Amtsermittlung Nachlassgericht Feststellung Erblasserwillen

August 21, 2017

Amtsermittlung Nachlassgericht Feststellung Erblasserwillen

OLG Sachsen-Anhalt 2 Wx 44/12

Erbschein

Bindungswirkung

Feststellungsbeschluss

RA und Notar Krau

Die Beteiligten streiten über die Erteilung eines Erbscheins.

Der Antragsteller, zweiter Ehemann der Erblasserin, möchte als Alleinerbe eingesetzt werden.

Die Beteiligte zu 2), Tochter der Erblasserin aus erster Ehe, argumentiert, dass der Antragsteller nur Vorerbe sei und die Kinder der Erblasserin Nacherben.

Die Erblasserin und der Antragsteller hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Vorerben einsetzten

und ihre gemeinsamen Kinder sowie die Tochter aus erster Ehe als Nacherben bestimmten.

Amtsermittlung Nachlassgericht Feststellung Erblasserwillen

Das Nachlassgericht hatte zunächst entschieden, dass der Antragsteller Vorerbe sei.

Der Antragsteller legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Erblasserin und er eigentlich Schlusserben einsetzen wollten.

Das OLG wies die Beschwerde zurück.

Daraufhin nahm der Antragsteller seinen Antrag zurück und stellte einen neuen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe.

Das Nachlassgericht gab dem statt.

Die Beteiligte zu 2) legte Beschwerde ein.

Kernaussagen des Gerichts:

  • Eingeschränkte Bindungswirkung des Feststellungsbeschlusses: Ein Feststellungsbeschluss nach § 352 Abs. 1 FamFG entfaltet nur eine eingeschränkte Bindungswirkung. Erweist sich nach seinem Erlass, dass der danach zu erteilende Erbschein wegen Unrichtigkeit sofort wieder einzuziehen wäre, steht er einer neuen, inhaltlich abweichenden Feststellung nicht entgegen.

Amtsermittlung Nachlassgericht Feststellung Erblasserwillen

  • Zulässigkeit eines neuen Antrags: Ein neuer Erbscheinsantrag mit einem anderen Antragsziel ist zulässig, wenn er auf einem neuen Sachverhalt beruht.
  • Amtsermittlungspflichten des Nachlassgerichts: Das Nachlassgericht muss bei der Auslegung einer letztwilligen Verfügung alle ihm zugänglichen Umstände außerhalb des Testaments auswerten, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens dienen können.
  • Verletzung der Amtsermittlungspflicht: Das Nachlassgericht hat im vorliegenden Fall seine Amtsermittlungspflicht verletzt, indem es die von der Beteiligten zu 2) benannten Zeugen nicht vernommen hat.
  • Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das Nachlassgericht hat die Beteiligte zu 2) in ihrem rechtlichen Gehör verletzt, indem es ihr keine Frist zur Benennung eines Zeugen gesetzt und sie nicht auf die Folgen einer Fristversäumnis hingewiesen hat.

Entscheidung:

Das OLG Sachsen-Anhalt hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück.

Bedeutung des Beschlusses:

Der Beschluss verdeutlicht die eingeschränkte Bindungswirkung eines Feststellungsbeschlusses im Erbscheinsverfahren

und die Amtsermittlungspflichten des Nachlassgerichts bei der Auslegung einer letztwilligen Verfügung.

Er betont die Bedeutung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten im Erbscheinsverfahren.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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