AG Erfurt 7 XVII 382/20 – Vorsorgevollmacht

Juli 13, 2022

AG Erfurt 7 XVII 382/20 – Vorsorgevollmacht

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Amtsgericht Erfurt hob eine vorläufige Betreuung auf und stellte das Betreuungsverfahren ein, da die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht mehr gegeben waren.

Eine Betreuung war nicht erforderlich, weil der Betroffene bereits eine wirksame Vorsorgevollmacht erteilt hatte.

Die Kosten des Verfahrens wurden der Klinik auferlegt, da sie die Einrichtung der Betreuung veranlasst hatte und grob fahrlässig gehandelt hatte, indem sie die vorhandene Vollmacht nicht ausreichend geprüft hatte.

Hintergrund:

  • Der Betroffene wurde in die H-Klinik verlegt.
  • Seine Ehefrau übersandte dem Sozialdienst der Klinik eine Vorsorgevollmacht, die sie und die Tochter des Betroffenen bevollmächtigte, ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten.
  • Trotz Kenntnis dieser Vollmacht regte die Klinik beim Amtsgericht Weimar die Einrichtung einer vorläufigen Betreuung an.
  • Das Amtsgericht Weimar ordnete daraufhin eine vorläufige Betreuung an.
  • Das Verfahren wurde später an das Amtsgericht Erfurt übergeben, dem die Vorsorgevollmacht vorgelegt wurde.

AG Erfurt 7 XVII 382/20 – Vorsorgevollmacht

Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt:

  • Das Amtsgericht Erfurt hob die vorläufige Betreuung auf und stellte das Betreuungsverfahren ein.
  • Es stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine Betreuung weggefallen sind, da der Betroffene eine wirksame Vorsorgevollmacht erteilt hatte.
  • Die Vollmacht umfasste auch Angelegenheiten der Gesundheitssorge, für die die Klinik die Betreuung beantragt hatte.
  • Die Klinik hatte grob fahrlässig gehandelt, indem sie die Vollmacht nicht ausreichend geprüft hatte, und musste daher die Kosten des Verfahrens tragen.

Begründung:

  • Eine Betreuung ist nicht erforderlich, wenn der Betroffene bereits eine wirksame Vollmacht erteilt hat und die Angelegenheiten durch den Bevollmächtigten genauso gut besorgt werden können wie durch einen Betreuer (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB).
  • Die Klinik hätte die Vollmacht prüfen und feststellen müssen, dass sie auch Angelegenheiten der Gesundheitssorge umfasste.
  • Da die Klinik die Einrichtung der Betreuung veranlasst hatte und grob fahrlässig gehandelt hatte, musste sie die Kosten des Verfahrens tragen (§ 81 Abs. 4 FamFG).

AG Erfurt 7 XVII 382/20 – Vorsorgevollmacht

Fazit:

  • Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Vorsorgevollmacht als Instrument zur Selbstbestimmung im Falle einer späteren Hilfsbedürftigkeit.
  • Es zeigt auch, dass Kliniken und andere Einrichtungen verpflichtet sind, vorhandene Vorsorgevollmachten sorgfältig zu prüfen, bevor sie eine Betreuung anregen.
  • Die Nichtbeachtung einer Vorsorgevollmacht kann zu unnötigen Kosten und Verfahren führen, für die die verantwortliche Einrichtung haftbar gemacht werden kann.
RA und Notar Krau

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