Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. Januar 2001 – 1Z BR 176/99 Testamentarische Einsetzung von Abkömmlingen zu Nacherben: Auslegung der Erbeinsetzung; Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts; Weiterverfolgung eines Erbscheinsantrags im Rechtsmittelverfahren nach Erbscheinserteilung an einen anderen Beteiligten

April 21, 2019

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. Januar 2001 – 1Z BR 176/99
Testamentarische Einsetzung von Abkömmlingen zu Nacherben: Auslegung der Erbeinsetzung; Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts; Weiterverfolgung eines Erbscheinsantrags im Rechtsmittelverfahren nach Erbscheinserteilung an einen anderen Beteiligten
1. Ein Erbscheinsantrag und ein Rechtsmittel, mit dem er weiterverfolgt wird, bleiben zulässig, wenn im Lauf des Verfahrens auf Antrag eines anderen Beteiligten ein Erbschein anderen Inhalts erteilt wird.
2. Zur Auslegung eines Testaments, mit dem die Erblasserin eines ihrer Kinder als Vorerbin und ihre übrigen Abkömmlinge sowie die Abkömmlinge der Vorerbin “zu gleichen Teilen nach Stämmen” zu Nacherben einsetzt.
Nach den gesetzlichen Auslegungsregeln der BGB §§ 2066, 2067 bestimmen sich die Nacherben in diesem Fall erst nach dem Zeitpunkt des Nacherbfalles; vor diesem Zeitpunkt erwerben die als spätere Nacherben in Betracht kommenden Personen kein Anwartschaftsrecht, das sie nach BGB § 2108 Abs 2 S 1 vererben könnten.
3. Die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts nach BGB § 2108 Abs 2 S 1 ist ausgeschlossen, wenn zweifelsfrei Ersatznacherben auch für den Fall des Versterbens der zunächst in Betracht kommenden Nacherben vor dem Nacherbfall bestimmt sind.
4. Zur entsprechenden Anwendung der Regeln des BGB § 1924 auf die testamentarische Einsetzung der Abkömmlinge zu Nacherben.
vorgehend LG Passau, 4. Oktober 1999, 2 T 80/99
vorgehend AG Passau, 5. März 1999, 3 VI 176/50
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 4. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 80.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die 1950 im Alter von 69 Jahren verstorbene Erblasserin hatte sieben Kinder. Ihr Ehemann war 1946 verstorben.
In ihrem notariell beurkundeten Testament vom 1.7.1950 hatte sie ihre Tochter S. als Vorerbin eingesetzt (Nr. II) und anschließend in Nr. III bestimmt:
“Zu Nacherben setze ich ein meine übrigen Abkömmlinge und die Abkömmlinge der S. zu gleichen Anteilen nach Stämmen, wobei die sämtlichen Abkömmlinge der S. als ein Nacherbenstamm gelten sollen. Die Nacherbfolge soll eintreten beim Tod der Vorerbin.”
Die Vorerbin S. verstarb 1998 kinderlos. Von den weiteren sechs Kindern der Erblasserin, die bei ihrem Tod alle noch gelebt hatten, waren bis zum Nacherbfall vier – unter Hinterlassung von Abkömmlingen – verstorben. Von den sieben Kindern ihrer 1996 verstorbenen Tochter A. lebten im Zeitpunkt des Nacherbfalls noch sechs; eine Tochter war 1989 kinderlos verstorben. Ein Sohn ist 1998 nachverstorben. Die Beteiligten zu 3 a) und b) sind seine Erben. Die Beteiligten zu 1, 2, 4, 5 und 6 sind die übrigen noch lebenden Kinder von A. Diese hat mit Testament vom 25.6.1995 die Beteiligte zu 1 zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt.
Die Beteiligte zu 1 hat mit Anwaltsschriftsatz vom 14.1.1999 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Miterbin zu 1/6 nach der Erblasserin ausweisen solle. Sie ist der Meinung, daß das Anwartschaftsrecht ihrer Mutter auf die Nacherbschaft durch Vererbung auf sie übergegangen sei, so daß sie allein Nacherbin anstelle ihrer Mutter geworden sei, nicht auch ihre Geschwister.
Mit Beschluß vom 5.3.1999 hat das Nachlaßgericht ihren Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die letztwillige Verfügung der Erblasserin sei so zu verstehen, daß sie als Nacherben ihre zum Zeitpunkt des Nacherbfalls lebenden Abkömmlinge eingesetzt habe, so daß die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebenden Kinder kein Anwartschaftsrecht auf die Nacherbschaft hätten vererben können. Die Beteiligte zu 1 sei damit zwar Nacherbin geworden, jedoch nicht zu 1/6, weil sie nicht das einzige Kind von A. sei.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 4.10.1999 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 21.10.1999 eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit den Anträgen, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und das Nachlaßgericht anzuweisen, den von ihr beantragten Erbschein zu erteilen.
Am 26.10.1999 bewilligte das Nachlaßgericht auf Antrag eines Enkels der Erblasserin einen gemeinschaftlichen Erbschein, der u.a. ausweist, daß die Erblasserin durch die sechs zur Zeit des Nacherbfalles noch lebenden Kinder ihrer Tochter A. zu je 1/36 beerbt wurde.
II.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig (§§ 20, 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 FGG). Der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde, mit der der gestellte Antrag auf Erteilung eines Teilerbscheins zu 1/6 weiterverfolgt wird, steht nicht entgegen, daß das Nachlaßgericht nach Einlegung der weiteren Beschwerde auf Antrag eines weiteren Miterben einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt hat, der (u.a.) das Erbrecht der Beteiligten zu 1 abweichend von ihrem Antrag auf Erlaß eines Teilerbscheins ausweist. Ein Erbscheinsantrag ist auch dann zulässig, wenn auf Antrag eines anderen Beteiligten schon ein Erbschein anderen Inhalts erteilt ist; die etwaige Einziehung des unrichtigen Erbscheins ist Sache des Nachlaßgerichts (Staudinger/Schilken BGB 13. Bearb. § 2353 Rn. 21).
In der Sache bleibt die weitere Beschwerde jedoch erfolglos. Der landgerichtliche Beschluß hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
1. In der Auslegung des Landgerichts bedeutet Nr. III des Testaments der Erblasserin, daß die zum Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalles lebenden Abkömmlinge der Erblasserin zu Nacherben eingesetzt und sämtliche durch die Kinder der Erblasserin begründeten Stämme gleichmäßig beteiligt sind. Das Landgericht ist bei seiner Auslegung vom Wortlaut des Testaments ausgegangen. Bei einem notariell beurkundeten Testament spreche eine gewisse Vermutung dafür, daß der objektive Erklärungsinhalt mit dem Erblasserwillen übereinstimme. Im Lauf des Verfahrens hätten sich über den Testamentswortlaut hinaus keine Anhaltspunkte tatsächlicher Art ergeben, die einen Rückschluß auf die Vorstellungen der Erblasserin hinsichtlich der Details der Nacherbeneinsetzung zuließen. Die Erblasserin habe ersichtlich bewußt und in Kenntnis des Unterschieds nicht ihre übrigen Kinder, sondern ihre übrigen Abkömmlinge – sowie die Abkömmlinge der Vorerbin – als Nacherben eingesetzt. An anderer Stelle des Testaments – in Nr. VII – sei von “Kindern” die Rede; daraus ergebe sich eindeutig, daß die Erblasserin zwischen Abkömmlingen und Kindern unterschieden habe. Sie habe nach den Umständen – mit Rücksicht auf ihr Alter und das Alter ihrer Kinder – damit gerechnet, daß bei ihrem Tode, wie zur Zeit der Abfassung des Testaments, ihre Kinder noch leben würden. Als Vorerbin habe sie ihr zweitjüngstes, damals 30 Jahre altes Kind eingesetzt; die anderen Kinder seien bis zu 19 Jahre älter gewesen. Ihr habe bewußt sein müssen, daß die Nacherbfolge möglicherweise erst viele Jahre nach Abfassung des Testaments eintreten würde und daß dann die anderen Kinder zumindest teilweise bereits verstorben sein könnten. Vor allem aber spreche der Umstand, daß die Abkömmlinge “zu gleichen Anteilen nach Stämmen” eingesetzt worden seien, eindeutig dafür, daß die zum Zeitpunkt des Nacherbfalles lebenden Abkömmlinge Nacherben werden sollten. Diese Regelung wäre nicht notwendig gewesen, wenn die Erblasserin ihre zum Zeitpunkt ihres Todes noch lebenden Kinder als Nacherben hätte einsetzen wollen. Sie erkläre sich nur daraus, daß die Erblasserin davon ausgegangen sei, daß – jedenfalls teilweise – nicht ihre Kinder, sondern weitere Abkömmlinge Nacherben würden. Nur diese Auslegung sei vereinbar damit, daß auch die Abkömmlinge der Vorerbin als Nacherben benannt seien. Diese sei bei Abfassung des Testaments nicht verheiratet und kinderlos gewesen. Wäre die Erblasserin davon ausgegangen, daß die Personen der Nacherben bereits mit Eintritt des Erbfalls bestimmt würden, so gäbe diese Regelung keinen Sinn.
Demnach sei nicht die bereits vor Eintritt des Nacherbfalles verstorbene Mutter der Beteiligten zu 1, 2, 4, 5 und 6 zur Nacherbin berufen worden, sondern erst ihre zum Zeitpunkt des Nacherbfalles noch lebenden Kinder. Der auf den Stamm der Tochter der Erblasserin A. entfallende Erbteil von 1/6 sei entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1924 Abs. 3 BGB auf ihre Kinder gleichmäßig aufzuteilen, so daß insbesondere die Beschwerdeführerin nur zu 1/36 Nacherbin geworden sei.
Auf die Frage, ob die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft gemäß § 2108 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB ausgeschlossen worden sei, komme es bei dieser Auslegung naturgemäß nicht an.
Wollte man aber für die Bestimmung der Nacherben schon auf den Zeitpunkt des Erbfalles abstellen und annehmen, daß die Kinder der Erblasserin, die alle zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebten, zu Nacherben bestimmt worden seien, müßte man die Verfügung der Erblasserin im übrigen so auslegen, daß die Abkömmlinge der Kinder zu Ersatznacherben eingesetzt seien und die Vererblichkeit des Nacherbenanwartschaftsrechts der Kinder ausgeschlossen sei, da die Einsetzung der Ersatznacherben gerade für den Fall des Vorversterbens der eingesetzten Nacherben (der Kinder der Erblasserin) habe gelten sollen. Das Ergebnis wäre dasselbe.
2. Die Auslegung eines Testaments ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand – z.B. ein Teil des Testamentswortlauts – übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357/363; BayObLG NJWE-FER 2000, 93; MünchKomm/Leipold BGB 3. Aufl. § 2084 Rn. 84).
Nach diesen Kriterien ist die Auslegung des Testaments durch das Landgericht nicht zu beanstanden.
a) Setzt der Erblasser seine nicht namentlich bezeichneten Abkömmlinge als Nacherben ein, so ist es nicht nur möglich, sondern sogar naheliegend, als Willen des Erblassers anzunehmen, daß an der Nacherbschaft auch die bis zum Nacherbfall geborenen Abkömmlinge beteiligt und daß die Personen der Nacherben erst nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalles bestimmt werden sollen (RG LZ 1914, 1117 Nr. 18; WarnR 1917, 434/436 Nr. 275; Staudinger/Behrends/Avenarius BGB 13. Bearb. § 2108 Rn. 12, § 2104 Rn. 5). Das Landgericht führt zutreffend als für diese Auslegung sprechenden Umstand insbesondere an, daß die Erblasserin auch die Abkömmlinge der Vorerbin als Nacherben einsetzte, obwohl die Vorerbin zur Zeit der Abfassung des Testaments kinderlos und unverheiratet war. Das Landgericht hätte ergänzend darauf hinweisen können, daß diese Auslegung auch den gesetzlichen Auslegungsregeln entspricht. In Fällen, in denen die Erben nicht individuell, sondern nur mit Hilfe einer Gattungsbezeichnung bestimmt werden, wie bei Einsetzung der “gesetzlichen Erben” oder der “Verwandten”, ist nach §§ 2066, 2067 BGB für die Bestimmung des Kreises der Erben auf den Zeitpunkt des Erbfalls und, wenn die Einsetzung von Nacherben in dieser Weise vorgenommen wird, nach § 2066 Satz 2, § 2067 Satz 2 BGB auf den Zeitpunkt des Nacherbfalles abzustellen (BayObLG FamRZ 1991, 1234/1236; OLG Köln FamRZ 1970, 605; MünchKomm/Leipold § 2066 Rn. 5 und 14, § 2067 Rn. 9). Die Auslegungsvorschrift des § 2067 BGB ist auf Fälle, in denen der Erblasser eine bestimmte Gruppe von Verwandten als Erben bzw. Nacherben einsetzt, z.B. seine Kinder, Enkel oder Abkömmlinge, jedenfalls entsprechend anzuwenden (MünchKomm/Leipold § 2067 Rn. 5). Die Anwendbarkeit von Auslegungsregeln kann insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn sich außerhalb des Testamentswortlauts liegende Umstände für den konkreten Willen des Erblassers nicht feststellen lassen, wie hier (vgl. Staudinger/Otte, Vorbem. zu §§ 2064 ff. Rn. 126 bis 129; Palandt/Edenhofer BGB 60. Aufl. § 2084 Rn. 20; Tappmeier NJW 1988, 2714/2715). Ist nach dem Willen des Erblassers oder nach gesetzlichen Auslegungsregeln bei der Bestimmung des Erben erst auf den Zeitpunkt des Nacherbfalles abzustellen, so sind – wie im Fall der sogenannten konstruktiven Nacherbfolge (§ 2104 BGB) – die Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalles noch unbestimmt. Vor diesem Zeitpunkt erwerben die als spätere Nacherben in Betracht kommenden Personen kein Anwartschaftsrecht, das sie nach § 2108 Abs. 2 Satz 1 BGB vererben könnten (RG WarnR 1917, 434/436; BayObLGZ 1966, 227/229; Staudinger/Behrends/Avenarius § 2104 Rn. 5; Palandt/Edenhofer § 2108 Rn. 2 a.E.). Aus § 2108 Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich nichts Gegenteiliges. Diese Bestimmung setzt die Person des Nacherben als bekannt voraus. Ihr läßt sich daher nichts entnehmen, wenn durch Auslegung des Testaments erst ermittelt werden muß, wer Nacherbe sein soll, insbesondere, ob sich die Einsetzung auf beim Nacherbfall bereits verstorbene Kinder erstrecken soll, die ihrerseits die Anwartschaft weiter vererbt haben könnten (Staudinger/Behrends/Avenarius § 2108 Rn. 2; Grunsky Rpfleger 1984, 272/273).
b) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Hilfserwägung des Landgerichts, daß dann, wenn ein Nacherbenanwartschaftsrecht der zum Zeitpunkt des Erbfalls als spätere Nacherben in Betracht kommenden Abkömmlinge anzunehmen wäre, jedenfalls dessen Vererblichkeit nach § 2108 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen wäre.
Der Begriff des “Abkömmlings” umfaßt den der Kinder (MünchKomm/Leipold § 1924 Rn. 3). Wäre also auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen und entstünde für die zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Kinder ein Anwartschaftsrecht, so müßte der Einsetzung der “Abkömmlinge … zu gleichen Teilen nach Stämmen” zu Nacherben jedenfalls entnommen werden, daß für den Fall des Todes der zur Zeit des Erbfalls lebenden Kinder vor dem Nacherbfall die weiteren Abkömmlinge im Stamm (Enkel, Urenkel) zu Ersatznacherben eingesetzt sein sollten. Dadurch wäre die Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts ausgeschlossen; denn wenn der Erblasser zweifelsfrei eine Ersatznacherbfolge gerade für den Fall des Todes des zunächst berufenen Nacherben angeordnet hat, ist anzunehmen, daß die Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts ausgeschlossen ist (vgl. BayObLGZ 1961, 132/136; RGRK/Johannsen BGB 12. Aufl. Rn. 9; Staudinger/Behrends/Avenarius Rn. 14 und 15 jeweils zu § 2108).
c) Zutreffend weist die weitere Beschwerde allerdings darauf hin, daß in Nr. III des Testaments nicht ausdrücklich bestimmt ist, wie der einem Stamm zukommende Anteil innerhalb des Nacherbenstammes aufgeteilt werden soll. Der Testamentswortlaut gibt auch keinen Aufschluß darüber, ob sämtliche zur Zeit des Nacherbfalles lebende Abkömmlinge der Erblasserin Nacherben sein sollen, oder nur die jeweils nächstverwandten Abkömmlinge. Das Landgericht hat die Regeln des § 1924 Abs. 2 und 4 BGB entsprechend angewandt und angenommen, Kinder der Erblasserin schlössen Enkel, Enkel wiederum Urenkel von der Erbfolge aus, und nicht nur die Stämme, sondern auch die zu einem Stamm gehörenden Abkömmlinge erbten jeweils zu gleichen Teilen.
Auch dies ist nicht zu beanstanden. Da die in Nr. III des Testaments ausdrücklich geregelte Nacherbfolge “zu gleichen Anteilen nach Stämmen” der gesetzlichen Erbfolge erster Ordnung (§ 1924 Abs. 3 und 4 BGB) entspricht, ist es naheliegend, auch im übrigen – also für die Aufteilung innerhalb eines Stammes und für die Frage der Repräsentation – die Regelung in § 1924 Abs. 2 und 4 BGB als dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin entsprechend heranzuziehen (vgl. MünchKomm/Leipold § 1924 Rn. 28). §§ 2066 bis 2069 BGB beruhen auf dem Gedanken, daß letztwillige Verfügungen in Anlehnung an das gesetzliche Erbrecht auszulegen sind (Staudinger/Otte § 2066 Rn. 1). Diesen Bestimmungen liegt die allgemeine Vorstellung zugrunde, daß die Lösung von Zweifelsfragen, die bei testamentarischer Erbeinsetzung gesetzlicher Erben (oder eines Teils der gesetzlichen Erben wie der “Abkömmlingen) auftreten, sich an die gesetzliche Ausgestaltung der gesetzlichen Erbfolge anlehnen kann (BayObLGZ 1961, 132/138). Dies rechtfertigt die Heranziehung der Bestimmungen des § 1924 BGB über die in Nr. III des Testaments ausdrücklich geregelten Fragen hinaus.
Das Landgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Beteiligte zu 1 lediglich Nacherbin zu 1/36 geworden ist. Ihr damit nicht übereinstimmender Erbscheinsantrag ist zu Recht zurückgewiesen worden.
3. Daß die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten ihrer erfolglosen weiteren Beschwerde zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus § 2 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Satz 1 KostO; es bedarf insoweit keiner Entscheidung.
Auch einer Anordnung der Kostenerstattung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG bedarf es nicht, da die anderen Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht hervorgetreten sind (Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl. § 13a Rn. 16).
Den Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat nach § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1, § 131 Abs. 2 KostO in Übereinstimmung mit der Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde durch das Landgericht festgesetzt.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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