Anfechtung Annahme Erbe Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft Nachlass

Juli 23, 2017

Anfechtung Annahme Erbe Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft Nachlass

OLG München 31 Wx 54/15

Beschluss vom 28. Juli 2015

gegen den Nachlass gerichtete Forderung,

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Die Erben können die Annahme der Erbschaft anfechten, wenn sie sich über die Überschuldung des Nachlasses aufgrund einer

irrtümlichen Annahme über den rechtlichen Bestand einer Nachlassverbindlichkeit geirrt haben.

Sachverhalt:

Der Erblasser verstarb und hinterließ seine Ehefrau und zwei gemeinsame Kinder (Beteiligte zu 1 und 2) sowie drei Kinder aus erster Ehe (Beteiligte zu 3, 4 und 5).

Anfechtung Annahme Erbe Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft Nachlass

Die Kinder aus erster Ehe wurden über ihre Erbenstellung informiert, schlugen die Erbschaft aber zunächst nicht aus.

Die Ehefrau beantragte daraufhin einen Erbschein, der sie als Erbin auswies.

Später stellte sich heraus, dass der Nachlass mit einer Darlehensschuld belastet war, von der die Kinder aus erster Ehe zunächst annahmen, sie sei verjährt.

Nachdem ein Gericht die Forderung als bestehend bestätigt hatte, versuchten die Kinder aus erster Ehe, ihre Annahme der Erbschaft anzufechten und die Erbschaft auszuschlagen.

Rechtliche Würdigung:

Das Oberlandesgericht München (OLG) gab den Kindern aus erster Ehe Recht.

  • Anfechtung der Annahme der Erbschaft: Die Kinder aus erster Ehe konnten ihre Annahme der Erbschaft wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses anfechten (§§ 1954, 1956 BGB i.V.m. § 119 Abs. 2 BGB).

Anfechtung Annahme Erbe Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft Nachlass

  • Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft: Die Überschuldung des Nachlasses stellt eine verkehrswesentliche Eigenschaft dar. Ein Irrtum hierüber liegt auch dann vor, wenn die Erben die Verbindlichkeit kannten, aber irrtümlich davon ausgingen, dass diese nicht bestandskräftig sei (z.B. wegen Verjährung).
  • Keine bloße Fehlbewertung: Es handelt sich nicht um eine bloße Fehlbewertung einer bekannten Verbindlichkeit, sondern um einen Irrtum über den rechtlichen Bestand der Forderung und damit über die Zusammensetzung des Nachlasses.
  • Anfechtungsfrist: Die sechswöchige Anfechtungsfrist begann erst mit der Kenntniserlangung von der Bestandskraft der Forderung durch das Urteil des Landgerichts. Die Anfechtung war daher fristgerecht.

Ergebnis:

Das OLG hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und wies dieses an, den Erbschein einzuziehen.

Die Kinder aus erster Ehe galten damit als nicht erbberechtigt.

Zusätzliche Informationen:

  • Ausschlagung der Erbschaft: Die Kinder aus erster Ehe hatten nach der Anfechtung der Annahmeerklärung die Erbschaft wirksam ausgeschlagen.
  • Kostenentscheidung: Da die Beschwerde der Kinder aus erster Ehe erfolgreich war, erübrigte sich eine Kostenentscheidung.
  • Rechtsbeschwerde: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde lagen nicht vor.

Bedeutung des Beschlusses:

Der Beschluss verdeutlicht, dass ein Irrtum über den rechtlichen Bestand einer Nachlassverbindlichkeit einen Anfechtungsgrund darstellen kann,

wenn dieser Irrtum zu einer falschen Vorstellung über die Überschuldung des Nachlasses führt.

Die Erben können sich in solchen Fällen nicht auf eine bloße Fehlbewertung einer bekannten Verbindlichkeit berufen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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