Oberlandesgericht Köln, 2 U 80/03 zu § 2329 BGB, Pflichtteilsergänzung

Mai 28, 2018

Oberlandesgericht Köln, 2 U 80/03

 

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 25. April 2003 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 16 O 497/98 – teilweise geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefaßt :

 

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, wegen einer Forderung der Klägerin zu 1) in Höhe von EUR 23.995,14 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1998 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M., Blatt 00000, eingetragene Grundstück zu dulden.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner fer-ner verurteilt, wegen einer weiteren Forderung der Klägerin zu 2) in Höhe von EUR 23.995,14 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1998 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M., Blatt 00000, eingetragene Grundstück zu dulden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits haben die Beklagten zu 4/5 und die Klägerinnen zu je 1/10 zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung beider Klägerinnen wegen des Ausspruchs zur Hauptsache jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von je EUR 35.000,– abwenden, wenn nicht die jeweilige Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Im übrigen können beide Seiten die Zwangsvollstreckung der Gegenseite wegen der Kosten durch weitere Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des von der Gegenseite aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Anspruch auf Kosten-erstattung abwenden, wenn nicht der vollstreckende Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der von ihm zu vollstreckenden Kosten leistet.

 

 

G r ü n d e

 

(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen)

 

I.

 

Die Klägerinnen sind die Töchter und – zu je ½ Anteil – einzigen Erb-innen des am 17. Juni 1923 geborenen, und am 13. August 1997 verstorbenen Herrn L. G. N. (im folgenden: Erblasser). Sie sind die einzigen Abkömmlinge des im Zeitpunkt seines Todes verwitweten Erblassers. Sein Nachlaß wurde in einem für das Amtsgericht Bergheim erstellten Nachlaßverzeichnis vom 17. November 1997 (Kopie Bl. 16 f. d.A.) – die Angabe eines abweichenden Datums im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler – nach Abzug der Beerdigungskosten auf DM 2.416,02 beziffert. Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau, Frau B. N., hatten sich durch einen notariellen Erbvertrag vom 10. März 1958 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Durch einen weiteren, hiermit wegen seiner Einzelheiten in Bezug genommenen notariell beurkundeten Erbvertrag vom 4. Januar 1989 (Kopie Bl. 500 ff. d.A.) hatten der Erblasser und seine Ehefrau diese Regelung des Vertrages vom 10. März 1958 bestätigt und zugleich dahin ergänzt, daß der Längstlebende der Eheleute deren gemeinsame Kinder, die Klägerinnen, “zu je 1/2 Anteil” bestimme. Die Wörter “zu Erbinnen” finden sich in diesem Satz des § 2 des Vertrages vom 4. Januar 1989 nicht.

 

Der Erblasser war bis 1991 Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in O.-X., C. XX, gewesen. Dieses im Grundbuch von M., Blatt 00000, verzeichnete Objekt hatte er durch einen hiermit wegen seiner Einzelheiten in Bezug genommenen notariellen Vertrag vom 10. Juni 1991 – UR.-Nr. 1620/1991 der Notarin Dr. P.-H. in O. (Kopie Bl. 8 ff. d.A.) – auf die Beklagten übertragen. Als Gegenleistung für die Übertragung des in den Abteilungen II und III des Grundbuchs lastenfreien Objekts bewilligten die Beklagten dem Erblasser ein mit dem Eigentumswechsel im Grundbuch einzutragendes Wohnungsrecht an zwei Zimmern des Hauses. Ferner verpflichteten sich die Beklagten, den Erblasser ab sofort zu betreuen und zu verpflegen, soweit nicht aufgrund ärztlicher Anweisung ein Krankenhaus- oder Heimaufenthalt erforderlich werde, das Grab der Familie des Erblassers ab sofort und auch nach seinem Tode bis zum Ablauf der Ankaufszeit zu pflegen sowie an den Erblasser DM 30.000,– zu zahlen. Das Wohnungsrecht umfaßte die freie Gewährung von Heizung, Strom und Wasser sowie die Mitbenutzung von Bad und Toilette und den freien Umgang in Hof und Garten. Für den Fall, daß der Erblasser die Pflege und Betreuung durch die Beklagten nicht in Anspruch nehmen wolle, verpflichteten sie sich ersatzweise, an ihn DM 500,– pro Monat zu zahlen. Die Beklagten wurden am 12. September 1991 als neue Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie waren Nachbarn des Erblassers gewesen und pflegten ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm.

 

Durch eine weitere notarielle Urkunde vom 10. Juni 1991 – UR.-Nr. 1621/1991 der Notarin Dr. P.-H. (Kopie Bl. 498 f.) hatte der Erblasser die Beklagten zu seinen Alleinerben eingesetzt und erklärt, hieran durch frühere Verfügungen von Todes wegen nicht gehindert zu sein.

 

Die Beklagten zogen nach der Übertragung des Objekts in das Haus ein und wohnten dort zunächst mit dem Erblasser. 1992 erlitt er einen Unfall und kam sodann in ein Pflegeheim, wo er bis zu seinem Tod verblieb.

 

Die Klägerinnen haben die Beklagten mit der diesen am 31. Oktober 1998 zugestellten Klage auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch genommen. Sie haben die Auffassung vertreten, bei der Übertragung des Grundstücks habe es sich um eine gemischte Schenkung gehandelt. Die Klägerinnen haben behauptet, die Beklagten hätten den Erblasser nach dem Tod seiner Ehefrau zur Übertragung des Hauses überredet. Der Wert des Grundstücks habe im Zeitpunkt seiner Übertragung auf die Beklagten mindestens DM 350.000,– betragen. Die Gegenleistungen der Beklagten seien demgegenüber nur mit DM 30.000,– für die Zahlung, DM 46.680,– als Wert der Pflegeleistungen, DM 12.04,85 als Wert der Grabpflege und DM 24.086,88 als Wert des Wohnrechts, insgesamt daher mit DM 112.812,48. Ihnen, den Klägerinnen, stehe deshalb, so haben sie weiter ausgeführt, ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem Grundstückswert und der Gegenleistungen der Beklagten zu. Wegen und in Höhe dieses Anspruchs von DM 118.593,73 könnten sie deshalb die Duldung der Zwangsvollstreckung in das übertragene Grundstück verlangen.

 

Die Klägerinnen haben vor dem Landgericht beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, wegen einer Forderung in Höhe von DM 118.593,73 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1998 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M., Blatt 00000, eingetragene Grundstück zu ihren, der Klägerinnen, Gunsten zu dulden.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Sie haben behauptet, sie und der Erblasser seien sich darüber einig gewesen, daß es sich bei der Übertragung des Grundstücks nicht um eine unentgeltliche Zuwendung handeln solle. Sinn der Übertragung sei gewesen, daß sie zu dem Erblasser ziehen und ihn versorgen sollten. Bei dem Vertrag vom 10. Juni 1991 habe es sich mithin um einen Versorgungsvertrag gehandelt. Der Erblasser selbst habe dieses Geschäft angeregt. Er und sie seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, daß sie mit der Übereignung des Hausgrundstücks einen gerechten Ausgleich für die Leistungen erhalten würden, welche sie für den Erblasser erbringen sollten. Alles habe darauf hingedeutet, daß er noch 15 bis 20 Jahre leben werde. Er, der Erblasser, selbst sei von einem Wert des Hauses von DM 150.000,– ausgegangen. Diesen Wert habe nämlich der Zeuge F. dem Erblasser bei einer Begehung des Hauses genannt. Hiervon habe man den Wert des Wohnrechts und der weiteren Verpflichtungen, welche der Zeuge ebenfalls eingeschätzt habe, abgezogen. Der Erblasser habe dann zunächst einen Barbetrag von DM 50.000,– haben wollen. Man habe sich aber darauf geeinigt, daß der Vervielfältigungsfaktor von 7,78 zur Berechnung des Werts des Wohnungsrechts zu hoch sei, da der Erblasser sehr rüstig gewesen sei und eine hohe Lebenserwartung gehabt habe. Deshalb habe am den Barbetrag auf DM 30.000,– reduziert. Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, selbst wenn die Einschätzung des Werts durch die Vertragsparteien nicht zutreffend gewesen sein sollte, könne nicht von einer Schenkung gesprochen werden, da man bei Vertragsschluß darüber einig gewesen sei, daß sich Leistung und Gegenleistung die Waage halten würden.

Die Beklagten haben ferner behauptet, das Haus sei in hohem Maße schadhaft gewesen. Sie hätten unter anderem deshalb nach dessen Übertragung Um- und Einbauten erheblichen Umfangs vorgenommen, deren Wert an Material und Arbeitsleistung zusammen mehr als DM 200.000,– umfaßt habe. Erst deshalb habe das Haus zum Zeitpunkt der Verhandlung im ersten Rechtszug einen Wert von DM 280.000,– gehabt. Sein Inventar habe der Erblasser bei ihrem Einzug überwiegend weggegeben. Den Schmuck seiner Ehefrau habe er bereits nach deren Tod verschenkt. Das für das Amtsgericht Bergheim erstellte Nachlaßverzeichnis sei unrichtig.

Das Landgericht hat mit dem aus den schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Q. vom 24. Januar 2000 (Bl. 122 ff. d.A.) und vom 14. Mai 2001 (Bl. 286 ff. d.A.) sowie aus den Sitzungsniederschriften vom 7. Dezember 2001 (Bl. 386 ff. d.A.), 30. August 2002 (Bl. 417 ff. d.A.) und vom 28. März 2003 (Bl. 486 ff.) ersichtlichen Ergebnis durch Einholung jener Gutachten, die der Sachverständige in dem Termin vom 7. Dezember 2001 erläutert hat, und durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben.

Durch das mit der Berufung angefochtene, aufgrund der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz am 28. März 2003 ergangene und am 25. April 2003 verkündete Urteil (Bl. 454 ff. d.A.), auf das hiermit wegen seines Inhalts und – einschließlich seiner Verweisungen – wegen aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, hier könne nicht von einer gemischten Schenkung ausgegangen werden. Ob eine solche gemischte Schenkung vorliege, hänge von dem Wert der auszutauschenden Leistungen ab. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein auffallend grobes Mißverhältnis zwischen der Leistung des Erblassers und der Gegenleistung gegeben sei, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, daß der Erblasser den Beklagten jedenfalls subjektiv keine unentgeltliche, schenkweise Zuwendung habe machen wollen, so daß eine entsprechende Einigung nicht zustande gekommen sei. Zwar habe der zu dieser Frage vernommene Zeuge F. nicht bekunden können, ob der Wert der Leistungen des Erblassers und der Beklagten nach deren Absprache ausdrücklich hätten gleich sein sollen. Die Bekundung des Zeugen stütze aber den Vortrag der Beklagten, daß er, der Zeuge, seinerzeit zu Gesprächen über den Zeitwert des Hauses hinzugezogen worden sei; auch habe er bekunden können, daß in diesen Gesprächen zwischen dem Erblasser und den Beklagten nicht von Unentgeltlichkeit die Rede gewesen sei. Deshalb sei davon auszugehen, daß der Erblasser entsprechend dem Vortrag der Beklagten keine unentgeltliche Zuwendung gewollt habe. Denn anders wäre nicht zu erklären, weshalb einerseits über den Zeitwert gesprochen wurde, während andererseits nicht erwähnt wurde, daß ein Teil der Zuwendung hätte schenkweise erfolgen sollen.

Gegen dieses ihnen zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 6. Mai 2003 zugestellte Urteil wenden sich die Klägerinnen mit der am 14. Mai 2003 bei dem Oberlandesgericht eingelegten Berufung, die sie nach Verlängerung der Frist zur Vorlage der Berufungsbegründung bis zum 6. August 2003 durch einen am 31. Juli 2003 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz vom Vortage begründet haben.

Die Klägerinnen wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie machen geltend, das Landgericht habe die Voraussetzungen einer gemischten Schenkung nicht zutreffend erkannt. Das Landgericht habe das Ergebnis seiner umfangreichen Beweisaufnahme zum Wert der beiderseitigen Leistungen nicht berücksichtigt, sondern sich statt dessen allein auf eine indes völlig unergiebige Zeugenaussage, die Bekundung des Zeugen F., gestützt.

Aufgrund des erheblichen Mißverhältnisses zwischen der Leistung des Erblassers und der Gegenleistung der Beklagten stehe eine gemischte Schenkung zu vermuten. Dabei stützen sie sich teilweise auf die Angaben des Sachverständigen Q.. Hiernach betrage der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt seiner Umschreibung im Grundbuch auf die Beklagten DM 347.000,– – bzw. bei Berücksichtigung der von den Beklagten behaupteten, aber nicht nachgewiesenen Schäden DM 312.000,–. Im Zeitpunkt des Erbfalls habe er entsprechend DM 410.000,– bzw. 370.000,– betragen. Rechne man den Wert zum Zeitpunkt der Übertragung unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Zeitpunkt des Erbfalls hoch, so ergebe sich vom Ausgangswert von DM 347.000,– ein Wert von DM 402.364,– und vom Ausgangswert von 315.000,– ein Wert von DM 365.258,–. Nach dem Niederstwertprinzip sei jeweils der geringere Wert anzusetzen, hier also ohne Berücksichtigung der von den Beklagten behaupteten Schäden ein Wert von DM 370.000,–.

Die Gegenleistungen der Beklagten seien mit DM 30.000,– (Barzahlung) und weiteren DM 58.725,60 (Pflegeverpflichtung) zu bewerten, also mit rund DM 89.000,–. Das Wohnrecht sei nach dem Niederstwertprinzip nicht in Ansatz zu bringen, jedenfalls aber nur für den Zeitraum von etwa 10 Monaten, während derer der Erblasser noch nach der Übertragung des Hausgrundstücks gewohnt habe. Der Vergleich zwischen dem Wert der Leistung von DM 370.000,– und jenem der Gegenleistung von DM 89.000,– ergebe ein grobes Mißverhältnis, was die tatsächliche Vermutung begründe, daß sich die Vertragsparteien über die unentgeltliche Zuwendung der Wertdifferenz einig gewesen seien. Diese Vermutung sei nicht widerlegt. Insbesondere sei die Ausgabe des Zeugen F. unergiebig. Für den Willen des Erblassers, den Beklagten sein Vermögen teilweise unentgeltlich zuzuwenden, spreche zudem sein am Tage des Vertragsschlusses mit den Beklagten errichtetes Testament, mit dem er gegen die Bindung an den mit seiner Ehefrau geschlossenen Erbvertrag verstoßen habe.

Ausgehend von einem Grundstückswert zur Zeit des Erbfalls von DM 370.000,– und Gegenleistungen von DM 89.000,– berechne sich der unentgeltliche Teil mit DM 281.000,–. Dies ergebe für jede der beiden Klägerin eine Pflichtteilsergänzung von DM 70.250,–, zusammen also von DM 140.500,–, so daß das Klagebegehren selbst dann gerechtfertigt sei, wenn man den Grundstückswert deutlich niedrigen ansetzen würde.

Die Klägerinnen haben mit der Berufungsbegründung den Antrag angekündigt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, wegen einer Forderung der Klägerinnen in Höhe von EUR 60.636,01 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1998 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M., Bl. 00000, eingetragene Grundstück zu dulden.

Im Anschluß an den ihnen von dem Senat durch Beschluß vom 23. August 2004 (Bl. 531 d.A.) erteilten Hinweis, daß der Anspruch aus § 2329 BGB ein individueller Anspruch des jeweils einzelnen Pflichtteilsberechtigten auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen des ihm zustehenden Ergänzungsanspruchs sei, beantragen sie nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, wegen einer Forderung der Klägerin zu 1) in Höhe von EUR 30.318,01 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1998 die Zwangsvollstreckung in das (im) Grundbuch von M. Blatt 00000 eingetragene Grundstück zu dulden, und
  2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, wegen einer Forderung der Klägerin zu 2) in Höhe von EUR 30.318,01 nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1988 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M. Blatt 00000 eingetragene Grundstück zu dulden.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Bereits auf der Grundlage der vom Landgericht zutreffend gewürdigten Aussage des Zeugen F. ergebe sich, daß kein teilweise unentgeltliches Geschäft vorliege.

Zudem sei der Wert der von ihnen im Vertrag vom 10. Juni 1991 übernommenen Gegenleistungen teilweise weit höher anzusetzen als von den Klägerinnen und dem Sachverständigen Q. angenommen. Dabei stellen die Beklagten verschiedene Berechnungen nebeneinander an.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sei auch das Wohnungsrecht zu berücksichtigen. Da der Erblasser nicht verpflichtet gewesen wäre, auf die Pflege und Versorgung zu verzichten und statt dessen den im Vertrag ersatzweise in Ansatz gebrachten Betrag von DM 500,– monatlich zu fordern, könne die Pflegeverpflichtung nicht nur mit diesem Monatsbetrag in Ansatz gebracht werden. Vielmehr hätten sie, die Beklagten, den Erblasser gegebenenfalls auch im Falle der Bettlägerigkeit und hoher Pflegebedürftigkeit pflegen müssen; die Inanspruchnahme einer solchen Dienstleistung habe im Jahre 1991 monatlich mindestens DM 5.000,– zuzüglich Mehrwertsteuer gekostet (Beweis: Gutachten eines Sachverständigen). So daß sich bei einer Kapitalisierung unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung (Kapitalisierungsfaktor 8,3) ein Wert von DM 498.000,– ergebe. Schon beim Ansatz des Pflegesatzes der gesetzlichen Krankenkassen von DM 1.200,– pro Monat ergebe sich ein Jahresbetrag von DM 14.400,– und bei einem Kapitalisierungsfaktor von 8,3 ein Gesamtwert von DM 119.500,–. Überdies sei jedenfalls ein Zuschlag von 30 % bis 50 % gerechtfertigt, so daß sich – nach Maßgabe der hiermit in Bezug genommenen Berechnung auf Seite 8 der Berufungserwiderung (Bl. 517 d.A.) – ein Gesamtwert der Gegenleistung in Höhe von DM 233.256,– und damit kein auffälliges Mißverhältnis zu der Leistung des Erblassers ergebe.

Die Beklagten machen ferner in Auseinandersetzung mit den in der Sitzungsniederschrift vom 3. November 2004 (Bl. 548 f.) festgehaltenen vorläufigen Überlegungen des Senats geltend, nach der Statistik werde heute rund ein Viertel der über 70jährigen Personen pflegebedürftig. Für jeden Pflegefall sei von monatlichen Kosten von EUR 3.000,–, entsprechend DM 5.800,– auszugehen. Dies ergebe Pflegekosten in Jahr von DM 69.600,–; dem entspreche bei einem Kapitalisierungsfaktor von 8,3 ein Gesamtbetrag von DM 577.680,–. Wende man hierauf den statistischen Wert der Eintrittswahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit von 25 % an und berücksichtige weiter, daß eine Wahrscheinlichkeit von 50 : 50 dafür bestanden habe, daß der Erblasser sich in einem Heim pflegen lasse, so ergebe sich ein Betrag von mindestens DM 72.210,– für die Pflegeverpflichtung.

Zudem sei der Wert des Hausgrundstücks von dem Sachverständigen Q. zu hoch angesetzt. Die fehlende öffentlich-rechtliche Erschließung sei von diesem Sachverständigen unzureichend berücksichtigt worden. Die Beklagten stützen sich insoweit auf eine von ihnen in Kopie (Bl. 563 ff.) zu den Akten gereichte Ausarbeitung des Sachverständigenbüros Dr. T. + Partner.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze einschließlich der als Anlagen zu diesen Schriftsätzen überreichten Unterlagen Bezug genommen. Der Senat hat mit dem aus der gutachtlichen Stellungnahme des Sachverständigen Q. vom 17. Januar 2006 (Bl. 615 f. d.A.) ersichtlichen Ergebnis ergänzend Beweis erhoben.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist mit dem jetzt zur Entscheidung gestellten Berufungsantrag teilweise begründet. Auf das Berufungsverfahren sind nach § 26 Nr. 5 EGZPO die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmungen anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung im ersten Rechtszug am 28. März 2003 und damit nach dem in dieser Bestimmung bezeichneten Stichtag geschlossen worden ist.

Den Klägerinnen steht gegen die Beklagten gemäß § 2329 Abs. 1 BGB zur Pflichtteilsergänzung der in der Urteilsformel bezeichnete Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das ihnen, den Beklagten, von dem Erblasser übertragene Grundstück zu. Die Klägerinnen sind – als Abkömmlinge des Erblassers – dem Grunde nach berechtigt, diesen Anspruch geltend zu machen. Zwar haben sie aufgrund des zwischen ihren Eltern geschlossenen Erbvertrages vom 4. Januar 1989 den Erblasser, ihren Vater, unstreitig zu je ½-Anteil beerbt. Daß in der hierfür maßgeblichen Bestimmung des § 2 dieses Erbvertrages die Wörter “als Erben” fehlen, steht dem nicht entgegen; vielmehr ergibt sich aus dem übrigen Inhalt des Erbvertrages zweifelsfrei, daß die Klägerinnen zu je ½-Anteil zu Erbinnen des zuletzt Versterbenden der beiden Eheleute berufen wurden. Infolge der Bindungswirkung dieses Erbvertrages nach § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB, die es dem Erblasser unter Berücksichtigung ihrer Einschränkung in § 5 des Erbvertrages nur erlaubt hätte, den Nachlaß unter seinen Töchtern abweichend zu verteilen, nicht aber Dritte zu seinen Erben zu berufen, ist die von dem Erblasser in dem notariellen Testament vom 10. Juni 1991 verfügte Einsetzung der Beklagten zu seinen Erben unwirksam. Auch darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Trotz ihrer Stellung als Erbe können die Klägerinnen indes gegen die Beklagten als von dem Erblasser Beschenkte den Anspruch aus § 2329 Abs. 1 BGB geltend machen. Bei wertlosem oder zur Befriedigung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen nicht ausreichendem Nachlaß kann auch jeder der Miterben in entsprechender Anwendung von § 2329 Abs. 1 Satz 2 BGB direkt gegen den Beschenkten vorgehen (vgl. BGHZ 80, 205 ff.; Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl. 2009, § 2329, Rdn. 1). So liegt es hier.

Bei der Übertragung des Hausgrundstücks gemäß dem notariellen Vertrag vom 10. Juni 1991, der durch Umschreibung des Eigentums im Grundbuch auf die Beklagten am 12. September 1991 vollzogen worden ist, handelt es sich um eine gemischte Schenkung. Eine solche gemischte Schenkung, bei welcher der Wert der Leistung einer Seite dem der Gegenleistung nur zum Teil entspricht, ist zur Pflichtteilsergänzung nach den §§ 2325, 2329 BGB der den Wert der Gegenleistung des anderen Teils übersteigende, unentgeltliche Teil der Leistung des Erblassers heranzuziehen (vgl. nur Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2325, Rdn. 19).

Der Begriff der Schenkung in den §§ 2325, 2329 BGB entspricht zwar grundsätzlich dem der Schenkung in § 516 Abs. 1 BGB. Ergänzungsansprüche nach den §§ 2325, 2329 Abs. 1 BGB setzen mithin voraus, daß der Erblasser dem in Anspruch genommenen Dritten eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, also eine Zuwendung, die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig sind, daß sie unentgeltlich erfolgt (vgl. BGHZ 59, 132 [135]; BGHZ 157, 178 ff. unter II, 1). Der Einordnung als Schenkung im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB steht es dabei nicht entgegen, daß nur ein Teil der Leistung unentgeltlich erfolgt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr zur Bejahung einer gemischten Schenkung, daß sich die Vertragsparteien über die teilweise Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind (vgl. BGH NJW-RR 1996, 754 [755]). Der Wille der Beteiligten muß sich bei einer gemischten Schenkung darauf richten, daß der Mehrwert der Leistung unentgeltlich zugewandt werden soll (vgl. BGH NJW-RR 1993, 773 [774]).

Zwar kann ein entgeltlicher Vertrag selbst dann gegeben sein, wenn zwischen der Zuwendung und der Gegenleistung in objektiver Hinsicht ein grobes Mißverhältnis besteht (vgl. BGH FamRZ 1970, 195 [196]; OLG Brandenburg, OLG-Report 2008, 795). Der Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen des §§ 2325, 2329 Abs. 1 BGB und damit auch des Vorliegens einer – auch gemischten – Schenkung obliegt demjenigen, der den Anspruch nach diesen Bestimmungen geltend macht (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2325, Rdn.25). Dabei kann er sich indes auf eine in der Rechtsprechung anerkannte Beweiserleichterung berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist eine gemischte Schenkung dann zu vermuten, wenn zwischen der Leistung und der Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Mißverhältnis besteht (vgl. BGHZ 82, 274 [281 f.]; BGH NJW 1987, 890 [892]; BGH NJW 1995, 1349 [1350]; BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 – IV ZR 58/07 -, Rdn. 17, hier zitiert nach juris). Dabei obliegt es dem Tatrichter, die für diese Beurteilung maßgeblichen Werte notfalls auf der Grundlage von § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln und zu beziffern (vgl. BGH NJW 1995, 1349 [1350]; BGH NJW-RR 1996, 754 [755]; OLG Celle, OLG-Report 2008, 770 f.).

Ein derartiges Mißverhältnis ist hier gegeben. Dabei ist der Wert der Leistung des Erblassers – die Übertragung des Eigentums am Hausgrundstück – mit dem Wert des bebauten Grundstücks zum Zeitpunkt seiner Übertragung auf die Beklagten und damit auf der Grundlage der Ausführungen in dem eingehenden und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Q. vom 24. Januar 2000 mit DM 312.000,– anzusetzen. Da es sich bei dem Objekt um ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück handelt, hat der Sachverständige zutreffend in Anlehnung an die §§21 ff. WertV seiner Bewertung im Ergebnis nicht den Ertrags-, sondern den Sachwert des Hauses zugrunde gelegt.

Die gegen diese Bewertung von beiden Seiten erhobenen Einwendungen veranlassen keine abweichende Beurteilung. Darauf, welchen Wert das Hausgrundstück im Jahre 1997, zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers hatte, und wie sein Wert im Zeitpunkt der Übertragung auf die Beklagten unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Zeitpunkt des Erbfalls hochzurechnen ist, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine gemischte Schenkung oder ein vollständig entgeltliches Geschäft vorliegt, nicht an. Auch das Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB spielt für sie (noch) keine Rolle. Sie beantwortet sich vielmehr allein nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Übertragung des Grundstücks auf die Beklagten. Das Niederstwertprinzip ist vielmehr erst bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs heranzuziehen, der voraussetzt, daß ein im Zeitpunkt seiner Vornahme auch subjektiv teilweise unentgeltliches Geschäft vorliegt.

Da die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines teilweise unentgeltlichen Geschäfts die Klägerinnen als die Gläubiger des mit der Klage verfolgten Ergänzungsanspruchs tragen, kann der Bewertung nur der Zustand des Hauses im Jahre 1991 mit den Schäden zugrunde gelegt werden, wie sie von den Beklagten behauptet und dem Sachverständigen gegenüber angegeben worden sind. Unter Berücksichtigung dieser von den Beklagten unwiderlegt vorgetragenen Schäden hat der Sachverständige den Wert der baulichen Anlagen mit DM 124.950,– und hieran anknüpfend den Sachwert des Objekts im Jahre 1991 mit rund DM 315.000,– festgestellt.

Die dagegen seitens der Beklagten erhobenen, u.a. auf die Ausarbeitung des Sachverständigenbüros T. gestützten Einwendungen sind nicht berechtigt. Davon, daß der Sachverständige Q. in seinem Gutachten die – der Ermittlung des Bodenwerts zu Grunde gelegte – derzeit zulässige bauliche Nutzung des Grundstücks zutreffend beschrieben hat, geht auch jene Ausarbeitung aus. Die beiden in jener Ausarbeitung aufgestellten alternativen Berechnungen beruhen jeweils – darauf hat der Senat in seinem Beschluß vom 9. Februar 2005 hingewiesen – auf der Annahme eines “Minderwerts des Grundstücks aufgrund zukünftiger Herabstufung von Bauland in Gartenland”. Dies ist – auch darauf hat der Senat in jenem Beschluß hingewiesen – schon im Ansatz nicht nachvollziehbar. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen im Gutachten des Sachverständigen Q. vom 24. Januar 2000 lag das – teilweise vor 1952 bebaute – Grundstück im Jahre 1991 im Geltungsbereich eines genehmigten Bebauungsplans, nämlich des Plans Nr. 58475/02, welcher am 10. Januar 1973 Bestandskraft erlangte, dabei aber nur mit einem schmalen Keil innerhalb der Bebauungsgrenzen. Da das Grundstück zu diesem Zeitpunkt indes bereits bebaut war, genoß die Bebauung – wie der Sachverständige in seinem weiteren Gutachten vom 14. Mai 2001 erläutert hat – Bestandsschutz. Auf der Grundlage dieser zutreffenden Feststellungen hat der Sachverständige den von ihm angesetzten Bodenwert durch Preisvergleich mit Vergleichsgrundstücken ermittelt, welche in Lage und Erschließungszustand mit dem zu bewertenden Grundstück übereinstimmen. Dies ist nicht zu beanstanden. Auf dieser Grundlage hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend erläutert, daß und wie er für den Zeitpunkt der Übertragung im Jahre 1991 ausgehend vom Wert eines Vergleichsgrundstücks von 410,– DM/m² unter Berücksichtigung der Lage außerhalb der Baugrenzen einen Wert von 350,– DM/m² und hieran anknüpfend bei einer Grundstücksgröße von 549 m² einen Bodenwert des Grundstücks von rund DM 190.000,– ermittelt hat. Daß eine der beiden Parzellen, aus denen das Grundstück besteht, nämlich die Parzelle 12/4, nach einem von den Beklagten vorgelegten Bescheid nicht gesondert bebaut werden kann, hat der Sachverständige Q. ausweislich seiner weiteren Stellungnahme vom 17. Januar 2006 bei seinem Gutachten bereits berücksichtigt. Nachdem der in Rede stehende Bebauungsplan am 14. August 1995 aufgehoben wurde, richtete sich die Zulässigkeit eines Neubaus auf dem Grundstück jetzt ohnehin nach § 34 Abs. 1 BauGB. Nach den Feststellungen des Sachverständigen und den seinem Gutachten vom 24. Januar 2000 beigegebenen Lichtbildern fügt sich die derzeit vorhandene Bebauung des Grundstücks in die Umgebung ein und hält sich im Rahmen des Ortsüblichen. Für einen etwaigen Neubau – im Falle der Zerstörung des Objekts – würde somit nichts anderes gelten. Der Senat sieht deshalb keinen Anlaß zur Einholung eines weiteren Gutachtens zum Bodenwert des Grundstücks.

Auf den Aufwand, den die Beklagten nach ihrer Darstellung nach dem Erwerb des Objekts für die Instandsetzung und Modernisierung des Hauses aufgewandt haben, kommt es für die Feststellung seines Werts im Jahre 1991 nicht an. Wie der Sachverständige Q. in seinem Gutachten vom 14. Mai 2001 überzeugend erläutert hat, erhöhen Modernisierungsmaßnahmen den Wert eines Objekts nicht um den Betrag der für sie aufgewandten Kosten, und zwar bereits deshalb, weil im Zuge der Modernisierung regelmäßig Bauteile entfernt werden, die noch einen Wert haben. Der Sachverständige hat dies am Beispiel des Ersatzes vorhandener Fenster durch eine Isolierverglasung plausibel erläutert. Deshalb kommt auch eine Rückrechnung durch Abzug der von den Beklagten behaupteten Modernisierungskosten von dem danach festgestellten Wert nicht in Betracht. Vielmehr kann die Bewertung für das Jahr 1991 nur nach der unwiderlegten Darstellung seines Zustandes durch die Beklagten erfolgen, welche der Sachverständige bei seiner Abschätzung des Werts des Gebäudes zugrunde gelegt hat. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat der Sachverständige auch den gegen sein Gutachten vom 24. Januar 2000 erhobenen Einwand der Beklagten, das Haus sei teilweise bereits 1850 errichtet worden, weshalb im hier maßgeblichen Zeitpunkt kein wesentlicher Restwert mehr anzusetzen sei, in seinem weiteren Gutachten vom 14. Mai 2001 verworfen. Dabei hat der Sachverständige zum einen darauf verwiesen, daß es sich bei den etwa aus dem Jahre 1850 stammenden Bauteilen sicher nur um Mauerwerk mit nahezu unbegrenzter Lebensdauer handele, zum anderen darauf, daß das Gebäude im Jahre 1952 erweitert und aufgestockt wurde sowie ein neues ausbaufähiges Dach erhielt. Zudem bemißt sich – auch darauf hat der Sachverständige hingewiesen – die Wertminderung wegen des Alters eines Gebäudes nach § 23 WertV nach dem Verhältnis der Rest- zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlagen. Das von den Beklagten im ersten Rechtszug in Kopie zu den Akten gereichte Gutachten des Gutachterausschusses der Stadt O. vom 30. August 2001 (Kopie Bl. 360 ff. d.A.) verhält sich lediglich über den Bodenwert des Objekts zum Stichtag vom 13. August 1997 und besagt deshalb für dessen Wert im Jahre 1991 nichts. Die in der genannten Ausarbeitung des Büros Schwirley vorgenommene Rückrechnung aus dem vom Gutachterausschuß in Ansatz gebrachten Bodenwert im Jahre 1997 auf den Wert im Jahre 1991 ist nicht tragfähig. Die überzeugend auf den Vergleich mit dem Bodenwert anderer Grundstücke in vergleichbarer Lage gestützten Feststellungen werden hierdurch nicht entkräftet.

Von dem Wert des Hausgrundstücks abzusetzen ist indes der Wert des dem Erblasser eingeräumten Wohnungsrechts. Daß ein solches lebenslanges Wohnungsrecht bei der Berechnung zum Stichtag des Erbfalls außer Ansatz bleibt, weil es mit dem Erbfall erlischt, ist für die hier vorzunehmende Beurteilung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt der Schenkung unerheblich; bei der Bewertung zu diesem hier maßgeblichen Zeitpunkt ist vielmehr der Wert der Nutzung als Belastung abzuziehen. Nur den so ermittelten Restwert hat der Verfügende, hier also der Erblasser, im Zeitpunkt des Vollzugs des Geschäfts aus seinem Vermögen ausgegliedert (vgl. BGHZ 118, 49 [51]; BGHZ 125, 395 [397]; BGH NJW-RR 1996, 705 [707]).

Den Monatswert der Nutzung der beiden Räume durch den Erblasser veranschlagt der Senat im Anschluß an die überzeugenden Ausführungen in dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Q. vom 14. Mai 2001 mit DM 250,–. Den ortsüblichen Mietzins für diese Räume hat der Sachverständige mit DM 192,– beziffert. Dabei sind die freie Mitbenutzung von Bad und Toilette und der freie Umgang in Hof und Garten mit abgegolten, weil sich sonst ein deutlich geringerer Mietzins ergeben würde. Hinzuzurechnen sind die von den Beklagten zu übernehmenden Nebenkosten einschließlich der Kosten der Beheizung dieser Räume, so daß entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen ein Monatsbetrag von EUR 250,– anzusetzen ist. Zwar stand bei Vertragsabschluß der Zeitraum, für den dem Erblasser das lebenslängliche Wohnrecht zustehen werde, nicht fest. Vielmehr handelt es sich bei einem Rechtsgeschäft, durch das – wie hier – eine Seite Leistungen für die Lebenszeit der anderen verspricht, um ein Risikogeschäft mit der Folge, daß je nach dem Verlauf der Dinge die Leistung der einen Seite höher oder niedriger ausfallen kann. Dies ist den Vertragsparteien bei Vertragsabschluß indes bewußt. Deshalb ist bei der Bewertung eines derartigen Geschäfts auf die Verhältnisse bei Vertragsabschluß abzustellen und zur Bewertung der für die Lebenszeit des einen Teils zu gewährenden Leistungen eine Kapitalisierung mit dem Faktor aus der Anlage 9 zu § 14 des Bewertungsgesetzes vorzunehmen (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2002, 1448 f.; OLG Celle, OLG-Report 2008, 770 f.). Bei einer davon abweichenden Bewertung, es sei auch ein anderer Verlauf möglich, würde dem Erwerber, der bewußt eine Verpflichtung mit ungewisser Dauer übernommen hat, im Hinblick auf die Pflichtteilsergänzung das eingegangene Risiko abgenommen, was nicht gerechtfertigt ist, weil bei der Anwendung der §§ 2325, 2329 BGB schützenswerte Interessen Dritter berührt werden (vgl. BGH NJW 1995, 1349 [1350]; OLG Celle, OLG-Report 2008, 770 f.), nämlich das auch verfassungsrechtlich verbürgte Recht der Kinder auf Teilhabe am Nachlaß ihrer Eltern (vgl. BVerfGE 112, 332 ff.). Andererseits ist wegen des Risikocharakters des Geschäfts hier nicht auf die tatsächlich geringere Dauer der Nutzung des Wohnungsrechts durch den Erblasser abzustellen, der nach seinem Unfall im Jahre 1992 bis zu seinem Tode in einem Pflegeheim lebte.

Der Erblasser ist am 17. Juni 1923 geboren, war bei der Vollziehung des Vertrages vom 10. Juni 1991 durch Umschreibung im Grundbuch am 12. September 1991 und damit bei der Begründung des Wohnungsrechts mithin 68 Jahre alt. Nach der damals, nämlich in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 26. Juni 1993 gültigen Tabelle der Anlage 9 zu § 14 BewG in der Fassung des Bewertungsgesetzes vom 1. Februar 1991 beträgt der Kapitalisierungsfaktor für einen Mann dieses Alters 7,502. Bei einem Jahreswert des Wohnrechts von (12 x DM 250,– =) DM 3.000,– ergibt sich hieraus ein Kapitalwert von (7,502 x DM 3.000,– =) DM 22.506,–, so daß sich der Wert des übertragenen Grundstücks abzüglich der dem Erblasser verbliebenen Nutzung mit (DM 315.000,– – DM 22.506,– =) DM 292.494,– berechnet.

Diesem Betrag stehen die von den Beklagten in dem Vertrag von 10. Juni 1991 weiter zugesagten Gegenleistungen gegenüber. Hierbei ist zum einen die Barzahlung von DM 30.000,– zu berücksichtigen, über deren Höhe kein Streit besteht.

Hinzu kommt der Wert der von den Beklagten übernommenen Verpflichtung zur Versorgung und Pflege des Erblassers. Ihn veranschlagt der Senat nach § 287 Abs. 2 ZPO mit DM 1.000,– pro Monat. Dabei sind für die Verpflegung des Erblassers DM 400,– pro Monat und für die Verpflichtung der Beklagten zu seiner Pflege weitere DM 600,– anzusetzen. Für diese Bewertung sind folgende Umstände maßgebend :

Im Ansatz fehl geht die Berechnung der Beklagten, die daran anknüpft, daß für eine Vollzeitpflege eines schwerst Pflegebedürftigen ein Betrag von DM 5.800,– angemessen sei. Denn der Erblasser war im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vom 10. Juni 1991 weder schwerst, noch – mangels gegenteiligen Vorbringens – überhaupt pflegebedürftig, so daß der von den Beklagten zur Grundlage ihrer Berechnung gemachte Fall zunächst nicht vorlag und auch zu einem späteren Zeitpunkt eintreffen konnte. Auch die von der Beklagten genannte Prozentsatz, daß 25 % der über 70-jährigen pflegebedürftig seien, der sich offenbar auf einen von den Beklagten vorgelegten Ausdruck von zwei Seiten eines Internet-Portals der Privaten Krankenversicherer (Bl. 570 f. d.A.) stützt, wo nach dem Stand von “heute” (20.11.2004) 8,5 Millionen über 70-jährigen 2,1 Mio Pflegebedürftige gegenüber gestellt werden, berücksichtigt nicht, daß nur ein kleiner Teil der Pflegebedürftigen in dem von den Beklagten genannten Ausmaß, also schwerst pflegebedürftig ist. Überdies lassen die Beklagten außer Betracht, daß gerade für diesen Fall eine Pflege durch sie nicht zu erwarten stand, weil im notariellen Vertrag vom 10. Juni 1991 gerade der Fall, daß aufgrund ärztlicher Anordnung ein Krankenhaus- oder Heimaufenthalt erforderlich wurde, von der Pflegeverpflichtung ausgenommen war. Von einer solchen Anordnung wäre indes im Fall schwerster Pflegebedürftigkeit, welche entsprechend den Darlegungen der Beklagten eine Pflege “rund um die Uhr” erforderlich machte, auszugehen.

Vielmehr ist hier zu berücksichtigen, daß es sich bei der Übernahme der Pflegeverpflichtung gleichfalls um ein Risikogeschäft in dem vorstehend beschriebenen Sinne handelt, wobei hier im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht nur der Zeitraum bis zum Ende einer etwaigen Pflegeverpflichtung, sondern zugleich ungewiß war, ob und gegebenenfalls wann sie überhaupt einsetzen würde. Gewiß war insoweit lediglich, daß zunächst – bis zum Tode des Erblassers oder bis zu seiner Übersiedlung in ein Heim oder seiner Einweisung in ein Krankenhaus – die Beklagten verpflichtet waren, den Erblasser zu verpflegen und zu betreuen, ihm also behilflich zu sein.

Für die Verpflichtung der Beklagten zur Verpflegung und Betreuung des mit ihnen in einem Haus zusammen wohnenden Erblassers setzt der Senat DM 400,– pro Monat an. Dem ist der Wert der Pflegeverpflchtung hinzuzurechnen. Ausgehend von dem von den Beklagten selbst genannten Wert des Versorgungssatzes der Krankenkassen von DM 1.200,– und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Notwendigkeit einer Pflege durch die Beklagten nicht gewiß, sondern ungewiß war, hält der Senat hier einen Ansatz von DM 600,– für die potentielle Pflegeverpflichtung für angemessen. Dem steht nicht entgegen, daß die Vertragsparteien den Betrag der Zahlung, welche die Beklagten ersatzweise für den Fall entrichten sollten, daß der Erblasser die Verpflegung und Pflege durch sie nicht in Anspruch nehmen wolle, lediglich auf DM 500,– pro Monat festgelegt haben. Zwar ist das Vorbringen der Beklagten, hierfür sei maßgeblich gewesen, daß sie eine höhere monatliche Zahlung nicht hätten aufbringen können, nicht ohne weiteres mit ihrem weiteren Vorbringen zu vereinbaren, für den Ausbau und die Modernisierung – ohne Berücksichtigung ihrer Eigenleistungen – jedenfalls rund DM 140.000,– aufgewandt zu haben. Indes ist nicht auszuschließen, daß die Vertragsparteien das Risiko einer Pflegebedürftigkeit des Erblassers für eher gering eingeschätzt haben. Diese subjektive Sicht mindert hier, bei der Feststellung eines objektiven Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung, indes den zu berücksichtigenden Wert der Gegenleistung nicht.

Hiernach errechnet sich ein Jahresbetrag der in Rede stehenden Verpflichtungen von ([DM 600,– + DM 400,–] x 12 =) DM 12.000,– und entsprechend auf der Grundlage des genannten Kapitalisierungsfaktors von 7,502 ein Gesamtwert dieser Verpflichtungen von (DM 12.000,– x 7,502 =) DM 90.024,–.

Schließlich ist die von den Beklagten übernommene Verpflichtung zur Grabpflege zu berücksichtigen. Den Wert dieser Grabpflege hat der Sachverständige mit DM 50,– pro Monat bewertet. Dem schließt sich der Senat an (§ 287 Abs. 2 ZPO), zumal eine bestimmte, aufwendige Ausschmückung des Grabes nicht vereinbart worden ist. Auf dieser Grundlage ergibt sich ein Jahresbetrag von DM 600,– bei einer Dauer der – nicht mit dem Tode des Erblassers endenden – Verpflichtung zur Grabpflege von 20 Jahren abgezinst ein Gesamtbetrag von DM 9.000,–. Daß die Beklagten einen doppelt so hohen Betrag, nämlich DM 18.000,– in Ansatz bringen, beruht darauf, daß sie der Berechnung statt des auf Seite 43 des Gutachtens des Sachverständigen Q. vom 24. Januar 2000 (Bl. 164 d.A.) genannten Monatsbetrages von DM 50,– den auf Seite 41 desselben Gutachtens (Bl. 162 d.A.) infolge eines Schreibfehlers genannten Betrag von DM 100,– pro Monat zugrunde legen. Diesen Schreibfehler hat der Sachverständige Q. indes auf Seite 18 seines Gutachtens vom 14. Mai 2001 (Bl. 303 d.A.) korrigiert.

Insgesamt beträgt der Wert der Gegenleistungen der Beklagten daher (DM 30.000,– + DM 90.024,– + DM 9.000,– =) DM 129.024,–. Der Wert der Leistung des Erblassers von DM 292.494,– beträgt somit rund 226,7 % des Wertes der Gegenleistung der Beklagten und übersteigt diese Gegenleistung daher in einem solchen Ausmaß, daß hierdurch die Vermutung der Einigung der Vertragsparteien über den teilweise unentgeltlichen Charakter des Geschäfts begründet wird.

Diese zu Gunsten der Klägerinnen streitende tatsächliche Vermutung wird entgegen der Auffassung des Landgerichts durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im übrigen nicht entkräftet. Die vom Landgericht vernommenen Zeugen U., I., R. und J. sind ausschließlich zu anderen Fragen als der hier in Rede stehenden vernommen worden. Auch die Bekundungen der Zeugen S. V. und K. zu dieser Frage sind unergiebig. Der Zeuge S. V. hat hierzu angegeben, er wisse weder, welche Beweggründe den Erblasser seinerzeit bewogen hätten, noch, welche Preisvorstellungen der Erblasser gehabt und was die Beklagten geboten hätten. Ihm, dem Zeugen V. , sei auch nicht bekannt, ob der Erblasser den Beklagten etwas unentgeltlich zuwenden wolle. Der Zeuge K. hat angegeben, mit dem Erblasser zu keiner Zeit über dessen Vorstellungen im Zusammenhang mit der Übertragung des Hauses auf die Beklagten gesprochen zu haben. Über die Einzelheiten betreffend die Übertragung des Hauses sei er, der Zeuge, nicht informiert. Auf die Aussagen dieser Zeugen hat sich das Landgericht auch nicht gestützt.

Es hat seiner Entscheidung insoweit allein die Bekundung des Zeugen F. zugrunde gelegt. Dieser hat zum einen bekundet, der Erblasser habe in seiner, des Zeugen, Gegenwart zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, den Beklagten etwas schenken zu wollen. Dazu, ob seinerzeit Leistung und Gegenleistung gleichwertig sein sollten, könne er, der Zeuge, nichts sagen. Das wisse er nicht. Konkret könne er, der Zeuge, auch nicht mehr sagen, was er in diesem Zusammenhang habe tun sollen, habe aber ein Gespräch über den Zeitwert des Objekts geführt.

Den hieraus von dem Landgericht gezogenen Schluß darauf, daß sich die Vertragsparteien trotz des – vom Landgericht nicht festgestellten, aber für möglich erachteten – Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung über die Entgeltlichkeit des Geschäfts einig gewesen seien, so daß die zu Gunsten der Klägerin streitende tatsächliche Vermutung – nach dem Argumentationansatz des Landgerichts : jedenfalls – entkräftet sei, vermag der Senat nicht zu teilen. Das Landgericht gründet diesen Schluß allein darauf, daß es dem Erblasser – wie das Gespräch mit dem Zeugen über den Zeitwert zeige – darauf angekommen sei, den Zeitwert des Objekts zu kennen und daß er keine unentgeltliche Zuwendung gewollt habe. Anders wäre es – so das Landgericht – nicht erklärlich, daß der Zeitwert Gegenstand der Gespräche war, aber nicht erwähnt wurde, daß ein Teil der Zuwendung unentgeltlich erfolgen sollte.

Dieser Schluß geht fehl. Daß mit dem Zeugen F. der Zeitwert des Objekts besprochen wurde, läßt zwar darauf schließen, daß der Erblasser diesen Wert vor Abschluß des Geschäfts kennen wollte. Zu der Frage, ob er teilweise unentgeltlich verfügen wollte, ergibt sich daraus indes nichts. Auch wer ein Geschenk macht, kann daran interessiert sein, den Wert des Geschenks zu kennen. Bei einer gemischten Schenkung, wie sie nach den objektiven Wertverhältnissen zu vermuten steht, ist zudem nicht auszuschließen, daß der Verfügende das Verhältnis von unentgeltlichem und entgeltlichem Teil des Geschäfts bestimmen und hierfür den Wert seiner Leistung kennen will. Daß der Erblasser – wovon nach der Bekundung des Zeugen F. auszugehen ist – in dessen Gegenwart zu keinem Zeitpunkt von auch nur teilweise unentgeltlichen Übertragung gesprochen hat, veranlaßt keine abweichende Beurteilung. Denn es liegt nicht fern, daß er damals keinen Anlaß sah, seine Motive und Beweggründe einem Außenstehenden zu offenbaren und mit diesem zu erörtern. Hiermit steht in Einklang, daß nach der Aussage des Zeugen K., des Stiefsohns des Erblassers, mit diesem seinerzeit “nicht zu reden” war und sich der Erblasser vielmehr nach dem Tod seiner Ehefrau, der Mutter der Klägerinnen und des Zeugen, “abgekapselt” hatte.

Hinzu kommt, daß die für die Klägerinnen streitende Vermutung durch das weitere Verhalten des Erblassers gestützt und bekräftigt wird. Am selben Tage, an dem er mit den Beklagten den Übertragungsvertrag geschlossen hat, hat er ein notarielles Testament errichtet, in dem er – abweichend von dem zuvor geschlossenen Erbvertrag und ohne die durch diesen begründete Bindung zu erwähnen – die Beklagten zu seinen Erben eingesetzt hat. Dies stellt ein starkes Indiz für seinen Willen dar, die Beklagten zu begünstigen. Vor diesem Hintergrund kam auch der Höhe der Gegenleistung der Beklagten kein ausschlaggebendes Gewicht zu, nachdem er bis zu seinem Tode in ihrem Haus leben wollte und sie ihn anschließend ohnehin beerben sollten. Es ist daher von dem Willen des Erblassers, den Beklagten das Hausgrundstück teilweise unentgeltlich zuzuwenden, und einer entsprechenden Einigung der Vertragsparteien auszugehen.

Eine erneute Vernehmung des Zeugen F. ist nicht geboten. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von der Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit noch von der Beurteilung des Inhalts seiner Aussage durch das Landgericht ab. Der Senat teilt den Standpunkt des Landgerichts, daß der Zeuge glaubwürdig und seine Aussage – auch und gerade, weil der Zeuge offen bekundet hat, was er wußte und was nicht – glaubhaft ist. Der Senat legt seiner Beurteilung auch uneingeschränkt die Feststellungen des Landgerichts über den Inhalt und Verlauf der zwischen dem Zeugen und den Vertragsparteien geführten Gespräche zu Grunde. Nur den von dem Landgericht aus diesem festgestellten Sachverhalt gezogenen Schluß auf den inneren Willen vermag der Senat – auch unter Berücksichtigung des Testaments des Erblassers vom 10. Juni 1991 – nicht zu teilen. Eine erneute Vernehmung des Zeugen ist deshalb nicht geboten.

Für die Berechnung des hiernach dem Grunde nach gegebenen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerinnen gilt folgendes :

Unstreitig hätten die Klägerinnen den Erblasser als dessen einzige Abkömmlinge (auch) bei gesetzlicher Erbfolge zu je ½ beerbt. Die Pflichtteilsquote beträgt daher jeweils ¼.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist in der Weise zu berechnen, daß der Wert des Geschenks dem Nachlaß hinzugerechnet, hiervon der Pflichtteil berechnet und von diesem das abgezogen wird, was der Berechtigte bereits – hier als Erbe – aus dem Nachlaß erlangt hat, § 2325 Abs. 1 BGB. Dabei ist hier das Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenso zu berücksichtigen wie der zwischen der – hier teilweise – unentgeltlichen Verfügung des Erblassers und dem Erbfall eingetretene Kaufkraftschwund. Hierzu ist zunächst der Wert des Geschenks im Zeitpunkt seiner Vollziehung zu ermitteln und nach den Grundsätzen über die Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Tag des Erbfalls umzurechnen; ihm ist der Wert des Geschenks im Zeitpunkt des Erbfalls gegenüber zu stellen; der niedrigere von beiden Beträgen ist dann maßgeblich und zur Berechnung des Ergänzungsanspruchs dem Nachlaßwert hinzuzurechnen (vgl. BGHZ 118, 149 ff.; Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2325, Rdn. 18).

Der Wert des unentgeltlichen Teils der Zuwendung im Jahre 1991 betrug nach dem Gesagten (DM 292.494,– – DM 129.024,– =) DM 163.470,–. Unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf das Jahr 1997 ergibt sich hieraus ein anzusetzender Betrag von (DM 163.470,– : 83,6 x 97,1 =) DM 189.867,67. Dieser Betrag liegt niedriger als der zum Vergleich heranzuziehende Wert des unentgeltlich Zugewandten am Stichtag des Erbfalls am 13. August 1997 von (DM 370.000,– – DM 30.000,– – DM 9.000,– – DM 90.024,– =) DM 240.976,–. Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis, wenn man die von den Beklagten übernommenen Gegenleistungen von zusammen (DM 30.000,– + DM 9.000,– + DM 90.024,– =) DM 129.024,– mit Rücksicht darauf, daß es sich nicht um eine vollständig unentgeltliche Leistung, sondern um eine gemischte Schenkung handelt, zur Herstellung der Vergleichbarkeit ebenfalls unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf das Jahr 1997 hochrechnet. Dann sind von dem Betrag von DM 370.000,– statt des Nennbetrages der Gegenleistung (DM 129.024,– : 83,6 x 97,1 =) DM 149.859,22 abzusetzen, so daß der Wert des Geschenks zum Stichtag des Erbfalls (DM 370.000,– – DM 149.859,22 =) DM 220.140,78 beträgt. Auch in diesem Fall ist der hochgerechnete Wert des unentgeltlich zugewandten zum Stichtag der Übertragung niedriger, so daß im Ergebnis nur dieser Wert von DM 189.867,67 maßgebend ist. Der Wert des für den Erblasser bestellten Wohnungsrechts ist bei der Bewertung nach dem Stichtag zum Erbfall, anders als bei der zum Stichtag der Übertragung des Hausgrundstücks, nicht abzusetzen, weil es mit dem Erbfall erloschen ist (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; BGHZ 125, 395 [397, 399]; BGH NJW-RR 2006, 877 ff.).

Hieraus ergibt sich folgende Berechnung: Rechnet man den Betrag von DM 189.867,67 dem in dem Nachlaßverzeichnis bezeichneten Nachlaßwert von DM 2.146,02 hinzu, so ergibt sich ein Gesamtbetrag von (DM 189.867,67 + DM 2.146,02 =) DM 192.013,69. Jeder der beiden Klägerinnen steht daher ein Ergänzungsanspruch in Höhe von ¼ dieses Betrages, also von DM 48.003,42 abzüglich ihres Anteils am Nachlaß von (DM 2.146,02 : 2 =) DM 1.073,01, also ein Ergänzungsanspruch in Höhe von jeweils (DM 48.003,42 – DM 1.073,01 =) DM 46.930,41, entsprechend EUR 23.995,14, zu, wegen dessen sie nach § 2329 Abs. 1 BGB jeweils die Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Grundbesitz verlangen können. Die demgegenüber von den Beklagten mit der Klageerwiderung im ersten Rechtszug vertretene Auffassung, es könne nur auf Zahlung geklagt werden, berücksichtigt die Regelung des § 2329 Abs. 1 BGB nicht zutreffend. Nach ihr kann Herausgabe des Geschenks verlangt werden; dieser Anspruch richtet sich auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Gegenstand.

Dafür, daß weitere Nachlaßgegenstände vorhanden waren, deren Wert in die Berechnung einzustellen wäre, ist nichts konkret dargetan oder sonst ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 23. November 1998 nichts für einen höheren als den von den Klägerinnen genannten Nachlaßwert.

Daß der Erblasser im Zusammenhang mit dem Einzug der Beklagten in das Haus einen wesentlichen Teil seines Inventars entsorgt haben soll, ist für die Beurteilung des Ergänzungsanspruchs unerheblich. Daß er dem Vorbringen der Beklagten zufolge nach dem Tod seiner Ehefrau deren Schmuck an Dritte verschenkt haben soll, mag zwar einen weitergehenden Anspruch auf Pflichtteilsergänzung begründen. Die für einen solchen Anspruch darlegungspflichtigen Klägerinnen haben hierzu jedoch nichts konkret vorgetragen. Der Anspruch gegen die Beklagten mindert sich insoweit nicht, weil der Schmuck der Ehefrau des Erblassers nach dem Vorbringen der Beklagten in der Zeit nach dem Tode seiner Ehefrau und damit vor dem Abschluß des hier in Rede stehenden Vertrages verschenkt worden ist. Somit haften die Beklagten als die später Beschenkten nach § 2329 Abs. 3 BGB vor den etwaigen Empfängern des Schmucks. An die Klägerinnen ist der Schmuck nach dem Vorbringen der Beklagten nicht übergeben worden.

Zinsen können die Klägerinnen ab Rechtshängigkeit beanspruchen.

Die weitergehende Klage ist aus den vorstehend genannten Gründen nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 BGB. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit der Übergangsregelung des § 26 Nr. 5 und 7 EGZPO sind im Streitfall nicht erfüllt. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Im übrigen beruht die Beurteilung des Streitfalls nur auf einer Würdigung seiner konkreten tatsächlichen Umstände in Verbindung mit einer tatrichterlichen Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO.

Berufungsstreitwert : EUR 60.636,01

 

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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