Zulässiges Teilurteil über Pflichtteilsanspruch

November 7, 2020

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 22. Oktober 1998 – 2 U 9/98

Zulässiges Teilurteil über Pflichtteilsanspruch

Ein Teilurteil über den Pflichtteilsanspruch ist zulässig, wenn zweifelsfrei geklärt ist, daß dem Gläubiger ein Guthaben in bestimmter Höhe zusteht.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 5, vom 23. Dezember 1997 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer wird für den Beklagten auf 105.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

Am 1. Dezember 1996 verstarb P…., die Ehefrau des Beklagten und Mutter der Klägerin; die Klägerin ist das einzige Kind.

Die Erblasserin hatte am 17. Mai 1996 zusammen mit dem Beklagten ein notarielles Testament errichtet, in dem es heißt:

“… § 2 Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein.

§ 3 Erbin des Letztversterbenden von uns … ist unsere Tochter A. J. ….

§ 4 Wir bitten die in § 3 genannte Schlußerbin, nach dem Tod des Erstversterbenden von uns nicht dem Pflichtteil geltend zu machen. Sollte die Schlußerbin wider Erwarten doch den Pflichtteil geltend machen, so ist der Überlebende von uns frei, auch von Todes wegen neu und abweichend zu verfügen ….

§ 5 Wenn der Überlebende von uns wieder heiratet, tritt Nacherbfolge der in § 3 genannten Schlußerbin hinsichtlich von deren gesetzlichen Erbteilen ein, wobei der Wiederheiratende als Vorerbe befreit ist. Nacherbfall ist der Tag der Eheschließung. Der Wiederheiratende hat sodann den beim Nacherbfall vorhandenen Nachlaß nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge mit dem Nacherben zu teilen und sich mit ihm auseinanderzusetzen ….

Der Notar hat auf die gesetzlichen Vorschriften über das Pflichtteilsrecht sowie über das Verhältnis zwischen Pflichtteilsrecht und Vor- und Nacherbeneinsetzung und Vermächtnis hingewiesen.”

Die Klägerin fordert ihren Pflichtteil. Der Beklagte übersandte mit Schreiben vom 20. Mai 1997 (Anl. K 11 m. Anl.) eine Nachlaßauflistung. Das im Nachlaß vorhandene Wohnhausgrundstück Frustbergstr. bewertete er hierbei mit 250.000,00 DM, das mit einem Geschäftshaus bebaute Grundstück …. bewertete er mit 410.000,00 DM und das Mehrfamilienmietshausgrundstück …. bewertete er mit 460.000,00 DM. Als Nachlaßverbindlichkeit setzte er die Pflichtteilszahlung der Erblasserin aus dem Jahre 1987 an ihren Bruder mit 20.000,00 DM und die Pflichtteilszahlung an den Bruder laut Gerichtsurteil vom 20. April 1994 mit 153.245,98 DM ab, so daß er einen Nachlaßwert von 344.516,70 DM ermittelte. Dementsprechend machte er der Klägerin das Angebot, sie mit einem Pflichtteilsbetrag von 86.129,18 DM abzufinden.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Der Beklagte sei zur vollständigen Auskunft über den Bestand des Nachlasses einschließlich aller Schenkungen verpflichtet; das Nachlaßverzeichnis vom 20. Mai 1997 genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Bereits aus den Angaben des Beklagten ergäbe sich, daß ihr mindestens ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 100.000,00 DM zustehe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses nach der am 1. Dezember 1996 verstorbenen P…. geb. W. zu erteilen durch Vorlage eines vollständigen mit Wertangaben versehenen Verzeichnisses der Nachlaßgegenstände mit Ausnahme der bereits bekannten Grundstücke und mitgeteilten Bankguthaben bei der Hamburger Sparkasse und der Deutschen Bank Hamburg,

2. an die Klägerin in Anrechnung auf den Pflichtteil 100.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (31.07.1997) zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen: Trotz Bezeichnung der Klägerin als Schlußerbin im Testament sei sie lediglich als Nacherbin eingesetzt worden. Das ergebe sich durch Auslegung des Testamentes, insbesondere des § 5 des Testamentes. Der wirkliche Wille der Erblasserin sei dahin gegangen, ihr Vermögen getrennt von seinem Vermögen zu halten. Wenn für den Fall der Wiederheirat die Vermögensmassen getrennt in die Auseinandersetzung übernommen werden sollten, sei das schlußlogisch nur möglich, wenn der Wille der Erblasserin auch im übrigen darauf gerichtet gewesen sei, nach dem sogenannten Trennungsprinzip zu verfügen (Beweisangebot: Zeugnis des beurkundenden Notars Dr. W….). Da die Klägerin mit dem Tode der Erblasserin Nacherbin geworden sei, könne sie den Pflichtteil nur verlangen, wenn sie die Nacherbschaft ausgeschlagen hätte. Das hätte sie aber versäumt. Denn das notarielle Testament sei am 23. Januar 1997 eröffnet worden; die Ausschlagungsfrist sei demnach am 6. März 1997 abgelaufen. Das Schreiben, mit dem die Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht habe und das möglicherweise als Ausschlagung gedeutet werden könnte, sei ihm erst am 12. März 1997 zugegangen.

Der Klägerin stehe nicht einmal der Pflichtteil zu, denn sie sei erbunwürdig. Denn obwohl sie gewußt habe, daß die Erblasserin an einem starken Asthma gelitten habe, das bei Streß zum Erstickungstode oder einem plötzlichen Herzversagen führen könne (Beweis: Sachverständigengutachten und Zeugnis des behandelnden Arztes Dr. A….), habe sie die Erblasserin vorsätzlich zu töten versucht, indem sie in Kenntnis ihrer gesundheitlichen Verfassung beim letzten Besuch der Eltern in den USA im September 1994 eine derart derb geführte Auseinandersetzung provoziert habe, daß die Erblasserin hierauf mit heftigen Asthmaanfällen reagiert habe und die ganze Nacht keinen Schlaf habe finden können. Der Streit sei zudem in einem provozierenden äußeren Rahmen — ein pornografisches Bild in Großformat habe die Wand geziert und es sei nicht einmal eine Sitzgelegenheit bei der geplanten Aussprache vorbereitet gewesen, abgelaufen. Beim nächsten verabredeten Treffen sei die Klägerin nicht in der Wohnung anwesend gewesen, sondern habe nur ein Schreiben hinterlassen, in dem sie darauf hingewiesen habe, daß sie künftig nur noch schriftlichen Kontakt zu ihren Eltern pflegen wolle. Daraufhin sei es bei der Erblasserin zu einer heftigen lebensbedrohlichen Asthmaattacke gekommen; die Erblasserin habe keinen Arzt in den USA aufsuchen wollen, sondern nur noch den Wunsch verspürt nach Deutschland zurückzufliegen.

Der Beklagte beantragt widerklagend,

die Klägerin hinsichtlich des Nachlasses der am 1. Dezember 1996 in Hamburg verstorbenen P…. für erbunwürdig zu erklären.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage zurückzuweisen unter Bestreiten des Vortrags des Beklagten.

Das Landgericht hat durch Teilurteil den Beklagten, wie beantragt, zur Auskunftserteilung verurteilt sowie zur Zahlung eines Teilbetrages von 100.000,00 DM nebst 4 % Zinsen p.a. seit dem 31. Juli 1997. Die Widerklage hat es abgewiesen. Auf das Teilurteil vom 23. Dezember 1997 wird verwiesen.

Gegen dieses dem Beklagten am 23. Januar 1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18. Februar 1998 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19. April 1998 sie mit dem am 17. April 1998 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte trägt vor:

Klage und Widerklage beträfen den selben Gegenstand, schon deshalb dürfte kein Teilurteil ergehen. Das Landgericht habe 100.000,00 DM ausgeurteilt, ohne näher darzulegen, auf welche Positionen sich dieser Teilbetrag beziehe. Offensichtlich ist es von seiner eigenen Kalkulation ausgegangen (Anl. K 11). Die dieser oberflächlichen Kalkulation zugrundeliegende Aufstellung sei aber zu pauschal und werde im übrigen, was für das Landgericht absehbar gewesen sei, bestritten. Ausdrücklich werde insoweit auf die Erstellung eines entsprechenden Sachverständigengutachten abgestellt, soweit nicht ohnehin wie beantragt die Erbunwürdigkeit der Klägerin festgestellt werden könne. Denn die von ihm in Ansatz gebrachten Grundstückswerte seien in Anbetracht der Marktsituation deutlich überhöht. Deswegen sei er an die Selbstschätzungen nicht gebunden. Rechtsirrig gehe das Landgericht desweiteren davon aus, daß die Klägerin nicht Nacherbin, sondern Schlußerbin geworden sei. Hierbei habe es sich mit den Auslegungsmechanismen eines notariellen Testamentes überhaupt nicht auseinandergesetzt. Vor allem habe das Landgericht nicht bedacht, daß auch der Wille der Erblasserin zu berücksichtigen ist, den sie gehabt hätte, wenn sie die tatsächlichen späteren Ereignisses vorausgesehen und bedacht hätte. Unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag wäre der hypothetische Wille der Erblasserin darauf gerichtet gewesen, die Klägerin auch hinsichtlich ihrer Pflichtteilsrechte auszuschließen. Das ergebe sich aus dem Testament selbst. Denn im Testament finde sich der Hinweis, daß die Erblasserin nicht davon ausgegangen sei, daß die Klägerin ihn nach ihrem Tode mit Forderungen konfrontieren werde. Schließlich sei auch zu verweisen auf den Grundsatz der wohlwollenden Auslegung. Wenn der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zulasse, sei im Zweifel diejenige vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann. Das gelte insbesondere hinsichtlich der Frage der Nacherben- bzw. Schlußerbenstellung und das damit verbundenen Einheits- und Trennungsprinzips. Von der Verwendung des Begriffs Schlußerbe könne nicht auf eine Vor- oder Nacherbfolge geschlossen werden. Das Landgericht hätte prüfen müssen, ob die Wiederverheiratungsklausel, die dem Schutz des Schlußerben vor einer zusätzlichen Schmälerung des Nachlasses durch Hinzutreten weiterer pflichtteilsberechtigter Ehegatten dienen sollen, im Kontext eine Trennungs- oder Einheitslösung auszulegen sei.

Das Landgericht habe sich bei der Prüfung der Frage, ob Erbunwürdigkeit der Klägerin vorliege, nicht auf die Einschätzung der Umstände als “schlicht absurd” zurückziehen dürfen. Es hätte erkennen müssen, daß eine asthmakranke Mutter beim Besuch ihrer Tochter in der Fremde eine Wohnungseinrichtung, die weitestgehend aus einem Bett und einem pornografischen Bild bestehe, mit einer entsprechenden kollapsartigen Reaktion reagieren würde. Die Erblasserin habe das Verhalten der Klägerin als Tötungsversuch begriffen; dieses Verhalten sei aus ärztlicher Sicht auch objektiv als Tötungsversuch einzuordnen (Beweisangebot: Zeugnis des Dr. med. E. A.; Einholung eines Sachverständigengutachtens).

Der Beklagte beantragt,

das am 23. Dezember 1997 verkündete Teilurteil des Landgerichts Hamburg aufzuheben, die Klage abzuweisen sowie die Klägerin und Berufungsbeklagte hinsichtlich des Nachlasses der am 1. Dezember 1996 in Hamburg verstorbenen P…. für erbunwürdig zu erklären.

Die Klägerin beantragt,

die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist darauf hin, daß die nach wie vor vollen Umfangs bestrittenen Vorfälle des Beklagten im Jahr 1994 stattgefunden hätten. Die Erblasserin habe ihre Tochter aber 1996 zur Schlußerbin und bedingte Nacherbin eingesetzt und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie sie gerade nicht enterben wolle.

Ergänzend wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und der dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

1).. Das Landgericht hat die gemäß § 2342 Abs. 1, 2345 Abs. 2 BGB erhobene Anfechtungsklage des Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

Die Klägerin, die ein Abkömmling der Erblasserin ist, ist durch deren Testament vom 17. Mai 1996 von der Erbfolge ausgeschlossen worden und somit nach § 2303 BGB pflichtteilsberechtigt. Die Erblasserin hat nämlich den Beklagten als Vollerben eingesetzt.

Der Auffassung des Beklagten, das gemeinsame Testament sei so aufzufassen, daß der Nachlaß des erstversterbenden und der des überlebenden Ehegatten getrennt vererbt werden sollten mit der Folge, daß er Vorerbe und die Klägerin Nacherbin der Erblasserin geworden sei, ist das Landgericht zu Recht nicht gefolgt. Im notariellen Testament ist die Klägerin in § 3 eindeutig als Erbin des Letztversterbenden und sodann § 4 als Schlußerbin, die nach dem Tod des Erstversterbenden einen Pflichtteilsanspruch hat, gekennzeichnet worden. Erst in § 5 kommen die Begriffe Nacherbfolge und Vorerbe vor, und zwar im Zusammenhang mit der Wiederverheiratungsklausel. Nur, wenn der Überlebende wiederheiratet, soll er nicht mehr Erbe des ganzen Nachlasses bleiben. Die Klägerin soll nun die Hälfte des Nachlasses erhalten. Dieses Ziel ist über das Rechtsinstitut der Vor- und Nacherbfolge, bezogen nicht auf den Erbfall, sondern auf die Eheschließung des überlebenden Ehegatten, zu erreichen.

Der Notar hat also die erbrechtlichen Begriffe mit Bedacht verwendet und ein sog. Berliner Testament (§ 2269 Abs. 1 BGB) aufgesetzt. Danach verschmelzen die Vermögen beider Ehegatten in der Person des überlebenden Ehegatten zu einer Einheit; der gesamte Nachlaß geht zum Schluß in einem Erbgang auf den gemeinsamen Abkömmling über. Daß dies seinerzeit von der Erblasserin und dem Beklagten gewollt war, verdeutlicht § 5 des Testaments: Nur bei erneuter Heirat sollte der Überlebende Vorerbe und die Klägerin Nacherbin sein. Hätten die testierenden Ehegatten, wie der Beklagte behauptet, von vornherein die Trennung ihrer Vermögen gewollt, wäre unverständlich, daß sie die dann zutreffenden Rechtsbegriffe nur für den Ausnahmefall der Wiederverheiratung, nicht aber für den Regelfall in § 1 und § 2 des Testamentes verwendet haben.

Angesichts dieser eindeutigen Begriffe und der Auslegungsregel des § 2269 Abs. 1 BGB, (die selbst dann durchgreift, wenn der Begriff “Nacherbe” für den Erben des Letztversterbenden, so BGH NJW 1983, 277, 278 oder für den überlebenden Ehegatten der Begriff “Vorerbe”, so Bay ObLG MDR 1990, 1118 benutzt worden wäre), hätte der Beklagte Umstände schildern müssen, die eindeutig für den Willen der Ehegatten, ihre jeweiligen Vermögen zu trennen, sprechen. Daran fehlt es. Der mangelnde Sachvortrag wird auch nicht durch das Beweisangebot, den Notar W…. zu vernehmen, ersetzt.

Da die Klägerin somit erst Nacherbin der Erblasserin im Falle der Wiederheirat des Beklagten wird, brauchte sie die Erbschaft nach dem Tod der Erblasserin nicht auszuschlagen (§ 2142 Abs. 1 BGB), um dem Pflichtteil verlangen zu können. Denn der Beklagte ist trotz der Wiederverheiratungsklausel (auflösend bedingter) Vollerbe geworden und dadurch ist die Klägerin von vornherein von der Erbfolge ausgeschlossen worden.

Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin ist nicht infolge Erbunwürdigkeit entfallen (2345 Abs. 2, 2342, 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Der Beklagte hat die Erbunwürdigkeit binnen Jahresfrist (§§ 2340 Abs. 2, 2082 BGB) durch Anfechtung geltend gemacht. Die Anfechtungsklage (§ 2342 BGB) ist der Beklagten am 9. September 1997 zugestellt worden.

Die Anfechtung scheitert aber, gleich was im September 1994 in den USA zwischen der Klägerin und ihren Eltern vorgefallen ist, an § 2343 BGB. Danach ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn die Erblasserin dem Erbunwürdigen verziehen hat. Es erübrigt sich, den Beklagten darauf hinzuweisen, daß sein Vortrag zu § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB, für den er darlegungs- und beweispflichtig ist, nicht schlüssig ist. Denn die Erblasserin hat — gemeinsam mit dem Beklagten — in Kenntnis des vom Beklagten getadelten Verhaltens die Klägerin zu ihrer Schlußerbin eingesetzt und somit ihr das vom Beklagten behauptete Verhalten verziehen. Sie hat auch, wie sich § 4 des Testamentes ergibt, damit gerechnet, daß die Klägerin ihren Pflichtteil geltend macht.

2). Das Landgericht hat zu Recht den Beklagten auch zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verurteilt (§ 2314 Abs. 1, 2325 BGB).

Der Auskunftsanspruch der Klägerin als Pflichtteilsberechtigte ist nicht durch Vorlage des Verzeichnisses vom 20. Mai 1997 erfüllt worden. Diese Aufstellung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 2314 Abs. 1, 260 BGB. Es fehlen Angaben zu Wertpapieren, Lebensversicherungen, Sterbegeldern und Schmuck, ferner über das im Besitz der Erblasserin befindliche Inventar (Palandt-Edenhofer, BGB, 57. Auflage, § 2314 RN 8) sowie über Schenkungen, die der Beklagte andeutet.

3). Die Berufung des Beklagten hat auch keinen Erfolg, soweit das Landgericht der Teilklage der Klägerin auf Zahlung von 100.000.– DM stattgegeben hat.

Das Landgericht hat insoweit nicht ein unzulässiges Teilurteil erlassen.

Ein Teilurteil nach § 301 ZPO setzt grundsätzlich einen einer selbständigen Entscheidung zugänglichen, aussonderbaren Teil des Verfahrensgegenstandes voraus und darf nur ergehen, wenn die Entscheidung über diesen Teil unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann und damit die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (RGZ 151,381,384; BGHZ 20, 311,312; OLG Hamburg FamRZ 1984,1235). Letztlich hängt die Frage der Abgrenzbarkeit von Teilen des Streitgegenstandes auch von der Regelung des materiellen Rechts ab (Münch Komm — ZPO/ Musielak, § 301 Rn 5) So ist eine horizontale Teilentscheidung im Unterhaltsprozeß regelmäßig aufzuheben, sobald das Gericht nur über einen Teil des Unterhalts von einem bestimmten Zeitpunkt an, nicht aber über den restlichen Unterhalt für denselben Zeitraum entschieden hat, da die Gefahr besteht, daß das über den Rest ergehende Schlußurteil die getroffene Entscheidung über einen den selben Zeitraum betreffenden Teil des Unterhaltsanspruches berühren kann, weil der Unterhaltsschuldner auch für die zurückliegende Zeit neue Tatsachen zur Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers, zur Verwirkung oder zu seiner eigenen Leistungsfähigkeit vorträgt, die zu abweichenden Erkenntnissen führen können. Anders wird aber die Zulässigkeit von Teilklagen z.B. auf Abfindung eines Personalgesellschafters (BGH BB 1961,348), auf

Zugewinnausgleich (BGH NJW 1994, 3165 ff) oder auf Kaskoentschädigung (BGH NJW 1997, 1990) beurteilt. Ist der Anspruch teilbar und ist zweifelsfrei geklärt, daß dem Gläubiger ein Guthaben ist bestimmter Höhe zusteht, bestehen gegen eine Entscheidung über die ausdrücklich erhobene Teilklage keine Bedenken. Dem Gläubiger kann nicht verwehrt werden, wenigstens den Teil vorweg zu beanspruchen, der ihm unter Vernachlässigung der umstrittenen Vermögenspositionen in jedem Fall I zusteht. Seinem Interesse, die tatsächliche Durchsetzbarkeit dieses Teilanspruches nicht durch zunehmenden Zeitablauf — im konkreten Falle zudem durch Veräußerung der Immobilien- gefährdet zu sehen und über die ihm zustehenden Mittel alsbald zu verfügen, stehen schutzwürdige Interessen des Schuldners nicht entgegen (BGH NJW 1994,3165).

Der Pflichtteilsanspruch ist teilbar. Aus dem vom Beklagten vorgelegten Nachlaßaufstellung vom 20. Mai 1997 geht zweifelsfrei hervor, daß allein wegen der im wesentlichen unbelasteten Hamburger Immobilien der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch von mindestens 100.000.– DM zusteht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711, 546 ZPO.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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