OGH, Entsch. v. 21.12.2017 – 5 Ob 186/17
Europäisches Nachlasszeugnis
Ob der Liegenschaft EZ […] ist das Alleineigentum für M. B., geboren am […], mit der deutschen Adresse […], einverleibt.
Der Antragsteller beantragte die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob dieser Liegenschaft sowie die Löschung einer Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens. Er legte einen Erbschein des AG Traunstein vom 16.08.2016 in beglaubigter Abschrift vor, wonach M. B. […] vom Antragsteller allein beerbt worden sei, dazu eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts und eine Einheits-, Bodenwert und Grundstückswertberechnung.
Das Erstgericht wies – durch einen Diplomrechtspfleger – das Grundbuchsgesuch ab. Über die notwendige Form der die Eintragungsgrundlagen bildenden Urkunden entscheide das Registerrecht, also das Recht am Registerort. Gehe aus der Urkunde nicht hervor, welche Liegenschaft im Erbweg übergegangen sei, finde das Begehren auf Einverleibung in der Urkunde keine Deckung (§ 433 ABGB), eine solche Urkunde sei zur Gesuchsbewilligung nicht geeignet.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.
Aus Abs. 18 der Vorbemerkungen der Verordnung (EU) Nr 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.07.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses (in der Folge: EuErbVO) ergebe sich, dass das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register (für unbewegliches Vermögen das Recht der gelegenen Sache) geführt wird, bestimmen solle, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen und wie die Eintragung vorzunehmen ist und ob die vorgelegten oder erstellten Unterlagen vollständig sind bzw. die erforderlichen Angaben enthalten. Aus der österreichischen Rechtsordnung, namentlich aus § 178 Abs. 2 Ziff. 2 AußStrG ergebe sich die Verpflichtung, jeden Grundbuchskörper, auf dem aufgrund der Einantwortung die Grundbuchsordnung herzustellen sein werde, in den Beschluss über die Einantwortung aufzunehmen. Diese Bestimmung sei zwingend. Der vorgelegte deutsche Erbschein, der keine Liegenschaft nenne, sei daher keine taugliche Urkunde für eine Eigentumseinverleibung. Die Auffassung, nach der deutschen Rechtsordnung sei die Aufnahme einer Liegenschaft in ein europäisches Nachlasszeugnis oder eine Erbenbescheinigung nicht statthaft, sei aufgrund einzelner vorgelegter deutscher Nachlasszeugnisse in anderen Fällen zu relativieren.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass im Fall der Verweigerung der Ausstellung eines Nachlasszeugnisses samt Angabe der Liegenschaft durch das zuständige AG eine den Zielen der EuErbVO zuwider laufende Situation eintreten könnte und überdies höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine Einverleibung mit Rücksicht auf § 33 Abs. 1 GBG auch bloß aufgrund eines in Deutschland ausgestellten Erbscheins, der keine Bezeichnung der in Österreich gelegenen Liegenschaften enthalte, erfolgen könne.
Der Antragsteller beantragte in seinem Revisionsrekurs, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Bewilligung des Grundbuchsgesuchs abzuändern. Der deutsche Erbschein sei eine öffentliche Urkunde der nach der EuErbVO zur Ausstellung zuständigen Behörde und in § 33 Abs. 1 Buchst. d) GBG ausdrücklich als taugliche und zulässige Eintragungsgrundlage genannt. Der deutsche Erbschein bescheinige vergleichbar dem österreichischen Einantwortungsbeschluss die Erbenstellung und die Erbquote der darin Genannten nach der Verstorbenen. Die Aufnahme von Vermögenswerten in den deutschen Erbschein sei nach deutschem Recht nicht vorgesehen. In Deutschland habe das OLG Nürnberg bereits ausgesprochen, dass die Aufnahme einer Liegenschaft selbst in ein europäisches Nachlasszeugnis unzulässig sei, weil das deutsche Erbrecht die Angabe eines vollständigen Nachlassinventars oder auch nur die konkrete Bezeichnung einzelner in den Nachlass fallender Vermögensbestandteile ausschließe. § 433 ABGB sei nur auf den Erwerb einer Liegenschaft durch Vertrag anzuwenden und §§ 32 Abs. 1 Buchst. a) und 33 Abs. 1 Buchst. a) GBG forderten die genaue Angabe der Liegenschaft nur bei privaten und/oder öffentlichen Urkunden, die über Rechtsgeschäfte aufgenommen und errichtet worden seien, während die Verpflichtung der Aufnahme der Liegenschaft in andere öffentliche Urkunden in § 33 Abs. 1 Buchst. d) GBG nicht vorgesehen sei. § 178 Abs. 2 Ziff. 2 AußStrG sei eine rein innerösterreichische Norm, die das inländische Verlassenschaftsverfahren betreffe. Das Bestehen österreichischer Grundbuchsgerichte auf Aufnahme der österreichischen Liegenschaft in den deutschen Erbschein und/oder das europäische Nachlasszeugnis, die nach deutscher Rechtslage nicht möglich sei, bewirke, dass die ausländische Erbenbescheinigung und das europäische Nachlasszeugnis für Registereintragungen vollständig obsolet wären, was der EuErbVO und § 33 Abs. 1 Buchst. d) GBG widerspreche.
1.1. Gem. § 94 Abs. 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn
1.2. Gem. § 32 Abs. 1 GBG müssen Privaturkunden, aufgrund derer eine Einverleibung stattfinden soll, außer den Erfordernissen nach §§ 26, 27 GBG (u.a.) die genaue Angabe der Liegenschaft oder des Rechts, in Betreff deren die Einverleibung erfolgen soll enthalten (§ 32 Abs. 1 Buchst. a) GBG). Gem. § 33 Abs. 1 GBG sind öffentliche Urkunden, aufgrund deren Einverleibungen stattfinden können:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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