Abgrenzung Vermächtnis und Teilungsanordnung

August 10, 2017

Abgrenzung Vermächtnis und Teilungsanordnung

„im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“

OLG Koblenz 5 U 851/13

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 19.11.2013 entschieden,

dass eine testamentarische Zuwendung an ein Kind

„im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“

als Vermächtnis und nicht als Teilungsanordnung zu qualifizieren ist.

Sachverhalt:

Abgrenzung Vermächtnis und Teilungsanordnung

Der Erblasser hatte in seinem Testament seine fünf Kinder zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.

Einem Sohn wandte er „im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“ sein Hausgrundstück zu.

Im Gegenzug sollte der Sohn an seine Geschwister jeweils einen Geldbetrag zahlen.

Die Geschwister klagten auf Zahlung dieser Beträge.

Der Sohn wandte ein, dass es sich bei der Zuwendung des Grundstücks um eine Teilungsanordnung handele und er daher nicht zur Zahlung verpflichtet sei.

Entscheidung:

Das OLG Koblenz entschied, dass es sich bei der Zuwendung des Grundstücks um ein Vermächtnis handelt und der Sohn zur Zahlung verpflichtet ist.

Begründung:

Abgrenzung Vermächtnis und Teilungsanordnung

  • Vermächtnis vs. Teilungsanordnung: Eine Teilungsanordnung ist eine Verfügung des Erblassers, die die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben regelt. Ein Vermächtnis hingegen ist eine Zuwendung an einen Dritten, die nicht auf den Erbteil angerechnet wird.

  • „Im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“: Die Formulierung „im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“ zeigt, dass die Zuwendung des Grundstücks vom Erbe abgekoppelt und nicht als Teilungsanordnung zu verstehen ist.

  • Herauszahlungsverpflichtung: Der Sohn war im Gegenzug zur Zuwendung des Grundstücks zur Zahlung von Geldbeträgen an seine Geschwister verpflichtet. Dies spricht ebenfalls für ein Vermächtnis, da bei einer Teilungsanordnung keine persönlichen Ansprüche der Erben gegeneinander entstehen.

  • Kein Einfluss des späteren Testaments: Ein späteres Testament, in dem der Erblasser ein Nutzungsrecht an dem Grundstück für seine Lebensgefährtin begründete, hatte keinen Einfluss auf die Zahlungsansprüche der Geschwister.

  • Kein Einfluss der Überschuldung: Die Überschuldung des Nachlasses hatte ebenfalls keinen Einfluss auf die Zahlungsansprüche der Geschwister.

Fazit:

Das Urteil des OLG Koblenz verdeutlicht die Abgrenzung zwischen Vermächtnis und Teilungsanordnung.

Die Formulierung „im Voraus und ohne Anrechnung auf das Erbrecht“ ist ein Indiz für ein Vermächtnis.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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