Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

Juli 24, 2021

Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am 18. Oktober 2018 in der Sache 2 AZR 374/18 gegen den Kläger, der gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln Berufung eingelegt hatte.

Der Kläger, ein Arbeitnehmer der Beklagten, stritt über die Änderung seiner Arbeitsvertragsbedingungen.

Tatbestand

Der Kläger war im Betrieb „Direktvertrieb und Beratung“ (DTDB) der Beklagten beschäftigt.

Kraft vertraglicher Vereinbarung fanden die für diesen Betrieb einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Am 21. Juni 2011 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „TV Bereichsausnahme DTDB“.

Dieser Tarifvertrag regelte, dass auf die Arbeitnehmer des Betriebs DTDB die Tarifverträge der T Deutschland GmbH (TDG) anstelle der bei der Beklagten geltenden Tarifverträge angewendet werden, mit Ausnahme einiger nicht relevanter Regelwerke.

Am 31. Juli 2013 stellte die Beklagte den Betrieb DTDB ein und kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers.

Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

Sie bot ihm eine Tätigkeit in der Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) „V“ zu den im TV Ratio TDG geregelten Bedingungen an.

Die Kündigung wurde jedoch als unwirksam erklärt, weil der TV Ratio TDG zu diesem Zeitpunkt noch nicht gültig war.

Nach dem TV Ratio TDG müssen alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze wegfallen, in die BQE versetzt werden.

Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags oder können einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen.

Lehnt ein Arbeitnehmer beide Angebote ab, erfolgt eine Änderungskündigung mit der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen in der BQE fortzusetzen.

Am 18. August 2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut, unter Beachtung der kurzen Kündigungsfrist des TV Ratio TDG, und bot ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an.

Der Kläger erklärte rechtzeitig den Vorbehalt nach § 2 KSchG und erhob Klage, da er der Meinung war, sein Arbeitsverhältnis könne nicht ordentlich gekündigt werden, und das Vertragsangebot sei unbestimmt.

Das Arbeitsgericht folgte teilweise dem Klageabweisungsantrag der Beklagten und nahm eine wirksame Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen erst zum 31. März 2017 an.

Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und entschied zugunsten der Beklagten. Mit der Revision verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.

Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

Gründe

Die Revision war unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht hatte den Änderungsschutzantrag gegen die Kündigung zum 15. September 2016 zu Recht abgewiesen.

I. Zulässigkeit und Sozialrechtfertigung der Kündigung

Die ordentliche Änderungskündigung war nach § 26 Abs. 3 MTV TDG zulässig und sozial gerechtfertigt, weil der Kläger nicht mehr zu den bisherigen Vertragsbedingungen beschäftigt werden konnte.

Der Betrieb DTDB war stillgelegt worden, und eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb war nicht möglich.

Eine Zuordnung zur BQE war notwendig, entweder durch Änderungsvertrag oder Änderungskündigung.

Der TV Ratio TDG fand aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme weiterhin Anwendung.

Die Beklagte hatte dem Kläger ein hinreichend bestimmtes Vertragsangebot gemacht.

Dieses betraf die Beschäftigung in der BQE der Beklagten zu den Bedingungen des TV Ratio TDG.

Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

Die wörtliche Wiedergabe des Tarifvertrags war nicht notwendig, und der Kläger konnte die relevanten Bestimmungen im Intranet einsehen.

II. Fristen und Anhörung

Die Kündigung unterlag nicht der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB, da es sich um eine ordentliche und nicht um eine außerordentliche Kündigung handelte.

Die Beklagte hatte dem Kläger keine zu kurze Frist zur Annahme des Vertragsangebots gesetzt. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte dies nur die gesetzliche Frist des § 2 Satz 2 KSchG ausgelöst.

Die Anhörung des Betriebsrats war ordnungsgemäß erfolgt, und es gab keine Anhaltspunkte für Fehler.

III. Massenentlassung

Die Beklagte musste keine Massenentlassungsanzeige erstatten, da die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG nicht erreicht wurden.

IV. Kündigungsfrist und Gleichheitssatz

Die Kündigung war wirksam zum 15. September 2016 erklärt.

Die Kündigungsfrist von drei Wochen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 TV Ratio TDG war gültig, auch für ordentliche Änderungskündigungen.

Änderung von Arbeitsvertragsbedingungen – BAG Urteil vom 18/10/2018 – 2 AZR 374/18

§ 622 Abs. 6 BGB, der eine längere Kündigungsfrist für Arbeitnehmer verbietet, stand der kurzen Kündigungsfrist des TV Ratio TDG nicht entgegen.

Die kurze Frist galt ausschließlich für die in § 5 Abs. 3 Satz 1 TV Ratio TDG vorgesehene Änderungskündigung.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG lag nicht vor.

Die Regelung der kurzen Kündigungsfrist war gerechtfertigt und orientierte sich an der Tarifautonomie.

Ergebnis

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln wurde bestätigt, und die Klage des Klägers wurde abgewiesen.

Die Beklagte durfte das Arbeitsverhältnis des Klägers unter den Bedingungen des TV Ratio TDG ändern.

Die kurzen Kündigungsfristen und spezifischen Bedingungen der Änderungskündigung waren rechtmäßig und sozial gerechtfertigt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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