BFH Beschluss vom 09. Februar 2010, VIII B 32/09

Februar 18, 2021

BFH Beschluss vom 09. Februar 2010, VIII B 32/09

Beweisverwertungsverbot – Rügeverzicht

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Der geltend gemachte Verfahrensfehler führt nicht zur Zulassung der Revision.

a) Zwar darf, worauf der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu Recht hinweist, eine ohne Belehrung nach § 101 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung erteilte Auskunft eines Angehörigen vom Gericht nicht verwertet werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 31. Oktober 1990 II R 180/87, BFHE 163, 103, BStBl II 1991, 204; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 101 AO Rz 28; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 101 AO Rz 14; Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 101 Rz 5; ferner: Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 15. Juli 1998 Tz 2 zu § 101). Es kann im Streitfall jedoch dahinstehen, ob und ggf. in welchem Zeitpunkt das Finanzgericht (FG) den Sohn des Klägers in Bezug auf dessen für die X-GmbH & Co. KG abgegebene Erklärung über sein Auskunftsverweigerungsrecht hätte belehren müssen.

b) Der mögliche Verfahrensmangel der Verwertung eines unzulässigen Beweismittels ist jedenfalls durch die rügelose Einlassung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung entsprechend § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) geheilt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 1984 III ZR 93/82, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 1158). Der sachkundig vertretene Kläger hat sein diesbezügliches Rügerecht (§ 155 der Finanzgerichtsordnung –FGO– i.V.m. § 295 ZPO) dadurch verloren (vgl. BFH-Beschluss vom 27. September 2007 IX B 19/07, BFH/NV 2008, 27).

aa) Ein Verstoß gegen das aus der Verletzung der Belehrungspflicht bei Angehörigen sich ergebende Beweisverwertungsverbot gehört zu den Verfahrensmängeln, auf deren Einhaltung die Beteiligten verzichten können (vgl. Münchener Kommentar ZPO/Damrau, § 383 Rz 41; Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 383 Rz 8; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 295 Rz 43; Wieczorek/Schütze/Assmann, 3. Aufl., § 295, ZPO, Rz 18). Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln geht das Rügerecht nicht nur durch ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326; vom 24. Juli 2003 IX B 24/03, BFH/NV 2004, 55; vom 17. März 2008 IX B 102/07, BFH/NV 2008, 1179; vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35, jeweils m.w.N.).

bb) Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 20. November 2008 hat der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Sache verhandelt, ohne die Unzulässigkeit der Verwertung der Zeugenaussage des Sohnes des Klägers zu rügen. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht dargelegt, warum in der mündlichen Verhandlung eine Rüge des behaupteten Verfahrensverstoßes unterblieben ist.

Schlagworte

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