Allgemeiner Auskunftsanspruch – Verjährung vor dem Hauptanspruch – BGH Urteil vom 25/7/2017 – VI ZR 222/16
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Tenor
Das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12. Mai 2016 wird aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten um Auskunftsansprüche im Zusammenhang mit einem Hinterlegungsverfahren.
Im Jahr 2004 wurden in einem Strafverfahren die Angeklagten H. und S. wegen Betrugs und Untreue verurteilt.
Die Angeklagten verzichteten auf die Rückzahlung von im Ermittlungsverfahren gefundenen Geldern zugunsten der Geschädigten.
Die Staatsanwaltschaft hinterlegte den Betrag von 1.266.854,64 € bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Köln.
Die Hinterlegungsliste, erstellt von der Staatsanwaltschaft, führte über 900 mögliche Geschädigte auf, ohne deren Ansprüche zu prüfen.
Darunter befanden sich die Klägerin und der Beklagte.
Der Beklagte meldete 2005 einen Anspruch von 27.147,05 € an.
Die Klägerin, die über einen rechtskräftigen Titel gegen die Angeklagten über 14.333,98 DM verfügt, verlangte vom Beklagten Auskunft über die Grundlage seiner Eintragung als Beteiligter in der Hinterlegungssache.
Das Amtsgericht wies die Klage wegen Verjährung ab, und das Landgericht bestätigte diese Entscheidung.
Die Klägerin legte Revision ein.
I. Rechtsfehler des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht ging fälschlicherweise davon aus, dass der Auskunftsanspruch der Klägerin verjährt sei.
Der Auskunftsanspruch verjährt selbständig und unabhängig vom Hauptanspruch, jedoch kann er nicht vor dem Hauptanspruch verjähren.
Der Hauptanspruch, der hier auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB basiert, wäre noch nicht verjährt, daher kann auch der Auskunftsanspruch nicht verjährt sein.
II. Schuldnerschutz und Rechtsfrieden
Die Verjährung dient dem Schuldnerschutz und dem Rechtsfrieden.
Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, dass der Hilfsanspruch (Auskunftsanspruch) vor dem Hauptanspruch verjährt, da dies die Durchsetzung des Hauptanspruchs unberechtigterweise erschweren würde.
III. Rechtliche Grundlage des Auskunftsanspruchs
Der Auskunftsanspruch basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Auskunft, da sie über das Bestehen und den Umfang ihres Anspruchs unsicher ist.
Sie kann sich die notwendigen Informationen nicht selbst beschaffen, und der Beklagte kann die Auskunft ohne unzumutbare Belastung erteilen.
IV. Hinterlegungsgesetz NRW und Bereicherungsanspruch
Nach § 22 Abs. 1 HintG NRW kann die Herausgabe eines hinterlegten Betrages beantragt werden, wenn die Berechtigung nachgewiesen ist.
Verweigert ein Beteiligter wie der Beklagte die Herausgabebewilligung, kann die Berechtigung durch eine Klage festgestellt werden.
Anspruchsgrundlage dafür ist regelmäßig § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB.
Auch wenn die Hinterlegungsvoraussetzungen hier nicht vorlagen, gelten die üblichen Grundsätze:
Die anderen Hinterlegungsbeteiligten haben durch die Hinterlegung eine günstige Rechtsposition erlangt, die die Klägerin angreifen kann.
V. Umfang und Verhältnismäßigkeit des Auskunftsanspruchs
Der Auskunftsanspruch ist nach § 242 BGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
Die Klägerin benötigt die Auskunft, um entscheiden zu können, ob und in welcher Höhe sie die Hinterlegungsbeteiligten auf Abgabe einer Bewilligungserklärung in Anspruch nehmen will.
VI. Rückverweisung zur neuen Verhandlung
Das Berufungsurteil wird aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht soll prüfen, ob die Klägerin im vorliegenden Verfahren bereits die benötigten Informationen erhalten hat oder ob der Beklagte die Auskunft bereits erteilt hat und die Klägerin diese über eine Akteneinsicht erlangen könnte.
Fazit
Das BGH-Urteil betont, dass Auskunftsansprüche unabhängig vom Hauptanspruch verjähren, jedoch nicht vor diesem.
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Auskunft, um ihre Ansprüche klären und durchsetzen zu können.
Das Urteil wird zur erneuten Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen berücksichtigt werden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.