Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eines Geschäftsunfähigen – OLG Hamm 10 U 103/19

Mai 10, 2021

Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eines Geschäftsunfähigen – OLG Hamm 10 U 103/19

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.12.2020 (Az. 10 U 103/19) behandelt die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs einer geschäftsunfähigen Person.

Im Fokus steht die Frage, wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt und ob ein Vertretungshindernis des gesetzlichen Betreuers den Beginn der Verjährung hemmt.

Der Fall:

Ein Sozialhilfeträger machte im Wege der Stufenklage Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Bruder einer geistig behinderten Leistungsempfängerin geltend.

Die Leistungsempfängerin war geschäftsunfähig und wurde von ihrem Bruder, dem Beklagten, betreut.

Der Vater der Leistungsempfängerin hatte Grundstücke unentgeltlich auf den Beklagten übertragen.

Der Sozialhilfeträger verlangte nun Auskunft über den Wert dieser Grundstücke, um Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen zu können.

Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eines Geschäftsunfähigen – OLG Hamm 10 U 103/19

Die Entscheidung:

Das OLG Hamm entschied, dass die Pflichtteilsergänzungsansprüche verjährt sind. Die Klage wurde in allen Stufen abgewiesen.

Begründung:

  • Beginn der Verjährung: Die Verjährungsfrist begann mit der Bestellung des Beklagten zum Betreuer der Leistungsempfängerin im Jahr 1990. Für den Beginn der Verjährung ist die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters maßgeblich (§ 210 BGB).
  • Verjährungsfristen: Die Verjährungsfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch betrug nach altem Recht drei Jahre (§ 2332 BGB a.F.). Der Anspruch war daher bereits 1993 verjährt. Der Wertermittlungsanspruch verjährte nach neuem Recht in drei Jahren ab dem 01.01.2010 (§§ 195, 199 BGB n.F.) und war somit 2013 verjährt.
  • Kein Vertretungshindernis: Der Beklagte war nicht gehindert, die Ansprüche seiner Schwester geltend zu machen. Ein Vertretungshindernis nach § 1795 BGB oder § 181 BGB lag nicht vor. Der Beklagte hätte die Ansprüche zwar nicht gerichtlich gegen sich selbst geltend machen können, aber er war nicht verpflichtet, dies zu tun. Ihm stand es frei, außergerichtlich auf die Erfüllung der Ansprüche hinzuwirken.

Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eines Geschäftsunfähigen – OLG Hamm 10 U 103/19

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht, dass die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen auch bei Geschäftsunfähigkeit des Berechtigten eintritt.

Ein gesetzlicher Betreuer ist nicht gehindert, die Ansprüche des Betreuten geltend zu machen, es sei denn, es liegt ein gerichtlicher Ausschluss von der Vertretung vor.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung ist relevant für die Praxis, da sie die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen im Zusammenhang mit Geschäftsunfähigkeit klärt.
  • Gesetzliche Betreuer sollten sich ihrer Verantwortung für die Wahrung der Rechte des Betreuten bewusst sein und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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