Kammergericht Berlin 7 U 161/08
Testamentsvollstreckung: Anspruch auf Restwerklohn gegen einen Testamentsvollstrecker
Leitsatz
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. August 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 3 des Landgerichts Berlin – 3 O 68/08 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.539,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Oktober 2007 zu zahlen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin weitere 1.099,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird, soweit sie nicht bereits zurückgenommen worden ist, zurückgewiesen. Die teilweise Rücknahme hat den Verlust des Rechtsmittels zur Folge.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 40% und der Beklagte 60% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 12% und dem Beklagten zu 88% auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
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Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
<Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Gericht teilt zum Sachverhalt mit: “Der beklagte Testamentsvollstrecker wird auf Werklohnzahlung von der Klägerin für Sanitär- und Heizungsarbeiten an einem zum Nachlass gehörenden Wohnhaus in Anspruch genommen , die der Vorerbe L., vertreten durch Frau H. in Auftrag gegeben hat.”>
B.
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Vorerben L. eine restliche Werklohnforderung in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Höhe gemäß §§ 631, 640 BGB zu, für die der Beklagte nach § 2213 Abs. 1 BGB gerichtlich in Anspruch genommen werden kann.
I.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gilt der Grundsatz, dass vom Auftraggeber unterschriebene Stundenlohnzettel ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis enthalten, mit der Folge, dass sich die Beweislast umkehrt. Der Auftraggeber kann darüber hinaus nachträglich die Unrichtigkeit der Stundenlohnzettel nur geltend machen, wenn er nachweist, dass die Angaben in den Zetteln nicht zutreffen und dass er dies bei Abgabe seiner Anerkenntniserklärung weder wusste noch damit rechnen konnte.Um die Angemessenheit der unstreitig geleisteten Stunden zu erschüttern, muss der Auftraggeber substantiiert darlegen, in welchem Umfang diese Stunden nicht erforderlich waren. Dazu genügt es nicht, der zugestandenen Gesamtstundenzahl eine andere Gesamtstundenzahl gegenüberzustellen. Vielmehr ist es erforderlich darzulegen, in welchem Umfang einzelne gearbeitete Stunden nicht erforderlich waren. Würde man es genügen lassen, einer geleisteten Arbeitsstundengesamtzahl einfach eine niedrigere für erforderlich gehaltene Zahl entgegenzusetzen, würden die Stundenlohnzettel ihren Sinn verlieren (KG NZBau 2003, 36).
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Dem steht nicht entgegen, dass die Prüfung einer Schlussrechnung durch den Architekten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich keine Anerkenntniswirkung hat, weil es sich um eine Wissenserklärung handelt (BGH BauR 2002, 613, zitiert nach juris, dort Rn. 24 f.). Der Architekt ist im Allgemeinen nicht mit umfassenden Vollmachten des Auftraggebers zur rechtsgeschäftlichen Vertretung ausgestattet. Er hat daher auch nicht den Willen, eine rechtsgeschäftliche Erklärung im Sinne eines Anerkenntnisses für den Auftraggeber abzugeben. Im vorliegenden Fall ist das anders. Der Vorerbe L. ist bei allen Geschäften mit der Klägerin aufgrund einer umfassenden Vollmacht rechtsgeschäftlich vertreten worden. Die Klägerin konnte die Abzeichnung der Montageberichte durch Frau H. daher als Anerkenntnis für die erbrachten Leistungen verstehen.
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Es kommt dabei entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht darauf an, ob der Unterzeichnende ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hat, den ihm vorgelegten Stundenzettel auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Maßgeblich ist allein, ob der Unterzeichner als Vertreter des Bauherrn gehandelt und für ihn tätig geworden ist. Das ist hier der Fall, denn Frau H. war nicht nur mit der Entgegennahme und Überwachung der vom Vorerben L. in Auftrag gegebenen Arbeiten beauftragt. Sie hatte darüber hinaus weitergehende rechtsgeschäftliche Vollmacht, den Vorerben L. gegenüber der Klägerin zu vertreten. Deren Erklärungen muss sich der Vorerbe daher gemäß §§ 164 Abs. 1, 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
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Ebenso wenig kommt es darauf an, ob Frau H. die Montageberichte „zwischen Tür und Angel“ und „blind“ unterzeichnet hat. Dieser Umstand steht der mit der Unterzeichnung verbundenen Willenserklärung nicht entgegen. Wer eine Erklärung in dem Bewusstsein abgibt, den Inhalt nicht zu kennen, hat noch nicht einmal ein Recht zur Anfechtung (Palandt/Ellenberger, BGB, 68.Aufl., § 119 Rn. 9). Das Alter von Frau H. ist für die Wirksamkeit ihrer Willenserklärung belanglos; denn es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass sie deshalb in ihrer Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt sein könnte.
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Es war daher Angelegenheit des Beklagten, die Anerkenntniswirkung der Montageberichte zu entkräften. Dazu reicht sein pauschaler Vortrag nicht aus. Er legt nicht dar, warum die Anzahl der abgerechneten Stunden fehlerhaft sein könnte und Frau H. dies bei Unterzeichnung der Montageberichte nicht erkennen konnte.
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Gleiches gilt für den Umfang des eingebauten Materials, soweit es in den Montageberichten erwähnt worden ist. Ebenso wie bei der Anzahl der geleisteten Stunden soll durch das in den Montageberichten erwähnte Material ein Streit um die Verwendung vermieden werden. Der Unterzeichnung der Montageberichte durch den Auftraggeber L. – hier vertreten durch Frau H. – kommt daher auch insoweit die eingangs erwähnte Anerkenntniswirkung zu.
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Demzufolge ist es Sache des Beklagten darzulegen, warum das Material nicht verbaut oder übergeben worden ist und Frau H. dies bei Abzeichnung der Montageberichte nicht erkennen konnte. Wenn Frau H. die Montageberichte abzeichnet, ohne sich davon zu überzeugen, dass die darin gemachten Angaben zum eingebauten Material zutreffen, hat der von ihr vertretene Vorerbe dafür einzustehen. Mit der Unterzeichnung der Montageberichte macht der Auftraggeber deutlich, dass er den Umfang des eingebauten Materials außer Streit stellen will.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten gibt es zur Rechnung 418 auch einen detaillierten Montagebericht, der von Frau H. unterzeichnet worden ist.
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Rechnung 261 | ||
Pos. 001 | Stundenlohn | 1.510,64 € |
Pos. 007 | Kupferrohr | 15,50 € |
Pos. 019 | Kupferrohr | 30,15 € |
Pos. 044 | Siebeinheit | 27,20 € |
Pos. 045 | Schlauchisolierung | 21,00 € |
Pos. 046 | Deckenwinkel | 15,63 € |
Rechnung 262 | ||
Pos. 001 | Stundenlohn | 656,80 € |
Pos. 007 | Stockschraube | 34,65 € |
Pos. 008 | Stockschraube | 31,68 € |
Pos. 009 | Standardrohrschelle | – € |
Pos. 033 | Expansionsdübel | 23,07 € |
Pos. 040 | Abgasrohr | 6,30 € |
Pos. 041 | Abgasrohr | 9,40 € |
Rechnung 295 | ||
Pos. 001 | Stundenlohn | 97,70 € |
Rechnung 304 | ||
Pos. 006 | Grohe Oberteil | 19,00 € |
Pos. 007 | Grohe Oberteil | 9,30 € |
Rechnung 305 | ||
Pos. 007 | Standardrohrschelle | – € |
Pos. 010 | Bogen | 32,80 € |
Pos. 011 | Bogen | 28,70 € |
Pos. 012 | Bogen | 25,90 € |
Pos. 014 | Deckenwinkel | 156,30 € |
Rechnung 354 | ||
Pos. 001 | Stundenlohn | 1.346,44 € |
Pos. 003 | Deckenwinkel | 46,93 € |
Pos. 018 | Abgasrohr | 14,50 € |
Pos. 019 | Abgasrohr | 9,40 € |
Pos. 020 | Abgasrohr | 6,30 € |
Rechnung 417 | ||
Pos. 005 | Bogen | 9,00 € |
Rechnung 418 | ||
Pos. 001 | Stundenlohn | 1.311,12 € |
. | 5.495,41 € | |
19% MWSt. | 1.044,13 € | |
6.539,54 € |
22
Die weitergehende Forderung der Klägerin beruht überwiegend auf einem Rechenfehler.
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II.
24
Für diese Restwerklohnforderung haftet der Beklagte in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker gemäß § 2213 Abs. 1 BGB; denn es handelt sich um einen Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet.
25
III.
27
Die Erstattung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG kann die Klägerin gemäß §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB in der zuerkannten Höhe verlangen.
28
Der Beklagte ist bereits aufgrund der Mahnung der Klägerin vom 15. August 2007 (Anl. K 2) in Verzug geraten und war spätestens danach verpflichtet, die von der Klägerin gestellten Rechnungen auf ihre sachliche und rechnerisch Richtigkeit zu überprüfen. Das hat er erst getan, als er vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin nochmals zur Zahlung aufgefordert worden ist. Dabei hat er einen Teilbetrag von 27.393,87 € als richtig anerkannt und gezahlt.
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Für diese Verzögerung ist er verantwortlich (§ 286 Abs. 4 BGB). Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts teilt der Senat nicht. Allein der Umstand, dass die Rechnungen Fehler enthalten, geben dem Beklagten kein Recht, auf die Prüfung und Zahlung erst nach mehrfacher Mahnung zu reagieren. Dass der Beklagte schon vor den Mahnungen mit der Prüfung der Rechnungen begonnen hat, behauptet er selbst nicht.
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In Verzug geraten ist der Beklagte außerdem mit der Restforderung von 6.539,54 €, so dass der Klägerin ein Schaden nach Maßgabe eines Streitwertes von 33.933,41 € entstanden ist. Die 1,3-Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG beträgt daher 1.079,00 € zzgl. Auslagenpauschale von 20,00 € = 1.099,00 €.
IV.
31
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
32
Ein weitergehender Zinsanspruch steht der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu.
33
34
V.
35
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
36
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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