Ärztliche Aufklärungspflicht bei Covid-19-Impfungen mit einem mRNA-Impfstoff
Zusammenfassung des Urteils des OLG Stuttgart vom 25.06.2024 (Az.: 1 U 34/23) zum Thema Haftung bei Corona-Impfschäden
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die Berufung einer Klägerin zurückgewiesen, die von einer Ärztin Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines behaupteten Impfschadens nach einer Corona-Impfung forderte. Die Klägerin warf der Ärztin vor, sie nicht ausreichend über die Risiken der Impfung aufgeklärt zu haben, wodurch ihre Einwilligung ungültig gewesen sei.
Das Gericht wies die Klage gegen die Ärztin ab, nicht weil die Aufklärung ausreichend war, sondern weil die Ärztin nicht die richtige Beklagte (juristisch: nicht „passiv legitimiert“) ist.
Das OLG Stuttgart argumentierte, dass die Verabreichung der Corona-Impfstoffe im Rahmen der nationalen Impfstrategie durch beauftragte Ärzte als hoheitliche Tätigkeit (staatliches Handeln) zu werten sei.
Dies bedeutet, dass die Ärztin eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen hat, die eigentlich dem Staat obliegt. Sie war Teil eines mobilen Impfteams eines Impfzentrums, welche vom Land eingerichtet wurden. Aber auch niedergelassene Ärzte, die zur Durchführung der Impfkampagne hinzugezogen wurden, handelten demnach hoheitlich, da die Impfung auf staatliche Veranlassung unentgeltlich durchgeführt und der Impfstoff vom Staat gestellt wurde.
Nach deutschem Recht (Amtshaftung gemäß Art 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB) gilt: Wenn eine Privatperson (hier die Ärztin) in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes hoheitlich handelt, haftet ausschließlich der Staat für eventuelle Schäden, die dadurch entstehen.
Eine direkte Haftung der hoheitlich tätigen Person (der Ärztin) ist in diesem Fall ausgeschlossen.
Die Klägerin müsste ihre Ansprüche (Schmerzensgeld und Schadensersatz) daher gegen das Land (oder den zuständigen Hoheitsträger) als den eigentlichen Verursacher der Schäden aus der hoheitlichen Tätigkeit geltend machen.
Daher wurde die Klage gegen die Ärztin abgewiesen, unabhängig davon, ob die Aufklärung tatsächlich fehlerhaft war. Das Gericht musste die Frage der Aufklärung in diesem Fall nicht mehr abschließend klären, da der Anspruch bereits aus formalen Gründen gegen die falsche Person gerichtet war.
Eine Auszubildende in einer Pflegeeinrichtung, die 2021 zwei Dosen des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs erhielt.
Die Klägerin behauptet, infolge der Impfung an einer Autoimmunkrankheit (Enzephalitis) mit neurologischen Ausfällen und Lähmungserscheinungen zu leiden.
Sie sei nicht ausreichend über die Impfrisiken aufgeklärt worden, insbesondere wegen ihrer Bedenken nach einer früheren Tetanus-Impfung. Sie habe bewusst nicht auf ein ärztliches Aufklärungsgespräch verzichtet.
Der Streitwert für das Verfahren wurde auf insgesamt 337.216,41 EUR festgesetzt.
Bereits das Landgericht Heilbronn hatte die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim OLG Stuttgart ein, die nun zurückgewiesen wurde.
Das Verfahren ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Es ist ein weiteres Verfahren beim Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen VI ZR 247/24 anhängig. Es ist davon auszugehen, dass der BGH die grundsätzliche Frage der Passivlegitimation und des hoheitlichen Handelns bei Corona-Impfungen endgültig klären wird.
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