Abänderung eines Erbscheinsantrags

Juni 13, 2025

Abänderung eines Erbscheinsantrags – Was Sie wissen müssen

RA und Notar Krau

Wenn Sie einen Antrag auf einen Erbschein stellen, ist das wie eine verbindliche Erklärung vor Gericht. Manchmal ändern sich die Umstände oder Sie stellen fest, dass Ihre ursprüngliche Angabe nicht ganz richtig war. Dann möchten Sie Ihren Antrag vielleicht anpassen. Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken vom 18. Februar 2025 (Az.: 8 W 6/25) erklärt genau, wie das funktioniert und welche Regeln das Nachlassgericht dabei beachten muss.

1. Was passiert, wenn ich meinen Antrag ändere?

Stellen Sie sich vor, Sie haben zuerst beantragt, als Miterbe zu 1/3 in den Erbschein eingetragen zu werden. Später ändern Sie Ihre Meinung und beantragen, als Alleinerbe genannt zu werden. Das OLG Zweibrücken stellt klar, dass eine solche deutliche Änderung nicht einfach als eine kleine Korrektur angesehen wird. Stattdessen wird Ihr ursprünglicher Antrag als zurückgenommen betrachtet, und nur Ihr neuester, geänderter Antrag ist gültig. Es ist also, als hätten Sie den alten Antrag gelöscht und einen komplett neuen gestellt.

2. Warum ist der Antrag so wichtig für das Nachlassgericht?

Im Erbscheinsverfahren ist das Nachlassgericht streng an Ihren Antrag gebunden. Das bedeutet, das Gericht kann nur über das entscheiden, was Sie konkret beantragt haben. Es hat zwei Möglichkeiten: Entweder es stellt den Erbschein genau so aus, wie Sie es beantragt haben (oder trifft eine entsprechende Feststellung nach § 352e FamFG), oder es lehnt Ihren Antrag ab. Das Gericht darf Ihren Antrag nicht einfach einschränken, ergänzen oder nur teilweise ändern. Wenn das Gericht das doch tut und über einen Antrag entscheidet, den Sie so gar nicht gestellt haben, ist das ein Fehler. In diesem Fall kann es sein, dass die Sache vom nächsthöheren Gericht von selbst an das Nachlassgericht zurückverwiesen wird, damit es richtig entscheidet. Das ist wichtig, damit Ihr Recht gewahrt wird und das Verfahren korrekt abläuft.

3. Ein konkreter Fall aus der Praxis: Das Testament und die Erbschaftsfolge

Der Fall, über den das OLG Zweibrücken entschieden hat, macht die Sache noch deutlicher:

Es ging um eine Erblasserin, die im Dezember 2022 verstarb. Ihr Ehemann war bereits 2019 verstorben. Die beiden hatten 2015 ein gemeinschaftliches Testament verfasst. Darin hatten sie festgelegt, dass der zuerst sterbende Ehepartner den überlebenden Partner als Alleinerben einsetzt. Für den Fall des Not- und Pflegebedarfs sollte der überlebende Partner sogar von bestimmten Verfügungsbeschränkungen als Vorerbe befreit sein. Nach dem Tod des länger lebenden Elternteils sollten die leiblichen Kinder Schlusserben zu gleichen Teilen sein. Es gab auch eine Klausel, dass Kinder, die ihren Pflichtteil nach dem Tod des ersten Elternteils fordern, beim Tod des zweiten Elternteils ebenfalls nur ihren Pflichtteil erhalten sollten.

Nach dem Tod des Ehemanns wurde ein Erbschein ausgestellt, der die Erblasserin als Alleinerbin und Vorerbin mit angeordneter Nacherbfolge bescheinigte. Nacherben sollten die Abkömmlinge der Erblasserin sein. Als die Erblasserin starb, wurde dieser Erbschein für kraftlos erklärt, da die Nacherbfolge eingetreten war.

Abänderung eines Erbscheinsantrags

Die Anträge und die Verwirrung:

Ein Sohn der Erblasserin (der „Beteiligte zu 1“) beantragte zunächst einen Erbschein, der ihn als Erben zu 1/3 und weitere Beteiligte (seine Nichten und Neffen) zu je 1/6 ausweisen sollte. Später änderte er diesen Antrag und beantragte, dass er die Erblasserin aufgrund des Testaments allein beerbt habe. Er begründete dies damit, dass im Testament keine Ersatzerben für bereits vorverstorbene Kinder bestimmt seien und nur die beim Tod des letztversterbenden lebenden Kinder erben sollten. Die anderen Beteiligten widersprachen dem und meinten, das Testament sei so auszulegen, dass die Enkel als Ersatzerben der vorverstorbenen Kinder eingesetzt werden sollten.

Das Nachlassgericht in Frankenthal traf dann eine Entscheidung, die für Verwirrung sorgte. Es erließ einen Beschluss, in dem es feststellte, dass die Tatsachen für die Erteilung eines angeblich am 18. März 2023 beantragten Erbscheins festgestellt wurden. Dieser angebliche Erbschein besagte, dass die Erblasserin als Vorerbin und die Kinder und Enkel als Nacherben zu bestimmten Anteilen beerbt worden seien.

Die Beschwerde und die Fehler des Nachlassgerichts:

Der Beteiligte zu 1 legte Beschwerde gegen diesen Beschluss ein. Das OLG Zweibrücken gab ihm Recht und hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf. Die Gründe dafür waren eindeutig:

  • Falscher Antrag als Grundlage: Das Nachlassgericht hatte über einen Antrag entschieden, der so gar nicht existierte. Den am 18. März 2023 angeblich gestellten Antrag gab es nicht, sondern nur einen vom 16. März 2023, der zudem später durch den Antrag vom 18. August 2023 ersetzt worden war.
  • Strikte Antragsbindung missachtet: Das Gericht hatte den tatsächlichen, zuletzt gestellten Antrag des Beteiligten zu 1 (Alleinerbe) überhaupt nicht behandelt. Stattdessen hatte es einen Erbschein formuliert, der inhaltlich von dem ursprünglich gestellten Antrag vom 16. März 2023 abwich und auch nicht dem letztlich gültigen Antrag entsprach. Dies verstößt gegen die strikte Antragsbindung.
  • Irrelevante Frage der Vor-/Nacherbschaft: Das Nachlassgericht hatte bei seiner Begründung noch immer von der Erblasserin „als Vorerbin“ und den anderen als „Nacherben“ gesprochen. Das OLG stellte klar, dass es im Verfahren nach dem Tod der Erblasserin nicht mehr um die Frage der Nacherbschaft nach dem zuerst verstorbenen Ehemann geht, sondern allein darum, wer Erbe nach der Erblasserin selbst geworden ist. Das Testament hatte nur für den zuerst Versterbenden Vor- und Nacherbschaft angeordnet, nicht aber für den länger lebenden Ehepartner.

Fazit des OLG Zweibrücken:

Das OLG Zweibrücken verwies die Sache an das Nachlassgericht zurück, weil ein schwerwiegender Verfahrensfehler vorlag. Das Nachlassgericht muss nun den tatsächlich gestellten Antrag des Beteiligten zu 1 vom 18. August 2023 prüfen und entscheiden, wer Erbe nach der Erblasserin geworden ist. Dabei muss es sorgfältig den Willen der Erblasserin und ihres Ehemanns aus dem Testament ermitteln und gegebenenfalls die gesetzlichen Auslegungsregeln anwenden. Es kommt allein darauf an, wer nach dem Tod der Erblasserin ihr Erbe ist, und nicht, ob sie selbst Vorerbin war.

Dieser Beschluss zeigt, wie wichtig es ist, dass das Nachlassgericht präzise über den gestellten Antrag entscheidet und die genaue Formulierung des Testaments berücksichtigt, um die tatsächliche Erbenstellung zu ermitteln. Jede Änderung des Antrags muss klar formuliert sein, damit das Gericht korrekt darüber befinden kann.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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