Anerkennung ausländischer güterrechtlicher Entscheidung bei Grundbuchberichtigung

April 19, 2025

Anerkennung ausländischer güterrechtlicher Entscheidung bei Grundbuchberichtigung

RA und Notar Krau

Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Mai 2019 – V ZB 101/18 zur Anerkennung einer ausländischen güterrechtlichen Entscheidung bei der Berichtigung des Grundbuchs

Sachverhalt:

Ein deutsches Ehepaar war im Grundbuch als Eigentümer eines in Deutschland belegenen Grundstücks in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingetragen.

Sie heirateten 2002 in Deutschland und lebten ab 2004 in Florida, USA. Im April 2014 wurde in Florida das Scheidungsverfahren eingeleitet.

Im Zuge dieses Verfahrens übertrug ein US-amerikanisches Gericht (Circuit Court) mit Beschluss vom 11. August 2016 den 50%-Gesellschaftsanteil des Ehemannes an der GbR auf die Ehefrau.

Diese Übertragung sollte es der Ehefrau ermöglichen, nach einer anberaumten Zwangsversteigerung alleinige Eigentümerin des Grundstücks zu werden

und die Grundbuchberichtigung ohne Zustimmung des Ehemannes zu beantragen.

Das Gericht ersetzte zudem alle notwendigen Willenserklärungen des Ehemannes.

Die Scheidung der Ehe erfolgte später durch eine nicht rechtskräftige Entscheidung, welche die Anordnung zur Übertragung des Gesellschaftsanteils bestätigte.

Die Ehefrau beantragte daraufhin beim zuständigen Grundbuchamt in Deutschland die Berichtigung des Grundbuchs, um sie als alleinige Eigentümerin einzutragen.

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Das Grundbuchamt wies den Antrag zunächst zurück.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hob die daraufhin erfolgte Anweisung des Amtsgerichts zur Eintragung auf und wies den Berichtigungsantrag ebenfalls zurück.

Es begründete dies damit, dass es an der internationalen Zuständigkeit des US-amerikanischen Gerichts fehle, da für Streitigkeiten über das

Eigentum an in Deutschland belegenen Grundstücken gemäß § 24 Abs. 1 ZPO die ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Er stellte fest, dass die Anerkennung der ausländischen Entscheidung im vorliegenden Fall nicht an der internationalen Zuständigkeit des US-amerikanischen Gerichts scheitert.

Der BGH führte aus, dass die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Familiensachen sich nach den §§ 108, 109 des Gesetzes

über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) richtet und nicht nach § 328 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Entscheidung des Circuit Court sei als güterrechtliche Entscheidung im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren einzuordnen

und somit eine Familiensache im Sinne des § 111 Nr. 9 in Verbindung mit § 261 FamFG.

Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts sei gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG gegeben,

wenn die Gerichte des anderen Staates nach deutschem Recht zuständig gewesen wären (Spiegelbildprinzip).

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Im vorliegenden Fall wäre das US-amerikanische Gericht nach deutschem Recht international zuständig gewesen.

Zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens hatten beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Florida.

Bei einer güterrechtlichen Streitigkeit als sogenannte Verbundsache im Sinne des § 98 Abs. 3 FamFG hätte die internationale Zuständigkeit des US-Gerichts für die Ehesache

gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 2 FamFG spiegelbildlich auch die Güterrechtssache umfasst.

Selbst wenn es sich um eine isolierte Güterrechtssache handeln würde, wäre das US-amerikanische Gericht international zuständig gewesen.

Gemäß § 105 FamFG ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in anderen als den in den §§ 98 ff. FamFG genannten Fällen gegeben, wenn ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist.

Für Güterrechtssachen ist gemäß § 262 Abs. 1 FamFG während der Anhängigkeit einer Ehesache das Gericht örtlich ausschließlich zuständig, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war.

Da das Scheidungsverfahren in Florida anhängig war, wäre das Circuit Court bei spiegelbildlicher Anwendung des § 262 Abs. 1 FamFG auch für die Güterrechtssache örtlich

und somit gemäß § 105 FamFG international zuständig gewesen.

Entgegen der Auffassung des OLG stehe § 24 Abs. 1 ZPO der internationalen Zuständigkeit nicht entgegen.

Diese Vorschrift begründet die ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen, durch die das Eigentum an unbeweglichen Sachen geltend gemacht wird.

Der Antrag vor dem Circuit Court zielte jedoch nicht auf die Feststellung oder Durchsetzung eines bestehenden Eigentumsrechts am Grundstück,

sondern auf die Übertragung des Gesellschaftsanteils an der GbR durch richterlichen Gestaltungsakt.

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Erst durch diesen Akt konnte die Ehefrau mittelbar Eigentümerin des Grundstücks werden.

Somit handelte es sich nicht um eine Eigentumsklage im Sinne des § 24 ZPO. Zudem findet § 24 ZPO nach der eindeutigen Regelung des § 262 Abs. 1 FamFG

keine Anwendung auf Güterrechtssachen während der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens.

Der BGH stellte weiterhin fest, dass für die durch richterlichen Gestaltungsakt erfolgte Übertragung des Gesellschaftsanteils keine gesonderte Vollstreckbarkeitserklärung nach § 110 Abs. 2 FamFG erforderlich

sei, da diese Übertragung – die Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung vorausgesetzt – unmittelbar zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führe.

Der BGH verwies die Sache zurück, da das OLG aufgrund seiner Rechtsauffassung noch keine Feststellungen zur formgerechten Nachweisung der Rechtskraft und Echtheit der Entscheidung des Circuit

Court sowie zu möglichen anderen Anerkennungshindernissen (wie ordre public oder Gegenseitigkeit gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG) getroffen hatte.

Fazit:

Der BGH entschied, dass § 24 Abs. 1 ZPO der Anerkennung einer ausländischen güterrechtlichen Entscheidung, durch die im Rahmen eines Scheidungsverfahrens ein Gesellschaftsanteil an einer GbR

übertragen wird, die Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks ist, im grundbuchrechtlichen Berichtigungsverfahren nicht entgegensteht.

Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts ist in einem solchen Fall nach den Vorschriften des FamFG zu beurteilen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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