Alleinerbe als Testamentsvollstrecker
OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 268/14 – Beschluss vom 03.06.2016
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf musste in einem Fall entscheiden, bei dem die alleinige Erbin und die Testamentsvollstreckerin dieselbe Person waren. Der Fall war besonders, weil der Verstorbene Niederländer war, aber lange in Deutschland lebte.
Ein niederländischer Mann, der über fünf Jahre in Deutschland lebte und hier starb, hatte mit seiner Frau ein Testament in den Niederlanden gemacht. Beide Testamente waren wohl gleichlautend. Im Testament der Frau, das auf Deutsch vorlag, stand, dass der Ehepartner und die Kinder zu gleichen Teilen Erben sein sollten. Gleichzeitig sollte der Ehepartner Testamentsvollstrecker sein. Die Frau beantragte nach dem Tod ihres Mannes einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist, und ein Testamentsvollstreckerzeugnis.
Das Nachlassgericht lehnte dies ab. Es meinte, es gelte deutsches Erbrecht, und danach sei die Frau nicht Alleinerbin, sondern die Ehefrau und das Kind zu gleichen Teilen Erben. Auch die Anordnungen zur Aufteilung des Nachlasses im Testament würden dem deutschen Recht widersprechen.
Die Frau legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Prüfung zurück.
Das OLG stellte klar, dass in diesem Fall deutsches Erbrecht anzuwenden ist, auch wenn der Verstorbene Niederländer war. Das liegt daran, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes seit mehr als fünf Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Das niederländische Recht selbst verweist in solchen Fällen auf das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts, wenn keine engere Verbindung zum Herkunftsland besteht. Da der Erblasser seit über fünf Jahren in Deutschland lebte, ist deutsches Recht anwendbar. Das gilt auch für die Aufgaben des Testamentsvollstreckers.
Ein wichtiger Punkt war das sogenannte „Handeln unter falschem Recht“. Als der Erblasser 1994 sein Testament machte, ging er davon aus, dass niederländisches Erbrecht gelten würde. Damals war das auch korrekt, da sich das niederländische Kollisionsrecht auf das Heimatrecht des Erblassers bezog. Später änderte sich das niederländische Recht aber, und aufgrund des langen Aufenthalts des Erblassers in Deutschland wurde deutsches Recht maßgeblich.
Wenn jemand ein Testament unter der Annahme eines bestimmten Rechts macht, das sich später als falsch herausstellt, muss das Gericht herausfinden, was der Erblasser wirklich wollte. Das Testament muss dann so ausgelegt werden, dass es mit den Regeln des tatsächlich anwendbaren Rechts übereinstimmt, wenn dies möglich ist.
Im vorliegenden Fall bedeutete dies, dass das niederländische Testament nach deutschem Recht ausgelegt werden musste.
Im niederländischen Recht gab es eine Regelung, die es dem Erblasser erlaubte, das gesamte Vermögen einem Miterben zuzuweisen und die anderen auf Geldansprüche zu beschränken (die sogenannte „elterliche Nachlassverteilung“). Nach deutscher Rechtsauffassung entspricht dies der Einsetzung eines Alleinerben, der mit Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen belastet ist. Daher kann die Frau als Alleinerbin im Erbschein ausgewiesen werden.
Normalerweise kann ein Alleinerbe nach deutschem Recht nicht gleichzeitig Testamentsvollstrecker über den eigenen Nachlass sein. Aber das OLG hat betont, dass es Ausnahmen gibt, wenn besondere Umstände vorliegen. Hier war es so, dass im niederländischen Recht der überlebende Ehegatte oft vorsorglich als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde, um die Umsetzung der Nachlassverteilung, besonders bei internationalem Bezug, sicherzustellen. Dieser Vorsorgegedanke ist auch hier relevant, da es aufgrund der Rechtslage zu Komplikationen kommen könnte, auch wenn die Alleinerbschaft nach deutschem Recht nun klar ist.
Deshalb steht der Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in den Erbschein nichts entgegen.
Trotz dieser Klärungen war der Fall noch nicht entscheidungsreif. Das OLG forderte die Frau auf, ihren Antrag auf Erbschein klarzustellen, da er bisher keinen Testamentsvollstreckervermerk vorsah, was im Widerspruch zu ihrem Antrag auf Testamentsvollstreckerzeugnis stand. Außerdem fehlte eine offizielle deutsche Übersetzung des niederländischen Testaments des Verstorbenen. Das Gericht braucht diese Übersetzung, um den Inhalt des Testaments prüfen zu können.
Da das Nachlassgericht wegen seiner ursprünglichen Rechtsauffassung den Antrag auf Testamentsvollstreckerzeugnis noch nicht umfassend geprüft hatte, wurde der gesamte Fall zur weiteren Behandlung an das Nachlassgericht zurückverwiesen. Es muss nun prüfen, ob die Aufgaben des Testamentsvollstreckers inzwischen gegenstandslos geworden sind und alle anderen relevanten Punkte klären.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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