Oberlandesgericht Hamm, 10 U 14/17 Macht ein Erblasser zu Lebzeiten ihm zustehende Rentenansprüche nicht geltend, kann der Zahlungspflichtige dem Erben die ihm gegen den Erblasser zustehenden Einwände geltend machen und auch die Einrede der Verjährung erheben

Mai 13, 2018

Oberlandesgericht Hamm, 10 U 14/17

Macht ein Erblasser zu Lebzeiten ihm zustehende Rentenansprüche nicht geltend, kann der Zahlungspflichtige dem Erben die ihm gegen den Erblasser zustehenden Einwände geltend machen und auch die Einrede der Verjährung erheben. Die Voraussetzungen einer die Verjährung hemmenden Stundungsabrede, zwischen den Zahlungspflichtigen und dem Erblasser hat der Erbe nachzuweisen.

 

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 29.12.2016 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52.823,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2016 sowie weitere 1.954,46 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 82 % und der Beklagte zu 18 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

G r ü n d e

A.

Die Parteien sind die Kinder des am 00.00.1920 geborenen und am 00.00.2014 verstorbenen Unternehmers L. Die Ehefrau des Erblassers und Mutter der Parteien, I, ist im Jahr 2008 vorverstorben.

Der Erblasser war Gesellschafter der „Q“ und der „L GmbH & Co. KG“ sowie der „J mbH“, die als Komplementärin der KG fungierte. Seit Anfang der 80´ger Jahre war auch der Beklagte als Gesellschafter und Geschäftsführer an den Unternehmen beteiligt.

Mit „Vermögensübergabevertrag“ vom 20.12.1996 (Anlage K 2, Bl. 6 ff. der Gerichtsakte) sowie notariell beurkundeter „Vereinbarung über eine Geschäftsanteilsabtretung in Verbindung mit einem Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag“ gleichen Datums (Anlage K 3, Bl. 9 ff. der Gerichtsakte) übertrug der Erblasser im Wege vorweggenommener Erbfolge seine sämtlichen Gesellschaftsanteile auf den Beklagten. Zur Sicherstellung der Versorgung seiner Eltern verpflichtete sich der Beklagte unter Ziff.2 des „Vermögensübergabevertrages“, ab dem 01.01.1997 an seinen Vater eine Leibrente von monatlich 10.000,- DM, fällig jeweils am 15. eines jeden Monats, zu zahlen. Unter Ziff. III. der notariellen Urkunde erklärte der Beklagte einen Erb- und Pflichtteilsverzicht für sich und seine Abkömmlinge.

Ebenfalls mit Datum vom 20.12.1996 errichtete der Erblasser ein eigenhändiges Testament (Anlage K 1, Bl. 5 der Gerichtsakte), mit dem er die Klägerin zu seiner Alleinerbin einsetzte. Hierzu erläuterte er in dem Testament, dass das auf die Erbin übergehende Vermögen im Wesentlichen aus seiner Darlehensforderung gegenüber der „Q“ bestehen werde, die sich derzeit auf gut 1,2 Mio. DM belief. Soweit die Darlehensforderung bei seinem Ableben einen Betrag von 1,35 Mio. DM übersteigen sollte, sollte sie dem Beklagten als Vermächtnis zustehen. Sämtliche sonstigen Vermögensgegenstände vermachte der Erblasser seiner Ehefrau.

In der Folgezeit zahlte der Beklagte die geschuldete Leibrente zunächst vertragsgemäß in voller Höhe. Ab Mai 2001 zahlte er nur noch monatlich 8.000,- DM, im Januar 2002 zahlte er 4.100,- €, ab Februar 2002 jeweils monatlich 4.000,- € und ab August 2003 nur noch 3.000,- € pro Monat. Bei Zugrundelegung einer vertraglich geschuldeten Rente von 10.000,- DM im Monat summiert sich die Minderzahlung bis zum Tod des Erblassers unstreitig auf 294.431,49 € (vgl. Aufstellung in Anlage K 4, Bl. 13 GA). Die Hintergründe der Zahlungsreduzierungen sind zwischen den Parteien streitig. Unstreitig forderte der Erblasser zu seinen Lebzeiten keinen Ausgleich der Fehlbeträge von dem Beklagten.

Nach dem Tod des Erblassers hat die Klägerin als dessen Erbin von dem Beklagten mit der Klage nach vergeblicher außergerichtlicher Aufforderung die Zahlung des Fehlbetrages von 294.341,49 € nebst Rechtshängigkeitszinsen und Ausgleich außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 3.880,47 € begehrt.

Sie hat die Ansicht vertreten, die ausstehenden Beträge seien dem Beklagten gestundet gewesen, nicht aber erlassen. Hierzu hat sie behauptet, der Erblasser habe ihr bei einem Gespräch im Jahr 2002 mitgeteilt, dass der Beklagte vorübergehend eine um 1.000,- € herabgesetzte Leibrente zahlen werde, die Leibrentenzahlungen würden jedoch nachgeholt werden. Gegen einen Erlass spreche zudem der Umstand, dass der Beklagte – unstreitig – noch im September 2002 im Zusammenhang mit einer Schenkung des Erblassers an seine Ehefrau schriftlich bestätigt habe, dass sämtliche am 20.12.1996 getroffene Vereinbarungen unberührt blieben und uneingeschränkt ihre Gültigkeit behielten (Präambel zur Schenkungsvereinbarung vom 23.09.2002, Anlage K 6, Bl. 32 der Gerichtsakte). Auch habe der Erblasser – unstreitig – in seinen Steuererklärungen für den gesamten Zeitraum die vollständigen Leibrentenzahlungen als sein Einkommen aufgeführt. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2008 habe es zudem ein Gespräch zwischen dem Erblasser und seinen Kindern gegeben, in dem der Erblasser den Beklagten aufgefordert habe, doch schon einmal 100.000,- € an die Klägerin zu zahlen, dann sei ein Teil schon mal erledigt. Dabei sei es nicht um das Darlehen gegangen, sondern um die Leibrenten.

 

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Einrede der Verjährung erhoben. Hierzu hat er behauptet, die Verwaltung der Rentenzahlungen sei von Anfang auf seinen ebenfalls in dem Unternehmen beschäftigten Sohn H übertragen gewesen. Die Zahlungen seien per Dauerauftrag ausgeführt worden. Die Reduzierung der monatlichen Zahlungen seien jeweils aus eigener Initiative des Erblassers durch dessen Weisung an H veranlasst worden. Dieser habe die Reduzierung des Dauerauftrages jeweils umgesetzt, ohne nach den Hintergründen zu fragen. Er, der Beklagte, selbst habe mit dem Erblasser zu keinem Zeitpunkt über die Leibrentenzahlungen gesprochen. Der Erblasser habe ihn auch nicht darüber informiert, dass er ganz oder teilweise darauf verzichtet hätte. Eine Stundungsabrede sei ebenfalls nicht getroffen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H und T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.10.2016, Bl. 73ff. der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 29.12.2016 hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, einen Teilerlass der Leibrentenzahlungen habe der insofern beweisbelastete Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen. Aus den Bekundungen des Zeugen H sei nicht zu entnehmen, dass der Erblasser auf die Forderungen endgültig habe verzichten wollen. Demgegenüber sei bei Würdigung der Gesamtumstände eine Stundung der Leibrentenzahlungen anzunehmen. Ein Indiz hierfür folge aus dem Umstand, dass der Erblasser die Rentenzahlungen in seinen Steuererklärungen in voller Höhe als sein Einkommen erklärt habe. Ferner habe der Zeuge T glaubhaft bekundet, dass sich der Erblasser gegenüber der Klägerin dahingehend geäußert habe, die Zahlungen seien nur ausgesetzt und würden nachgeholt. Aufgrund der Stundung seien die Forderungen auch nicht verjährt, da die Verjährung für die Dauer der Stundung gemäß § 205 BGB gehemmt gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung des Beklagten, der weiterhin Klageabweisung begehrt. Er macht geltend, aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Leibrentenzahlungen nicht gestundet gewesen seien. Die von dem Zeugen H bestätigten Anweisungen des Erblassers seinen vielmehr mit einem Verzicht auf weitere Zahlungen verbunden gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe der Erblasser von einer Stundung gesprochen. Die gegenteilige Bekundung des Zeugen T basiere auf bloßem Hörensagen und habe keinen Beweiswert. Auch gehe die Argumentation der Klägerin, eine Stundung sei aufgrund fehlender Gewinneinnahmen des Unternehmens erfolgt, fehl. Hierzu überreicht der Beklagte eine Gewinnaufstellung der I GmbH für den Zeitraum 1984 bis 2001. Im Übrigen erhebt der Beklagte weiterhin die Einrede der Verjährung.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 29.12.2016 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit weiteren Ausführungen und rügt den neuen Sachvortrag des Beklagten, insbesondere zur Gewinnsituation des Unternehmens, als verspätet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Die Klägerin als Alleinerbin ihres Vaters L hat gegen den Beklagten nur einen Anspruch auf Zahlung der nach dem 31.12.2011 bis zum Tod des Erblassers fällig gewordenen Leibrentenansprüche aus Ziff. II Nr. 2 des Vermögensübergabevertrages vom 20.12.1996 in Höhe insgesamt 52.823,- €. Ein Erlass der Forderungen durch vertragliche Abrede zwischen dem Erblasser und dem Beklagten gemäß § 397 Abs.1 BGB lässt sich, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, nicht feststellen. Die vor dem 31.12.2011 fällig gewordenen Leibrentenansprüche sind hingegen verjährt. Denn eine Hemmung der Verjährung durch eine Stundungsabrede zwischen dem Erblasser und dem Beklagten gemäß § 205 BGB lässt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts ebenfalls nicht feststellen.

I.

Mit Abschluss des Vertrages vom 20.12.1996 hat sich der Beklagte gemäß Ziff. II Nr.2 wirksam verpflichtet, an den Erblasser ab dem 01.01.1997 eine Leibrente von monatlich 10.000,- DM (= 5.112,92 €), fällig jeweils am 15. eines jeden Monats, zu zahlen. Noch offene Ansprüche des Erblassers auf Zahlung der Leibrente sind mit seinem Tod gemäß § 1922 Abs.1 BGB auf die Klägerin als dessen Alleinerbin übergegangen.

II.

Unstreitig hat der Beklagte die jeweils zum 15. eines jeden Monats fälligen Rentenansprüche ab Mai 2001 nur noch teilweise erfüllt. Zunächst zahlte er nur noch monatlich 8.000,- DM, im Januar 2002 zahlte er 4.100,- €, ab Februar 2002 jeweils monatlich 4.000,- € und ab August 2003 nur noch 3.000,- € pro Monat, so dass nur in dieser Höhe Erfüllung im Sinne des § 362 Abs.1 BGB eingetreten ist. Die nicht durch Zahlung erfüllten Restforderungen summieren sich unstreitig auf 294.431,49 €.

III.

Der Anspruch des Erblassers auf Zahlung der noch offenen Beträge ist nicht durch einen Erlass im Sinne des § 397 Abs.1 BGB erloschen.

1.

  • 397 Abs.1 BGB setzt einen Vertrag im Sinne der § 145 ff. BGB zwischen Gläubiger und Schuldner über den Erlass der Schuld voraus. Erforderlich ist damit zum einen ein Angebot des Gläubigers, das unmissverständlich den Willen zum Ausdruck bringt, auf die Forderung endgültig zu verzichten. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Palandt/Grüneberg, 76. Aufl., § 397 BGB Rn.6 m. w. N. zur stdg. Rspr.). Das Erlassangebot des Gläubigers muss zudem dem Schuldner zugehen und bedarf einer Annahme durch den Schuldner (vgl. BGH, MDR 2016, 315 – juris Rn.26). Einen einseitigen Verzicht des Gläubigers auf schuldrechtliche Forderungen kennt das Gesetz hingegen nicht (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O. Rn.4.). Die Darlegungs- und Beweislast für einen wirksamen Erlass trägt der Schuldner (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O. Rn.13 m. w. N.).

2.

Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte einen Erlass der noch offenen Restforderungen bereits nicht schlüssig dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.

Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten, den der Zeuge H bestätigt hat, hat der Erblasser den mit der Verwaltung der Leibrentenzahlungen betrauten Zeugen H jeweils ohne nähere Erklärung angewiesen, die per Dauerauftrag überwiesenen Rentenzahlungen entsprechend zu kürzen. Der Zeuge H habe dies ohne weitere Nachfragen so umgesetzt. Er, der Beklagte, selbst habe mit dem Erblasser über die Reduzierung der Leibrentenzahlungen zu keinem Zeitpunkt gesprochen.

Mangels näherer Erklärungen des Erblassers zu den Gründen für die Reduzierung der Zahlungen lässt sich nach alledem schon kein eindeutiger Wille des Erblassers, auf die Restforderungen endgültig zu verzichten, feststellen. Zudem fehlt es auf Basis dieses Sachvortrags an dem Zugang und an der Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Erlassvertrages. Es handelte sich mithin allenfalls um einen einseitigen Verzicht des Erblassers auf die Geltendmachung der Restforderung, der nicht die Wirkung eines Erlasses im Sinne des § 397 Abs.1 BGB herbeiführt.

IV.

Die noch offenen Restforderungen sind allerdings nur durchsetzbar, soweit sie nach dem 31.12.2011 fällig geworden sind. Die vor diesem Zeitpunkt fällig gewordenen Leibrentenansprüche sind verjährt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs.1 BGB bereits in erster Instanz ausdrücklich erhoben.

1.

Für die streitgegenständlichen Leibrentenansprüche gilt die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren.

Diese beginnt gemäß § 199 Abs.1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Entstanden ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (stdg. Rspr., vgl. die Nachweise bei Palandt/Ellenberger, 76. Aufl., § 199 BGB Rn.3). Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs. Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen entstehen mit der Fälligkeit der einzelnen Leistungen (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O. Rn.3).

Nach der in Ziff. II Nr.2 des Vermögensübergabevertrages getroffenen Vereinbarung waren die Leibrentenansprüche jeweils zum 15. eines jeden Monats fällig und damit im Sinne des § 199 Abs.1 BGB entstanden.

Da dem Erblasser die in dem Vertrag getroffenen Vereinbarungen bekannt waren, hat er jeweils zum gleichen Zeitpunkt Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners gehabt.

Bei ungehemmtem Lauf der Verjährung waren zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage am 26.11.2015 (§ 204 Abs.1 Nr.1 BGB i. V. m. §§ 253 Abs.1, 262, 167 ZPO) alle noch offenen Leibrentenansprüche, die bis zum 31.12.2011 fällig geworden sind, verjährt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Lauf der Verjährung nicht wegen einer nachträglichen Stundungsabrede gemäß § 205 BGB gehemmt worden.

a)

Voraussetzung für eine Hemmung der Verjährung nach § 205 BGB ist ein Stillhalteabkommen zwischen Gläubiger und Schuldner im Sinne einer vertraglichen Absprache, dass der Anspruch einstweilen nicht geltend gemacht werden soll. Hierbei muss der übereinstimmende Wille der Parteien darauf gerichtet sein, für den Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht zu begründen (vgl. Palandt/Ellenberger, 76. Aufl., § 205 BGB Rn.2 m. w. N. zur stdg. Rspr.). Ein einseitiger vorübergehender Verzicht des Gläubigers auf die Verfolgung des Anspruchs ist hingegen nicht ausreichend. Darlegungs- und beweisbelastet bezüglich eines mit dem Schuldner getroffenen Stillhalteabkommens ist der Gläubiger (vgl. Palandt/Ellenberger, 76. Aufl., Überbl v § 194 Rn.24 m. w. N.), hier also die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Erblassers.

b)

Nach diesen Maßgaben hat die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin eine Hemmung der Verjährung entgegen der Annahme des Landgerichts bereits nicht schlüssig dargelegt und – auch bei Unterstellung der Richtigkeit der Aussage des Zeugen T – jedenfalls nicht bewiesen.

Wie bereits gezeigt, hat der Beklagte vorgetragen, der Erblasser habe den mit der Verwaltung der Leibrentenzahlungen betrauten Zeugen H jeweils ohne nähere Erklärung angewiesen, die per Dauerauftrag überwiesenen Rentenzahlungen entsprechend zu kürzen. Der Zeuge H habe dies ohne weitere Nachfragen so umgesetzt. Eine Absprache zwischen dem Erblasser und ihm habe es hierzu nicht gegeben.

Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie eine vertragliche Vereinbarung eines vorübergehenden Leistungsverweigerungsrechts des Beklagten zwischen dem Erblasser und dem Beklagten nicht schlüssig und substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob der Erblasser – wie von der Klägerin behauptet und von dem Zeugen T bestätigt – gegenüber der Klägerin im Jahr 2001 einmal erwähnt hat, ihr Bruder brauche wegen der finanziellen Lage der Firma im Moment nicht so viel zu zahlen, die Zahlungen sollten aber später nachgeholt werden. Denn diese Erklärung stellt – ihre Richtigkeit unterstellt – kein brauchbares Indiz für das Bestehen einer Stundungsabrede zwischen dem Erblasser und dem Beklagten dar. Grundlage für diese Äußerung des Erblassers kann genauso gut ein einseitiger Entschluss des Erblassers gewesen sein, auf die Geltendmachung eines Teiles der Leibrente vorübergehend zu verzichten. Ebenso wenig geht auch aus dem von der Klägerin geschilderten und von dem Zeugen T dem Hörensagen nach bestätigten Gespräch zwischen dem Erblasser und seinen Kindern aus dem Jahr 2008 hervor, dass die Leibrentenzahlung aufgrund einer Vereinbarung des Erblassers mit dem Beklagten gestundet waren. Die von der Klägerin und dem Zeugen geschilderte Reaktion des Beklagten, nämlich die wütende Beendigung des Gesprächs ohne Widerrede in der Sache, spricht eher dafür, dass die Vereinbarung eines Leistungsverweigerungsrechts, auf das sich der Beklagte hätte berufen können, gerade nicht getroffen worden war.

V.

Den Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs.1 und 3, 286 BGB kann die Beklagte nach dem Gesagten ebenfalls nur auf Grundlage eines Geschäftswertes von 52.823,- €, mithin in Höhe von nur 1.954,46 € (1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Pauschale und Mehrwertsteuer) verlangen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs.1, 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht erfüllt sind.

 

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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