Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 24. Februar 2000 – 1Z BR 80/99
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte sich im Beschluss vom 24. Februar 2000 – 1Z BR 80/99 – mit einem Nachlassverfahren auseinanderzusetzen, in dem die Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis sowie die Gewährung rechtlichen Gehörs bis zur Entscheidung im Vordergrund standen. Vorausgegangen waren Entscheidungen des Landgerichts Traunstein und des Amtsgerichts Rosenheim.
Die Erblasserin, die im Alter von 86 Jahren verstarb, hinterließ keine Kinder und war verwitwet.
Ihre Geschwister und deren Abkömmlinge (Beteiligte zu 1 und 5 bzw. 2 bis 4 und 6) waren die nächsten Angehörigen.
In den letzten Lebensjahren wurde sie von dem Beteiligten zu 1 und dessen Ehefrau gepflegt.
Der Nachlass umfasste ein Bankguthaben von 108.650 DM und zwei Grundstücke: ein bebautes (ca. 1030 qm) und ein unbebautes (ca. 1000 qm).
Die Erblasserin errichtete am 27. Januar 1985 ein handschriftliches Testament, in dem sie verschiedene Geldbeträge an eine größere Anzahl von Verwandten verteilte und spezifische Anweisungen bezüglich der beiden Grundstücke und weiteren Nachlassgegenständen gab.
Der Beteiligte zu 1 wurde im Testament als derjenige benannt, der das bebaute Grundstück und das Haus erhalten sollte, jedoch unter der Bedingung, dass es nicht verkauft, sondern maximal vermietet wird.
Er wurde außerdem dazu verpflichtet, der Erblasserin in allen Lebenslagen beizustehen und sie zu pflegen, falls erforderlich.
Der Beteiligte zu 1 beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.
Die Beteiligten zu 2 bis 4 und 6 widersprachen diesem Antrag, da sie sich im Hinblick auf das unbebaute Grundstück und die ihnen zugewendeten Geldbeträge ebenfalls als Miterben ansahen.
Das Amtsgericht kündigte zunächst an, einen Erbschein auszustellen, der den Beteiligten zu 1 als Alleinerben ausweist.
Dagegen legten die Beteiligten zu 2 bis 4 Beschwerde ein.
Das Landgericht Traunstein wies diese Beschwerden zurück, woraufhin die Beteiligten zu 2 bis 4 weitere Beschwerden einlegten.
Entscheidung und Begründung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
Das Bayerische Oberste Landesgericht befand die weiteren Beschwerden für zulässig, jedoch unbegründet.
Die entscheidenden Argumente waren:
Testamentsauslegung:
Das Testament war formwirksam, jedoch nicht eindeutig in seiner rechtlichen Bedeutung, weshalb eine Auslegung erforderlich war.
Die Erblasserin verwendete sowohl den Begriff „Erben“ als auch spezifische Zuwendungen an einzelne Personen, was eine Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis notwendig machte.
Auslegungsgrundsätze:
Das Beschwerdegericht stellte fest, dass die detaillierten Einzelverfügungen der Erblasserin nahelegten, dass der Beteiligte zu 1 als Alleinerbe eingesetzt werden sollte, während die anderen Bedachten lediglich Vermächtnisnehmer seien.
Der überwiegende Wert des Vermögens lag in dem bebauten Grundstück, das dem Beteiligten zu 1 zugewiesen wurde.
Sachverständigengutachten:
Es bestand kein Anlass, ein Sachverständigengutachten über den Wert der Grundstücke einzuholen, da das Gericht die Vorstellungen der Erblasserin über den Wert und die Zusammensetzung des Nachlasses als ausreichend ansah.
Verfahrensrechtliche Einwände:
Die Beteiligten zu 2 bis 4 rügten eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs, was jedoch vom Gericht verneint wurde.
Es gab keine überraschende Entscheidung, und den Beteiligten standen ausreichend Zeit und Möglichkeiten zur Erwiderung zur Verfügung.
Testament und Erbengemeinschaft:
Das Gericht folgte der Auslegung, dass eine Erbengemeinschaft aus 13 Mitgliedern nicht dem Willen der Erblasserin entsprach.
Vielmehr sei der Beteiligte zu 1 mit dem gesamten bebauten Grundstück bedacht worden, wobei er für das unbebaute Grundstück einen Ablösebetrag von 80 DM/qm zu zahlen hatte.
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2 bis 4 wurden zurückgewiesen, und sie wurden dazu verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1 zu tragen.
Der Geschäftswert des Verfahrens wurde auf 5.000 DM festgesetzt.
Diese Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht die Bedeutung der Auslegung von Testamenten, insbesondere bei der Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis.
Sie unterstreicht zudem die Wichtigkeit der Berücksichtigung des Erblasserwillens und der rechtlichen Gehörsansprüche aller Beteiligten im Nachlassverfahren.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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