er darf sich also um den Nachlass kümmern. Erst wenn feststeht, dass er definitiv nicht der Erbe ist (z.B. weil er das Erbe ausgeschlagen hat), muss er den Nachlass an den endgültigen Erben herausgeben. Ab diesem Zeitpunkt können auch Ansprüche des endgültigen Erben auf Herausgabe des Nachlasses geltend gemacht werden.
Das Erbrecht ist ein komplexes Feld, und die genauen Umstände können stark variieren. Dieser Blogbeitrag soll Ihnen einen ersten, verständlichen Überblick verschaffen. Er ersetzt jedoch keine individuelle Rechtsberatung. Wenn Sie Fragen zu einem konkreten Fall haben oder rechtliche Unterstützung benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht, Kontakt aufzunehmen.