Aktuelle Übersicht im Steuerrecht

Oktober 22, 2025

Aktuelle Übersicht im Steuerrecht

Diese Zusammenfassung beleuchtet aktuelle Entwicklungen und wichtige Entscheidungen im Bereich des deutschen Steuerrechts aus den Jahren 2024 und 2025, die insbesondere für die Übertragung von Vermögen und Unternehmen relevant sind.

I. Einkommensteuerliche Neuerungen

Ungleiche Gewinnausschüttungen bei GmbHs

Die Finanzverwaltung und die Gerichte erkennen steuerlich eine disquotale Gewinnausschüttung (abweichend von den Beteiligungsquoten) an, sofern diese zivilrechtlich wirksam ist.

Voraussetzung:

Entweder die Satzung der GmbH legt den abweichenden Verteilungsmaßstab fest oder enthält eine Öffnungsklausel.

Gerichtliche Klärung:

Auch ein Gesellschafterbeschluss, der die Satzung nur punktuell (nicht dauerhaft) durchbricht, kann zur Anerkennung führen, selbst wenn formelle Vorgaben nicht eingehalten wurden. Dies ist der Fall, wenn jeder Beschluss eine neue Willensbildung erfordert.

Tipp:

Um rechtliche und steuerliche Unsicherheiten wegen der „Dauerwirkung“ zu vermeiden, sollte vorsorglich eine Öffnungsklausel in der Satzung verankert werden.

Achtung Schenkungsteuer:

Eine überquotale Beteiligung am Gewinn kann als freigebige Zuwendung gelten und damit schenkungsteuerpflichtig werden. Eine leistungsorientierte Begründung sollte daher dokumentiert werden.

Hofübergabe in Land- und Forstwirtschaft

Bei der unentgeltlichen Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist es steuerlich unschädlich, wenn der Übergeber bis zu 10 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen zurückbehält. Diese Flächen gelten in der Regel nicht als „funktional wesentliche Betriebsgrundlagen“.

Hintergrund:

Werden nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen, müssten die im gesamten Betrieb enthaltenen stillen Reserven (Wertzuwachs seit Erwerb) aufgedeckt und versteuert werden. Durch die 10 %-Grenze kann dies vermieden werden.

Wichtig:

Der Verbleib der zurückbehaltenen Flächen im Betriebsvermögen ist gesichert, solange sie weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden (auch unentgeltlich durch den Übernehmer). Eine private Nutzung führt zur Entnahme und damit zur sofortigen Versteuerung der stillen Reserven dieser Flächen.

Gestaltungstipp:

Ist eine private Nutzung beabsichtigt (z. B. Überlassung als Baugrund), sollte die Entnahme bereits vor der Betriebsübergabe erfolgen.

Steuerfalle Nießbrauch beim Gewerbebetrieb

Die Übertragung eines gewerblichen Einzelunternehmens (egal ob aktiv oder verpachtet) unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist steuerlich schädlich:

Konsequenz:

Es kommt nicht zu einer steuerneutralen Buchwertfortführung. Stattdessen werden alle stillen Reserven aufgedeckt und versteuert. Außerdem verliert das übertragene Vermögen den Status als begünstigtes Betriebsvermögen für die Erbschaftsteuer.

Gerichtsentscheidung:

Die Gerichte sehen hierin eine Entnahme des gesamten Betriebsvermögens durch den Übergeber, da er durch den Nießbrauch den Betrieb weiterführt, während das Vermögen schon dem Übernehmer zugerechnet wird.

Ausnahme:

Die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben unter Nießbrauchsvorbehalt ist davon abweichend nach Gerichtsmeinung weiterhin steuerunschädlich.

Alternative:

Statt Nießbrauch ist die Vereinbarung von Versorgungsleistungen (Renten) eine steuerlich unschädliche Gestaltungsalternative, wenn der Versorgungsbedarf des Übergebers im Vordergrund steht.

Nießbrauch an Kapitalgesellschaftsanteilen

Die Gerichte haben die Voraussetzungen für die steuerliche Zurechnung von Einkünften aus Kapitalgesellschaftsanteilen auf den Nießbraucher stark verschärft.

Gesetzliche Regel:

Zivilrechtlich stehen die laufenden Gewinne dem Nießbraucher zu. Steuerrechtlich sind die Einkünfte grundsätzlich dem „Anteilseigner“ (wirtschaftlicher Eigentümer) zuzurechnen.

Gerichtsmeinung:

Der bloße Nießbrauch begründet kein wirtschaftliches Eigentum. Damit die Einkünfte steuerlich dem Nießbraucher zugerechnet werden, ist eine „einem Gesellschafter gleiche“ Dispositionsbefugnis über den Anteil nötig, einschließlich:

Mitverwaltungs- und Stimmrechte (z. B. durch Vollmacht)

Übernahme des Risikos einer Wertminderung und der Chance einer Wertsteigerung (z. B. Rechte am Veräußerungserlös oder an stillen Reserven).

Aktuelle Übersicht im Steuerrecht

Folge:

In der Praxis weicht die steuerliche Zurechnung nun oft von der zivilrechtlichen ab: Der Gesellschafter muss die Einkünfte versteuern, obwohl der Nießbraucher sie ausgezahlt bekommt.

Tipp:

Um Nachteile zu vermeiden, sollte vereinbart werden, dass der Nießbraucher nur den „Netto-Gewinnanteil“ (nach Abzug der konkreten Steuerbelastung des Gesellschafters) erhält.

II. Grunderwerbsteuerliche Aspekte

Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine GmbH

Die Überführung eines Einzelunternehmens, zu dessen Vermögen ein Grundstück gehört, in eine GmbH durch Ausgliederung zur Neugründung ist nach Ansicht der Gerichte grunderwerbsteuerbefreit.

Gegen die Finanzverwaltung:

Die Gerichte stellen sich damit gegen die enge Auslegung der Finanzverwaltung und wenden die Befreiungsnorm an, da diese sämtliche Vorgänge nach dem Umwandlungsgesetz erfasst.

Fristen:

Bei einer Neugründung kann die für die GmbH geltende Vorhaltefrist (fünf Jahre) naturgemäß nicht eingehalten werden. Dies ist unschädlich, solange der ausgliedernde Einzelunternehmer die Nachhaltefrist für seine Beteiligung an der neu gegründeten GmbH einhält.

Gestaltungstipp:

Für die steuerneutrale Überführung eines Einzelunternehmens in eine GmbH muss zwingend der Weg der Ausgliederung zur Neugründung gewählt werden.

Aufhebung von Wohnungseigentum

Die Aufhebung von Sondereigentum (Wohnungseigentümergemeinschaft) führt steuerrechtlich zu steuerbaren Tauschgeschäften unter den Miteigentümern.

Gerichtsentscheidung:

Die Gerichte lehnen eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer ab. Die Aufhebung ist nicht mit der steuerbefreiten Begründung oder flächenweisen Teilung von Wohnungseigentum vergleichbar.

Folge:

Die Aufhebung von Wohnungseigentum ist grunderwerbsteuerpflichtig.

Praxisrelevanz:

Betroffen ist der häufige Fall der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, gefolgt von der Realteilung (z. B. Umwandlung in Doppelhaushälfte). Beide Schritte können getrennt betrachtet werden, sodass die Aufhebung steuerpflichtig ist, während die anschließende Realteilung befreit ist.

III. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

Das Gericht hat die Reichweite der Schenkungsteuer bei Leistungen an eine Kapitalgesellschaft geklärt, die den Wert der Anteile der Gesellschafter erhöhen.

Schenkungsteuerpflicht:

Eine solche Leistung (z. B. teilentgeltliche Zuwendung eigener Anteile durch einen Mitgesellschafter an die Gesellschaft) führt zu einer schenkungsteuerbaren Zuwendung an die übrigen Gesellschafter.

Besonderheit:

Im Gegensatz zur direkten Schenkung an einen Gesellschafter ist hier kein subjektiver Zuwendungswille („Freigebigkeit“) erforderlich.

Negativpunkt:

Die sonst möglichen Verschnonungsabschläge für Betriebsvermögen können für diese Werterhöhung nicht gewährt werden.

Gestaltungstipp:

Sollte eine Zuwendung geplant sein, ist es steuerlich günstiger, die Anteile direkt an die anderen Gesellschafter abzugeben.

Disquotale Einlage durch gesellschafterbezogene Rücklage

Zuwendungen eines Gesellschafters an eine Kapitalgesellschaft können steuerneutral gestaltet werden, indem die Einlage einer gesellschafterspezifischen Rücklage zugeführt wird.

Voraussetzung:

Die Satzung muss die abweichende Zuordnung ermöglichen und die Gesellschafter müssen diese bei der Einlage beschließen.

Funktion:

Durch die gesellschafterbezogene Ausgestaltung (Rückzahlung nur an den Einlegenden bei Liquidation/Auflösung) wird verhindert, dass die Einlage zu einer steuerbaren Werterhöhung der Anteile der anderen Gesellschafter führt.

Zeitpunkt der Grundstücksschenkung

Bei der Schenkung von Grundstücken muss der Zeitpunkt der Ausführung für die Anwendung von Begünstigungen (z. B. Betriebsvermögen) genau gesteuert werden.

Klarstellung:

Die Schenkung eines Grundstücks ist noch nicht ausgeführt, wenn der Beschenkte aufgrund vertraglicher Abreden von der Eintragungsbewilligung erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch machen darf. Eine entsprechende Anweisung an den Notar, den Grundbuchvollzug erst später zu betreiben, gilt als eine solche „vollzugshemmende Vereinbarung“.

Sicherheit:

Die Schenkung gilt als zum vereinbarten späteren Zeitpunkt ausgeführt.

Begünstigungstransfer bei der Erbauseinandersetzung

Erben mehrere gemeinsam begünstigtes Vermögen (z. B. Familienheim, Betriebsvermögen), können sie es im Rahmen der Erbauseinandersetzung untereinander tauschen, ohne die Steuerbefreiung zu verlieren oder eine neue Belastung auszulösen. Dies ist der sog. Begünstigungstransfer.

Gerichtsentscheidung:

Ein innerer Zusammenhang zwischen Teilung und Erbfall ist ausreichend. Die von der Finanzverwaltung geforderte Frist von sechs Monaten für die tatsächliche Teilung wird nicht mehr gefordert, solange der Entschluss zur zügigen Teilung zeitnah zum Erbfall gefasst wurde.

Tipp:

Wenn eine Teilung absehbar länger als sechs Monate dauert, sollten die Miterben einen entsprechenden Beschluss zur zügigen Auseinandersetzung fassen und diesen dokumentieren.

Kein Betriebsvermögen bei Vermietung an Dritte

Die Betriebsvermögensbegünstigung kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer entfallen, wenn Grundbesitz an Dritte zur Nutzung überlassen wird.

Verwaltungsvermögen:

Grundbesitz, der Dritten zur Nutzung überlassen wird, gilt als schädliches Verwaltungsvermögen, selbst wenn die Überlassung nur kurzfristig oder im Rahmen eines gewerblichen Leistungspakets (z. B. Parkhaus) erfolgt.

Folge:

Die Gerichte wenden die Vorschriften hierzu eng an. Dies betrifft auch Beherbergungsbetriebe (Hotels, Pensionen), die von der Finanzverwaltung bisher als begünstigt angesehen wurden.

Sicherheit:

Aufgrund der unsicheren Rechtslage empfiehlt sich vor einer unentgeltlichen Übertragung die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt.

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