Bundesgerichtshof Beschl. v. 31.01.2018, Az.: XII ZB 25/17 Beschwerdeberechtigung der Ehefrau des Verstorbenen gegen eine Endentscheidung im Verfahren der postmortalen Vaterschaftsfeststellung; Beschwerdeberechtigung des Nachlasspflegers

Juni 17, 2018

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 31.01.2018, Az.: XII ZB 25/17

Beschwerdeberechtigung der Ehefrau des Verstorbenen gegen eine Endentscheidung im Verfahren der postmortalen Vaterschaftsfeststellung; Beschwerdeberechtigung des Nachlasspflegers

Amtlicher Leitsatz:

  1. a)

Gegen eine Endentscheidung im Verfahren der postmortalen Vaterschaftsfeststellung ist die Ehefrau des Verstorbenen nicht beschwerdeberechtigt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 – XII ZB 544/15 – FamRZ 2017, 623).

  1. b)

Ein Nachlasspfleger ist – wie auch ein Erbe des Verstorbenen – ebenfalls nicht beschwerdeberechtigt (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 28. Juli 2015 – XII ZB 671/14 – FamRZ 2015, 1787 und BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 4 gegen den Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Dezember 2016 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 1 und 4 jeweils zur Hälfte auferlegt.

Wert: 2.000 €

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die postmortale Feststellung der Vaterschaft des im Februar 2014 in Spanien verstorbenen S. N., der zuletzt deutscher Staatsangehöriger war, für den im Oktober 2014 in Deutschland geborenen Beteiligten zu 3.

Auf Antrag der Kindesmutter (Beteiligte zu 2) hat das Amtsgericht nach Einholung eines Abstammungsgutachtens die Vaterschaft des Verstorbenen festgestellt. Dagegen hat die Beteiligte zu 1, die als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben bestellt und im vorliegenden Verfahren vom Amtsgericht beteiligt worden ist, Beschwerde eingelegt. Ebenfalls hat die Beteiligte zu 4 Beschwerde eingelegt, die im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht beteiligt war. Sie gibt an, mit dem Verstorbenen verheiratet gewesen zu sein. Das Oberlandesgericht hat beide Beschwerden verworfen. Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 4, die in der Sache die Zurückweisung des Antrags auf Vaterschaftsfeststellung erstreben.

II.

Die Rechtsbeschwerden bleiben ohne Erfolg.

  1. Die Rechtsbeschwerden sind zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1 und 4 ergibt sich bereits daraus, dass ihre (Erst-)Beschwerden verworfen worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 – XII ZB 117/14 – FamRZ 2015, 249 Rn. 4 mwN und vom 25. August 1999 – XII ZB 109/98 – FamRZ 2000, 219). Die vom zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und Rechtsbeschwerdegegnerin im Hinblick auf das Rechtsbeschwerdeverfahren abgegebene Erledigungserklärung ist schon mangels Postulationsfähigkeit unwirksam.
  2. Die Rechtsbeschwerden sind unbegründet.
  3. a) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts fehlt es der Beteiligten zu 1 an der Beschwerdebefugnis, weil sie nicht in eigenen Rechten betroffen sei. Mit der Vorschrift des 184 Abs. 3 FamFG solle nur das Beschwerderecht der nach § 172 FamFG zwingend am Abstammungsverfahren zu beteiligenden Personen sichergestellt werden. Nur in diesen Fällen liege die erforderliche unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung vor. Die allein durch Hinzuziehung durch das Amtsgericht begründete Beteiligtenstellung reiche dazu nicht aus. Die grundsätzliche Eignung der Vaterschaftsfeststellung, in die Rechtsstellung der Erben einzugreifen, reiche als eine Reflexwirkung nicht aus und betreffe lediglich die wirtschaftlichen Interessen der Erben.

Der Beteiligten zu 4 fehle ebenfalls die Beschwerdebefugnis. Dies gelte auch dann, wenn es sich bei ihr um die Ehefrau des Verstorbenen handeln sollte, woran erhebliche Zweifel bestünden. Auch für sie begründe die Vaterschaftsfeststellung nur einen Rechtsreflex. Der Gesetzgeber habe die frühere abweichende Regelung in § 55 b Abs. 1 und 3 FGG aufgegeben.

  1. b) Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
  2. aa) Die Beteiligte zu 4 ist nicht beschwerdebefugt. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, ist die Ehefrau des Verstorbenen in einem postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren abweichend von der vormaligen Regelung in § 55 b Abs. 1 und 3 FGG grundsätzlich nicht beschwerdeberechtigt. Das gilt unabhängig von ihrer sonstigen Rechtsstellung, etwa als Erbin oder Inhaberin der Totenfürsorge, auch dann, wenn die Ehefrau im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist. Denn auch aus 184 Abs. 3 FamFG folgt, wie das Oberlandesgericht richtig gesehen hat, keine Beschwerdebefugnis unabhängig von §§ 59 Abs. 1, 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 – XII ZB 544/15 – FamRZ 2017, 623 Rn. 19 ff.).

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich die Beschwerdeberechtigung nicht daraus, dass der Antragstellerin im Zusammenhang mit der für die Abstammungsfeststellung verwendeten Blutprobe Straftaten vorgeworfen werden. Solche Umstände sind allenfalls für die Sachentscheidung erheblich, nicht aber für die vorgelagert im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfende Betroffenheit des Rechtsmittelführers in eigenen Rechten. Gleiches gilt auch für eine – von der Rechtsbeschwerde angeführte – etwa verfahrenswidrige Verwendung der Blutprobe.

Das Oberlandesgericht hat wegen der fehlenden Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 4 auch mit Recht offengelassen, ob diese entsprechend der von ihr aufgestellten Behauptung mit dem Verstorbenen verheiratet war.

bb) Der Beteiligten zu 1 fehlt ebenfalls die Beschwerdebefugnis. Sie nimmt kraft ihrer Stellung als Nachlasspflegerin nach § 1960, 1961 BGB die Interessen der unbekannten Erben wahr (vgl. Staudinger/Mesina BGB [2017] § 1960 Rn. 23 mwN). Wie der Senat bereits zur früheren wie auch zur heutigen Gesetzeslage ausgesprochen hat, begründet das Interesse der Erben aber keine für das Abstammungsverfahren erhebliche Rechtsbeeinträchtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschlüsse vom 28. Juli 2015 – XII ZB 671/14 – FamRZ 2015, 1787 Rn. 26 ff. und BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 zu § 20 FGG). Für die Erben entsteht aus dem mit der Vaterschaftsfeststellung verbundenen Hinzutreten eines Kindes des Erblassers nur eine mittelbare Beeinträchtigung, die für sich genommen noch keine Beschwerdebefugnis begründen kann.

Das muss für die Nachlasspflegerin, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der Erbeninteressen besteht, erst recht gelten. Die Beteiligte zu 1 kann schließlich ebenso wie die Beteiligte zu 4 ein Beschwerderecht auch nicht aus § 184 Abs. 3 FamFG ableiten (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 2017 – XII ZB 544/15 – FamRZ 2017, 623 Rn. 19 ff.).

Dose

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Guhling

 

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

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