Abgrenzung zwischen Erbschaft-/Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer bei Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern zur Gleichstellung
Die nachfolgende Zusammenfassung befasst sich mit dem Beschluss des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen vom 04.11.2013 – 7 V 118/13 und der strittigen Frage, ob die Übertragung eines Grundstücksanteils zwischen Geschwistern im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge der Grunderwerbsteuer (GrESt) unterliegt oder nach §3Nr.2GrEStG von ihr befreit ist, weil ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt.
Der Vater übertrug im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seine Gesellschaftsanteile an einer GmbH & Co KG und ihrer Komplementärin auf seinen Sohn (Bruder der Antragstellerin) unter Vorbehalt von Rechten und der Verpflichtung zur Zahlung einer Leibrente.
Im selben Vertrag wurde zur Gleichstellung der Tochter (Antragstellerin) vereinbart, dass der Sohn seinen Hälfte-Miteigentumsanteil an einer Immobilie auf seine Schwester übertragen soll, anstatt ein Gleichstellungsgeld zu zahlen. Diese Immobilie war zuvor vom Vater unter Vorbehalt eines Nießbrauchs je zur Hälfte auf beide Kinder übertragen worden.
Die Übertragung des Grundstücksanteils wurde im Vertrag als auf Veranlassung des Vaters zum Zwecke der Gleichstellung im Hinblick auf die Übertragungen auf den Bruder vereinbart und erfolgt anstelle der Zahlung eines Ausgleichsgeldes. Die Beteiligten trafen zudem Vereinbarungen zur Anrechnung auf Pflichtteilsansprüche und zum Verzicht auf Pflichtteilsrechte. Der Wert des Hälfte-Miteigentumsanteils wurde mit 200.000€ angegeben.
Das Finanzamt (FA) setzte Grunderwerbsteuer fest, da es davon ausging, die Antragstellerin habe die Grundstückshälfte vom Bruder erworben, wobei ihr Ausgleichsanspruch und die Übernahme von Belastungen (Nießbrauch) die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung darstellten.
Die Antragstellerin beantragte die Aussetzung der Vollziehung und argumentierte, der Vorgang sei nach § 3 Nr.2 GrEStG steuerbefreit, weil eine Schenkung unter Lebenden ihrer Eltern an sie vorliege. Alternativ berief sie sich auf § 3 Nr.6 GrEStG (Erwerb vom Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie). Das FA lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab.
Das FG Niedersachsen gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheides bestanden.
Dynamische Verweisung auf das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG):
Die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach §3 Nr.2 GrEStG setzt eine Schenkung unter Lebenden im Sinne des ErbStG voraus. Es handelt sich um eine dynamische Verweisung, d.h., die Frage der Grunderwerbsteuerfreiheit richtet sich ausschließlich nach der schenkungsteuerlichen Beurteilung (§7ErbStG). Die schenkungsteuerliche Bearbeitung war zum Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht abgeschlossen.
Bei summarischer Prüfung sah das Gericht zwei mögliche schenkungsteuerliche Sichtweisen und damit eine komplexe Rechtsfrage:
Die Antragstellerin erhielt vom Vater einen Ausgleichsanspruch geschenkt, den sie sodann als Gegenleistung für einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerb der Grundstückshälfte von ihrem Bruder verwendete. Dies würde i.d.R. zur Grunderwerbsteuerpflicht führen.
Gegenstand der Zuwendung an die Antragstellerin ist unmittelbar die Grundstückshälfte des Bruders aufgrund der einheitlichen Vereinbarungen zur vorweggenommenen Erbfolge. In diesem Fall unterläge die Grundstücksübertragung der Schenkungsteuer und wäre nach §3Nr.2GrEStG grunderwerbsteuerfrei. Hierfür sprach die unmittelbare Vereinbarung der Grundstücksübertragung „zum Zwecke der Gleichstellung“ anstelle der Zahlung eines Ausgleichsgeldes.
Aus Sicht des Bruders könnte die Übertragung die Vollziehung einer Auflage aus der ihm gegenüber erfolgten Schenkung des Vaters darstellen (§7Nr.2ErbStG). In diesem Fall läge eine Schenkung an die Schwester vor, die zur Grunderwerbsteuerfreiheit führen würde.
Die Übertragung könnte auch als Abfindung für das Einverständnis zur Anrechnung auf und den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche der Schwester zu werten sein.
Ist die Grundstückshälfte Gegenstand der Zuwendung, ist im Rahmen des §3Nr.2Satz2GrEStG (Schenkung unter Auflage) noch zu klären, inwieweit der Wert des übernommenen Nießbrauchrechts als Auflage abziehbar und insoweit grunderwerbsteuerpflichtig ist. Auch diese Frage war bei summarischer Prüfung ungewiss.
Das FG sah in diesen Umständen gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheides und ordnete deshalb die Aussetzung der Vollziehung an.
Das Gericht ließ zudem die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.