BGH, Urteil vom 26. März 1997 – XII ZR 250/95 Zur Wirksamkeit eines Ehevertrages, der den gesetzlichen Güterstand dahin modifiziert, daß das Betriebsvermögen des Unternehmer-Ehegatten nicht dem Zugewinnausgleich unterfällt. vorgehend OLG München, 19. September 1995, 4 UF 15/95 vorgehend AG Augsburg, 13. Dezember 1994, 3 F 259/93

April 19, 2019

BGH, Urteil vom 26. März 1997 – XII ZR 250/95
Zur Wirksamkeit eines Ehevertrages, der den gesetzlichen Güterstand dahin modifiziert, daß das Betriebsvermögen des Unternehmer-Ehegatten nicht dem Zugewinnausgleich unterfällt.
vorgehend OLG München, 19. September 1995, 4 UF 15/95
vorgehend AG Augsburg, 13. Dezember 1994, 3 F 259/93

Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat, des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 19. September 1995 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer im Scheidungsverbund erhobenen Stufenklage auf Zugewinnausgleich über den Umfang der vom Ehemann (Antragsgegner) zu erteilenden Auskunft über den Bestand seines Endvermögens.
Aus der 1968 geschlossenen Ehe der Parteien sind sieben Kinder hervorgegangen. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin) ist dem Ehemann am 16. Februar 1993 zugestellt worden.
Der Ehemann ist selbständiger Unternehmer. In der Ehezeit entwickelte sich sein Unternehmen von einem kleinen mittelständischen Betrieb zu einem Großunternehmen mit derzeit mehr als 1.800 Mitarbeitern im In- und Ausland.
Auf der Grundlage eines notariell beurkundeten Vorvertrages vom 19. Dezember 1988 schlossen die Parteien am 10. Oktober 1989 in der Form des § 1410 BGB einen “Ehevertrag und Unterhaltsvertrag”.
In diesem Vertrag vereinbarten sie für jeden Fall der Beendigung des Güterstandes, daß “das gesamte betrieblich gebundene Vermögen” des Ehemannes nicht dem Zugewinnausgleich unterfällt. Dem Ehemann wurde ferner die Befugnis eingeräumt, über betrieblich erforderliche Investitionen aus seinem sonstigen Vermögen frei zu entscheiden, mit der Folge, daß auch diese Investitionen dem Zugewinnausgleich nicht unterfallen. Als Gegenleistung für das Einverständnis der Ehefrau mit dieser Regelung verpflichtete sich der Ehemann zur Zahlung eines sogleich fälligen Betrages von 10 Mio. DM. Dieser Betrag und seine Surrogate samt den Erträgen sollten bei der Berechnung des Endvermögens der Ehefrau außer Betracht bleiben und somit ebenfalls dem Ausgleich des Zugewinns nicht unterfallen.
Zugleich befreiten die Parteien einander von den Beschränkungen des § 1365 BGB und verzichteten wechselseitig auf den Pflichtteil am Nachlaß des anderen Ehegatten. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs beließen die Parteien es ausdrücklich bei der gesetzlichen Regelung.
Ferner übertrug die Ehefrau ihre hälftigen Miteigentumsanteile an zwei Hausgrundstücken unentgeltlich auf den Ehemann.
Außerdem verzichteten die Parteien wechselseitig auf ihre gesetzlichen Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt. Statt dessen räumte der Ehemann der Ehefrau einen vertraglichen Unterhaltsanspruch in Höhe eines wertgesicherten Betrages von 14.000 DM monatlich ein und verpflichtete sich, ihr alle drei Jahre einen neuen Mittelklassewagen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Im erstinstanzlichen Verfahren legte der Ehemann ein Verzeichnis über sein nicht betrieblich gebundenes Vermögen vor, demzufolge die Verbindlichkeiten das Aktivvermögen zum Stichtag 16. Februar 1993 um rund 47,5 Mio. DM überstiegen.
Das Amtsgericht sah dieses Verzeichnis als nicht hinreichend spezifiziert an und verurteilte den Ehemann durch Teilurteil, über den Bestand seines Privatvermögens zum Stichtag in im einzelnen näher beschriebener Weise Auskunft zu erteilen. Das weitergehende Auskunftsbegehren und den Hilfsantrag, die Nichtigkeit des Ehe- und Unterhaltsvertrages festzustellen, wies es ab.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Ehefrau zurück.
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision der Ehefrau, mit der sie ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiterverfolgt und vom Ehemann insbesondere Auskunft “über den Bestand seines Endvermögens (Betriebsvermögen)” begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht sieht die notariellen Vereinbarungen der Parteien über den Zugewinnausgleich als wirksam an, mit der Folge, daß das betrieblich gebundene Vermögen des Ehemannes dem Ausgleich des Zugewinns nicht unterfällt und folglich insoweit auch kein Anspruch auf Auskunft besteht.
Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
II.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB sich nicht auf solche Bestandteile des Endvermögens erstreckt, die dem Ausgleich des Zugewinns nicht unterliegen (vgl. BGHZ 89, 137, 140 f). Dieser rechtliche Ausgangspunkt wird auch von der Revision nicht angegriffen.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die als Modifikation des gesetzlichen Güterstandes bezeichnete notarielle Vereinbarung der Parteien sei wegen Verstoßes gegen § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB, wegen Denaturierung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft und im Rahmen einer Gesamtwürdigung wegen sittenwidriger Benachteiligung der Ehefrau unwirksam, so daß auch das Betriebsvermögen des Ehemannes dem Ausgleich des Zugewinns und damit der Auskunftspflicht aus § 1379 BGB unterfalle.
a) Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht entgegen.
Gemäß § 1408 BGB steht es Ehegatten grundsätzlich frei, ihren Güterstand durch Ehevertrag aufzuheben oder zu ändern. So können sie jederzeit den Zugewinnausgleich ganz oder teilweise ausschließen, eine andere Quote als gesetzlich vorgesehen oder eine andere Art der Teilung sowie andere Abweichungen von der gesetzlichen Regelung vereinbaren (BGHZ 86, 143, 151 m.N.). Zulässig ist insbesondere auch eine von § 1375 BGB abweichende Bestimmung des Endvermögens durch Herausnahme gewisser Vermögenskomplexe oder einzelner Gegenstände und Erträge (vgl. BGHZ 89, 137, 140 f unter 2 b aa; BayObLG FamRZ 1971, 258, 260 f; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 3. Aufl. Kap. VII Rdn. 258; Knur DNotZ 1957, 451, 475) – wie hier des Betriebsvermögens auf Seiten des Ehemannes und des vereinbarten Geldbetrages von 10 Mio. DM, seiner Surrogate und seiner Erträge auf Seiten der Ehefrau.
Dies räumt auch die Revision ein, meint jedoch, die hier von den Parteien ehevertraglich getroffenen Regelungen beinhalteten in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenwirken einen Verzicht der Ehefrau auf ihren künftigen Zugewinnausgleichsanspruch. Dieser sei – außer im Hinblick auf ein laufendes oder zumindest beabsichtigtes Scheidungsverfahren – auch nicht in der Form eines Ehevertrages zulässig, da § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB der durch § 1408 BGB gewährten Ehevertragsfreiheit inhaltliche Schranken setze.
Es bedarf indes keiner Auseinandersetzung mit der in der Literatur umstrittenen (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 2. Aufl. § 1378 BGB Rdn. 14 ff m.w.N.; MünchKomm-BGB/Gernhuber, 3. Aufl. § 1378 Rdn. 21; Brix FamRZ 1993, 12 ff; Finger FuR 1997, 68 ff) Entscheidung BGHZ 86, 143, 149 ff, derzufolge ehevertragliche Regelungen, die nicht für eine beabsichtigte Scheidung getroffen werden, aber im Ergebnis eine Scheidungsfolgenvereinbarung vorwegnehmen, den Beschränkungen des § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB unterfallen können.
Denn die Bestimmungen des Ehevertrages der Parteien stellen keine nur für den Fall der Scheidung der Ehe, sondern eine für jeden Fall der Beendigung des Güterstandes getroffene Regelung dar.
Zudem kommt diese Regelung – auch in Verbindung mit der dem Ehemann eingeräumten Befugnis, betrieblich erforderliche Investitionen zu Lasten seines Privatvermögens vorzunehmen – in ihren Auswirkungen für die Parteien einer Vereinbarung über die Ausgleichsforderung im Hinblick auf eine bevorstehende Ehescheidung nicht so nahe, daß ihr die Beschränkungen des § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB entgegenstehen könnten.
Insbesondere stellt sie weder eine Verfügung der Ehefrau über ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich dar noch eine Verpflichtung, darüber zu verfügen.
Wenn die Parteien ein derartiges Ergebnis beabsichtigt hätten, hätten sie den Ausgleich des Zugewinns wirksam ganz ausschließen und damit Gütertrennung eintreten lassen können, § 1414 BGB. Ebenso hätten sie Gütertrennung vereinbaren und den hierdurch gemäß § 1372 BGB entstehenden Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau auf 10 Mio. DM begrenzen können. Dem hätte § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB schon wegen der damit zugleich eintretenden Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nicht entgegen gestanden. Statt dessen haben die Parteien jedoch ausdrücklich vereinbart, daß es grundsätzlich bei dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verbleiben und diese lediglich gegenständlich beschränkt werden sollte.
Entgegen der Auffassung der Revision stellen die notariellen Vereinbarungen der Parteien in ihrer Gesamtheit und ihrem Zusammenwirken auch keinen “konstruktiv verschlüsselten” Verzicht der Ehefrau auf künftige Ausgleichsforderungen dar. Auch wenn das betrieblich gebundene Vermögen des Ehemannes den wesentlichen Bestandteil des in der Ehezeit erworbenen Vermögens ausmachte, kann der Revision angesichts des nach dem eigenen Vortrag der Ehefrau in den Jahren 1985 bis 1989 um jährlich zwischen 10 und 15 Mio. DM angewachsenen Privatvermögens des Ehemannes nicht darin gefolgt werden, daß der Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit den notariellen Vereinbarungen vom 10. Oktober 1989 lediglich der Form nach beibehalten worden sei.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der dem Ehemann eingeräumten Befugnis, betrieblich erforderliche Investitionen zu Lasten seines Privatvermögens vorzunehmen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Ehefrau derartige Vermögensdispositionen bis zur Grenze des § 1375 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht auch dann hinzunehmen hätte, wenn eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung nicht getroffen worden wäre. Jedenfalls bedeutet diese Vereinbarung nicht, daß der Ehemann über die Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen zur ausgleichspflichtigen Vermögensmasse nach Gutdünken solle entscheiden können. Es stand ihm lediglich frei, aus den Erfordernissen seines Betriebes erwachsenden Investitionsbedarf statt durch Aufnahme von Fremdmitteln auch durch Eigenmittel zu decken.
Soweit der Ehemann angegeben hat, zum Stichtag 16. Februar 1993 überstiegen seine privaten Verbindlichkeiten den Wert seines privaten Vermögens, rechtfertigt dies entgegen der Annahme der Revision auch nicht den Schluß, die vertraglichen Vereinbarungen seien von vornherein auf einen völligen Ausschluß einer etwaigen Ausgleichsforderung der Ehefrau angelegt gewesen. Der Ehemann hat im einzelnen dargelegt, daß schon vor Abschluß der notariellen Verträge geplant gewesen sei, einen Zweigbetrieb in Großbritannien zu errichten; nach der Wiedervereinigung habe sich zudem die Gelegenheit ergeben, einen weiteren Zweigbetrieb in den neuen Ländern zu errichten; dies sei aus unternehmerischer Sicht auch geboten gewesen. Für diese beiden Investitionsvorhaben habe er neben der Aufnahme erheblicher Fremdmittel auch nahezu sein gesamtes Privatvermögen eingesetzt. Diesem Vortrag, dem die Ehefrau nicht entgegengetreten ist, läßt sich nicht entnehmen, daß der Ehemann schon im Zeitpunkt der notariellen Vereinbarung beabsichtigt habe, sein gesamtes Privatvermögen für betriebliche Zwecke einzusetzen. Die Ehefrau hat auch weder dargetan, daß bereits absehbar gewesen sei, ob und wann eine der Parteien einen Scheidungsantrag anhängig machen würde, noch daß der Ehemann bereits 1989 entschlossen gewesen sei, künftige Betriebsgewinne auch nicht mehr teilweise seinem Privatvermögen zuzuführen.
b) Keiner Entscheidung bedarf auch die Frage, inwieweit die den Ehegatten durch § 1408 BGB eingeräumte Freiheit, einen gesetzlich geregelten Güterstand zu modifizieren, ihre Grenzen an den immanenten Prinzipien des jeweiligen Güterstandes findet (vgl. Soergel/Gaul, BGB 12. Aufl. vor § 1408 Rdn. 14; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht 4. Aufl. § 32 III 4). Denn die hier ehevertraglich getroffenen Regelungen führen – entgegen der Auffassung der Revision – nicht zu einer so weitgehenden Veränderung des gesetzlichen Modells der Zugewinngemeinschaft, daß das spezifische Ordnungsziel dieses Güterstandes nicht mehr gewahrt wäre.
Insoweit ist zu berücksichtigen, daß das Gesetz der gesellschaftlichen Entwicklung, die ein vielfältiges, vom traditionellen Leitbild der “Hausfrauenehe” abweichendes Spektrum ehelicher Lebensverhältnisse hervorgebracht hat, nicht nur durch die in § 1356 BGB normierte Freiheit der familieninternen Rollenverteilung Rechnung trägt, sondern auch dadurch, daß es den Güterstand weitgehend der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit anheim stellt. Der mangels anderweitiger ehevertraglicher Regelung und damit “subsidiär” vorgesehene gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist ohne weiteres als sachrichtiger Güterstand für die überwiegende Zahl der Ehen anzusehen, in denen sich der Vermögenserwerb – wie im Regelfall bei abhängig Erwerbstätigen und Inhabern kleinerer Betriebe – typischerweise innerhalb der Dimension der familiären Lebensgemeinschaft vollzieht (vgl. Schwab aaO Kap. VII Rdn. 5; Gernhuber/Coester-Waltjen aaO § 34 I 5).
Von diesem Ehetyp kann sich die Realität allerdings weit entfernen, wenn die Vermögensmehrung – etwa bei Unternehmern oder Inhabern erheblichen Vermögens – in Bereichen erzielt wird, welche diese Dimension weit überschreiten. Hier erscheint indes fraglich, ob der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in unveränderter Form geeignet ist, auch in diesen Fällen, auf die er letztlich nicht zugeschnitten ist, stets einen sachgerechten Ausgleich zu gewährleisten (vgl. Schwab aaO).
Von einer “Denaturierung” des Güterstandes kann daher nicht gesprochen werden, wenn die Ehegatten mit Rücksicht auf außergewöhnliche Verhältnisse Änderungen vereinbaren, die diesen Verhältnissen Rechnung tragen, sich im übrigen aber noch am gesetzlichen Modell orientieren. Denn aus §§ 1408 Abs. 1, 1414 Satz 2 BGB folgt, daß das Gesetz den Ehegatten eine sehr weite Gestaltungsfreiheit einräumt und die Beibehaltung der Zugewinngemeinschaft nach weit verbreiteter Meinung selbst dann noch erlaubt, wenn der Ausgleich des Zugewinns völlig ausgeschlossen wird (vgl. BGB-RGRK/Finke, 12. Aufl. § 1408 Rdn. 14; MünchKomm-BGB/Kanzleiter aaO § 1408 Rdn. 14 m.w.N.).
Ist einer der Ehegatten Unternehmer, wird ein künftiger gegen ihn bestehender Zugewinnausgleichsanspruch typischerweise durch die Ertragskraft und Wertsteigerung des vom Ausgleichsschuldner betriebenen Unternehmens geprägt. Dieser Anspruch kann häufig nur aus der Substanz des Unternehmens befriedigt werden und gefährdet nicht selten dessen Liquidität und Fortbestand. Damit können auch schutzwürdige Interessen Dritter, z.B. von Mitgesellschaftern oder Arbeitnehmern, nachhaltig betroffen werden.
Unternehmern, die nicht von vornherein Gütertrennung vereinbart haben, wird daher – insbesondere wenn es den Charakter eines Familienunternehmens zu erhalten gilt – in zahlreichen Veröffentlichungen nahegelegt, ehevertraglich eine sogenannte modifizierte Güterstandsvereinbarung zu treffen, bei der das Unternehmen oder die Beteiligung daran für die Berechnung des Zugewinns außer Betracht bleibt (vgl. Tiedau MDR 1957, 641, 645; Tiefenbacher BB 1958, 565, 568; Kohler BB 1959, 929, 933; Zimmermann BB 1969, 965, 971; Fasselt DB 1982, 939, 940, 944; Berger, Die “modifizierte Zugewinngemeinschaft” in zivil- und steuerrechtlicher Sicht 1989 S. 125; Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 3. Aufl. Rdn. 370 ff; ders., FamRZ 1987, 9, 12 unter 5.; vgl. auch Münchner Vertragshandbuch Band 4, 2. Halbband, 3. Aufl., Vertragsmuster XI.2).
Daß dies eine angemessene und interessengerechte Gestaltung der güterrechtlichen Beziehungen in einer Unternehmerehe darstellen kann, zeigt auch die 1978 in Kraft getretene Neuregelung des gesetzlichen Güterrechts in Österreich, derzufolge Unternehmen sowie nicht lediglich der Wertanlage dienende Anteile daran im Falle der Scheidung von der Aufteilung des in der Ehe erworbenen Vermögens ausgenommen sind (§ 82 Abs. 1 Nr. 3 und 4 österr. EheG; vgl. auch Honsell FamRZ 1980, 93, 95 f).
c) Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung verstoßen die Vereinbarungen der Parteien auch nicht gegen §§ 138, 242 BGB.
aa) Soweit die Revision den Vertrag unter Hinweis auf ein auffälliges Mißverhältnis zwischen dem Abfindungsbetrag von 10 Mio. DM und dem (von der Ehefrau auf 300 bis 400 Mio. DM bezifferten) Wert des betrieblich gebundenen Vermögens im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als sittenwidrig ansieht, ist dem bereits entgegenzuhalten, daß die getroffene Vereinbarung nicht auf eine Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung angelegt ist. Hinzu kommt, daß der Ehefrau bei Abschluß des Vertrages noch kein Anspruch auf Zugewinnausgleich oder auch nur eine gesicherte Anwartschaft darauf zustand. Die bloße Aussicht, demnächst bei einer Beendigung des Güterstandes hälftigen Ausgleich des auf das Betriebsvermögen entfallenden Zugewinns verlangen zu können, entzieht sich schon deshalb einer Bewertung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil die Prognose einer auch künftig positiven Geschäftsentwicklung um so weniger gesichert erscheint, je langfristiger sie ist. Auch wenn die Parteien bei Abschluß des Ehevertrages bereits seit mehreren Monaten getrennt lebten, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar, ob und wann die Beendigung des Güterstandes eintreten würde; tatsächlich ist der vorliegende Scheidungsantrag dem Ehemann erst mehr als drei Jahre nach dem Ehevertrag bzw. mehr als vier Jahre nach Abschluß des Vorvertrages zugestellt worden.
Der Revision ist zwar einzuräumen, daß bei einer Gesamtwürdigung unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit auch der Verzicht der Ehefrau auf den Pflichtteil zu berücksichtigen ist; desgleichen die unentgeltliche Übertragung ihres hälftigen Miteigentums an zwei Hausgrundstücken, deren Einheitswerte 72.700 DM und 89.100 DM betragen. Auf der anderen Seite ist aber auch die Unterhaltsvereinbarung zu berücksichtigen, die der Ehefrau den vereinbarten Unterhalt wertgesichert und unabhängig davon gewährt, ob bereits die Erträge der Abfindungszahlung zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs ausreichen. Zu Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß die Vereinbarungen der Parteien der Ehefrau damit bis an ihr Lebensende einen – vom Unternehmerrisiko des Ehemannes weitgehend unabhängigen – außerordentlich hohen Lebensstandard garantiert.
Die Revision hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, daß die Vertragsgestaltung angesichts des vom Ehemann zum maßgeblichen Stichtag angegebenen negativen Privatvermögens zur Folge haben könnte, daß der Ehefrau nicht nur kein Anspruch auf Zugewinnausgleich verbleibe, sondern umgekehrt dem Ehemann ein Ausgleichsanspruch gegen sie zustehe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß ein solcher Anspruch des Ehemannes unter den hier unterstellten Umständen im Wege ergänzender Vertragsauslegung als ausgeschlossen anzusehen sein dürfte, zumindest aber eine Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit (§ 1381 Abs. 1 BGB) in Betracht käme.
bb) Auch in subjektiver Hinsicht vermag die Revision keine Umstände aufzuzeigen, die die Vereinbarungen der Parteien als sittenwidrig erscheinen lassen.
(1) Es kann dahinstehen, ob die Ehefrau als Einzelprokuristin (1980 – 1989) im Unternehmen des Ehemannes selbst in der Lage war, den Wert dieses Unternehmens zutreffend einzuschätzen. Sie hat sich jedenfalls vor Abschluß der Verträge – unstreitig – durch einen Hochschullehrer des Instituts für betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Humboldt-Universität Berlin beraten lassen und gegenüber dem Berater des Ehemannes erklärt, sie wisse, daß das Unternehmen sehr bedeutende Werte repräsentiere. Sie sei aber nicht daran interessiert, den Wert des Unternehmens schätzen zu lassen und ihren Anteil vom Schätzwert zu fordern. Es sei ihr gleichgültig, ob es sich um “30, 50, 100 Millionen oder was sonst” handele. Auch wenn ihr bei einem sofortigen Ausgleich des Zugewinns weit mehr als 10 Mio. DM zustünden, sei es ihr aber gleichgültig, ob sie nun 20, 30 oder 100 Mio. DM zu fordern habe, da sie den Betrieb erhalten sehen möchte.
(2) Unstreitig entsprachen auch der später vereinbarte Abfindungsbetrag von 10 Mio. DM und die Höhe des monatlichen Unterhalts ihrem eigenen Vorschlag.
(3) Unter diesen Umständen kann die Revision nicht mit dem Einwand gehört werden, der Ehefrau sei das tatsächliche Ausmaß ihrer aus dem Vertrag resultierenden Rechtsverluste, namentlich der Verzicht auf eine Ausgleichsforderung von ca. 200 bis 300 Mio. DM, verborgen geblieben, so daß sie wegen dieses Informationsdefizits, verbunden mit ihrer wirtschaftlichen Unerfahrenheit, zu einer vernünftigen Beurteilung nicht in der Lage gewesen sei.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Ehefrau auch hinreichend über die möglichen Auswirkungen der dem Ehemann eingeräumten Befugnis aufgeklärt worden, betrieblich erforderliche Investitionen zu Lasten seines (dem Zugewinnausgleich unterfallenden) Privatvermögens vorzunehmen. Eine “Verschleierung” der möglichen Auswirkungen ist schon deshalb nicht gegeben, weil diese Bestimmung bereits im Vorvertrag vom 19. Dezember 1988 nicht nur unmißverständlich niedergelegt, sondern durch einen die möglichen Folgen erläuternden Zusatz und eine besondere Belehrung hervorgehoben ist:
“… das heißt, macht der Ehemann aus seinem sonstigen Vermögen Investitionen oder sonstige Verwendungen auf die vom Zugewinnausgleich ausgenommenen Gegenstände – gleich zu welchem Zeitpunkt -, so scheiden diese Werte ebenfalls aus dem ausgleichspflichtigen Vermögen aus. Auf die wirtschaftliche Tragweite bezüglich des dann für den Zugewinnausgleich verbleibenden Vermögens wurde ausdrücklich hingewiesen.”
Soweit die Revision geltend macht, der Umfang dieser Belehrung lasse sich der Vertragsurkunde selbst nicht entnehmen, steht dies der Annahme einer ausreichenden Aufklärung der Ehefrau nicht entgegen.
(4) Auch der Umstand, daß die Ehefrau sich im Vorvertrag vom 19. Dezember 1988 verpflichtet hatte, die zum endgültigen Vertragsabschluß erforderlichen Erklärungen auf Verlangen des Ehemannes abzugeben, so daß das Zustandekommen des Ehevertrages in dessen Belieben gestellt worden sei, kann entgegen der Ansicht der Revision nicht als Indiz für den dominierenden Einfluß des Ehemannes auf die Vertragsgestaltung und eine die Sittenwidrigkeit des Vertrages begründende einseitige Bevorzugung seiner Interessen angesehen werden.
Den Abschluß eines Vorvertrages hat der Ehemann nachvollziehbar damit erläutert, daß zunächst – unstreitig – eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung über die steuerlichen Auswirkungen der beabsichtigten Vertragsgestaltung eingeholt werden sollte und auch eingeholt worden ist. Dies war angesichts der Unsicherheit, inwieweit die vorgesehenen ehevertraglichen Vereinbarungen steuerlich anerkannt würden, sinnvoll und rechtfertigte die dem Ehemann vorbehaltene Option.
Daß der Ehefrau nicht ebenfalls eine solche Option eingeräumt wurde, gereicht ihr nicht zum Nachteil. Ihr war bewußt, daß sie dem Ehemann mit den im Vorvertrag vorgesehenen Vereinbarungen weitreichende Zugeständnisse im Interesse der Erhaltung des Unternehmens machte und der Abschluß des Hauptvertrages seinem Interesse und den von ihm wahrgenommenen Interessen des Unternehmens entsprach. Ein eigenes Interesse der Ehefrau, das Zustandekommen des Vertrages auch gegen den Willen des Ehemannes – insbesondere auch im Falle einer negativen Auskunft der Finanzverwaltung – erzwingen zu können, ist nicht ersichtlich.
3. Ein das betrieblich gebundene Vermögen des Ehemannes umfassender Auskunftsanspruch läßt sich schließlich – entgegen der Ansicht der Revision – auch nicht mit dem von der Ehefrau geäußerten Verdacht begründen, der Ehemann habe Vermögensverschiebungen zu Lasten seines ausgleichspflichtigen Privatvermögens in der Absicht vorgenommen, sie zu benachteiligen.
Diesen Verdacht hat die Ehefrau allein mit dem Umstand begründet, daß das bis zum Abschluß des Ehevertrages stetig angewachsene erhebliche Privatvermögen des Ehemannes zum Stichtag einen negativen Wert erreicht habe. Demgegenüber hat der Ehemann detailliert dargelegt, die von ihm vorgenommenen Transaktionen zu Lasten seines Privatvermögens seien durch die unternehmerisch gebotene Errichtung von Zweigbetrieben in Großbritannien und in den neuen Ländern und den dadurch entstandenen, sein Privatvermögen weit übersteigenden Investitionsbedarf von rund 300 Mio. DM bedingt gewesen. Diesem Vortrag ist die Ehefrau nicht substantiiert entgegengetreten.
Dies wäre indes erforderlich gewesen, weil der Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 BGB sich nicht auf die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnenden Vermögensminderungen erstreckt und ein Recht auf Auskunft aus § 242 BGB nur in Betracht kommt, wenn und soweit der Anspruchsteller Auskunft über einzelne Vorgänge verlangt (vgl. MünchKomm-BGB/Gernhuber aaO § 1379 Rdn. 15; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1379 Rdn. 3) und insoweit konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB vorträgt (vgl. BGHZ 82, 132, 138).
Die Revision rügt zwar zu Recht, daß das Berufungsgericht sich mit diesem selbständigen Gesichtspunkt nicht auseinandergesetzt hat. Dies vermag der Revision aber nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das in den Gründen des Berufungsurteils übergangene Angriffsmittel aus den vorstehenden Gründen zur Begründung der Klage ungeeignet ist (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 – XII ZR 124/89 -FamRZ 1991, 322, 323 m.N.).

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