KG 7 U 222/08

Juli 24, 2017

KG 7 U 222/08 Urteil vom 15. Mai 2009 Unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen, die der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, werden nicht nach den §§ 528, 530 BGB, sondern grundsätzlich güterrechtlich ausgeglichen.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte hat mit ihrem Ehemann während der Ehe einen güterrechtlichen Vertrag geschlossen. Im Zuge dieses Vertrages hat der Ehemann durch weitere notarielle Urkunde den hälftigen Miteigentumsanteil an der gemeinsamen Ehewohnung der Beklagten übertragen. Längere Zeit danach wurde die Ehe geschieden.

Der geschiedene Ehemann erhielt danach Sozialhilfe vom Kläger. Mit der Klage fordert der Kläger aus übergeleitetem Recht die übertragene Miteigentumshälfte aus § 528 BGB wegen Verarmung des geschiedenen Ehemannes von der Beklagten zurück.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.

Tenor KG 7 U 222/08

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Oktober 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 13 des Landgerichts Berlin – 13 O 526/07 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe KG 7 U 222/08

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte weder aus § 528 BGB i.V.m. § 90 BSHG bzw. § 93 SGB XII noch aus sonst einem Rechtsgrund einen Anspruch auf die begehrte Zahlung. Der von ihr seit Januar 2005 geschiedene Ehemann übertrug ihr den hälftigen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung … Berlin, mit notariellem Vertrag vom 4.12.1997 (UR-Nr. 515/97 des Notars B.) nicht schenkweise.

KG 7 U 222/08

Eine Schenkung setzt eine unentgeltliche Zuwendung voraus (§ 516 BGB). Daran fehlt es hier.

5Die Unentgeltlichkeit ist nach der objektiven Sachlage zu beurteilen, muss aber von den Vertragsparteien subjektiv als unentgeltlich gewollt sein (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 516 Rn 8, 11). Unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen, die der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, fallen in der Regel nicht darunter. Sie werden nicht nach den §§ 528, 530 BGB, sondern, wenn überhaupt, grundsätzlich güterrechtlich ausgeglichen (vgl. BGH NJW 1992, 558 f.; NJW 1999, 2962/2965; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 516 Rn 10 m.w.N.; Prütting/Hoppenz, BGB, 3. Aufl., § 516 Rn 22).

Nur wenn die Geschäftsabsichten der Eheleute nicht zwecks Verwirklichung der Ehe auf eine Ordnung der beiderseitigen Vermögen gerichtet waren, ist Raum für die Annahme, die ehegüterrechtliche causa für die Bereicherung sei durch einen schuldrechtlichen Schenkungsvertrag verdrängt (vgl. BGH NJW 1992, 558/559; NJW 2006, 2330/2331; Staudinger/Wimmer-Leonhardt, BGB, 2006, § 516 Rn 85). Das kann hier nicht festgestellt werden.

6Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Eheleute die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung tatsächlich als unentgeltlich angesehen haben. Dafür sprechen weder der Wortlaut noch der Inhalt der notariellen Urkunde des Notars B. vom 4.12.1997 (UR-Nr. 515/97) noch sonstige Umstände.

KG 7 U 222/08

Die Urkunde spricht vielmehr dafür, dass die Zuwendung auf eine Ordnung der beiderseitigen Vermögen zwecks Verwirklichung der Ehe gerichtet war. Gemäß Ziffer IV des notariellen Vertrages erfolgte die Überlassung des Anteils am Grundbesitz im Zuge der gesonderten Vereinbarung der Gütertrennung und des Verzichts der Beklagten auf nacheheliche Unterhaltsansprüche vom gleichen Tag (UR-Nr. 514/97 des Notars B.).

Die Urkunde Nr. 515/97 stellt sich insoweit als dingliches Vollzugsgeschäft des Ehevertrages dar. Mangels anderweitiger konkreter Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, dass die Zuwendung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollte und die Übertragung in der Erwartung des Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte.

Die Eheleute sind erst seit Januar 2005 geschieden. Getrennt haben sich die Beklagte und der Hilfeempfänger ausweislich des Scheidungsurteils des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 23.8.2004 (19 F 5056/03, Anlage B 1) erst im August 2003, wobei der Hilfeempfänger und Zuwendende mit der Trennung nicht einverstanden gewesen sei.

Dass ein Scheitern der Ehe bereits in zeitlicher Nähe zu den am 4.12.1997 getroffenen notariellen Vereinbarungen im Raum stand und Anlass für diese war, kann weder danach noch nach dem Ehevertrag, mit dem die Beklagte trotz 1992 und 1994 geborener Kinder unter anderem einseitig auf nacheheliche Unterhaltsansprüche jeder Art verzichtete, noch aufgrund des sonstigen Vortrags der Parteien angenommen werden. Es fehlt an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Eheleute mit dem Abschluss der notariellen Verträge ehefremde Zwecke verfolgten.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

KG 7 U 222/08

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Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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