Oberlandesgericht Hamm, 10 U 75/16 gemeinschaftliches Ehegattentestament, wechselbezügliche Verfügungen, Schenkung bei fehlendem lebzeitigen Eigeninteresse

Februar 3, 2018

Oberlandesgericht Hamm, 10 U 75/16

 gemeinschaftliches Ehegattentestament, wechselbezügliche Verfügungen, Schenkung bei fehlendem lebzeitigen Eigeninteresse
1. Verfügungen, die im Wechselbezug stehen, müssen nicht zwingend zeitgleich in einer einheitlichen Urkunde getroffen werden. Sie können auch nacheinander in getrennnten Urkunden niedergelegt werden. Allerdings muss in diesem Fall ein entsprechender Verknüpfungswille feststellbar sein, der sich aus den Urkunden zumindest andeutungsweise ergeben muss.

2. Auch ein langer Zeitraum von fast 40 Jahren, der zwischen den beiden Testamenten liegt, spricht nach den Gesamtumständen nicht entscheidend gegen die Annahme eines Verküpfungswillens der Eheleute. Anhaltspunkte für eine nachträgliche Verknüpfung können sich etwa auch aus einer inhaltlichen Bezugnahme und einer gemeinsamen Verwahrung der Testamente ergeben.

3. Die Feststellung eines lebzeitigen Eigeninteresses erfordert eine umfassende Abwägung der Interessen im Einzelfall. Es kann fehlen, wenn der Erblassser Zuwendungen erheblicher Vermögenswerte in erster Linie auf Grund eines auf Korrektur der Verfügung von Todes wegen gerichteten Sinneswandels vornimmt.

Tenor:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, folgende Ansprüche, Fondsbeteiligungen, Genussrechte, Lebensversicherungen, Gesellschaftsbeteiligungen an den Kläger abzutreten bzw. zu übertragen:

1.

Die aufgrund des Abtretungsvertrages zwischen der Beklagten und dem verstorbenen I2 vom 16./18.01.2014 an die Beklagten abgetretenen Ansprüche gegen die Dr. B und Co. GmbH aus dem zwischen dem verstorbenen I2 und der Dr. B und Co. GmbH geschlossenen Exklusiv-Vertriebsvertrag bezüglich der „Ausziehhilfe für Strümpfe“,

2.

Beteiligung Fondsimmobilie W S (Nennbetrag 10.000,- €),

3.

Beteiligung Immobilienfonds Brüssel mit staatlichem Mieter „Bundespolizei“ bei O, T x-x, ##### I3, mit einem Anlagebetrag von 30.000,00 €,

4.

Inhaber-Teilvollschuldverschreibungen der Serie F Zins Plus ###6 Aktiengesellschaft, H, #####1 H, ISIN DE###A1EWF## mit einem Anlagebetrag von 30.000,00 € sowie F wie vor, Zins ###0, ISIN DE###A1KOMRO mit einem Anlagebetrag von ebenfalls 30.000,00 € mit Zeichnungsdatum 16.03.2011 bzw. 12.10.2011,

5.

Genussrechte an Q regenerative Energien mit einem Nennbetrag von 50.000,- €, abgeschlossen am 16.07.2010,

6.

Fondsanteil an der im Handelsregister Berlin unter HRA ##### eingetragenen Kommanditbeteiligung bei T-Straße ##-## K.u.K. Grundverwaltungs-GmbH & Co. KG, c/o B, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, H2str.## A, ##### C mit einem Nennbetrag von 25.564,59 €,

7.

Beteiligung an der I Globalinvest ##-I H2 Immobilien GmbH & Co. KG P KG, c/o I GmbH mit einem Zeichnungsbetrag von 45.000,00 €,

8.

Lebensversicherungen bei F2 Versicherung mit Versicherungssummen von 1101,37 € sowie 1224,43 €.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, über die unter Klageantrag zu I, Ziffern 2.,5. und 8. aufgeführten Beteiligungen die genaue Anschrift des jeweiligen Beteiligungsunternehmens (Name und vollständige Anschrift) sowie Bearbeitungs- oder Versicherungsnummern dem Kläger mitzuteilen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.543,96 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2015 zu zahlen.

IV.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen.

V.

Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis im Termin vor dem Landgericht Hagen vom 03.12.2014. Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.

VI.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 330.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VII.

Die Revision wird nicht zugelassen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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