Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer – LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 27.08.2015 – 5 Sa 860/15

Juni 4, 2021

Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer – LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 27.08.2015 – 5 Sa 860/15

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. August 2015 (Az.: 5 Sa 860/15) befasst sich mit der Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung und den daraus resultierenden Ansprüchen des Arbeitnehmers. Im Zentrum steht die Frage, ob eine Kündigung durch einen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer, dessen Vertretungsbefugnis noch nicht im Handelsregister eingetragen war, wirksam ist.

Tenor des Urteils:

Das LAG Berlin-Brandenburg hat das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 24. Oktober 2014 nicht zum 11. November 2014 aufgelöst wurde.

Die Beklagte wurde zudem verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag vereinbarten Bedingungen weiterzubeschäftigen und ihm für die Monate Dezember 2014 bis März 2015 jeweils 5.833,33 Euro brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes zu zahlen.

Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Entwicklung von Projekten im Bereich regenerativer Energien sowie Abwasser- und Abfallbehandlungsanlagen ist.

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 2014 als Leiter Einkauf bei der Beklagten beschäftigt.

Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer – LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 27.08.2015 – 5 Sa 860/15

Innerhalb der Probezeit kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 24. Oktober 2014, wirksam zum 11. November 2014.

Die Kündigung wurde von Dr. G. H. unterzeichnet, dessen Alleinvertretungsbefugnis zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht im Handelsregister eingetragen war.

Der Kläger machte daraufhin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend und forderte die Weiterbeschäftigung sowie die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Monate Dezember 2014 bis März 2015.

Er wies die Kündigung zurück, da die Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt worden war und beanstandete die Vertretungsmacht nach § 180 BGB.

Entscheidungsgründe:

Das LAG entschied, dass die Kündigung vom 24. Oktober 2014 unwirksam war, da Dr. G. H. zu diesem Zeitpunkt nicht im Handelsregister als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer eingetragen war.

Nach § 15 Abs. 1 HGB kann eine solche eintragungspflichtige Tatsache einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, solange sie nicht eingetragen und bekannt gemacht ist.

Der Kläger konnte sich daher auf die fehlende Vertretungsbefugnis des alleinvertretenden Geschäftsführers berufen.

Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsklage hat.

Diesen Anspruch leitet das Gericht aus § 242 BGB in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG ab, da keine Umstände vorlagen, die eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gemacht hätten.

Änderung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer – LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 27.08.2015 – 5 Sa 860/15

Hinsichtlich der Annahmeverzugsvergütung für die Monate Dezember 2014 bis März 2015 entschied das Gericht zugunsten des Klägers.

Die Beklagte befand sich nach der unwirksamen Kündigung im Annahmeverzug, sodass der Kläger Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes hatte.

Rechtliche Bewertung:

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der ordnungsgemäßen Eintragung der Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern im Handelsregister.

Solange diese Eintragung nicht erfolgt ist, können Rechtsgeschäfte, die von dem betroffenen Geschäftsführer getätigt werden, unwirksam sein, wenn der Vertragspartner die fehlende Eintragung beanstandet.

Dies bietet den Arbeitnehmern Schutz vor unrechtmäßigen Kündigungen und stellt sicher, dass Unternehmensvertreter ihre Vertretungsmacht ordnungsgemäß nachweisen können.

Das Urteil zeigt auch, dass Arbeitnehmer in solchen Fällen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Annahmeverzugsvergütung haben können, wenn die Kündigung unwirksam ist und der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät.

Kostenentscheidung und Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde:

Die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt, da die Zuvielforderungen des Klägers nur geringfügig waren und keine höheren Kosten verursacht haben. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

Zusammenfassend verdeutlicht das Urteil, dass formale Anforderungen an die Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern strikt eingehalten werden müssen und die Eintragung im Handelsregister eine wesentliche Rolle bei der Rechtswirksamkeit von Vertretungshandlungen spielt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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