Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Steuerforderungen gegenüber der Klägerin, die mit dem Nachlassvermögen im Zusammenhang stehen, jedoch nach dem Tod des Erblassers entstanden sind, aufgrund angeordneter Nachlassverwaltung der beschränkten Erbenhaftung unterfallen.
Die Klägerin ist Miterbin nach ihrem am 17.11.2002 in A verstorbenen Vater. Über das Vermögen des Erblassers wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 16.01.2003 die Nachlassverwaltung angeordnet und ein Nachlassverwalter bestellt. Das Vermögen des Erblassers beziffert sich nach Abzug der Kosten für die Nachlassverwaltung auf 0,‑ Euro.
Zum Vermögen des Erblassers gehörte unter anderem eine Kommanditbeteiligung an der B-Straße GmbH & Co. KG in E, einem geschlossenen Immobilienfons mit Einkünften aus Gewerbebetrieb. Während der Dauer der Beteiligung an dieser Gesellschaft hatte der Erblasser ein negatives Kapitalkonto aufgebaut.
Am 15.02.2003 kündigte der Nachlassverwalter die Beteiligung des Erblassers, der zu diesem Zeitpunkt noch als Kommanditist im Handelsregister eingetragen war, an dieser Gesellschaft zum 31.12.2004, dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Die Eintragung der Klägerin als Gesellschafterin im Handelsregister für die Zeit nach dem Erbfall erfolgte erst am 17.11.2005.
Durch die Kündigung sind dem Nachlass keine Mittel zugeflossen. Forderungen der Immobilien-KG gegenüber dem Nachlass auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen als Sanierungsbeitrag wurden mangels zureichenden Nachlassvermögens nicht durchgesetzt.
Aufgrund der Kündigung ergab sich ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 35.710,60 € durch Auflösung des negativen Kapitalkontos des Erblassers. Dieser wurde der Klägerin mit Gewinnfeststellungsbescheid 2004 vom 30.04.2007 gemäß ihrem Erbanteil anteilig zugerechnet. Die Einkommensteuerfestsetzung 2004 erhöhte sich aufgrund der Auswertung des Gewinnfeststellungsbescheids 2004, was zu einer Einkommensteuernachzahlung einschließlich Solidaritätszuschlag und Zinsen i.H.v. 18.146,31 € der Klägerin führte.
Der Einkommensteuerbescheid 2004 wurde nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung und Ablauf der Klagefrist bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 02.06.2009 begehrte die Klägerin – wie bereits im Verfahren der Einkommensteuerfestsetzung 2004 – wegen beschränkter Erbenhaftung die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Beitreibung der Einkommensteuerforderung auf den Nachlass zu beschränken. Um Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, zahlte die Klägerin den noch offenen Einkommensteuerbetrag.
Am 11.08.2009 erließ der Beklagte einen Abrechnungsbescheid. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 17.08.2009 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.08.2010 als unbegründet zurückwies.
Mit ihrer hiergegen fristgerecht erhoben Klage macht die Klägerin geltend, durch die Nachlassverwaltung sei eine beschränkte Erbenhaftung gemäß §§ 1975 ff. BGB dergestalt eingetreten, dass das Nachlassvermögen vom Eigenvermögen der Klägerin abgesondert worden sei. Auch wenn die Klägerin Steuerschuldnerin des Veräußerungsgewinns geworden sei, sei diese Steuerschuld nur aus dem Nachlass zu bestreiten.
Die Verlustzuweisungen, die zur Bildung des negativen Kapitalkontos geführt hätten und die daraus resultierenden Steuervorteile seien alleine dem Erblasser zu Gute gekommen. Die Klägerin habe hingegen keinerlei Vorteile aus der Beteiligung gezogen. Der Wegfall des negativen Kapitalkontos ohne Ausgleichsverpflichtung wiederum habe zum Entstehen des Veräußerungsgewinns geführt, auf den die Einkommensteuer 2004 angefallen sei. Der Nachlassverwalter habe entsprechend seiner Pflicht unverzüglich die Beteiligung gekündigt. Die Entstehung des Veräußerungsgewinns sei einzig und alleine durch das Verhalten des Erblassers veranlasst und entfiele ausschließlich in dessen Sphäre.
Es liege auch keine Nachlasserbenschuld vor. Auch sei sie keine Nachlassverbindlichkeit mit der Folge der Haftung eingegangen. Ihre Inanspruchnahme verstoße sowohl gegen das steuerliche Äquivalenzprinzip als auch gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 28.04.1992 (VII R 33/91, BStBl II 1992, 781) entschieden habe, dass es sich in entsprechenden Fällen um eine Eigenschuld des Erben handele, so habe er mit seinem Urteil vom 18.08.1998 (VII R 118/95, BStBl II 1998, 705) zu erkennen gegeben, dass er an dieser Rechtsprechung unter Umständen nicht mehr festhalten wolle.
Die Klägerin beantragt,
den Abrechnungsbescheid vom 11.08.2009 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 26.08.2010 dergestalt zu ändern, dass ein Erstattungsbetrag zur Einkommensteuer 2004, zum Solidaritätszuschlag und zu den Zinsen darauf in Höhe von insgesamt 18.146,31 € festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, bei den strittigen Steuerschulden handele es sich weder um Erblasser- noch um Erbfallschulden, sondern um Nachlasserbenschulden, die durch Rechtshandlungen entstanden seien, die dem Erben zuzurechnen seien.
Vorliegend sei die Kündigung des Kommanditanteils nach Eintritt des Erbfalls erfolgt, mit der Folge der Auflösung eines negativen Kapitalkontos, sodass diese Steuerschuld der Klägerin zuzurechnen sei, ohne dass sie sich auf die Haftungsbeschränkung durch die Nachlassverwaltung berufen könne.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Abrechnungsbescheid vom 11.08.2009 und die zu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.08.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu. Die Inanspruchnahme der Klägerin und ihres Eigenvermögens für diejenigen Steuerforderungen, die sich nach dem Tod des Erblassers aus der Kündigung der übergegangenen Kommanditbeteiligung ergeben haben, erfolgte zu Recht.
I. Zutreffend hat der Beklagte im Streitfall im Wege des Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO über den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch entschieden.
1. Denn mit einem Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 AO entscheidet das Finanzamt über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffend. Der Abrechnungsbescheid ergeht im Erhebungsverfahren und hat (nur) die Feststellung zum Inhalt, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist oder ob dem Steuerpflichtigen Ansprüche gemäß § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Finanzamt zustehen. Die Begründung des Anspruchs ist nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides, sondern der Steuerfestsetzung. Daraus folgt zugleich, dass Einwendungen, die sich gegen die Steuerfestsetzung selbst richten, nicht gegen einen Abrechnungsbescheid erhoben werden können (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1992 VII R 33/91, BStBl. II 1992, 781).
2. Im Streitfall wendet sich die Klägerin gegen die Inanspruchnahme ihres Eigenvermögens wegen einer Steuerforderung, die sich nach dem Tod des Erblassers aus der Kündigung einer zu seinem Vermögen gehörenden Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft durch den Nachlassverwalter wegen des entstandenen Veräußerungsgewinns gemäß § 16 EStG ergeben hat. Damit ist nicht diese Steuerforderung als solche im Streit, die ihr zugrundeliegenden Feststellungen und Steuerbescheide sind vielmehr bestandskräftig.
Die Klägerin beruft sich vielmehr darauf, ihr stehe ein Erstattungsanspruchs wegen der Zahlung eines nicht geschuldeten Steuerbetrages zu, da sie die dauernde Einrede der Beschränkung der Erbenhaftung infolge einer angeordneten Nachlassverwaltung (§§ 1973, 1975, 1990 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – ) erheben könne und gleichwohl zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen gezahlt habe. Dem Erben steht ein Rückforderungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger grundsätzlich zu, wenn er auf eine Schuld leistet, die wegen seiner beschränkten Haftung dauernd einredebehaftet ist (Sprau in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 813 Tz. 3 unter „Beispiele“).
II. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine sich aus der angeordneten Nachlassverwaltung ergebenden Beschränkung ihrer Haftung auf das Nachlassvermögen berufen.
1. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haften Erben für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten. Nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt (§ 1967 BGB), jedoch beschränkbar. Die Haftung des Erben beschränkt sich nach § 1975 BGB u.a. auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet worden ist. Mit der Anordnung der Nachlassverwaltung verliert der Erbe die Befugnis, den Nachlass zu verwalten und über ihn zu verfügen (§ 1984 Abs. 1 Satz 1 BGB); das Vermögen wird wieder getrennt in das Eigenvermögen des Erben und in das separierte Nachlassvermögen des Erblassers.
Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann dann nur gegen den Nachlassverwalter geltend gemacht werden (§ 1984 Abs. 1 Satz 3 BGB). Dies ist im Streitfall geschehen, als der Immobilienfonds nach dem Tod des Erblassers vergeblich versucht hat, einen Sanierungsbeitrag vom Nachlass zu erlangen. Das Finanzamt als Steuergläubiger darf im Falle der Nachlassverwaltung aus einem gegen den Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergangenen vollstreckbaren Steuerbescheid nur in Nachlassgegenstände und nicht in das Eigenvermögen des Erben vollstrecken (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1992, VII R 33/91, a. a. O.).
2. Die vorstehenden Grundsätze über die Beschränkung der Haftung des Erben gelten aber nur für Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1975 BGB.
a) Das hierin für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das Steuerrecht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.I.). So ordnet § 45 Abs. 1 Satz 1 AO an, dass bei der Gesamtrechtsnachfolge “die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über(gehen)”. Ungeachtet des restriktiv gehaltenen Wortlauts des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO leitet der BFH in ständiger Rechtsprechung aus dieser Bestimmung her, dass der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger grundsätzlich in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers eintritt (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11, BStBl. II 2012, 790 m.w.N.).
b) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören nach § 1967 Abs. 2 BGB die vom Erblasser herrührenden Schulden und die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten.
aa) Zu den ersteren zählen u.a. die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 Abs. 1 AO, § 1922 BGB) auf den Erben übergegangenen Steuer- und Haftungsschulden des Erblassers (Erblasserschulden). Aus dem Begriff “herrühren” ergibt sich, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Zivilrechtlich gehen mit dem Erbfall auch “verhaltene”, noch werdende und schwebende Rechtsbeziehungen des Erblassers auf den Erben über (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 7. Juni 1991 V ZR 214/89, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 1991, 2558, m.w.N.). Deshalb sind Erblasserschulden i.S. des § 1967 Abs. 2 BGB auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre (vgl. BGH-Urteil in NJW 1991, 2558; BFH-Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11, BStBl. II 2012, 790 m.w.N.).
bb) Die zweite Gruppe der aus Anlass des Erbfalls entstandenen Schulden (Erbfallschulden), betrifft – neben den im Gesetz genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen – zum Beispiel die Erbschaftsteuer.
cc) Nicht zu den Erblasserschulden und den Erbfallschulen gehört die Einkommensteuer aufgrund von Einkünften, die der Erbe nach dem Tod des Erblassers aus dem Nachlass erzielt, in dem er z.B. einen geerbten Gewerbebetriebe fortführt oder ihm im Wege der gestreckten Tatbestandsverwirklichung Einkünfte zufließen, die auf Tätigkeiten des Erblassers beruhen (vgl. das BFH-Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11, BStBl. II 2012, 790 unter II.2.e bb m.w.N.). Bei dieser Sachverhaltsgestaltung hat der Erbe als Steuerschuldner die erzielten Einkünfte zu versteuern (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 EStG), da er den Tatbestand der Einkünfteerzielung selbst verwirklicht. Es handelt sich um Eigenschulden des Erben, für die eine Haftungsbeschränkung nicht greift, da es sich insoweit nicht um eine Nachlassverbindlichkeit handelt.
3. Zwar begründet eine Nachlassverwaltung für den Erben einschneidende Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen (§§ 1984 Abs. 1, 1985 Abs. 1 BGB). Sie berührt aber nicht den Tatbestand der Einkünfteerzielung, der nach dem Tod des Erblassers alleine von dem oder den Erben verwirklicht wird (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1992 VII R 33/91, a.a.O.). Die einkommensteuerrechtlichen Ansprüche richten sich daher ‑ auch soweit sie aus Erträgen des Nachlassvermögens resultieren – gegen die Erben und nicht gegen den Nachlass, der selbst kein Einkommensteuersubjekt ist (vgl. BFH‑Urteil vom 5. Juni 1991 XI R 26/89, BStBl. II 1991, 820). Es ist deshalb grundsätzlich gerechtfertigt, wegen dieser persönlichen Steuerschulden (auch) das Eigenvermögen des Erben in Anspruch zu nehmen und eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass auszuschließen. Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Erben die während der Nachlassverwaltung aus dem Nachlass erzielten Erträge regelmäßig nicht zufließen, weil sie der Nachlassverwalter zur Befriedigung der Nachlassverbindlichkeiten zu verwenden hat, § 1985 Abs. 1 BGB. Die Verwendung der erzielten Gewinne zur Schuldentilgung berührt die Steuerpflicht nicht. Denn die Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten kommt vielmehr auch dem dafür jedenfalls dem Grunde nach haftenden Erben wirtschaftlich zugute (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1992 VII R 33/91, a.a.O.).
4. Im Streitfall handelt es sich bei der Einkommensteuerforderung 2004, die erst nach dem Tod des Erblassers durch Kündigung seiner Kommanditbeteiligung durch den Nachlassverwalter und dem hieraus resultierenden Veräußerungsgewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos entstanden ist, um keine Nachlassverbindlichkeit, die der beschränkten Erbenhaftung aufgrund der angeordneten Nachlassverwaltung untersteht. Denn diese Steuerforderung ist erst nach dem Tode des Erblassers aufgrund einer der Klägerin zurechenbare Rechtshandlung des Nachlassverwalters zur Entstehung gelangt, sodass dieser Tatbestand der Einkünfteerzielung allein von der Klägerin verwirklicht worden ist und nicht mehr vom Erblasser ganz oder teilweise mit ins Werk gesetzt worden ist.
a) Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, der BFH selbst habe zuletzt für Fallkonstellationen der im Streitfall vorliegenden Art seine bisherige Rechtsprechung in Zweifel gezogen und eine Neubewertung erwogen (vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1998 VII R 118/95, BStBl. II 1998, 705), so folgt hieraus im Streitfall für die Klägerin keine günstigere Entscheidung.
So hat der BFH in seiner Entscheidung vom 11.08.1998 in BStBl. II 1998, 705 zwar zu bedenken gegeben, dass die Entstehung der Schuld in der Person des Erben nicht zwangsläufig auch zu der Annahme einer eigenen Steuerschuld des Erben nach erbrechtlichen Maßstäben führe. Dieser Betrachtung folgt auch der für das Erbschaftsteuerrecht zuständige II. Senat des BFH zur Auslegung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (BFH-Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11, BStBl. II 2012, 790 unter II.2.c m.w.N). Hier könne differenziert werden – so der BFH in BStBl. II 1998, 705 weiter -, wem die Schuld nach materieller Betrachtungsweise zuzurechnen sei. Falle sie in den Zurechnungsbereich des Erblassers, müsse der Erbe, obwohl Steuerschuldner, dafür nicht mit seinem eigenen Vermögen einstehen; er könne seine Haftung dann nach den Maßstäben des § 1975 BGB beschränken. Falle sie hingegen in den Zurechnungsbereich des Erben, scheide die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung aus, unabhängig davon, ob man die Schuld als Eigenschuld oder Nachlasserbenschuld qualifiziere.
Nach welchen Kriterien diese materiell-rechtlich zu bestimmenden Zurechnungsbereiche abzugrenzen sind, hat der BFH jedoch nicht abschließend geklärt. Der BFH konnte dies in der genannten Entscheidung in BStBl. II 1998, 705 noch dahingestellt sein lassen. Denn in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren bereits zu Lebzeiten des Erblassers alle erforderlichen Rechtshandlungen noch von diesem selbst vorgenommen worden, die letztlich zu den nach seinem Tode entstandenen Einkünften geführt hatten, sodass in Anbetracht dieser besonderen Fallkonstellation schon nach bisherigen Maßstäben eine Eigenhaftung des Erben wertungsmäßig nicht gerechtfertigt erschien.
Der Senat versteht diese Ausführungen des BFH-Urteil in BStBl. II 1998, 705 dahingehend, dass, –selbst wenn eine materiell-rechtlich geprägte Zurechnung statt des strengen Abstellens auf den rechtlichen Entstehungszeitpunkt der Schuld vorzunehmen ist–, es im Streitfall insoweit auf die den Gewinn auslösenden Rechtshandlung, also die den Veräußerungsgewinn auslösende Kündigung der Kommanditbeteiligung maßgeblich ankommt und nicht darauf, ob der betreffende Veräußerungsgewinn überwiegend vom Erblasser oder vom Erben „erwirtschaftet“ worden ist.
Ein Ausnahmefall wie im BFH-Urteil in BStBl. II 1998, 705, in dem schon der Erblasser den Veräußerungstatbestand in Gang gesetzt hatte, ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn im Streitfall erfolgte die Kündigung des Kommanditanteils nach dem Tod des Erblassers aufgrund einer der Klägerin zuzurechnenden Rechtshandlung des Nachlassverwalters. Diese Rechtshandlung war der Klägerin deshalb zuzurechnen, weil dem Nachlassverwalter das Recht zur Kündigung eines Gesellschaftsanteils nach §§ 723, 724 BGB und § 132 HGB nicht zusteht. Die im Gesellschaftsvertrag vererblich ausgestaltete Mitgliedschaft des Erblassers in einer Personengesellschaft geht –wie hier– bei mehreren Miterben im Wege der Sonderrechtsnachfolge geteilt und getrennt vom übrigen Nachlass unmittelbar auf die Miterben über, unterfällt aber gleichwohl den Regelungen der Nachlassverwaltung (Stürner in Jauernig, BGB, 14. Auflage 2011, § 1985 Rz. 3). Bei Anordnung der Nachlassverwaltung steht ein Kündigungsrecht für die Mitgliedschaft gleichwohl dem Erben zu, weil es sich um die persönlichen Rechtsbeziehungen handelt, in die er eingerückt ist. Dem Nachlassverwalter stehen nur die durch die Mitgliedschaft vermittelten vermögensrechtlichen Befugnisse zu (vgl. Weidlich in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 72. Auflage 2013, § 1985 Rn. 4).
Durch die Hinnahme der Kündigung durch den Nachlassverwalter hat die Klägerin diese Kündigung zumindest stillschweigend genehmigt. Damit beruht die Verwirklichung des Steuertatbestandes auf einer Rechtshandlung der Klägerin als Erbin und kann nicht mehr dem Erblasser zugerechnet werden.
b) Eine Beschränkung der Haftung der Klägerin auf den Nachlass gemäß § 1975 BGB kommt aber auch dann nicht in Betracht, wenn die streitbefangene Einkommensteuer als sogenannte Nachlasserbenschuld angesehen würde (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 1991 XI R 26/89, a.a.O.). Nachlasserbenschulden entstehen aus Rechtshandlungen des Erben anlässlich des Erbfalls. Hierzu gehört auch die Verwaltung des Nachlasses, wie etwa die Fortführung eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens. Der Nachlasserbenschuld wird allgemein eine Doppelstellung (doppelter Haftungsgrund) als Nachlassverbindlichkeit und als Eigenschuld des Erben zugesprochen (vgl. Weidlich in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 72. Auflage 2013, § 1967 Rn. 8).
Daraus folgt, dass im Außenverhältnis für die Nachlasserbenschuld sowohl der Nachlass als auch das Eigenvermögen haften sollen. Da diese Schulden aber auch eigene Verbindlichkeiten des Erben sind, haben die Haftungsbeschränkungen für diesen keine Bedeutung. Die Finanzbehörde kann sich also wegen einer Steuerschuld, die Nachlasserbenschulden ist, immer in vollem Umfang an den Erben halten (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 1991 XI R 26/89, a.a.O. sowie vom 28. April 1992 VII R 33/91, a.a.O.).
c) Der Senat vermag im Streitfall auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu erkennen. Denn der sich nach dem Tod des Erblassers aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos einer von ihm zuvor gehaltenen Kommanditbeteiligung ergebende Veräußerungsgewinn entsteht regelmäßig in der Sphäre desjenigen Rechtsnachfolgers, der diese Kündigung ausgesprochen hat. Damit sind die sich dabei ergebenden Einkünfte auch nur ihm als Steuerrechtssubjekt zuzurechnen, sie können mithin keine Nachlassverbindlichkeit darstellen. Damit sind aber auch die Rechtswirkungen der Beschränkung der Nachlasshaftung durch das Rechtsinstitut der Nachlassverwaltung erschöpft. Denn beschränkt Letztere die Haftung des Erben hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass, so können Steuerschulden, die bereits begrifflich nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören, sondern originäre Eigenschulden des Erben darstellen, von Tatbestand und Rechtsfolgen einer solchen Haftungsbeschränkung nicht erfasst werden.
Die von der Klägerin angestrebte Rechtsfolge, nach dem Tod des Erblassers nicht selbst einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus den dem Nachlass zugehörigen Einkunftsquellen zu realisieren, hätte nur durch Ausschlagung des Erbes nach §§ 1942 ff. BGB verwirklicht werden können und müssen. Mit der Annahme der Erbschaft wurde die Klägerin jedoch Steuerrechtssubjekt dieser Einkünfte. Die von ihr mit der Anordnung der Nachlassverwaltung initiierte Haftungsbeschränkung auf den Nachlass konnte nur Rechtswirkungen für die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten herbeiführen, nicht jedoch hinsichtlich ihrer Eigenschulden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, da der Bundesfinanzhof in der Sache VII R 118/95 (a.a.O.) hat erkennen lassen, dass möglicherweise eine Neubewertung oder ein Neuansatz in Fallkonstellationen der vorliegenden Art geboten ist. Im Hinblick hierauf ist höchstrichterlich jedenfalls noch nicht abschließend geklärt, wie das Kriterium der materiellen Zurechnung zu verstehen und ob hierbei auf die die Tatbestandsverwirklichung auslösenden Handlungen oder auf die langfristig gelegten Entstehungsgründe (hier: Bildung des negativen Kapitalkontos) abzustellen ist. Im BFH-Beschluss vom 17.12.2007 GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 wird ausgeführt, das Subjektsteuerprinzip der Einkommensteuer werde durch § 6 Abs. 3 EStG – wie im Streitfall bei Übergang einer mitunternehmerischen Beteiligung mit negativem Kapitalkonto (§ 15a EStG) – bewusst durchbrochen, als sie ausnahmsweise und im Widerstreit zur personalen Struktur des Einkommensteuerrechts eine interpersonelle Übertragung der stillen Reserven auf den Rechtsnachfolger für Sachgesamtheiten wie Mitunternehmeranteile anordneten. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung greift sowohl beim unentgeltlichen Übergang von Beteiligungen mit stillen Reserven auf den Erben als auch beim Übergang eines Mitunternehmeranteils mit stillen Lasten (einem in den Veräußerungsgewinn einzubeziehenden negativen Kapitalkonto) ein. Der erkennende Senat sieht hierin – wenn im Streitfall eine materiell-rechtliche Abgrenzung von Eigenschulden und Nachlassschulden statt des Abstellens auf die tatsächlichen Handlungen zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich sein sollte – eine Wertentscheidung des Gesetzgebers, die aus der späteren Veräußerung der Beteiligung beim Erben entstehenden Einkünfte dem Erben zuzuweisen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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