Abfindung für Pflichtteilsverzicht ist keine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 V Nr 1 ErbStG – BFH II R 30/05

Juni 4, 2022

Abfindung für Pflichtteilsverzicht ist keine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 V Nr 1 ErbStG – BFH II R 30/05 – Urteil vom 27. 6. 2007

Abfindung für Pflichtteilsverzicht ist keine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 V Nr 1 ErbStG – BFH II R 30/05 – Zusammenfassung von RA und Notar Krau

Leitsatz:

Eine Abfindungsvereinbarung zwischen Erben und Erblasser, die den Erben gegen Zahlung einer Abfindung zur Geltendmachung des Pflichtteils verpflichtet,

stellt keine Nachlassverbindlichkeit i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar, wenn die Abfindungsverpflichtung den Erblasser zu seinen Lebzeiten nicht wirtschaftlich belastet hat.

Sachverhalt:

Die Eheleute errichteten ein Berliner Testament und setzten sich gegenseitig als Erben ein.

Die Kinder sollten nach dem Tod des überlebenden Ehegatten Erben werden.

Im Testament war eine Pflichtteilsklausel enthalten, die bestimmte, dass ein Kind, welches seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden geltend macht,

auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt sein sollte.

Nach dem Tod des Vaters verzichteten die Kinder gegen Zahlung einer Abfindung auf die Geltendmachung des Pflichtteils.

Nach dem Tod der Mutter wollten die Kinder die Abfindungszahlung als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.

Entscheidung:

Das Finanzgericht Baden-Württemberg und der Bundesfinanzhof (BFH) wiesen die Klage ab.

Die Abfindungsverpflichtung stellte keine Nachlassverbindlichkeit dar, da sie die Mutter zu ihren Lebzeiten nicht wirtschaftlich belastet habe.

Gründe:

  • Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind Nachlassverbindlichkeiten nur dann abzugsfähig, wenn sie den Erblasser im Zeitpunkt der Steuerentstehung wirtschaftlich belastet haben.
  • Eine wirtschaftliche Belastung liegt nicht vor, wenn der Erblasser davon ausgehen konnte, die Verpflichtung unter normalen Umständen nicht selbst erfüllen zu müssen.
  • Im Streitfall war die Mutter aufgrund der Abfindungsvereinbarung nicht verpflichtet, die Abfindung zu zahlen, solange sie über ausreichend Vermögen verfügte.
  • Die Kinder hatten keinen Anspruch auf die Abfindung, solange die Mutter lebte.
  • Daher konnte die Mutter zu ihren Lebzeiten über das gesamte Vermögen verfügen, ohne dass die Abfindungsverpflichtung eine wirtschaftliche Belastung darstellte.

Hinweis:

Die Entscheidung des BFH ist für die Praxis relevant, da sie die Abziehbarkeit von Abfindungsverpflichtungen als Nachlassverbindlichkeit klargestellt hat.

Abfindung für Pflichtteilsverzicht ist keine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 V Nr 1 ErbStG – BFH II R 30/05 – Inhaltsverzeichnis

  1. Leitsatz
  2. Sachverhalt
  3. Entscheidung
  4. Gründe
  5. 4.1. Wirksamkeit der Vereinbarung vom Dezember 1996
  6. 4.2. Keine Auslösung des Verlustes der Erbenstellung
  7. 4.3. Erlöschen der Verpflichtungen und Abzug als Nachlassverbindlichkeit
  8. 4.3.1. Zivilrechtliches Erlöschen und erbschaftsteuerrechtliche Fiktion
  9. 4.3.2. Keine wirtschaftliche Belastung der Mutter
  10. 4.4. Keine Abzugsfähigkeit der Abfindungsverpflichtungen

Leitsatz

Eine Abfindungsvereinbarung zwischen Erben und Erblasser, die den Erben gegen Zahlung einer Abfindung zur Geltendmachung des Pflichtteils verpflichtet,

stellt keine Nachlassverbindlichkeit i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar, wenn die Abfindungsverpflichtung den Erblasser zu seinen Lebzeiten nicht wirtschaftlich belastet hat.

Sachverhalt

  • Eheleute errichten Berliner Testament und setzen sich gegenseitig als Erben ein.
  • Kinder sollen nach dem Tod des überlebenden Ehegatten Erben werden.
  • Testament enthält Pflichtteilsklausel: Kind, welches seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden geltend macht, wird auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt.
  • Nach dem Tod des Vaters verzichten die Kinder gegen Zahlung einer Abfindung auf die Geltendmachung des Pflichtteils.
  • Nach dem Tod der Mutter wollen die Kinder die Abfindungszahlung als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.

Entscheidung

  • Finanzgericht und Bundesfinanzhof (BFH) weisen die Klage ab.
  • Abfindungsverpflichtung stellt keine Nachlassverbindlichkeit dar, da sie die Mutter zu ihren Lebzeiten nicht wirtschaftlich belastet hat.

Abfindung für Pflichtteilsverzicht ist keine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 V Nr 1 ErbStG – BFH II R 30/05 – Gründe

4.1. Wirksamkeit der Vereinbarung vom Dezember 1996

  • Keine Scheingeschäfts i. S. d. § 117 Abs. 1 BGB und § 41 Abs. 2 Satz 1 AO.
  • Abfindungsverpflichtung auch bei Vereinigung von Abfindungsanspruch und -verpflichtung erforderlich.
  • Zivilrechtlich wirksame Abfindungsverpflichtung Voraussetzung für erbschaftsteuerrechtliche Berücksichtigung.

4.2. Keine Auslösung des Verlustes der Erbenstellung

  • Verzicht auf Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters kein Bestehen auf dem Pflichtteilsrecht im Sinne der Pflichtteilssanktionsklausel.
  • Funktion der Pflichtteilssanktionsklausel:
    • Erhaltung des ungeschmälerten Vermögens beim überlebenden Elternteil.
    • Gleichbehandlung der Schlusserben.
  • Keine Beeinträchtigung dieser Funktionen durch gleich hohen Abfindungsverzicht aller Schlusserben.

4.3. Erlöschen der Verpflichtungen und Abzug als Nachlassverbindlichkeit

4.3.1. Zivilrechtliches Erlöschen und erbschaftsteuerrechtliche Fiktion

  • Zivilrechtliches Erlöschen der Verpflichtungen durch Konfusion (§ 1922 Abs. 1 BGB) möglich.
  • Zweifelhaft im Streitfall aufgrund der Erbengemeinschaft.
  • Erbschaftsteuerrechtlich: Annahme von „vom Erblasser herrührenden“ Abfindungsverpflichtungen.

4.3.2. Keine wirtschaftliche Belastung der Mutter

  • Abzug der Abfindungsverpflichtungen als Nachlassverbindlichkeit setzt wirtschaftliche Belastung des Erblassers im Todeszeitpunkt voraus.
  • Keine wirtschaftliche Belastung, wenn Erblasser davon ausgehen konnte, die Verpflichtung unter normalen Umständen nicht selbst erfüllen zu müssen.
  • Im Streitfall:
    • Abfindungsansprüche gegen die Mutter unter normalen Umständen nicht durchzusetzen.
    • Mutter konnte zu ihren Lebzeiten über das gesamte Vermögen verfügen.
    • Kläger nicht gesichert.

4.4. Keine Abzugsfähigkeit der Abfindungsverpflichtungen

  • Abfindungsverpflichtungen sind daher nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig.
  • Prüfung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 ErbStG und § 42 AO daher nicht erforderlich.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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