Altersdiskriminierung durch altersabhängige Schichtfreizeittage
BAG 6 AZR 119/16
Urteil vom 27.4.2017
Kernaussage:
Das BAG entschied, dass eine altersabhängige Staffelung von Schichtfreizeittagen, die über Besitzstandsregelungen
auch nach Abschaffung der ursprünglichen Regelung fortgilt, eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert in solchen Fällen eine „Anpassung nach oben“, d.h. die Gewährung der maximalen Schichtfreizeittage an alle Beschäftigten.
Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Beklagten als Croupier beschäftigt.
Bis zum Jahr 2005 galt ein Tarifvertrag (MTV 1994), der die Anzahl der Schichtfreizeittage vom Lebensalter abhängig machte.
Jüngere Arbeitnehmer erhielten weniger Schichtfreizeittage als ältere.
Der Kläger hatte aufgrund seines Alters zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV 1994 nur Anspruch auf sechs Schichtfreizeittage.
Im Jahr 2005 wurde ein neuer Tarifvertrag (MTV 2005) abgeschlossen, der keine Schichtfreizeittage mehr vorsah.
Für „Altarbeitnehmer“ wie den Kläger galt jedoch eine Besitzstandsregelung, die die bisherigen Schichtfreizeittage festschrieb.
Der Kläger klagte auf die Gewährung der maximal möglichen Schichtfreizeittage (zwölf Tage), da die Altersstaffelung diskriminierend sei.
Entscheidung des BAG:
Das BAG gab der Revision des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Gewährung der zusätzlichen Schichtfreizeittage.
Begründung im Detail:
Anwendbarkeit des AGG: Das BAG stellte zunächst klar, dass die Altersstaffelung im MTV 1994, obwohl dieser vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) abgeschlossen wurde, am Maßstab des AGG zu messen ist. Entscheidend ist der Zeitpunkt des benachteiligenden Verhaltens, nicht der Zeitpunkt des Abschlusses der Tarifregelung.
Unmittelbare Benachteiligung: Die Altersstaffelung im MTV 1994 benachteiligte den Kläger unmittelbar wegen seines Alters. Er erhielt weniger Schichtfreizeittage als ältere Arbeitnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausübten. Diese Benachteiligung wirkte durch die Besitzstandsregelung im MTV 2005 fort.
Keine Rechtfertigung: Die Ungleichbehandlung war nicht gerechtfertigt. Weder der Schutz älterer Arbeitnehmer noch der Gedanke der Besitzstandswahrung rechtfertigten die dauerhafte Festschreibung der Diskriminierung. Die Besitzstandswahrung kann zwar einen Übergangszeitraum rechtfertigen, in dem die Ungleichbehandlung beseitigt wird. Im vorliegenden Fall wurde die Ungleichbehandlung jedoch dauerhaft festgeschrieben.
„Anpassung nach oben“: Da die Ungleichbehandlung allein auf der Altersstaffelung beruhte und kein diskriminierungsfreies Bezugssystem vorhanden war, war eine „Anpassung nach oben“ erforderlich. Der Kläger war so zu behandeln, als hätte er in den maßgeblichen Zeitpunkten das Lebensalter erreicht, das für den Erwerb der maximalen Schichtfreizeittage erforderlich war.
Schadensersatz: Da die Erfüllung des Anspruchs auf die zusätzlichen Schichtfreizeittage für das Jahr 2013 unmöglich geworden war, hatte der Kläger Anspruch auf Schadensersatz. Die Beklagte hatte die Unmöglichkeit zu vertreten, da sie die zusätzlichen Schichtfreizeittage nicht gewährt hatte.
Fazit:
Das Urteil des BAG stärkt den Schutz vor Altersdiskriminierung im Arbeitsrecht.
Es verdeutlicht, dass Besitzstandsregelungen nicht dazu dienen dürfen, unzulässige Ungleichbehandlungen auf Dauer festzuschreiben.
In Fällen, in denen die Diskriminierung ausschließlich auf einer Altersstaffelung beruht, ist eine „Anpassung nach oben“ erforderlich, um den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.