Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis in einem gemeinsamen Testament – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 19. März 1998 – 1Z BR 82/97
Die Erblasserin verstarb im Jahr 1995 im Alter von 82 Jahren, verwitwet und kinderlos.
Ihre gesetzlichen Erben waren die Schwester und die Nachkommen ihres Bruders (Beteiligte zu 1 bis 4).
Am 15. Januar 1992 hatte sie mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Testament errichtet, das von ihm handgeschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben wurde.
Sie setzten sich gegenseitig als Alleinerben ein und verfügten, dass die weiteren Verfügungen auch nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten gültig bleiben sollen.
In Nr. 3 des Testaments legten sie fest:
„Es sollen aus unserem Nachlass erhalten“.
Es folgten detaillierte Zuweisungen von Depotguthaben, Aktien, anderen Wertpapieren und Immobilien im Gesamtwert von über 3,4 Millionen DM an die Beteiligten zu 6 bis 16.
Bei einigen Zuwendungen wurden besondere Bedingungen, wie die Grabpflege, festgelegt. Zudem gab es Zuweisungen von bestimmten Vermögensgegenständen und Bargeld an andere Beteiligte.
Nach dem Tod der Erblasserin erteilte das Nachlassgericht am 17. Juni 1996 einen Erbschein zugunsten der gesetzlichen Erben (Beteiligte zu 1 bis 4).
Die Beteiligte zu 5, die im Testament als Begünstigte erwähnt war, beantragte die Einziehung des Erbscheins als unrichtig,
da sie der Meinung war, dass es sich bei den Zuweisungen um Erbeinsetzungen und nicht um Vermächtnisse handelte.
Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, woraufhin die Beteiligte zu 5 Beschwerde beim Landgericht München II einlegte, das ihrem Antrag stattgab.
Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1 bis 4 weitere Beschwerde ein.
Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die weitere Beschwerde zurück.
Es kam zu dem Schluss, dass die Verfügungen in Nr. 3 des Testaments als Erbeinsetzungen zu werten seien. Folgende Gründe führten zu dieser Entscheidung:
Das Testament führte praktisch das gesamte Vermögen der Ehegatten auf, auch wenn das Grundstück in G. und der Testamentsvollstrecker unbenannt blieben.
Dies deutet darauf hin, dass die Ehegatten alle wesentlichen Vermögensgegenstände aufteilten und somit die Bedachten als Erben einsetzen wollten.
Obwohl keine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung erfolgte, konnten aus dem Gesamtzusammenhang des Testaments Erbeinsetzungen abgeleitet werden.
Die genaue Auflistung und Verteilung des Vermögens sowie die Benennung von Erben in anderen Teilen des Testaments stützten diese Auslegung.
Die offenen Punkte (z.B. das unbenannte Grundstück in G.) standen der Annahme einer ernsthaften letztwilligen Verfügung nicht entgegen.
Es wurde angenommen, dass die Ehegatten auch über dieses Grundstück verfügen wollten.
Die in Nr. 3.1 bis 3.8 bedachten Personen sollten nach Ansicht des Gerichts als Erben angesehen werden, da die Ehegatten hier über wertvolle Vermögensgegenstände verfügten,
während die Vermächtnisse in Nr. 3.9 geringere Gegenstände betrafen.
Die Zuwendung von Grundstücken und anderen erheblichen Vermögenswerten unter der Bedingung der Grabpflege an die Beteiligten zu 6 und 11 unterstützte die Annahme einer Erbeinsetzung.
Das Gericht entschied, dass das gemeinschaftliche Testament eine Schlusserbregelung enthielt und die Beteiligten zu 1 bis 4 nicht alleinige Erben seien.
Es bestätigte die Anweisung des Landgerichts, den Erbschein als unrichtig einzuziehen, und stellte klar, dass die Zuwendungen in Nr. 3.1 bis 3.8 als Erbeinsetzungen zu werten seien.
Die konkrete Ermittlung der Erbquoten und die Feststellung der genauen Wertverhältnisse obliegt dem Nachlassgericht.
Die Beteiligten zu 1 bis 4 wurden zur Erstattung der Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde verpflichtet. Der Geschäftswert des Verfahrens wurde auf 1.000.000 DM festgesetzt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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