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| Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das begehrte Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe K 2 GTV. Der GTV galt für sie, die erst am 1. August 2013 Mitglied der Gewerkschaft ver.di geworden war, in Verbindung mit dem ATV zu keinem Zeitpunkt unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG). Die Tarifnormen des GTV wirkten ab dem 1. Juni 2013 auch im Geltungsbereich des ATV nur noch iSv. § 4 Abs. 5 TVG nach. Da die Klägerin erst im Nachwirkungszeitraum in die Gewerkschaft ver.di eingetreten ist, wurde ihr Arbeitsverhältnis von den Tarifnormen des GTV nicht mehr erfasst. |
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| I. Die Tarifnormen des GTV wirkten auch im Geltungsbereich des ATV, an dessen Wirksamkeit mit Blick auf den erforderlichen Sachzusammenhang mit den in Bezug genommenen Tarifverträgen und ein effektives ordentliches Kündigungsrecht (sh. dazu die st. Rspr. seit BAG 9. Juli 1980 – 4 AZR 564/78 – BAGE 34, 42) keine rechtlichen Bedenken bestehen, im streitgegenständlichen Zeitraum nur noch iSv. § 4 Abs. 5 TVG nach. Das ergibt die Auslegung dieses Tarifvertrags. |
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| 1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln und ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 7. Dezember 2016 – 4 AZR 322/14 – Rn. 19 mwN; 16. Juni 2010 – 4 AZR 944/08 – Rn. 18 mwN). |
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| Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei einer Verweisung eines Tarifvertrags auf einen anderen Tarifvertrag bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung durch Auslegung zu ermitteln, ob die in Bezug genommenen Tarifnormen iSd. Gleichstellung in ihrem jeweiligen Geltungszustand Anwendung finden sollen oder ob die zwingende Wirkung der in Bezug genommenen Tarifnormen durch deren Kündigung nicht berührt wird, sondern nur durch die Kündigung des Verweisungstarifvertrags beseitigt werden kann. Ist mit der Verweisung eine Gleichstellung mit der Entwicklung der in Bezug genommenen Tarifnormen – wie häufig bei einem Anerkennungstarifvertrag – in der Weise gewollt, dass der Verweisungstarifvertrag (lediglich) die Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers ersetzen soll, spricht das in der Regel dafür, dass auch der Geltungszustand der in Bezug genommenen Tarifnormen auf die Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des Verweisungstarifvertrags durchschlägt (BAG 7. Mai 2008 – 4 AZR 229/07 – Rn. 27; 29. August 2007 – 4 AZR 561/06 – Rn. 21). |
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| 2. In Anwendung dieser Grundsätze sind die Regelungen des ATV dahingehend zu verstehen, dass die Tarifnormen des GTV auch im Geltungsbereich des ATV (nur) in ihrem jeweiligen Geltungszustand Wirkung entfalten sollen. |
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| a) Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass es sich gem. § 2 Nr. 1 ATV um eine dynamische Verweisung handelt. |
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| aa) Durch den Verweis auf die in Bezug genommenen Tarifverträge „in ihrer jeweiligen Fassung“ wird zunächst nur klargestellt, dass Änderungen der Bezugsobjekte automatisch Eingang in den Verweisungstarifvertrag finden, ohne dass es einer neuerlichen Verweisungsanordnung bedarf. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, in welcher Weise die in Bezug genommenen tariflichen Normen nach deren Kündigung bis zum Abschluss von neuen Tarifnormen gelten sollen. Die Verweisung kann zum einen dahingehend verstanden werden, dass das in Bezug genommene Tarifrecht jeweils zwingend gelten soll, bis es durch eine tarifliche Neuregelung ersetzt wird. Zum anderen kann sie sich auch auf den Geltungszustand erstrecken mit der Folge, dass die durch den Ablauf des in Bezug genommenen Tarifrechts eintretende Nachwirkung auf die dem Verweisungstarifvertrag unterliegenden Arbeitsverhältnisse durchschlägt (vgl. BAG 29. August 2007 – 4 AZR 561/06 – Rn. 23). |
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| bb) Entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin ergibt sich aus der Verwendung der Formulierung „in ihrer jeweiligen Fassung“ in § 2 Nr. 1 ATV anstatt der Formulierung „in der jeweils geltenden Fassung“ nicht, dass es den Tarifvertragsparteien nicht um die Einbeziehung des jeweiligen Geltungszustands der in Bezug genommenen Tarifverträge gegangen wäre. Bei Formulierungen wie „in ihrer jeweiligen Fassung“ (wie hier), „in der jeweils geltenden Fassung“ (wie im Fall BAG 16. Juni 2010 – 4 AZR 944/08 -) oder „in der jeweils gültigen Fassung“ (wie im Fall BAG 29. August 2007 – 4 AZR 561/06 -) handelt es sich bloß um sprachlich leicht differierende Bezeichnungen zur Charakterisierung einer zeitdynamischen Regelung. |
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| b) Die Gleichstellungsabsicht der Tarifvertragsparteien ergibt sich jedoch aus der Regelung in § 3 ATV. |
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| aa) Nach § 3 Nr. 1 ATV gelten die in Bezug genommenen Tarifverträge „mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus“. Mit der Bezeichnung „Rechtsstatus des Tarifvertrags“ ist ersichtlich der „Geltungszustand der Tarifnormen des Tarifvertrags“ gemeint. Ein solcher Geltungszustand ist auch die Nachwirkung iSv. § 4 Abs. 5 TVG. Die Tarifvertragsparteien haben mit dieser Formulierung hinreichend deutlich gemacht, dass die jeweils gültige Wirkungsweise der anerkannten Tarifnormen auf die in den Geltungsbereich des ATV fallenden Arbeitsverhältnisse durchschlagen soll. |
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| bb) § 3 Nr. 2 ATV verdeutlicht diese tarifliche Sichtweise, indem sie ausdrücklich regelt, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge im Fall ihrer Kündigung auch zwischen den Parteien des ATV als gekündigt gelten. Die Regelung stellt damit nochmals klar, dass für die vom ATV erfassten Arbeitsverhältnisse dieselben Rechtsfolgen eintreten sollten, wie für die unmittelbar erfassten Arbeitsverhältnisse. |
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| (1) Entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin beschränkt sich diese Regelung nicht auf den Status des Tarifvertrags als ungekündigtem oder gekündigtem, sondern bezieht sich vielmehr auch auf den Geltungszustand der Tarifnormen nach Ablauf der Kündigungsfrist. Dies ergibt sich aus der Systematik des Tarifvertrags. Die Tarifvertragsparteien wollten in § 3 ATV erkennbar die normative Geltung der anerkannten Tarifverträge für den Geltungsbereich des Verweisungstarifvertrags und nicht lediglich die schuldrechtliche Seite regeln. Bei einem gegenteiligen Verständnis käme der Tarifnorm kein eigenständiger Regelungsgehalt zu, da der gekündigte Zustand eines Tarifvertrags als solcher nichts an der Geltung der Tarifnormen ändert. |
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| (2) Der Umstand, dass der ATV eine eigenständige Kündigungsregelung enthält und auch tatsächlich gekündigt wurde, gebietet kein abweichendes Auslegungsergebnis. Auch bei dem Tarifverständnis des Senats ist die Regelung eines eigenständigen Kündigungsrechts entgegen der Auffassung der Revisionsklägerin nicht überflüssig. Die Ausübung des Kündigungsrechts führt zum Ablauf des ATV. Dadurch können die Tarifvertragsparteien verhindern, dass ein künftiger neuer Tarifabschluss der Parteien des in Bezug genommenen Tarifvertrags für den Geltungsbereich des ATV unmittelbare und zwingende Wirkung entfaltet. |
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| II. Da die Klägerin der Gewerkschaft erst im Nachwirkungszeitraum des GTV beigetreten ist, wurde ihr Arbeitsverhältnis von den – auch im Geltungsbereich des ATV nur noch nachwirkenden – Tarifnormen des GTV nicht erfasst. |
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| 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfasst die Nachwirkung von Tarifnormen nur solche Arbeitsverhältnisse, für die der betreffende Tarifvertrag zuvor iSv. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend galt (sh. nur BAG 22. Juli 1998 – 4 AZR 403/97 – zu 2 b der Gründe mwN, BAGE 89, 241; grdl. 6. Juni 1958 – 1 AZR 515/57 – BAGE 6, 90). Das gilt nicht nur für erst im Nachwirkungszeitraum begründete Arbeitsverhältnisse, sondern auch für die Fälle, in denen die Tarifgebundenheit erst im Nachwirkungszeitraum begründet wird, insbesondere der Arbeitnehmer der tarifschließenden Gewerkschaft erst in diesem Zeitraum beitritt (BAG 10. Dezember 1997 – 4 AZR 247/96 – BAGE 84, 257; 15. November 2006 – 10 AZR 665/05 – BAGE 120, 182; 11. Juni 2002 – 1 AZR 390/01 – BAGE 101, 288; 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 – BAGE 99, 283; ebenso ErfK/Franzen 17. Aufl. § 4 TVG Rn. 53; Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 814; Höpfner in Henssler/Moll/Bepler 2. Aufl. Teil 9 Rn. 34; JKOS/Oetker 2. Aufl. § 8 Rn. 30). |
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| 2. Die Revisionsbegründung gibt keinen Anlass zu einer erneuten Auseinandersetzung mit der zum Teil im Schrifttum (Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 330; Kempen/Zachert/Kempen TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 722; Däubler TVG/Bepler 4. Aufl. § 4 Rn. 887 ff.; wohl auch Schaub ArbR-HdB/Treber 17. Aufl. § 208 Rn. 18) gegenüber der ständigen Rechtsprechung geäußerten Kritik. Selbst wenn man die abweichende Rechtsauffassung als zutreffend unterstellen würde, ergäbe sich im Streitfall keine abweichende Entscheidung, weil der Arbeitsvertrag der Parteien eine ausdrückliche Entgeltabrede enthält (vgl. für den Fall eines erst im Nachwirkungszeitraum geschlossenen Arbeitsvertrags Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 814; ebenso Däubler TVG/Bepler 4. Aufl. § 4 Rn. 893). Diese wurde während der Dauer der unmittelbaren und zwingenden Geltung des ATV zu keinem Zeitpunkt verdrängt, da der Tarifvertrag mangels Tarifgebundenheit der Klägerin das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht erfasste. Nähme man – wie offenbar die Revision – an, die bislang gültige einzelvertragliche Entgeltabrede würde erstmals im Nachwirkungszeitraum verdrängt, würde man der nachwirkenden tarifvertraglichen Regelung nicht nur eine unmittelbare, sondern auch eine zwingende Wirkung beimessen. Dass ihr eine solche zukäme, wird aber zu Recht von niemandem vertreten. |
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| III. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. |
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