Adoptivkind ist Abkömmling von Geschwistern des Erblassers iSd § 15 I ErbStG 1974 – BFH II R 37/84
Abkömmling von Geschwistern des Erblassers i. S. des § 15 Abs. 1 ErbStG 1974 – Steuerklasse III Nr. 4 (jetzt Nr. 3) –
ist ein Adoptivkind auch dann, wenn sich die Wirkungen der Adoption nicht auf Verwandte des Annehmenden erstrecken und das Adoptivkind mit dem Erblasser selbst daher nicht verwandt ist.
I.
Die am 13. Januar 1949 geborene Klägerin war noch im Kindesalter von dem zwischenzeitlich verstorbenen S adoptiert worden.
Dessen Bruder setzte durch notarielles Testament vom 23. August 1978 die Klägerin zu seiner Alleinerbin ein. Er starb am 31. Dezember 1979.
Das beklagte Finanzamt (FA) setzte entsprechend der Erbschaftsteuererklärung aus einem Erwerb von 714.700 DM unter Berücksichtigung von Steuerklasse IV Erbschaftsteuer in Höhe von 305.025 DM fest.
Der Einspruch der Klägerin, mit dem sie begehrte, nach Steuerklasse III gemäß § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) besteuert zu werden, blieb ohne Erfolg.
Auf ihre Klage setzte das Finanzgericht (FG) die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung der Steuerklasse III auf 196.350 DM herab.
Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei Abkömmling eines Bruders des Erblassers i. S. von § 15 Abs. 1 ErbStG und daher nach Steuerklasse III zu besteuern;
die Einstufung in die Steuerklasse III gemäß § 15 Abs. 1 III Nr. 4 (nunmehr Nr. 3) ErbStG setze nicht voraus, daß sie auch mit dem Erblasser verwandt sei.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 15 Abs. 1 ErbStG.
Es ist der Auffassung, der Gesetzgeber habe bei der Steuerklasse III bewußt den in seiner Bedeutung eingeengten Begriff Abkömmling und nicht wie bei Steuerklasse I den Begriff Kind gewählt.
Erbschaftsteuerlich habe der Begriff eine eigene Bedeutung, und als Abkömmling i. S. des § 15 ErbStG könnten nur Personen angesehen werden, die mit dem Erblasser verwandt seien
Die Auffassung des FG führe zu einer Bevorzugung des adoptierten Kindes gegenüber dem leiblichen Kind, denn danach sei das adoptierte Kind
sowohl bei einem Erbgang in der Familie des Annehmenden als auch bei einem Erbgang in der Familie der bisherigen Verwandten – je nach ihrem Verhältnis zum Erblasser – in die Steuerklasse I bis III einzuordnen.
Diese Folge sei bei einem minderjährigen Adoptivkind vom Gesetzgeber aus Billigkeitsgründen in Kauf genommen worden – in anderen Fällen sei eine solche Privilegierung des Adoptivkindes nicht zu vertreten.
Das FA beantragt daher, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
II.
Der Erwerb der Klägerin unterlag der Erbschaftsteuer.
Die Berechnung der Steuer richtet sich gemäß § 15 ErbStG nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser entsprechend der dort getroffenen Steuerklasseneinteilung.
Zu Steuerklasse III gehören u. a. die in Nr. 4 aufgeführten Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern.
Die Einteilung des § 15 ErbStG beruht auf den bürgerlich-rechtlichen Vorgegebenheiten von Verwandtschaft und Schwägerschaft
Adoptivkind ist Abkömmling von Geschwistern des Erblassers iSd § 15 I ErbStG 1974
Erblasser und Adoptivvater der Klägerin sind leibliche Geschwister i. S. des § 15 Abs. 1 III Nr. 4 ErbStG.
Der Begriff Abkömmling ist im bürgerlichen Recht nicht definiert, wird jedoch in zahlreichen Bestimmungen verwendet
Zu den Abkömmlingen im Sinne dieser Vorschriften gehören neben leiblichen Verwandten in absteigender Linie auch Personen,
die die rechtliche Stellung der leiblichen Verwandten in absteigender Linie erhalten
Die am 13. Januar 1949 geborene Klägerin ist im Kindesalter vom Bruder des Erblassers adoptiert worden.
Gemäß § 1757 BGB in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung erlangte sie durch Annahme an Kindes Statt die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden.
Die Vorinstanz hat daher zu Recht erkannt, daß die Klägerin Abkömmling ersten Grades i. S. des § 15 Abs. 1 III Nr. 4 ErbStG ist.
Allerdings erstreckte sich gemäß § 1763 BGB i. d. F. vor dem 1. Januar 1977 die Wirkung der Annahme an Kindes Statt
nicht auf die Verwandten des Annehmenden, und es wurden daher zwischen dem Erblasser und der Klägerin verwandtschaftliche Beziehungen nicht begründet.
Nach Novellierung des Adoptionsrechts ergibt sich insoweit für die Klägerin keine Änderung.
Zwar erlangt bei Adoption Minderjähriger das aufgenommene Kind nunmehr in vollem Umfang die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes (§ 1754 Abs. 2 BGB)
und ist auch mit den Verwandten des Annehmenden selbst verwandt.
Diese Rechtsfolge gilt jedoch nicht für Personen, die, wie die Klägerin zwar als Minderjährige adoptiert, am 1. Januar 1977 aber bereits volljährig waren
Entgegen der Auffassung des FA ist jedoch nicht erforderlich, daß auch zwischen der Klägerin und dem Erblasser selbst ein Verwandtschaftsverhältnis besteht
Aus den Bestimmungen zu Steuerklasse I Nr. 3 und Steuerklasse II ergibt sich nichts anderes.
Dort ist die Zuordnung zu der jeweiligen Steuerklasse ausdrücklich beschränkt,
wenn die Wirkung der Adoption sich nicht auf die Kinder der Adoptivkinder bzw. die Abkömmlinge der Adoptivkinder erstreckt,
also zwischen dem Erblasser und dem Erwerber kein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts besteht.
Eine solche ausdrückliche Regelung fehlt jedoch bei der hier maßgeblichen Bestimmung III Nr. 4.
Zu einer Einschränkung zwingen auch nicht die übrigen in die Steuerklasse III eingestuften Personen, denn anders als bei der Bestimmung des § 10 ErbStG i. d. F. vor 1974 ist unter Steuerklasse III
neben Verwandten und Verschwägerten auch der geschiedene Ehegatte aufgeführt, der mit dem Erblasser weder verwandt noch verschwägert ist.
Auch der Umstand, daß das Adoptivkind sowohl als Erbe von Geschwistern des Annehmenden als auch als Erbe von Geschwistern seiner leiblichen Eltern in Steuerklasse III Nr. 4 einzuordnen ist,
führt zu keiner anderen Betrachtung.
Denn die nach altem Adoptionsrecht bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern einerseits und zu dem Annehmenden
andererseits haben den Gesetzgeber auch bei der Änderung der Steuerklasse I und II nicht zu einer Einschränkung veranlaßt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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