OLG Braunschweig, Beschluss vom 18.12.2020 – 3 W 28/20

März 17, 2021

OLG Braunschweig, Beschluss vom 18.12.2020 – 3 W 28/20

1. Ein Feststellungsbeschluss im Sinne des § 1964 BGB ist gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich zu begründen; dabei können die in § 352 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG genannten Angaben als Anhaltspunkte dafür dienen, welche Informationen der Beschluss sinnvollerweise ent-halten sollte.

2. Jedenfalls im Falle eines werthaltigen Nachlasses haben einem Feststel-lungsbeschluss im Sinne des § 1964 BGB sowohl Ermittlungen nach möglichen Erben als auch eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte gemäß § 1965 BGB vorauszugehen.

3. Von einer öffentlichen Aufforderung kann gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 2 BGB nur ganz ausnahmsweise abgesehen werden, etwa dann, wenn der Nachlass überschuldet ist oder die Masse die Kosten der öffentlichen Aufforderung nicht deckt. Befinden sich im Nachlass materiell wertlose Gegenstände von hohem ideellem Wert, können die Kosten der öffentli-chen Aufforderung auch dann noch verhältnismäßig sein, wenn sie den materiellen Nachlass vollständig aufbrauchen.

4. Der Fiskus kann in einem Erbscheinsantrag grundsätzlich auf den in der-selben Sache ergangenen Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB Bezug nehmen. Die Bezugnahme allein reicht aber nicht aus, da im Erb-scheinsantrag des Fiskus regelmäßig Angaben erforderlich sind, die über den Inhalt eines Feststellungsbeschlusses hinausgehen; auch die Betei-ligung Dritter kann das Formulieren eines vollständigen Erbscheinsan-trags erforderlich machen (Anschluss an OLG Celle, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 6 W 111/13 – n.v.).
Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 21. März 2019 – 7 VI 229/19 – wird aufgehoben. Die Sache wird zur Durchführung von Erbenermittlungen – insbesondere einer öffentlichen Aufforderung gemäß § 1965 BGB – an das Nachlassgericht zurückverwiesen.

2. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 10. Mai 2019 – 7 VI 152/19 – wird zurückgewiesen.

3. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 18. Juni 2019 – 7 VI 291/19 – wird zurückgewiesen.

4. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 18. März 2020 – 7 VI 281/19 – wird zurückgewiesen.

Es wird darauf hingewiesen, dass der Hilfsantrag vom 2. April 2019 und 5. März 2020, den Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 19. Dezember 2018 – 7 VI 954/18 – aufzuheben und die Erbenermittlung fortzusetzen, vom Nachlassgericht noch nicht beschieden worden ist.

5. Die Entscheidungen ergehen gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Das Land Niedersachsen – vertreten durch das Landesamt für Bau und Liegenschaften – und das Amtsgericht Wolfenbüttel – Nachlassgericht – sind in mehreren Nachlasssachen uneinig darüber, welche Anforderungen der Beschluss zur Feststellung eines Fiskuserbrechts gemäß § 1964 BGB einerseits (Beschwerdeverfahren 3 W 28, 29 und 33/20) sowie ein auf einen solchen Beschluss gestützter Erbscheinsantrag andererseits (Beschwerdeverfahren 3 W 96/20) erfüllen müssen.

1. Gegenstand des Verfahrens 3 W 28/20 ist der Nachlass des Betroffenen zu 1., der geschieden war und im September 2017 verstorben ist, ohne ein Testament zu hinterlassen. Gesetzliche Erben waren nicht bekannt und sind von der – unter anderem zu diesem Zweck bestellten – Nachlasspflegerin nicht ermittelt worden, da diese davon ausgegangen ist, dass aufgrund des geringen Vermögens nicht mit einer Annahme der Erbschaft durch etwaige Erben zu rechnen sei. Nach Durchführung eines Gläubigeraufgebotsverfahrens hinterlegte die Nachlasspflegerin das verbliebene Nachlassvermögen von ca. 650,00 € im Januar 2019 bei der Hinterlegungsstelle.

Mit angefochtenem Beschluss vom 21. März 2019 – 7 VI 229/19 – stellte das Nachlassgericht fest,

dass ein anderer Erbe als das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist.

Gründe:

Die Ermittlungen haben nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist zur Auffindung von Erben geführt.

Eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB ist unterblieben, weil die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind (§ 1965 Abs. 1 S. 2 BGB).

Daher ist der Fiskus gemäß § 1964 Abs. 1 BGB als Erbe festzustellen.

Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung; außer dem Rubrum enthält der Beschluss keinen weiteren Text.

Gegen diesen am 3. April 2019 zugestellten Beschluss hat das Land Niedersachsen – vertreten durch das Landesamt für Bau und Liegenschaften – mit Schreiben vom 23. April 2019 – eingegangen am selben Tage – Beschwerde eingelegt. Die Begründung des Beschlusses sei unzureichend und dieser damit formell rechtswidrig; es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Grundlagen das Gericht ihn gefasst habe; er sei formelhaft und jegliche fallbezogene Begründung fehle. Namentlich sei nicht ersichtlich, wer als Erbe in Frage komme und die Erbschaft ausgeschlagen habe; auch sei nichts zur Zusammensetzung des Nachlasses enthalten. Da dem Gericht bei einem etwaigen Erbscheinsantrag die Bezugnahme auf einen solchen Feststellungsbeschluss nicht ausreiche, entstehe der Eindruck, dass das Erbrecht des Fiskus in dieser Angelegenheit nicht vorliege und der Beschluss objektiv willkürlich ergangen sei.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8. Mai 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine weitergehende Begründung des Feststellungsbeschlusses sei nicht angezeigt gewesen; insbesondere bedürfe es nicht der Nennung möglicher ausschlagender Personen sowie der Höhe des Nachlasses.

Zur weiteren Beschwerdebegründung führte der Beschwerdeführer aus, die Beschwerde basiere darauf, dass das hiesige Nachlassgericht im Falle der Beantragung eines Erbscheins verlange, dass der Fiskus als Erbe eine weitere oder erneute Erbenermittlung durchführe, diese detailliert darlege und an Eides statt versichere. Dies sei nicht Aufgabe des Fiskus als Erben; der vom Gericht beschriebenen Verfahrensförderungslast gemäß § 352 FamFG sei mit einer Bezugnahme auf die Feststellung des Fiskuserbrechts genügt.

Die Beschlüsse des hiesigen Nachlassgerichts entsprächen nicht den Voraussetzungen des § 38 FamFG; sie enthielten durchweg weder eine ausreichende Sachverhaltsdarstellung noch eine rechtliche Würdigung; es werde nie dargestellt, wer als Erbe in Betracht komme und ausgeschlagen habe und warum die Erbenermittlung eingestellt worden sei. Dies sei nicht mehr zu tolerieren, wenn – wie nun – nicht mehr unter Bezugnahme auf den Feststellungsbeschluss ein Erbschein beantragt werden könne. Im Übrigen habe das Oberlandesgericht Celle in anderer Sache darauf hingewiesen, dass es nach einem Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB ausreiche, im Erbscheinsantrag auf den Feststellungbeschluss und die Nachlassakten Bezug zu nehmen. Es stelle sich die Frage, auf welcher sachlichen Grundlage das Gericht das Erbrecht des Fiskus festgestellt habe, wenn es den Erbscheinsantrag ablehne. Reichten dem Gericht der Feststellungsbeschluss und die selbst geführten Nachlassakten nicht aus, um den Erbschein zu erteilen, bestehe der Eindruck, dass der Feststellungsbeschluss objektiv willkürlich ergangen sei.

Zwar seien die Feststellungsbeschlüsse des Fiskuserbrechts bei allen Nachlassgerichten nicht ausreichend begründet; bei anderen Nachlassgerichten reiche im Erbscheinsantrag aber dennoch der Hinweis auf den Feststellungsbeschluss und die aus den Nachlassakten ersichtlichen Ermittlungen des Nachlassgerichts aus. Allein das hiesige Nachlassgericht verlange bei Beantragung eines Erbscheins – etwa zur Grundbuchberichtigung – die Durchführung und Darlegung weiterer oder erneuter Erbenermittlungen seitens des Fiskus, was Gegenstand der Beschwerde im Verfahren 3 W 96/20 sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 23. April, 20. Mai und 22. Juli 2019 (Bl. 6, 15 f. und 20 f. d.A. 3 W 28/20) Bezug genommen.

2. Gegenstand des Verfahrens 3 W 29/20 ist der Nachlass im Wert von ca. 7.750,00 € der 1985 verstorbenen Betroffenen zu 2., der seit dem Jahr 1988 bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt war. Nach Ablauf von 30 Jahren übersandte die Hinterlegungsstelle die Hinterlegungsakte gemäß § 23 Abs. 5 AVNHintG (Ausführungsvorschriften zum Niedersächsischen Hinterlegungsgesetz) dem Nachlassgericht.

Nachdem die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 BGB ohne Ergebnis geblieben war, stellte das Nachlassgericht mit angefochtenem Beschluss vom 10. Mai 2019 – 7 VI 152/19 – fest,

dass ein anderer Erbe als das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist.

Gründe:

Eine letztwillige Verfügung der Erblasserin ist nicht bekannt geworden.

Die Ermittlungen haben nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist zur Auffindung von Erben geführt.

Eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB ist ohne Erfolg geblieben.

Daher ist der Fiskus gemäß § 1964 Abs. 1 BGB als Erbe festzustellen.

Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung; außer dem Rubrum enthält der Beschluss keinen weiteren Text.

Gegen diesen am 20. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat das Land Niedersachsen mit Schreiben vom selben Tage – eingegangen am selben Tage – Beschwerde eingelegt und diese wie in der Sache 3 W 28/20 begründet.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Mai 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Nachlassgericht habe nach der durchgeführten öffentlichen Aufforderung keine Erben ermitteln können, so dass das Erbrecht des Landes festzustellen gewesen sein. Das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine anderweitige Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2019 führte der Beschwerdeführer wie in der Sache 3 W 28/20 zur weiteren Begründung der Beschwerde aus. Der Beschwerdeführer sei daher leider gehalten, gegen den Feststellungsbeschluss ein Rechtsmittel zu führen, um einen vollständigen Feststellungsbeschluss mit Tatbestand und Begründung zu erwirken, auf dessen Basis ein Erbschein beantragt werden könne. Andernfalls drohe die widersprüchliche Situation, dass das Fiskuserbrecht festgestellt sei, der Fiskus die Vermutung des § 1964 BGB nicht widerlegen könne, er gleichwohl aber keinen Erbschein erlangen und den Nachlass nicht abwickeln könne. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass der Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB eine erbrechtsbegründende Wirkung habe, so dass er bis zur Aufhebung des Beschlusses materiell-rechtlich gesetzlicher Erbe sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20. Mai, 18. Juni und 22. Juli 2019 (Bl. 15, 20 f. und 28 f. d.A. 3 W 29/20) Bezug genommen.

3. Gegenstand des Verfahrens 3 W 33/20 ist der Nachlass im Wert von ca. 5.800,00 € der im Januar 2019 verstorbenen Betroffenen zu 3., die einen Enkel ohne Abkömmlinge, eine Enkelin mit einer Tochter, namentlich eine Urenkelin ohne Abkömmlinge, hinterlassen hat. Diese drei etwaigen gesetzlichen Erben haben die Erbschaft unabhängig von der Art der Berufung ausgeschlagen (Bl. 2 f., 9 d.BA 7 VI 60/19). Auf Nachfrage durch das Nachlassgericht haben sie keine Angaben zu anderen etwaigen Erben machen können. Die Erblasserin habe nur eine Tochter gehabt – ihre Mutter bzw. Großmutter – die 2012 verstorben sei; Geschwister der Erblasserin seien nicht bekannt.

Nachdem die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 BGB ohne Ergebnis geblieben war, stellte das Nachlassgericht mit angefochtenem Beschluss vom 18. Juni 2019 – 7 VI 291/19 – fest,

dass ein anderer Erbe als das Land Niedersachsen nicht vorhanden ist.

Gründe:

Die bekannt gewordenen Erben haben das Erbe ausgeschlagen. Die Erklärungen sind nach Aktenlage wirksam.

Eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB ist ohne Erfolg geblieben.

Daher ist der Fiskus gemäß § 1964 Abs. 1 BGB als Erbe festzustellen.

Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung; außer dem Rubrum enthält der Beschluss keinen weiteren Text.

Gegen diesen Beschluss hat das Land Niedersachsen mit Schreiben vom 26. Juni 2019 – eingegangen am selben Tage – Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf die Beschwerdebegründung in den Sachen 3 W 28, 29 und 96/20 Bezug genommen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28. Juni 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Sämtliche bekannt gewordenen Erben hätten die Erbschaft form- und fristgerecht ausgeschlagen und die öffentliche Aufforderung sei ohne Erfolg geblieben, so dass das Erbrecht des Landes festzustellen gewesen sein. Das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine anderweitige Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

4. Gegenstand des Verfahrens 3 W 96/20 ist der Erbscheinsantrag vom 22. Januar 2019 des Beschwerdeführers bezüglich des Beteiligten zu 4., dessen Inhalt lautet:

…, mit Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 19.12.2018 wurde das Land Niedersachsen als Erbe des [Betroffenen zu 4.] festgestellt.

Nach meinen Kenntnissen ist ein Rechtsstreit über das Erbrecht nicht anhängig. Die Einzelheiten sind aus der Nachlassakte ersichtlich.

Ich beantrage die Ausstellung eines Erbscheins für das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Bau und Liegenschaften.

Auf die bestehende Kostenfreiheit darf ich hinweisen.

Im weiteren Schriftwechsel waren der Beschwerdeführer und das Nachlassgericht uneinig darüber, ob der Antrag ausreichend bestimmt im Sinne des § 352 FamFG sei und ob weitere Angaben in dem Erbscheinsantrag zu machen seien, zumal solche Angaben im Feststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2018 – 7 VI 954/18 – nicht enthalten seien, aber aus den Akten des Nachlassgerichts hervorgingen. Mit Schreiben vom 2. April 2019 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Feststellungsbeschlusses, da das Nachlassgericht offensichtlich davon ausgehe, dass Erben vorhanden seien, und brachte seine Ansicht zum Ausdruck, dass der Feststellungsbeschluss formell rechtswidrig sei, weshalb in Zukunft vergleichbare Feststellungsbeschlüsse angefochten werden würden. Nach weiterem Schriftwechsel beantragte der Beschwerdeführer, den Erbschein auszustellen oder – hilfsweise – den Feststellungsbeschluss aufzuheben und die Erbenermittlung fortzusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schreiben vom 22. Januar, 13. und 27. Februar, 2. und 9. April 2019 sowie vom 10., 18. und 24. Februar und 5. März 2020 (Bl. 1–9 d.A.) Bezug genommen.

Mit angefochtenem Beschluss vom 18. März 2020 – 7 VI 281/19 – hat das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zurückgewiesen; es sei mit Zwischenverfügungen darauf hingewiesen worden, dass dieser nicht den gemäß § 352 FamFG nötigen Mindestinhalt habe. Die fehlenden Angaben fielen unter die den Antragsteller treffende Verfahrensförderungslast. Ausführungen zu dem Hilfsantrag enthält der Beschluss nicht.

Zu dem Schreiben vom 2. April 2019 – das zunächst als Beschwerde gegen den vorangegangenen Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB vom 19. Dezember 2018 (Bl. 1 f. d.BA 3 W 27/20) aufgefasst worden war – teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Januar 2020 (Bl. 19 d. BA 3 W 27/20) mit, dass es sich nicht um eine Beschwerde handeln solle.

Gegen den am 31. März 2020 zugestellten Beschluss vom 18. März 2020 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. April 2020 – eingegangen am selben Tage – Beschwerde eingelegt. Im Rahmen des Feststellungsbeschlusses nach § 1964 BGB habe das Nachlassgericht sämtliche erbrechtlichen Ansprüche etwaiger erbberechtigter Personen geprüft und das Erbrecht des Fiskus festgestellt; auf Basis dieses Sachstandes – der für das Nachlassgericht aus der Nachlassakte ersichtlich sei – sei der Erbscheinsantrag gestellt worden; der Hinweis auf den Feststellungsbeschluss reiche aus (Hinweis auf OLG Celle, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 6 W 111/13 – n.v., Bl. 24 ff. d.A. 3 W 29/20; Bl. 20 ff. d.A. 3 W 96/20).

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30. Juni 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es halte daran fest, dass ein inhaltlich vollständiger Erbscheinsantrag gemäß § 352 FamFG erforderlich sei; eine Antragserleichterung für den Fiskus sei nicht vorgesehen.

II.

1. Die Beschwerden sind statthaft und auch ansonsten zulässig (vgl. Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 42, Rn. 25); insbesondere sind sie jeweils innerhalb der Monatsfrist des § 63 FamFG – die auch für den Fiskus gilt (BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – IV ZB 15/11 –, NJW 2012, S. 453 [454 Rn. 5]) – eingelegt worden.

2. Nur eine der vier Beschwerden hat im Ergebnis Erfolg.

a) Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. März 2019 – 7 VI 229/19 – ist begründet. Der Beschluss ist zwar nicht schon deshalb aufzuheben, weil er insgesamt nicht den Anforderungen des § 38 FamFG entspricht (aa). Er ist aber aufzuheben, weil er nicht die erforderliche Begründung zur Ausübung eines dem Nachlassgericht eingeräumten Ermessens enthält und das Nachlassgericht die zur Feststellung einer Fiskuserbschaft erforderlichen Ermittlungen unterlassen hat (bb), so dass die Sache zur Durchführung von Erbenermittlungen – insbesondere der öffentlichen Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB – an das Nachlassgericht zurückzuverweisen ist (cc).

aa) Bei Feststellungsentscheidungen gemäß § 1964 BGB handelt es sich um Endentscheidungen im Sinne des § 38 FamFG (Obermann, in: BeckOK FamFG, 36. Edition, Stand 1. Oktober 2020, § 38, Rn. 3; vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – IV ZB 15/11 –, NJW 2012, S. 453 [454 Rn. 5]). Eine solche ist gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG zu begründen, wenn nicht eine der – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen des § 38 Abs. 4 und Abs. 5 FamFG vorliegt. Das bedeutet, dass ein Beschluss regelmäßig einen Sachbericht und Rechtsgründe enthalten muss; beides kann knapp gehalten und in einfach gelagerten Fällen auch ineinandergeflochten werden; bloß formelhafte Hinweise genügen jedoch nicht (Ulrici, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 38, Rn. 16, 18 f. m.w.N.; vgl. OLG Köln, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 Wx 99/10 –, NJW 2011, S. 320 [321]; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. August 2017 – 8 UF 131/17 –, juris, Rn. 29). Inhalt und Umfang der Begründung haben sich an dem Zweck der Entscheidungsgründe zu orientieren, die Beteiligten von der Richtigkeit der Entscheidung zu überzeugen sowie dem Rechtsmittelgericht gegebenenfalls eine Überprüfung zu ermöglichen. Dazu sind – unter anderem – grundsätzlich die vom Gericht getätigten Ermittlungen (§ 29 FamFG) sowie ihr Ergebnis mitzuteilen (Feskorn, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 38 FamFG, Rn. 12 m.w.N.).

Dabei können hier insbesondere die in § 352 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG genannten Angaben als Anhaltspunkte dafür dienen, welche Informationen der Beschluss sinnvollerweise enthalten sollte; was zum Beantragen eines entsprechenden Erbscheins gemäß § 352 FamFG erforderlich ist, muss das Nachlassgericht größtenteils auch vor Erlass des Feststellungsbeschlusses gemäß § 1964 BGB geprüft haben. Diese Prüfung muss sich im Beschluss auch widerspiegeln.

Diesen Anforderungen wird der Beschluss vom 21. März 2019 – 7 VI 229/19 – nicht gerecht. Seine Gründe enthalten lediglich drei Sätze, aus denen sich kein Sachverhalt ergibt, anhand dessen die Richtigkeit der Rechtsanwendung überprüft werden könnte. Der erste Satz („Die Ermittlungen haben nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist zur Auffindung von Erben geführt.“) teilt weder mit, welche Ermittlungen geführt worden sind – namentlich keine (siehe dazu unten, Abschnitt bb) – noch, welche Umstände vorliegen, die die nicht näher bezeichnete Frist als ausreichend erscheinen lassen sollen. Der zweite Satz („Eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB ist unterblieben, weil die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind (§ 1965 Abs. 1 S. 2 BGB).“) teilt lediglich mit, dass eine öffentliche Aufforderung unterblieben ist, nicht aber, welchen Bestand der Nachlass hat, so dass nicht nachvollzogen werden kann, ob die nicht näher bezeichneten Kosten unverhältnismäßig groß sind (dazu siehe ebenfalls unten, Abschnitt bb). Der dritte Satz („Daher ist der Fiskus gemäß § 1964 Abs. 1 BGB als Erbe festzustellen.“) stellt lediglich das Ergebnis fest, ohne weitere Begründungselemente zu enthalten.

Die beiden einzigen Informationen, die aus dem Beschluss hervorgehen, sind damit, dass keine Erben ermittelt worden sind, und dass eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB unterblieben ist. Das reicht nicht aus, um den Anforderungen des § 38 Abs. 2 Satz 1 FamFG zu genügen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, welche Ermittlungen das Nachlassgericht angestellt hat und auf welcher Basis das Nachlassgericht entschieden hat, dass die Voraussetzungen des § 1965 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegen und eine öffentliche Bekanntmachung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB unterlassen worden ist.

bb) Der Beschluss ist aufzuheben, da rechtsfehlerhaft weder Erbenermittlungen durchgeführt worden sind (1), noch die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 1965 BGB (2).

(1) Nach § 1964 BGB hat das Nachlassgericht festzustellen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, wenn der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt wird. Daraus folgt, dass dem Beschluss nach § 1964 BGB zwingend Ermittlungen zur Feststellung der Erben vorausgehen müssen. Umfang und Dauer der Ermittlungen sind aber in das pflichtgemäße Ermessen des Nachlassgerichts gestellt. Bei der Ausübung dieses Ermessens hat das Nachlassgericht insbesondere den Wert des Nachlasses zu berücksichtigen. So sind keine weitreichenden Ermittlungen geboten, wenn der Nachlass wertlos oder überschuldet ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. September 2018 – 21 W 56/18 –, ZEV 2019, S. 21 [22 Rn. 13]; OLG München, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 31 Wx 164/11 –, NJW-RR 2011, S. 1379 [1380 a.E.]; Leipold, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 1964, Rn. 4; Mešina, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1964, Rn. 4 f.; Weidlich, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2020, § 1964, Rn. 1; Zimmermann, Erbschein – Erbscheinsverfahren – Europäisches Nachlasszeugnis, 3. Auflage 2016, Abschnitt E, Rn. 240). Die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gründe sind – wenn auch in knapper Form – in der Entscheidung darzulegen, § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – V ZB 221/11 –, FGPrax 2012, Rn. 84 [85] m.w.N.; Ulrici, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 38, Rn. 34).

Es kann hier dahinstehen, ob eine solche Ermessensentscheidung der vollen Überprüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt (dafür BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – XII ZB 372/16 –, NJW-RR 2016, S. 1478 [Rn. 9 f.; Fischer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 69, Rn. 9; a.A. bezüglich § 21 FamFG KG Berlin, Beschluss vom 2. September 2010 – 19 WF 132/10 –, juris, Rn. 5 und bezüglich § 81 FamFG OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. August 2019 – I-3 Wx 48/18 –, juris, Rn. 13 = FGPrax 2019, S. 272 [273]): Selbst wenn bei einer solchen Ermessensentscheidung Prüfungsmaßstab für das Beschwerdegericht nur wäre, ob das erstinstanzliche Gericht sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat oder Ermessensfehler in Form des Ermessensnicht- bzw. -fehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung vorliegen, wäre hier – da solche Fehler vorliegen – dem Senat die Ausübung eignen Ermessens eröffnet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – V ZB 221/11 –, FGPrax 2012, S. 84 [85] m.w.N.; KG Berlin, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Hier ist dem Beschwerdegericht schon deshalb die die Ausübung eignen Ermessens eröffnet, weil die Entscheidungsgründe keine ausreichende Grundlage für eine Prüfung auf Ermessensfehler bieten und deshalb von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – V ZB 221/11 –, FGPrax 2012, Rn. 84 [85] m.w.N.; Ulrici, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 38, Rn. 34). Es bleibt unklar, ob das Nachlassgericht überhaupt Ermessen ausgeübt hat und die Entscheidungsgründe enthalten keine Anknüpfungspunkte – etwa den Wert des Nachlasses sowie Art und Umfang der durchgeführten Ermittlungen –, an die eine etwaige Ermessensentscheidung anknüpfen und anhand derer sie überprüft werden könnte.

In der Sache sind hier jedenfalls Ermittlungen geboten gewesen – was das Nachlassgericht augenscheinlich zunächst auch so gesehen hat, denn es hat eine Nachlasspflegerin unter anderem zur Ermittlung der Erben bestellt. Diese hat aber ausdrücklich von solchen Ermittlungen abgesehen, obgleich die Erbenermittlung eine der zentralen Aufgaben des Nachlasspflegers ist (OLG München, Beschluss vom 16. August 2018 – 31 Wx 145/18 –, ZEV 2018, S. 704 [Rn.10]; Sieber, in: ZEV 2020, S. 688 m.w.N.; Mayer, in: ZEV 2010, S. 445 [448] m.w.N.). Aus den Akten ist auch nicht ersichtlich, dass das Nachlassgericht selbst irgendeinen Schritt zur Ermittlung von Erben unternommen hätte. Obwohl der Nachlass werthaltig ist, haben auf diese Weise im Ergebnis keinerlei Ermittlungen stattgefunden. Das reicht als Grundlage eines Feststellungsbeschlusses gemäß § 1964 BGB nicht aus.

(2) Dasselbe gilt für die Entscheidung des Nachlassgerichts, eine öffentliche Bekanntmachung gemäß § 1965 BGB zu unterlassen.

Dabei kann hier dahinstehen, ob eine solche Entscheidung – namentlich darüber, ob die Kosten gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Nachlassbestand gegenüber unverhältnismäßig groß sind und die öffentliche Aufforderung deshalb unterbleiben darf – eine Ermessensentscheidung ist (dafür Hönninger, in: jurisPK-BGB, 9. Auflage, Stand: 3. April 2020, § 1965, Rn. 3 m.w.N.; Siegmann/Höger, in: BeckOK BGB, 56. Edition, Stand 1. November 2020, § 1965, Rn. 1 a.E.; so wohl auch Mešina, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1965, Rn. 1; a.A. Heinemann, in: BeckOGK BGB, Stand 1. August 2020, § 1965, Rn. 9 m.w.N. zum Meinungsstand):

Handelte es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, unterläge die Entscheidung ohnehin der vollen Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Handelte es sich um eine Ermessensentscheidung, wäre dem Beschwerdegericht schon deshalb die Ausübung eignen Ermessens eröffnet, weil die Entscheidungsgründe keine ausreichende Grundlage für eine Prüfung auf Ermessensfehler bieten und deshalb von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen ist (siehe oben, Abschnitt [1]).

In der Sache kann die Entscheidung, keine öffentliche Bekanntmachung durchzuführen, keinen Bestand haben. Die Kosten der öffentlichen Aufforderung sind mit der Möglichkeit der elektronischen Veröffentlichung über das Internet erheblich gesunken; die Veröffentlichung eines Aufrufs im elektronischen Bundesanzeiger kostet zurzeit lediglich 29,75 € inklusive Mehrwertsteuer (vgl. Bl. 8 d.A. 3 W 29/20). Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von der öffentlichen Aufforderung nur ganz ausnahmsweise vor, etwa dann, wenn der Nachlass überschuldet ist oder keine die Kosten deckende Masse vorhanden ist (vgl. Heinemann, in: BeckOGK BGB, Stand 1. August 2020, § 1965, Rn. 10; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 31 Wx 164/11 –, NJW-RR 2011, S. 1379 [1381]; Mešina, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1965, Rn. 1). Maßgeblich sind die Kosten der öffentlichen Aufforderung, die letztlich die Erben zu tragen haben (§ 24 Nr. 9 GNotKG; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. November 2015 – 12 W 75/15 –, FGPrax 2016, S. 93 m.w.N.), nicht aber der Arbeitsaufwand für das Nachlassgericht oder die Kosten des gesamten Feststellungsverfahrens (Heinemann, in: BeckOGK BGB, Stand 1. August 2020, § 1965, Rn. 10).

Hinzu kann kommen, dass sich in einem Nachlass grundsätzlich auch materiell wertlose Gegenstände von hohem ideellem Wert befinden können, etwa Familienfotographien oder ein Adressbuch oder Korrespondenz, aus denen sich Existenz und Anschrift bisher unbekannter oder verschollener Verwandter eines gesetzlichen Erben ergeben. Bei Existenz ideell wertvoller Nachlassgegenstände mögen die Kosten der öffentlichen Bekanntmachung auch dann noch nicht unverhältnismäßig sein, wenn sie den materiellen Nachlass vollständig aufbrauchen.

Hier übersteigt der Nachlasswert die Kosten der öffentlichen Aufforderung um mehr als das 20-fache. Die Kosten sind weit davon entfernt, den Nachlass aufzubrauchen; für einen etwaigen Erben verblieben mehr als 600,00 €. Die im Vergleich dazu geringen Kosten sind schon für sich genommen nicht unverhältnismäßig hoch.

cc) Die Sache ist – unabhängig vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 FamFG – an das Nachlassgericht zurückzuverweisen, damit dort Erbenermittlungen durchgeführt werden und jedenfalls die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB nachgeholt wird. Bedarf die Entscheidung des Beschwerdegerichts zu ihrer Ausführung einer besonderen Handlung – etwa der Bestellung eines Nachlasspflegers oder hier einer öffentlichen Aufforderung gemäß § 1965 BGB –, so ist diese dem funktionell zuständigen Ausgangsgericht zu überlassen (OLG Köln, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – 2 Wx 198/10 –, FGPrax 2011, S. 128 [129]; Bumiller, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 69, Rn. 8; Fischer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 69, Rn. 64; Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 69, Rn. 10 jeweils m.w.N. und Beispielen).

b) Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 10. Mai 2019 – 7 VI 152/19 – hat im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Beschwerdeführer ist zwar darin zuzustimmen, dass der angefochtene Beschluss nicht den oben (Abschnitt a.aa) dargelegten Anforderungen des § 38 FamFG entspricht. Dem Beschwerdegericht ist auch die Ausübung eignen Ermessens eröffnet, weil die Entscheidungsgründe keine ausreichende Grundlage für eine Prüfung auf Ermessensfehler bieten und deshalb von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen ist (siehe oben, Abschnitt a.bb [1]). Der Beschluss ist aber gleichwohl nicht aufzuheben, da er sich als im Ergebnis richtig erweist. Die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hier ergebnislos durchgeführt worden. Zwar werden ungenügende Ermittlungen nicht allein durch die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB kompensiert (Leipold, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 1964, Rn. 4 m.w.N.; Weidlich, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2020, § 1964, Rn. 1); Ansatzpunkte für anderweitige Ermittlungen – die grundsätzlich geboten sind (siehe oben, Abschnitt a.bb [1]) – ergeben sich hier aber nicht aus den Akten, zumal die ursprünglichen Nachlassakten wegen des Ablaufs von mehr als 30 Jahren mittlerweile vernichtet sind, so dass alle vorliegenden Informationen lediglich aus dem Hinterlegungsvorgang stammen. Über das persönliche Umfeld der 1985 verstorbenen Erblasserin ist nichts bekannt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch ein etwaiger Nachlasspfleger keine weiteren Ermittlungsansätze hätte.

c) Auch die Beschwerde gegen den Beschluss vom 18. Juni 2019 – 7 VI 291/19 – hat im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Beschwerdeführer ist zwar wiederum darin zuzustimmen, dass auch dieser Beschluss nicht den oben (Abschnitt a.aa) dargelegten Anforderungen des § 38 FamFG entspricht und dem Beschwerdegericht ist die Ausübung eignen Ermessens eröffnet (siehe oben, Abschnitt b). Der Beschluss ist aber gleichwohl nicht aufzuheben, da er sich als im Ergebnis richtig erweist. Insbesondere haben die hier durchgeführten Ermittlungen – Anfragen an die einzigen bekannten Abkömmlinge der Erblasserin – kein Ergebnis und keine weiteren Ermittlungsansätze erbracht (Bl. 5, 10 d. BA 7 VI 60/19) und die öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 Satz 1 BGB ist durchgeführt worden und ergebnislos geblieben. Es ist nicht ersichtlich, dass es weitere Ermittlungsansätze gäbe, denen das Nachlassgericht oder ein von ihm eingesetzter Nachlasspfleger nachgehen könnte.

d) Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 18. März 2020 – 7 VI 281/19 – hat ebenfalls keinen Erfolg.

aa) Es ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag des Antragstellers vom 22. Januar 2019 mit Beschluss vom 18. März 2020 zurückgewiesen hat. Zwar ist eine Bezugnahme auf den Feststellungsbeschluss grundsätzlich möglich (1). Sie allein ist aber nicht ausreichend, da im Erbscheinsantrag des Fiskus regelmäßig Angaben erforderlich sind, die über den Inhalt eines Feststellungsbeschlusses hinausgehen und hier zum Teil fehlen (2). Zudem kann auch die – hier augenscheinlich nicht erforderliche – Beteiligung Dritter das Formulieren eines vollständigen Erbscheinsantrags erforderlich machen (3).

(1) Stellt der Fiskus einen Erbscheinsantrag, so kann er bezüglich der darin zu machenden Angaben grundsätzlich auf den Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB Bezug nehmen (so auch OLG Celle, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 6 W 111/13 – n.v., Ablichtung auf Bl. 24 ff. d.A. 3 W 29/20 und Bl. 20 ff. d.A. 3 W 96/20).

Zwar gilt auch für den Fiskus als Erben grundsätzlich § 352 FamFG und der Fiskus hat insbesondere darzutun, dass die Feststellung des Nachlassgerichts gemäß §§ 1964 ff. BGB getroffen worden ist, und dass die Voraussetzungen im Sinne des § 1936 BGB vorliegen, unter denen gerade der betroffene Landes- oder Bundesfiskus gesetzlicher Erbe geworden ist (Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Auflage 2019, § 352 FamFG, Rn. 7; Grziwotz, in: MüKo FamFG, 3. Auflag 2019, § 352, Rn. 15, 25).

Allerdings wird beides regelmäßig bei dem Nachlassgericht offenkundig sein im Sinne des § 30 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 291 ZPO (vgl. dazu Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 352, Rn. 74): Der letzte Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt – der dafür maßgeblich ist, ob ein Landes- oder der Bundesfiskus Erbe wird, § 1936 BGB – wird die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts für das vorangegangene Feststellungsverfahren begründet haben, § 343 FamFG. Auf dieser Basis wird regelmäßig dasselbe Nachlassgericht bereits den Feststellungsbeschluss gemäß § 1964 BGB erlassen haben. Aus diesem Beschluss – jedenfalls aber aus den Akten – müssen auch fast alle ansonsten erforderlichen Angaben hervorgehen (siehe oben, Abschnitt a.aa). Es ist nicht ersichtlich, warum der Fiskus diese Angaben ausnahmslos auch dann in den Antrag aufnehmen müssen soll, wenn sie dem Nachlassgericht ohnehin bekannt sind.

(2) Für einen Erbscheinsantrag des Fiskus bedarf es aber zusätzlicher Angaben, die nicht aus dem Feststellungsbeschluss (und den Akten) hervorgehen, denn durch den Feststellungsbeschluss werden weder das Erbrecht des Staates begründet noch Erbrechte bislang unermittelt gebliebener vorrangiger Erben ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – IV ZB 15/11 –, NJW 2012, S. 453 [454 Rn. 8] m.w.N.; Najdecki, in: Burandt/Rojahn, 3. Auflage 2019, § 1964 BGB, Rn. 4; Grziwotz, in: MüKo FamFG, 3. Auflag 2019, § 352, Rn. 25). Das Nachlassgericht hat deshalb zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie sich der Sachverhalt seit Erlass des Feststellungsbeschlusses geändert hat. Jedenfalls insofern kann sich der Fiskus nicht einfach auf den Feststellungsbeschluss berufen, insbesondere nicht nach einigem Zeitablauf, sondern muss Angaben dazu machen, ob es neuere Erkenntnisse gibt. Darauf weist auch das Oberlandesgericht Celle in einem obiter dictum zur fast identischen alten Rechtslage nach § 2354 ff. BGB a.F. hin (OLG Celle, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 6 W 111/13 – a.a.O.; Hervorhebung nur hier):

Bei einem erneuten Erbscheinsantrag des Beteiligten wird das Nachlassgericht zu berücksichtigen haben, dass die Bezugnahme auf die Nachlassakten und den Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB für die Angabe der nach § 2354 BGB erforderlichen Tatsachen ausreichend sein dürfte, soweit diese bereits dem Feststellungsbeschluss zugrunde liegen…

Soweit die Angaben dem Feststellungsbeschluss nicht zugrunde liegen, müssen sie aber im Erbscheinsantrag enthalten sein.

Dem ist der Beschwerdeführer im Antrag vom 22. Januar 2019 zum Teil dadurch gerecht geworden, dass er dort mitgeteilt hat, dass ein Rechtsstreit über das Erbrecht nicht anhängig sei. Dem ist er aber insoweit nicht gerecht geworden, als er nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, dass keine Änderungen eingetreten seien, insbesondere, dass nicht nachträglich andere Personen bekannt geworden seien, die als Erben in Frage kommen. Ohne diese Information ist nicht sicher, ob das Fiskuserbrecht tatsächlich besteht und der Erbschein kann nicht erteilt werden. Das bedeutet aber – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers (siehe unten, Abschnitt bb) – nicht per se, dass der Feststellungsbeschluss unrichtig ist.

(3) Daneben – ohne dass es hier darauf ankommt – kann auch die Notwendigkeit, Dritte am Erbscheinsverfahren zu beteiligen, es rechtfertigen, einen vollständig formulierten Erbscheinsantrag zu verlangen. Dazu hat das Oberlandesgericht Celle weiter ausgeführt (a.a.O.; Hervorhebung nur hier):

… soweit diese bereits dem Feststellungsbeschluss zugrunde liegen und kein anderer Beteiligter, der Erbrechte angemeldet hat, am Erbscheinsverfahren zu beteiligten ist.

Sind andere mögliche Erben vorhanden, ist es erforderlich, diesen rechtliches Gehör zu dem Erbscheinsantrag zu gewähren. Dies wird es rechtfertigten, eine Bezugnahme nicht ausreichen zu lassen und einen vollständig formulierten Antrag zu verlangen, der den anderen Beteiligten zur Kenntnis gegeben werden kann.

bb) Der Hilfsantrag vom 2. April 2019 und 5. März 2020 – den Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel – Nachlassgericht – vom 19. Dezember 2018 – 7 VI 954/18 – aufzuheben und die Erbenermittlung fortzusetzen – ist vom Nachlassgericht noch nicht beschieden worden.

Nachdem der Beschwerdeführer den Erbscheinsantrag gestellt hatte, hat er mit Schreiben vom 2. April 2019 beantragt, den genannten Feststellungsbeschluss aufzuheben; gleichwohl hat er an seinem Erbscheinsantrag festgehalten und mit Schreiben vom 5. März 2020 klargestellt, dass er hilfsweise beantrage, den Feststellungsbeschluss aufzuheben und die Erbenermittlung wieder aufzunehmen.

Der Beschwerdeführer geht augenscheinlich davon aus, dass dann, wenn die Voraussetzungen des Erbscheins nicht vorliegen sollten, auch die des Feststellungsbeschlusses nicht vorlägen. Vor diesem Hintergrund ist der Hilfsantrag am ehesten als Beschwerde gegen den Feststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2018 zu werten, denn der Beschwerdeführer scheint davon auszugehen, dass das Nachlassgericht den Feststellungsbeschluss auf der seinerzeit vorliegenden Grundlage nicht hätte erlassen dürfen. Allerdings hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. April 2019 und 21. Januar 2020 (Bl. 16, 19 d.BA 7 VI 954/18) mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt gewesen sei, gegen den Beschluss vom 19. Dezember 2018 Beschwerde einzulegen.

Insoweit dürfte der Hilfsantrag als Antrag auf Abänderung des Feststellungsbeschlusses nach § 48 Abs. 1 FamFG wegen erst nachträglich gewonnener anderer Erkenntnisse zu verstehen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – IV ZB 15/11 –, NJW 2012, S. 453 [454 Rn. 6 a.E.]), der vom Nachlassgericht noch nicht beschieden worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG besteht kein Anlass.

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