Oberlandesgericht Hamm, 10 U 109/99

November 8, 2018

Oberlandesgericht Hamm, 10 U 109/99

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.05.1999 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens beim Bundesgerichtshof (Streitwert: 356.243,00 Euro) (AZ. IV ZR 34/08).

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe:

I.

Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche nach ihrem am 31.03.1990 verstorbenen Ehemann U (Erblasser) geltend. Die Beklagten sind die Halbgeschwister des Erblassers. Sie sind aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 01.10.1987 Erben zu je ¼. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin überhaupt Pflichtteilsansprüche hat oder ob diese entfallen sind, weil die Voraussetzungen für eine Ehescheidung im Zeitpunkt des Erbfalls vorgelegen haben.

Der Erblasser und die Klägerin, die spanische Staatsangehörige ist, haben am 15.03.1985 die Ehe geschlossen. Das Ehepaar hielt sich sowohl in Spanien als auch in Deutschland auf. Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, er ist in Spanien verstorben. Der Erblasser war Eigentümer eines in U2/Alicante in Spanien gelegenen Grundstücks. Das dort errichtete Haus wurde von den Eheleuten bewohnt, eine weitere Wohnung unterhielten sie in einem angemieteten Haus in B, B2. Der Erblasser war an inländischen Unternehmen beteiligt.

Am 28.07.1988 haben die Klägerin und der Erblasser – beide vertreten durch einen eigenen spanischen Anwalt – eine Trennungsvereinbarung abgeschlossen und beim Amtsgericht Nr. 1 in Orihuela (Alicante) zum AZ. 278/88 einen Antrag auf Trennung im gegenseitigen Einvernehmen eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Trennungsvereinbarung vom 28.07.1988 (Bl. 28 bis 30 d.A., Übersetzung aus der spanischen Sprache Bl. 31 bis 33 d.A., Übersetzung des Antrages Bl. 159 bis 163 d.A.) Bezug genommen.

Die nach spanischem Recht für die Wirksamkeit der Trennungsvereinbarung erforderliche Ratifizierung, d.h. die Leistung der Unterschrift durch beide Ehegatten vor Gericht, hat die Klägerin Anfang September 1988 verweigert. Die Gründe dafür sind streitig. Das Trennungsverfahren ist nicht weiter betrieben worden, eine Entscheidung ist nicht ergangen.

Der Erblasser hat am 07.09.1989 bei dem Amtsgericht Nr. 1 in Orihuela (Alicante) eine Scheidungsklage, gestützt auf Art. 86 Abs. 1 und 3 Código Civil (CC) eingereicht (Übersetzung Bl. 164 bis 167 d.A.). Die Zustellung an die Klägerin erfolgte am 22.11.1989. Die Klägerin hat am 18.12.1989 – vertreten durch den Rechtsanwalt T – der Scheidung widersprochen und eine Gegenklage eingereicht mit dem Antrag, die Trennung der Ehe nach Art. 82 CC auszusprechen. Sie hat vortragen lassen, dass eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen im September 1986, so wie vom Erblasser behauptet, niemals stattgefunden habe. Das wirkliche Datum der Trennung sei Juli 1988 gewesen. Sie sei verschiedentlich körperlich von ihrem Ehemann tätlich angegriffen und beleidigt worden. Schließlich sei sie von ihm aus der ehelichen Wohnung verwiesen worden. Weiter heißt es in dem Antrag vom 18.12.1989:

„Angesichts der ehrlichen Bemühungen meiner Mandantin ihre Ehe zu retten, zwang Herr U sie unter Drohungen in die einvernehmliche Trennung der Eheleute und die Vereinbarung für die Zeit der Trennung einzuwilligen, worauf meine Mandantin, die ständig in Furcht und Verzweiflung lebte, die Vereinbarungen für die Trennungszeit unterzeichnete und der Antrag auf einvernehmliche Trennung beim Amtsgericht Alicante eingereicht wurde.

Meine Mandantin zog in die Wohnung ihrer Eltern nach Madrid in die Straße B-Straße, da sie keine andere Unterkunft hatte.

Aber da nun beide in getrennten Wohnungen und Städten lebten, nämlich Herr U in Alicante und Y2 in Madrid, sah sich diese besser in der Lage, ihre Vorstellungen über die Trennung vorzubringen und in die Tat umzusetzen, welche keine rechtliche Gültigkeit erlangt hatte, angesichts der egoistischen Motive, die Don U bei den Vereinbarungen für besagte Trennung an den Tag legte.

Im Juli 1988 trennten sich meine Mandantin und die Gegenpartei angesichts der schwierigen familiären Situation wirklich und das eheliche Zusammenleben wurde zerstört. In dieser Trennungszeit ist das besonders schwerwiegende und wiederholt beleidigende und quälende Verhalten der Gegenpartei seiner Gattin gegenüber zu betonen, das meine Mandantin dazu bewog, ihre bis zu diesem Zeitpunkt reichenden Bemühungen einzustellen, den Fortbestand der Ehe zu erhalten.“

Nach dem Tod des Erblassers am 31.03.1990 hat die Klägerin, vertreten durch einen beim Landgericht Düsseldorf zugelassenen Anwalt, am 31.03.1993 beim Amtsgericht Rheine eine Stufenklage erhoben, gerichtet auf Zugewinnausgleich und Pflichtteilsansprüche. Das Amtsgericht – Familiengericht – Rheine hat durch Urteil vom 07.04.1999 (Bl. 316 ff d.A.) über den Zugewinnausgleichsanspruch rechtskräftig entschieden. Wegen der geltend gemachten Pflichtteilsansprüche hat sich das Familiengericht für nicht zuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Münster verwiesen.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie mit dem Erblasser bis zu dessen Tod in ehelicher Gemeinschaft zusammengelebt habe. Ihr Ehemann, der zeitweilig unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen gestanden habe, habe sie zwar häufig beschimpft und beleidigt und teilweise erheblich körperlich misshandelt. Sie habe auch feststellen müssen, dass er sich anderen Frauen zugewandt habe. Eine Trennung sei aber tatsächlich nie erfolgt. Zum Abschluss der Trennungsvereinbarung vom 28.07.1988 sei sie vom Erblasser und Zwang und Drohungen veranlasst worden. Er habe auch beide Anwälte selbst bezahlt. Die Voraussetzungen für eine Ehescheidung hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und im Übrigen geltend gemacht, dass die Klage unzulässig sei,weil sie vor einem unzuständigen Gericht erhoben worden sei. Sie haben die Auffassung vertreten, dass der Klägerin im Hinblick auf die Regelung des § 1933 BGB kein Pflichtteilsanspruch zustehe. Die Beklagten haben vorgetragen, dass sich die Eheleute bereits im September 1986 getrennt hätten. Der Erblasser habe sich von der Klägerin abgewandt und habe die Ehe mit ihr nicht mehr fortsetzen wollen. Er habe bereits eine neue Partnerin gehabt, die er nach der Scheidung habe heiraten wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des in erster Instanz unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens der Parteien und ihrer im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch das am 27.05.1999 verkündete Urteil die Klage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der in der ersten Stufe geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klägerin verjährt sei. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 BGB sei zwar durch die Klageerhebung am 13.03.1993 gemäß § 209 BGB a.F. unterbrochen worden. Es habe sich auch um eine wirksame Klage gehandelt, selbst wenn diese vor dem örtlich und sachlich unzuständigen Gericht erhoben worden sei. Verjährung sei aber eingetreten durch den faktischen Stillstand des Prozesses, der durch den Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13.03.1995 und durch den Beschluss des Gerichts vom 17.03.1995 herbeigeführt worden sei. Letzte Prozesshandlung, die der Förderung oder Erledigung des Rechtsstreits gedient habe, sei die Terminierung des Gerichts auf den 17.03.1995 gewesen, die den Parteien am 23.02. bzw. 22.02.1995 zugegangen sei. Der Prozess sei dann erst mit dem Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 03.03.1998 weiterbetrieben worden, zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährungsfrist abgelaufen gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt hat. Sie hat geltend gemacht, dass eine Verjährung nicht eingetreten sei.

In der Sache hat die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vom Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls seien nicht erfüllt gewesen, weil eine Trennung nicht stattgefunden habe. Die Klägerin hat – auch auf Auflagen und Hinweise des Senats – umfangreich dazu vorgetragen, dass man sowohl in dem Haus des Erblassers in U2 in Spanien, überwiegend und schwerpunktmäßig aber in B in dem angemieteten Haus B2 als Ehepaar zusammengelebt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

das am 27.05.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Münster abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1.

ihr über den Bestand des Anfangsvermögens des am 31.03.1990 verstorbenen U am Tage der Eheschließung am 15.03.1985 und über den Bestand von dessen Endvermögen am 31.03.1990 Auskunft zu erteilen und zwar

a)

hinsichtlich des Wertes des Geschäftsanteils (Kommanditanteil) des Verstorbenen an die F mbH & Co. K; K-Straße, eingetragen im Handelsregister bei dem Amtsgericht Rheine zu HRA ###, durch Vorlage eines per Stichtag 31.03.1990 erstellten Sachverständigengutachtens eines vereidigten Buchprüfers,

b)

hinsichtlich des Geschäftsanteils des Verstorbenen an der F mbH, K-Straße, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht Rheine zu HRB ###, durch Vorlage eines per Stichtag 31.03.1990 erstellten Sachverständigengutachtens eines verteidigten Wirtschaftsprüfers,

c)

hinsichtlich des bebauten Grundstücks in M-Straße, U2/Spanien, durch Vorlage eines per Stichtag 31.03.1990 erstellten Sachverständigengutachtens,

d)

hinsichtlich des Wertes der bebauten/unbebauten Grundstücke auf der Isla Moro de Saó Paolo/Brasilien, per Stichtag 31.03.1990 erstellten Sachverständigengutachtens,

e)

im Übrigen durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses,

2.

ihr zum Stichtag 31.03.1990 Auskunft über den Bestand von Konten und Kontoguthaben des Erblassers beim Y3 Bankverein in Y2 (CH) bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der V AG, C-Straße in #### Y2 (CH) zu erteilen,

3.

ihr zum Stichtag 31.03.1990 Auskunft über den Bestand von Depots und Schließfächern des Erblassers beim Y3 Bankverein in Y2 (CH) bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der V AG, C-Straße in #### Y2 (CH) und des Inhalts zum vorgenannten Stichtag zu erteilen,

4.

nach Erteilung der Auskunft zu Ziffer 1), 2) und 3), an sie den sich daraus ergebenden Pflichtteil in Höhe von ¼ des Nachlasses zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie haben das angefochtene Urteil verteidigt und die mit der Klage verfolgten Ansprüche für verjährt gehalten. Die Beklagten haben außerdem die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des § 1933 BGB erfüllt seien. Das in Spanien angerufene Gericht sei für den Scheidungsantrag international zuständig gewesen, weil die Partner ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien gehabt hätten, wo der Erblasser seit 1984 jedenfalls überwiegend in U2 in seinem Haus gelebt habe. In Deutschland habe er sich nur sporadisch aufgehalten. Die Eheleute hätten seit spätestens September 1986 getrennt gelebt, im Juli 1988 sei einvernehmlich die Separationsklage eingereicht worden. Die Beklagten haben bestritten, dass die Klägerin bei Erhebung dieser Klage in irgendeiner Form unter Druck gesetzt worden sei. Die Scheidungsklage sei von dem Erblasser nach mehrjähriger Trennung erhoben worden. Die Eheleuten hätten sich zu keiner Zeit nach der Trennung wieder versöhnt. Die Klägerin habe mit ihrer Gegenklage vom 18.12.1989 vielmehr selbst im Einzelnen dargelegt, dass die Ehe im Zeitpunkt der Trennung endgültig gescheitert gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat aufgrund der Beschlüsse vom 31.10.2002 (Bl. 548 d.A.) und 16.10.2004 (Bl. 626 ff d.A.) ein schriftliches Sachverständigengutachten sowie ein Ergänzungsgutachten des Prof. Dr. C2, Institut für internationales Recht und Rechtsvergleichung der Universität M2, zu den Scheidungsvoraussetzungen nach spanischem Recht eingeholt. Auf das Gutachten vom 28.02.2003 (Anlage zur Akte) und das Ergänzungsgutachten vom 01.12.2004 (Bl. 634 bis 655 d.A.) wird verwiesen.

Mit dem am 09.11.2006 verkündeten Urteil hat der Senat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dabei ist er davon ausgegangen, dass etwaige Pflichtteilsansprüche zwar nicht verjährt seien, dass den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen jedoch die Vorschrift des § 1933 BGB entgegenstehe. Das Erbrecht – und auch das Pflichtteilsrecht (§ 2303 Abs. 2 Satz 1 BGB) der Klägerin als überlebenden Ehegatten sei ausgeschlossen, weil im Zeitpunkt des Erbfalls vom Erblasser die Ehescheidung beantragt gewesen sei und die Ehe daraufhin ohne den Tod des Erblassers geschieden worden wäre.

Wegen der weiteren Begründung wird auf das Urteil vom 09.11.2006 (Bl. 726 – 743 d.A.) Bezug genommen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat beim Bundesgerichtshof Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde beantragt und nach Stattgabe des Antrages Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Durch Beschluss vom 02.07.2008 hat der Bundesgerichtshof der Klägerin gegen die Versäumung der Fristen für die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, auf die Beschwerde der Klägerin die Revision gegen das Urteil des Senats zugelassen und die Sache unter Aufhebung des Urteils vom 09.11.2006 gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zurückverwiesen. Dazu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass das Recht der Klägerin auf Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt worden sei, dass das Berufungsgericht ihrem Vorbringen zu einer Versöhnung der Ehegatten in der Zeit nach Einreichung der Gegenklage nicht nachgegangen sei. Das Berufungsgericht habe zwar festgestellt, dass die Ehe der Klägerin im Zeitpunkt des Erbfalls ohne den Tod des Erblassers geschieden worden wäre. Die Begründung des Scheiterns der Ehe beziehe sich jedoch nur auf den Zeitpunkt „bei Einreichung der Scheidungsklage am 07.09.1989“. Nach § 1933 BGB komme es indessen darauf an, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung zur Zeit des Todes des Erblassers gegeben waren. Insoweit sei der Vortrag der Klägerin zur Weiterentwicklung der ehelichen Beziehung nach dem 18.12.1989 von Bedeutung gewesen. Die dazu von der Klägerin unter Beweis gestellten Behauptungen insbesondere zu Äußerungen des Erblassers gegenüber Dritten Anfang des Jahres 1990 seien hinreichend substantiiert; wenn sie als wahr unterstellt würden, könne nicht von einem Scheitern der Ehe ausgegangen werden, das die Beklagten zu beweisen hätten. Im Übrigen fehlten Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, von welchen subjektiven Vorstellungen die konkrete Lebensgemeinschaft hier geprägt gewesen sei.

Wegen der weitergehenden Begründung wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2008 Bezug genommen.

Im Senatstermin am 19.09.2013 haben die Prozessvertreter der Parteien mit ihren bisherigen Anträgen (s. Protokoll vom 19.09.2013, Bl. 1325 d.A. in Verbindung mit dem Protokoll vom 27.08.2002, Bl. 535, 537, 538 d.A.) verhandelt.

Gemäß Beweisbeschluss vom 09.01.2009 in der Fassung des Beschlusses vom 17.03.2009 hat der Senat die Zeugen C, Rechtsanwalt E, Rechtsanwalt F2,

H,N, X, X2, X3 und X4 im Wege der Rechtshilfe durch das für ihren Wohnsitz in Spanien jeweils zuständige Gericht vernehmen lassen. Der Zeuge Y ist im Senatstermin am 01.08.2013, die Zeugen T2 und D sind im Senatstermin am 19.09.2013 vernommen worden. Die Klägerin ist in beiden Senatsterminen persönlich angehört worden.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Protokolle der im Wege der Rechtshilfe durchgeführten Vernehmungen bezüglich der Zeugen  C vom 22.02.2010 (Bl. 1072 d.A.), Rechtsanwalt E vom 14.10.2011 (Bl. 1666, 1167 d.A.), Rechtsanwalt F2 vom 17.10.2011 (Bl. 1168, 1169), C2 vom 05.03.2010 (Bl. 1053 d.A.),  X vom 18.12.2009 (Hülle Bl. 1161), N vom 20.04.2011 (Bl. 1185, 1186 d.A.), X2 vom 11.01.2010 (Hülle Bl. 1161 d.A.), X3 vom 03.12.2012 (Bl. 1259 d.A.) und X4 vom 03.12.2012 (Bl. 1257 d.A.) sowie auf die Berichterstattervermerke zu den Senatsterminen vom 01.08.2013 (Bl. 1294, 1295 d.A.) und vom 19.09.2013 (Bl. 1329 d.A.). Die Zeugen H2, X5 und X6 sind zwischenzeitlich verstorben.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

1.

Ein etwaiger Pflichtteilsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 09.11.2006 dazu wird Bezug genommen.

2.

Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch gemäß § 2314 BGB. Ihrem Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 BGB steht die Vorschrift des § 1933 BGB entgegen.

a)

Die Pflichtteilsansprüche der Klägerin richten sich nach deutschem Recht. Die Klägerin ist Spanierin, der Erblasser war Deutscher. Er lebte zumindest zeitweise in Spanien, hatte dort Grundbesitz und ist auch in Spanien verstorben. Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Heimatrecht des Erblassers. Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt sind für die Anknüpfung des Erbstatuts grundsätzlich ohne Bedeutung (s. dazu Palandt-Thorn, BGB, 72. Aufl., Art. 25 EGBGB Rdnr. 6). Der Erbstatut gilt für den gesamten Nachlass einschließlich des Pflichtteilsrechts (Palandt-Thorn a.a.O. Rdnr. 6).

b)

Anspruchsgrundlage für die in der ersten Stufe der gemäß § 254 ZPO erhobenen Stufenklage begehrten Auskunft über den Bestand des Nachlasses ist § 2314 BGB. Pflichtteilsansprüche der Klägerin ergeben sich aus § 2303 BGB. Als Ehefrau des Erblassers ist sie pflichtteilsberechtigt, ihre Pflichtteilsquote beträgt gemäß §§ 2303, 1931 Abs. 1 BGB neben den Geschwistern des Erblassers ¼. Eine Erhöhung der Quote wegen des Zugewinnausgleichs kommt gemäß § 1371 Abs. 2 BGB nicht in Betracht und wird auch nicht geltend gemacht.

c)

Das Erb- und auch das Pflichtteilsrecht (§ 2303 Abs. 2 Satz 1 BGB, s. dazu auch Palandt-Weidlich a.a.O. § 2303 Rdnr. 3 und § 1933 Rdnr. 10; Münchener Kommentar-Leipold, BGB, 4. Aufl., § 1933 Rdnr. 12) der Klägerin als überlebender Ehegatte ist jedoch gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen, weil im Zeitpunkt des Erbfalls vom Erblasser die Ehescheidung beantragt war und die Ehe daraufhin ohne den Tod des Erblassers geschieden worden wäre.

aa)

Die formelle Voraussetzung war erfüllt. Der Erblasser hat unter dem 07.09.1989 vor dem Gericht in Orihuela/Spanien eine Scheidungsklage erhoben. Diese ist der Klägerin am 22.11.1989 (Bl. 168 d.A.) zugestellt worden, sie hatte ihrerseits eine Gegenklage auf Trennung eingereicht. Ob das spanische Gericht für die Scheidungsklage zuständig war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Frage betrifft die Zulässigkeit der erhobenen Scheidungsklage, nicht aber die Rechtshängigkeit, auf die es für § 1933 BGB allein ankommt (s. dazu Palandt-Weidlich a.a.O. § 1933 Rdnr. 2, Münchener Kommentar-Leipold a.a.O. § 1933 Rdnr. 69).

bb)

Hinsichtlich der Frage, ob es für die Prüfung der materiellen Scheidungsvoraussetzungen auf die Anwendung spanischen oder deutschen Rechts ankommt und ob die materiellen Scheidungsvoraussetzungen nach spanischem Recht erfüllt sind, wird auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 09.11.2006 Bezug genommen. Sie sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen und in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 02.07.2008 nicht beanstandet worden.

Ebenso wird Bezug genommen auf die Feststellungen in dem Urteil vom 09.11.2006 dazu, dass die Trennung der Eheleute U auch nach dem zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin spätestens im Juli 1988 erfolgt ist. Auch das ist im Revisionsverfahren nicht angegriffen und vom Bundesgerichtshof im Beschluss vom 02.07.2008 nicht beanstandet worden.

cc)

Die Ehe der Klägerin mit dem Erblasser war gescheitert. Das ist nach deutschem Recht der Fall, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen werden (§ 1565 Abs. 1 BGB). Entsprechend den Regeln des § 1566 Abs. 1 und Abs. 2 BGB wird dies bei einer Trennungszeit von einem Jahr und Zustimmung zum Antrag der Gegenseite bzw. bei einer Trennung von drei Jahren unwiderlegbar vermutet. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Bei einer Trennung im Juli 1988 und Eingang des Scheidungsantrages des Erblassers Anfang September 1989 lebten die Eheleute lediglich mehr als ein Jahr getrennt.

Für die Feststellung des Scheiterns der Ehe ist indes nicht allein auf die Trennung abzustellen, die allerdings ein wichtiges Indiz sein kann. Wesentliches Element ist die eheliche Gesinnung, d.h. maßgebend ist, von welchen subjektiven Vorstellungen die konkrete Lebensgemeinschaft der Ehegatten geprägt war und insofern auch das Maß der ehelichen Gemeinsamkeiten, das sich die Eheleute erhalten haben. Die Eheleute können Umstände für belanglos gehalten haben, die für andere wichtig sind (s. dazu BGHZ, BGH Urteil vom 30.11.1994 – IV ZR 290/93 -, zitiert nach juris, Rdnr. 16, Palandt-Brudermüller a.a.O. § 1565 Rdnr. 2).

(1)

Ein Anhaltspunkt für das Scheitern der Ehe ist hier, dass sich der Erblasser von der Klägerin abgewendet und einer anderen Frau zugewandt hatte. Unstreitig war die Zeugin C seit mindestens Juli 1987, d.h. nur ca. ein Jahr und drei Monate nach der Eheschließung mit der Klägerin, seine Freundin und Lebensgefährtin. Diese Beziehung des Erblassers zu der Zeugin C hat auch die Klägerin nicht für normal gehalten und für ihre Ehe hingenommen. Das zeigt sich u.a. daran, dass sie die offensichtlich wesentlich jüngere, im Jahr 1972 geborene Zeugin nicht weiter ernstgenommen hat und dass sie die Beziehung im Verfahren als belanglos und ohne weitere Bedeutung dargestellt und dem Einfluss von Alkohol und Drogen zugeschrieben hat. Ein ernsthaftes Liebesverhältnis des Erblassers zu der Zeugin kam für die Klägerin nicht in Betracht und ist von ihr offensichtlich ausgeblendet worden. Ob der Erblasser darüber hinaus Verhältnisse zu anderen Frauen unterhalten hat, kann nicht festgestellt werden, konkrete Personen außer der Zeugin C sind nicht benannt worden. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass es während der Ehe häufiger vorgekommen sei, dass der Erblasser immer wieder außereheliche Beziehungen gehabt habe. Aber auch das ist für diese Ehe nicht normal gewesen und hat nicht die eheliche Lebensgemeinschaft geprägt. Bei ihrer Anhörung im Senatstermin am 01.08.2013 hat die Klägerin dazu gesagt, dass der Erblasser grundsätzlich treu gewesen sei. Das sei nur dann nicht der Fall gewesen, wenn er unter Alkohol und Drogen gestanden habe, was allerdings häufiger vorgekommen sei.

(2)

Es mag auch sein, dass der Erblasser die Klägerin – insbesondere unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen – so wie sie vorträgt, mehrfach beleidigt, bedroht und auch körperlich misshandelt hat und dass sie dies zunächst hingenommen hat, um ihre Ehe nicht zu gefährden. Ob das tatsächlich so zutreffend ist, kann offenbleiben. Spätestens mit der Erhebung ihrer Gegenklage vom 18.12.1989 war die Klägerin dann aber nicht mehr bereit, ein solches Verhalten des Erblassers weiter zu akzeptieren. Sie hat zur Begründung der Gegenklage vor dem spanischen Gericht vortragen lassen, dass der Erblasser sie fortgesetzt Drohungen und körperlichen Aggressionen ausgesetzt, sie beleidigt und schließlich der ehelichen Wohnung verwiesen habe. Mit der Trennung im Juli 1988 sei das eheliche Zusammenleben zerstört worden. In der Trennungszeit habe sie das besonders schwerwiegende und wiederholt quälende Verhalten des Ehemannes bewogen, ihre bis zu diesem Zeitpunkt reichenden Bemühungen einzustellen, den Fortbestand der Ehe zu erhalten. Das ist eine deutliche Darstellung der Zerrüttung der Ehe auch aus der Sicht der Klägerin. Sie war zum Zeitpunkt der Erhebung der Gegenklage durch ihren eigenen Rechtsanwalt vertreten. Die Klägerin kann deshalb nicht damit gehört werden, dass sie die Angaben im Dezember 1989 unter Zwang des Ehemannes gemacht habe. Es ist nicht erkennbar, dass der Erblasser Kontakt zur Klägerin hatte und in irgendeiner Weise Einfluss auf den Gegenantrag und den dortigen Vortrag ausgeübt hätte, zumal schon seine Anwesenheit in Madrid im Dezember 1989 von der Klägerin nicht behauptet wird. Soweit sich die Klägerin im Senatstermin am 01.08.2013 nunmehr dahin eingelassen hat, dass ihre Ehe im Dezember 1989 noch nicht am Ende gewesen sei und dass der Antrag durch den Rechtsanwalt gestellt worden sei, sie nur habe antworten müssen, wobei das eine Antwort im Rahmen der Bürokratie gewesen sei, ist das nicht nachvollziehbar. Es nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin hier einen Anlass gehabt hätte, durch ihren Rechtsanwalt in dem nunmehr anhängigen Scheidungsverfahren einen eigenen Gegenantrag zu stellen und dass dafür – wie sie jetzt wohl Glauben machen will – ein so nicht zutreffender Sachvortrag erforderlich war.

(3)

Das endgültige Scheitern der Ehe der Klägerin mit dem Erblasser ergibt sich schließlich daraus, dass nicht festgestellt werden kann, dass nach der Zustellung der Scheidungsklage und der Einreichung des Gegenantrages der Klägerin vom 18.12.1989 bis zum Tod des Erblassers am 31.03.1990 eine Versöhnung stattgefunden hat und die eheliche Lebensgemeinschaft wieder hergestellt worden ist. Die Beklagten haben vielmehr bewiesen, dass der Erblasser weiterhin in einer Lebensgemeinschaft mit der Zeugin C gelebt, dass er auf einer beschleunigten Durchsetzung des Scheidungsverfahrens bestanden und dass er immer wieder zum Ausdruck gebracht hat, er sei auf keinen Fall bereit, wieder mit der Klägerin zusammenzuleben. Dies ergibt sich aus den Aussagen der im Wege der Rechtshilfe in Spanien vernommenen Zeugen.

Die Zeugin C hat dazu ausgesagt, dass ihre Beziehung zu dem Erblasser im Juli 1987 begonnen habe und sie mit seinem Tod beendet worden sei. Es habe in dieser Zeit keinerlei Versöhnung mit seiner Ehefrau gegeben, sondern ganz im Gegenteil sei versucht worden, die Ehefrau ausfindig zu machen, um die Scheidung voranzutreiben.

Diese Aussage wird bestätigt durch den Zeugen N. Er hat bekundet, dass der Erblasser ein enger Freund von ihm gewesen sei. Der Erblasser sei mit der Klägerin verheiratet gewesen, obwohl er bis zu seinem Tod mit der Zeugin C zusammengelebt habe, ohne dass er das Zusammenleben mit der Klägerin wieder aufgenommen habe. Es sei ihm auch bekannt, dass der Erblasser seine Rechtsanwälte gedrängt habe, alle Formalitäten für eine gerichtliche Scheidung von der Klägerin zu beschleunigen, weil er die Zeugin C habe heiraten wollen. Der Erblasser habe ihm gegenüber häufig geäußert, dass er nicht mehr mit seiner Ehefrau zusammenleben wolle. Man habe auch gemeinsam mit Freunden Silvester 1989 in U2 im Restaurant „Telmo“ ohne die Klägerin verbracht. Er, der Zeuge, habe nach dem Tod des Erblassers Gespräche mit der Klägerin gehabt. Sie habe ihm gegenüber nie erwähnt, dass der Erblasser im Frühjahr 1990 auf einer Reise nach Deutschland den Wunsch gehabt habe, wieder mit ihr zusammenzuleben.

In diesem Zusammenhang hat der Zeuge H ausgesagt, dass der Erblasser nach Deutschland gereist sei, um mit der Klägerin das Thema Scheidung abzuschließen und eine Einigung zu versuchen, da er eine Beziehung mit jemand anderem gehabt habe. Es sei auch nicht richtig, dass der Erblasser gegenüber Freunden geäußert habe, dass er sich mit der Klägerin „zusammengerauft habe“ und dass er mit ihr zusammenbleiben wolle. Er sei vielmehr vollständig davon überzeugt gewesen, dass seine Ehe zu Ende gehe.

Schließlich ergibt sich aus der Aussage des Rechtsanwalts F2, der den Erblasser in dem Scheidungsverfahren vor den spanischen Gerichten betreut hat, dass der Erblasser nach seiner Kenntnis seit ziemlich langer Zeit mit der Zeugin C zusammengelebt habe. Es sei zu keiner Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft mit der Klägerin gekommen, seitdem sie die häusliche Gemeinschaft aufgehoben hätten. Das ergebe sich auch aus der Aussage der Klägerin vom 05.04.1990 im Vorverfahren des Ermittlungsgerichts Nr. 1 von Orihuela, in der sie wörtlich gesagt habe, dass sie seit etwas mehr als einem Jahr nicht mehr zusammenleben würden und bei den Gerichten ein Trennungsverfahren eingeleitet hätten. Der Zeuge hat dazu eine Abschrift der Aussage der Klägerin vom 05.04.1990 vorgelegt (Bl. 1171 d.A.). Der Zeuge F2 hat außerdem bekundet, dass der Erblasser ihn tatsächlich stets angewiesen habe, die Scheidung auf gerichtlichem Wege voranzutreiben. Er habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, die Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau wieder aufzunehmen, denn er habe tatsächlich seit einiger Zeit mit einer anderen Person zusammengelebt.

Der Senat hat keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Aussagen in Zweifel zu ziehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Zeugen hier mit dem Erbfall noch weiter etwas zu tun haben und dass sie deshalb ihre eigenen Interessen verfolgt haben. Im Übrigen ist die Klägerin den Angaben der Zeugen nicht entgegengetreten und hat keinerlei Stellungnahme zu den Aussagen abgegeben.

Die Aussagen der übrigen in Spanien vernommenen Zeugen Rechtsanwalt E, X, X2 und X4 waren für das Beweisthema unergiebig.

Die Bekundungen der Zeugin H3, einer guten Bekannten der Klägerin, stehen dem Beweisergebnis nicht entgegen. Diese Zeugin hat zwar ausgesagt, dass die Klägerin mit dem Erblasser bis zu seinem Tod zusammengelebt habe. Einzelheiten konnte sie dazu jedoch nicht benennen, Angaben auf die konkreten Beweisfragen hat sie nicht gemacht. Soweit die Zeugin darüber hinaus gesagt hat, dass der Erblasser mit der Klägerin bis zu seinem Tod zusammengewesen und in Madrid gestorben sei, ist das objektiv nicht richtig. Die Klägerin hielt sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in B auf, der Erblasser ist an seinem Wohnort in U2 verstorben. Die Klägerin ist erst anschließend nach Spanien gereist, um sich um die Beerdigungsformalitäten zu kümmern, nachdem sie von einem Freund von dem Tod des Erblassers informiert worden war.

Der Gegenbeweis, dass der Erblasser sich während eines Aufenthalts im Januar und März 1990 am gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in B gegenüber gemeinsamen Freunden dahingehend geäußert habe, dass er sich nunmehr mit der Klägerin „zusammengerauft“ habe und mit dieser zusammenbleiben werde, nachdem man soviel miteinander erlebt habe, und dass die eingeleiteten gerichtlichen Schritte zur Auflösung der Ehe nicht weiter verfolgt werden sollten, ist der Klägerin nicht gelungen. Keiner der von ihr benannten und in den Terminen am 01.08. und 19.09.2013 vom Senat vernommenen Zeugen, hat ihre Darstellung bestätigt.

So hat der Zeuge Y ausgesagt, dass er mit dem Erblasser seit ca. 15 Jahren vor dessen Tod gut befreundet gewesen sei. Er habe den Erblasser im Januar 1990 in B zum Kartenspielen in der Wohnung gesehen. Ob die Klägerin dabei gewesen ist, wusste der Zeuge nicht mehr. Er konnte sich auch nicht an die im Januar 1990 geführten Gespräche und insbesondere daran erinnern, dass der Erblasser zu ihm bei diesem Anlass gesagt haben soll, dass er die Ehe mit der Klägerin weiter fortführen wollte. Der Zeuge wusste lediglich noch, dass der Erblasser später im März 1990 für zwei bis drei Nächte seine Wohnung in B zum Übernachten benötigt habe. Bei dieser Gelegenheit sei er aber selbst in Urlaub gewesen und habe den Erblasser nicht gesehen.

Der Zeuge T2, der seit seiner Jugend mit dem Erblasser befreundet war und der auch an der Hochzeit der Eheleute U teilgenommen hatte, wusste nichts von einer Scheidung der Eheleute und einer anschließenden Versöhnung. Die von der Klägerin behaupteten Äußerungen des Erblassers im Januar 1990 und März 1990 anlässlich gemeinsamer abendlicher Kartenspiele konnte er nicht bestätigen.

Dagegen war der Zeugin D wohl bekannt, dass die Eheleute U sich scheiden lassen wollten. Mehr konnte die Zeugin jedoch zu der Ehe nicht sagen. Gemeinsame abendliche Kartenspiele habe es nicht gegeben, zumal sie gar keine Karten spiele. Die Zeugin hat sich im Übrigen vehement dargegen verwahrt, dass die Klägerin vorgetragen hat, sie sei eine Deutschdozentin an der Volkshochschule und habe die Klägerin unterrichtet. Sie sei vielmehr in der ambulanten Pflege tätig und kenne die Klägerin und ihren Ehemenan aus Urlauben in Spanien. Sie habe mit beiden auch nur Kontakt in Spanien gehabt und die Klägerin einmal nach dem Tod des Erblassers in Deutschland besucht. Seit ca. 18 Jahren bestehe kein Kontakt mehr.

Dafür, dass die Eheleute U bis zum Tod des Erblassers getrennt gelebt und die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder aufgenommen haben und dass auch die Klägerin selbst von einer Trennung ausgegangen ist, sprechen schließlich die Angaben, die sie unmittelbar nach dem 31.03.1990 am 05.04.1999 vor dem Ermittlungsrichter Nr. 1 in Orihuela gemacht hat. Auf den Vorhalt des Polizeiprotokolls im Senatstermin am 01.08.2013 hat sie sich darauf zurückgezogen, dass sie damals gelogen habe, weil sie keinen Rechtsanwalt gehabt und Angst gehabt habe. Weshalb sie jedoch Angst gehabt und sich bedroht gefühlt habe, konnte die Klägerin nicht weiter darlegen. Auf den weiteren Vorhalt, dass sie ausweislich des Protokolls belehrt und auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen worden sei, hat sie sich dahingehend eingelassen, dass das zwar ihre Aussage gewesen, dass sie aber nicht erkannt habe, dass das ein Gericht gewesen sei. Es ist deshalb eher naheliegend, dass die Klägerin damals – zeitnah – zu der Frage der Trennung die Wahrheit gesagt hat, zumal dies zu den Angaben in der ca. drei Monate vorher erhobenen Gegenklage und auch zu den von dem Zeugen N bekundeten Gesprächen nach dem Tod des Erblassers passt und dass entsprechend den obigen Ausführungen eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft vor dem Tod des Erblassers nicht erfolgt ist. Die Darstellungen der Klägerin zu dem weiteren Zusammenleben der Eheleute haben sich erst Jahre später in dem hier vorliegenden Verfahren geändert und entwickelt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es zu dem ambivalenten und widersprüchlichen Vortragsverhalten der Klägerin passt, dass sie im Termin am 01.08.2013 angegeben hat, der Zeuge T2 sei nicht erschienen, weil er krank sei und auch arbeiten müsse und ihn diese Sache auch psychisch belaste. Das ist so von dem Zeugen T2 im Termin am 19.09.2013 nicht bestätigt worden. Er hat vielmehr gesagt, dass er von der Ladung keine Kenntnis gehabt und sich auch nicht mit der Klägerin über den Termin am 01.08.2013 und seine Zeugenvernehmung unterhalten habe. Daraufhin hat die Klägerin eingeräumt, dass ihre damaligen Angaben nur eine Schlussfolgerung von ihr gewesen seien.

Der Senat ist bei einer Gesamtwürdigung all dieser Umstände davon überzeugt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft der Klägerin mit dem Erblasser bis zum Tod des Erblassers nicht wieder hergestellt worden ist, dass die Ehe endgültig gescheitert war und im Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Scheidungsvoraussetzungen vorgelegen haben.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundlegende Bedeutung. Auch gebieten weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

 

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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