Oberlandesgericht Köln, 2 U 8/08
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Dezember 2008 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 20 O 416/06 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 143.154,18 € nebst Zinsen in Hö-he von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Beklagte in Höhe von 88 % und der Kläger in Höhe von 12 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte in Höhe von 90 % und der Kläger in Höhe von 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
G r ü n d e
(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO)
I.
Der Kläger ist Alleinerbe der am 3. Februar 2006 verstorbenen Frau V. T. (im Folgenden: Erblasserin). Durch Erbvertrag vom 31. Mai 1976 (vgl. Bl. 5 ff. des Anlagenheftes) hatten die Erblasserin und ihr Ehemann, Herr I. T., einen Erbvertrag geschlossen, durch den sie jeweils den Kläger zu ihrem Alleinerben bestimmt haben. Herr I. T. verstarb am 3. April 1998. Der Kläger stammt aus der ersten Ehe des Herrn I. T. und ist deshalb der Stiefsohn der Erblasserin. Der Beklagte ist der Bruder der Erblasserin.
Die Parteien streiten im Wesentlichen – im Berufungsverfahren nur noch – darum, wem die Erträge aus zwei Lebensversicherungen zustehen, die die Erblasserin zu Lebzeiten abgeschlossen hatte.
Am 19. Februar 1997 (vgl. Bl. 57 f. des Anlagenheftes) beantragte die Erblasserin bei der Q. eine Lebensversicherung (Rentenversicherung) zu der Nummer XXXXXXXXXXXX. Ausweislich der Vertragsbedingungen sollte die Versicherungsleistung beim Ablauf der Versicherung der Versicherungsnehmer und bei dem Tode der versicherten Person deren dann in gültiger Ehe lebender Ehegatte erhalten. Unter dem 26. Februar 1997 (Bl. 50 des Anlagenheftes) erhielt die Erblasserin den Versicherungsschein. Am 24. April 2001 unterzeichnete die Erblasserin (vgl. Bl. 49 des Anlagenheftes) einen Änderungsantrag und bestimmte nunmehr den Beklagten als Bezugsberechtigten für den Todesfall.
Am 22. Juni 1998 (Bl. 42 des Anlagenheftes) beantragte die Erblasserin ebenfalls bei der Q. eine weitere Lebensversicherung. Bezugsberechtigter im Todesfall sollte – von vorneherein – der Beklagte sein (vgl. Bl. 39 des Anlagenheftes). Diese Lebensversicherung trägt die Nummer XXXXX (vgl. auch insoweit Bl. 39 des Anlagenheftes). Unter dem 10. Juli 1998 (Bl. 37 des Anlagenheftes) erhielt die Erblasserin den Versicherungsschein. Am 24. April 2001 (vgl. Bl. 36 des Anlagenheftes) stellte die Erblasserin einen Änderungsantrag, in dem sie – wiederum – den Beklagten als Bezugsberechtigten im Todesfalle aufführte.
Die Beitragszahlungen der Erblasserin für die Lebensversicherung mit der Endnummer XX1 beliefen sich auf insgesamt 92.025,00 €. Die Prämienzahlungen für die Lebensversicherung mit der Endnummer XX2 betrugen insgesamt 51.129,18 €. Die Beträge ergeben sich aus dem Schreiben der Q. Lebensversicherung AG vom 5. April 2006 (vgl. Bl. 60 des Anlagenheftes). Addiert man beide Beträge, ergibt sich ein Betrag in Höhe von 143.154,18 €.
Nach dem Tode der Erblasserin wurden beide Lebensversicherungen an den Beklagten ausgezahlt. Auf die Lebensversicherung mit der Endnummer XX1 entfiel ein Betrag i. H. v. 98.466,00 €, und auf die Lebensversicherung mit der Endnummer XX2 entfiel ein Betrag i. H. v. 61.207,00 € (vgl. Bestätigung der Q. vom 22. März 2006, Bl. 35 d. A.). Dies ergibt einen Gesamtbetrag beider Lebensversicherungssummen i.H.v. 159.673,00 €.
Der Kläger hat den Beklagten u.a. – soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse – auf Rückzahlung der von diesem erlösten Lebensversicherungssummen in Anspruch genommen. Dem Beklagten sei von der Erblasserin die Bezugsberechtigung bezüglich der Lebensversicherungen in Benachteiligungsabsicht zugewandt worden. Die Änderung der Bezugsberechtigung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass er – der Kläger – im Jahre 2001 nach dem Tode des Ehemannes der Erblasserin mit dieser einen erbitterten Erbstreit geführt habe, worauf die Erblasserin aus Verärgerung den Beklagten begünstigt habe. Neben den Lebensversicherungen schulde der Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von 3.000,00 € und habe auch einen Pkw bzw. Schmuck und mehrere Pelzmäntel herauszugeben.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
Nachdem der Beklagte Schmuck und Pelze an den Kläger herausgegeben, einen Teilbetrag von 1.238,30 € gezahlt hat und eine gütliche Vereinbarung in Bezug auf den N. der Erblasserin gefunden worden ist, hat der Kläger seine Klage teilweise für erledigt erklärt und zuletzt nur noch beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
an ihn den Kläger, 159.673,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 17. Juni 2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen und im Übrigen beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Klage im Hinblick auf die herausverlangten Lebensversicherungssummen mit der Behauptung entgegen getreten, diese Lebensversicherungen habe die Erblasserin ihm aus Dankbarkeit übertragen, weil beide – die Erblasserin und der Beklagte – einander sehr nahe gestanden hätten, nachdem die Erblasserin erfahren habe, dass er mangels finanzieller Mittel nicht für seine Altersversorgung habe Vorsorge treffen können.
Das Landgericht hat den Beklagten durch das angegriffene Urteil zur Zahlung der Lebensversicherungssummen in Höhe des geltend gemachten Betrages von 159.673,00 € verurteilt und diese Verurteilung auf § 2287 BGB gestützt. Der Anspruch beschränke sich nicht auf die Höhe der von der Erblasserin aufgewandten Prämienleistungen. Aufgrund der in § 2287 BGB enthaltenen Rechtsfolgenverweisung sei nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert des Erlangten zu ersetzen. Der Wert sei aber der Betrag, mit dem die Lebensversicherungen im Todesfall valutierten. Soweit die Parteien den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hätten, sei im Rahmen der Kostenentscheidung zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er teilweise obsiegt hätte.
Gegen dieses ihm am 17. Dezember 2007 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 14. Januar 2008 beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufung, die er am 10. März 2008 nach zwischenzeitlicher Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. März 2008 begründet hat. Der Beklagte verfolgt seinen Klageabweisungsantrag weiter. Soweit es um die ältere Lebensversicherung vom 19. Februar 1997 gehe, scheide ein Zahlungsanspruch des Klägers bereits deshalb aus, weil durch die Einräumung einer Bezugsberechtigung bereits zu diesem Zeitpunkt die Versicherungsleistung aus dem Nachlass genommen worden sei. Unabhängig davon schieden Ansprüche aus beiden Lebensversicherungen gemäß § 2287 BGB aus, weil die Benachteiligungsabsicht der Erblasserin nicht festgestellt werden könne und die sich hieraus ergebenden Folgen zu Unrecht dem Beklagten angelastet würden. Wenn dem Beschenkten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund der Sachnähe die Beweislast für die Motivation der Erblasserin bei der Schenkung auferlegt werde, so treffe dieses für den Beklagten gerade nicht zu, weil er an der Änderung der Bezugsberechtigung im April 2001 nicht beteiligt gewesen sei. Es verbleibe somit bei der grundsätzlichen Beweislast des Klägers für die Benachteiligungsabsicht. Im Übrigen träfen auch die Überlegungen des Landgerichts nicht zu, dass durch die Zuwendung der Lebensversicherungen erhebliche Vermögenswerte aus dem Nachlass abgeflossen seien. Schließlich sei auch nur der Prämienaufwand, nicht jedoch die gesamte Versicherungsleistung nach § 2287 BGB zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Das Landgericht habe den Beklagten auch zu Recht verurteilt, die gesamte Versicherungssumme und nicht lediglich die von der Erblasserin aufgewandten Prämienleistungen an den Kläger herauszugeben. Dies beruhe darauf, dass es sich bei § 2287 Abs. 1 BGB um eine Rechtsfolgenverweisung auf § 812 Abs. 1 BGB handele. Im Rahmen des Bereicherungsrechts sei aber anerkannt, dass die Versicherungssumme herauszugeben sei (Bezugnahme auf OLG Hamm NJW-RR 2005, 465). Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bezugnahme auf BGH NJW 2004, 214).
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg. Was den Anspruchsgrund (§ 2287 Abs. 1 BGB) anbelangt, ist das angegriffene Urteil nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat jedoch zu Unrecht (§ 513 Abs. 1 ZPO) einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der Versicherungssummen in Höhe eines Gesamtbetrages von 159.673,00 € bejaht. Tatsächlich kann der Kläger nur die von der Erblasserin aufgewandten Prämien erstattet verlangen, die sich auf einen Betrag in Höhe von 143.154,18 € belaufen, so dass die Berufung lediglich in Höhe des Differenzbetrages von 16.518,82 € (159.673,00 € – 143.154,18 €) begründet ist.
Berufungsstreitwert: 159.673,00 €
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.