§ 198 BewG Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens – BFH II R 9/18

August 18, 2020

§ 198 BewG Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens – BFH II R 9/18

Zusammenfassung RA und Notar Krau

  1. Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG:
    • § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) erlaubt es dem Steuerpflichtigen, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen als den, der sich aus den typisierten Bewertungsvorschriften des BewG ergibt.
    • Die Nachweislast des Steuerpflichtigen geht über die bloße Darlegungs- und Feststellungslast hinaus.
  2. Erstellung eines Gutachtens:
    • Ein Gutachten zur Nachweisführung muss von einem örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt sein.
    • Dies steht im Einklang mit dem Senatsurteil vom 11.09.2013 (II R 61/11), widerspricht jedoch den Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.02.2014.
  3. Beweiswürdigung:
    • Ob ein Gutachten den Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Finanzamts (FA) und des Finanzgerichts (FG).
    • Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne weitere Beweiserhebung gefolgt werden kann.

§ 198 BewG Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens – BFH II R 9/18

Tenor

  • Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 17.01.2018 – 3 K 3178/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
  • Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang
  1. Übertragung des Grundstücks:
    • Mit notariellem Vertrag vom 01.03.2016 übertrug die bisherige Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück schenkweise an die Kläger.
  2. Bewertung durch das FA:
    • Das FA stellte den Grundbesitzwert auf den 01.03.2016 für Zwecke der Schenkungsteuer auf 456.578 € fest, basierend auf den Bodenrichtwerten und Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses.
  3. Einspruch und Gutachten:
    • Im Einspruchsverfahren wurde die Bruttogrundfläche reduziert und ein Verkehrswertgutachten von C vorgelegt, das einen Verkehrswert von 330.000 € ermittelte.

§ 198 BewG Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens – BFH II R 9/18

  1. Gutachter C:
    • C ist Architekt und verfügt seit 2000 über ein unbefristetes Zertifikat als Sachverständiger für Wertermittlung und Baukostenplanung. Dieses Zertifikat entspricht den Maßgaben des Akkreditierungsstellengesetzes und der DIN EN ISO/IEC 17024:2012.
  2. Einspruchsentscheidung des FA:
    • Das FA setzte den Grundstückswert auf 373.000 € herab, akzeptierte jedoch die Bodenwertreduzierung des Gutachtens nicht.
  3. Urteil des FG:
    • Das FG wies die Klage ab und erklärte, dass das Gutachten von C nicht als Nachweis anerkannt werden könne, da C nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sei.

§ 198 BewG Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens – BFH II R 9/18

II. Rechtslage und Bewertung
  1. Wertfeststellung nach BewG:
    • Die Wertfeststellung erfolgt nach dem typisierten Vergleichswertverfahren des BewG. Ein Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist nach § 198 BewG möglich, muss aber den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
  2. Nachweisführung durch Gutachten:
    • Ein Gutachten ist nur dann als Nachweis geeignet, wenn es von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen stammt.
    • Diese Regelung dient der Sicherstellung der fachlichen und persönlichen Qualifikation des Gutachters.
  3. Ablehnung der Zertifizierung als ausreichenden Nachweis:
    • Die Zertifizierung nach dem AkkStelleG und der DIN EN ISO/IEC 17024:2012 ist nicht gleichwertig mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung nach §§ 36, 36a GewO.
  4. Bindung der Gerichte an Verwaltungsanweisungen:
    • Verwaltungsanweisungen, die auch Gutachten nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zulassen, binden die Gerichte nicht.
  5. Kostenentscheidung:
    • Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Fazit

Der Bundesfinanzhof bestätigt, dass nur Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen als Nachweis für einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG zulässig sind.

Dies soll die Qualität und Unparteilichkeit der Gutachten sicherstellen.

Die Zertifizierung nach dem AkkStelleG bietet nicht denselben Schutz wie die öffentliche Bestellung und Vereidigung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung.

Die Revision der Kläger wurde daher abgewiesen, und sie tragen die Kosten des Verfahrens.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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