Amtsgerichtlicher Zuständigkeitsstreit bei Streit über Wohnraummiete
OLG Brandenburg Urteil vom 13.2.2024 – 3 U 96/23
Hier ist eine Zusammenfassung des Sachverhalts und der Entscheidung des OLG Brandenburg zum Zuständigkeitsstreit in Mietfragen
Dieser Fall handelt von einem Gerichtsstandstreit, also der Frage, welches Gericht (Amtsgericht oder Landgericht) für eine Klage zuständig ist. In Deutschland gibt es besondere Regeln dafür, wo Klagen eingereicht werden müssen.
Grundsätzlich gilt: Für Wohnraummietverhältnisse (Miete einer Wohnung) ist das Amtsgericht zuständig, und zwar unabhängig davon, wie hoch der Streitwert (z.B. die geforderte Mietschuld oder der Wert der Räumung) ist (§ 23 Nr. 2a GVG).
Für Gewerberaummietverhältnisse (Miete von Büros, Läden, etc.) ist in der Regel das Landgericht zuständig, es sei denn, der Streitwert ist sehr niedrig.
Der Grund für die Amtsgerichts-Zuständigkeit bei Wohnraummiete ist, dass diese Fälle oft schneller und näher am Ort der Immobilie entschieden werden sollen (sogenannter „ortsnaher Instanzenzug“).
Die Klägerin (Vermieterin) verklagte die Beklagten (Mieter) auf Räumung und Zahlung ausstehender Miete für zwei Räume in einem Büropark. Die Klägerin behauptete, es handele sich um einen Gewerbemietvertrag (Büro für Bauingenieure), den sie wegen Zahlungsverzugs gekündigt habe. Die Räume seien ohne Küche und Bad nicht zum Wohnen geeignet.
Die Beklagten verteidigten sich mit der Behauptung, es liege ein Wohnraummietvertrag vor, der nicht wirksam gekündigt worden sei.
Das erstinstanzliche Gericht, das Landgericht Frankfurt (Oder), wies die Klage als unzulässig ab. Das Landgericht meinte, es sei nicht zuständig und die Klage hätte zum Amtsgericht gehört. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hob das Urteil des Landgerichts auf und schickte den Fall zurück an das Landgericht, damit dieses die Sache inhaltlich (sachlich) prüfen kann.
Wer bestimmt die Zuständigkeit? Das OLG stellte klar, dass für die Frage, ob das Amts- oder das Landgericht zuständig ist, allein der Vortrag des Klägers (der Vermieterin) maßgeblich ist. Die Klägerin hat im vorliegenden Fall behauptet, es liege ein Gewerbemietverhältnis vor.
Ihr Antrag ist die Räumung basierend auf einem gekündigten Gewerbemietvertrag. Nach diesem Vortrag ist kein Wohnraummietverhältnis gegeben, und somit ist das Landgericht zuständig, da die Amtsgerichts-Zuständigkeit (§ 23 Nr. 2a GVG) nur bei Wohnraummiete greift.
Die Frage, ob es ein Wohnraum- oder Gewerbemietvertrag ist, ist eine sogenannte doppelrelevante Tatsache: Sie entscheidet über die Zulässigkeit der Klage (welches Gericht ist zuständig). Sie entscheidet über die Begründetheit der Klage (ob die Kündigung wirksam war und der Anspruch auf Räumung besteht).
Wenn der Kläger (hier: die Vermieterin) behauptet, es gäbe keinen Wohnraummietvertrag, dann muss das Gericht für die Frage der Zuständigkeit diesen Vortrag als wahr unterstellen.
Die Verteidigung des Beklagten (Mieters), es sei doch eine Wohnung, ändert nichts an der Zuständigkeit.
Würde der Vortrag des Beklagten später im Prozess als richtig erkannt (es ist doch Wohnraum), wäre die Klage der Vermieterin zwar unbegründet (weil die Gewerbemiet-Kündigung unpassend wäre), aber das Verfahren hätte beim Landgericht begonnen.
Das OLG Brandenburg widersprach damit einer früheren Ansicht des OLG Düsseldorf, nach der schon der schlüssige Vortrag des Beklagten, es handele sich um Wohnraum, die Zuständigkeit zum Amtsgericht verschiebt.
Das OLG Brandenburg argumentiert, dies würde dem Beklagten ermöglichen, dem Kläger durch eine (möglicherweise falsche) Behauptung einfach einen anderen, „falschen“ Gerichtsstand aufzuzwingen.
Wenn die Vermieterin eine Räumungsklage einreicht und sich dabei auf einen Gewerbemietvertrag beruft, ist das Landgericht zuständig, selbst wenn der Mieter dagegenhält, es sei doch eine Wohnraummiete. Das Landgericht muss dann in der Sache prüfen, ob der Vertrag tatsächlich ein Gewerbemietvertrag ist.
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