Anfechtung Ausschlagungserklärung

August 19, 2017
Anfechtung Ausschlagungserklärung
OLG Hamm I-15 W 167/10
Anfechtung der Ausschlagung unwirksam,
Erbenstellung durch Ausschlagung rückwirkend verloren,

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Hamm hatte in diesem Fall über die Wirksamkeit der Anfechtung einer Ausschlagungserklärung zur Erbschaft zu entscheiden.

Im Mittelpunkt stand die Frage, ob ein Irrtum über die Gültigkeit eines Testaments die Anfechtung rechtfertigt und welche Folgen die Ausschlagung für die Erbenstellung hat.

Sachverhalt:

Die Erblasserin wurde von ihren drei Kindern beerbt.

Eines der Kinder (C4) schlug die Erbschaft aus, da es von der Gültigkeit eines Testaments ausging, in dem die beiden anderen Geschwister als Erben eingesetzt waren.

Später stellte sich heraus, dass das Testament unwirksam war.

Anfechtung Ausschlagungserklärung

C4 focht daraufhin die Ausschlagung an, da er sich geirrt habe.

Rechtliche Grundlagen:

  • § 1944 BGB: Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft
  • § 1945 BGB: Form der Ausschlagungserklärung
  • § 1949 BGB: Unwirksamkeit der Ausschlagung
  • § 1953 BGB: Rückwirkung der Ausschlagung
  • § 1954 BGB: Anfechtung der Ausschlagung
  • § 1955 BGB: Anfechtungsgrund

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Hamm entschied, dass die Anfechtung der Ausschlagung unwirksam ist.

C4 habe seine Erbenstellung durch die Ausschlagung rückwirkend verloren.

Begründung:

Anfechtung Ausschlagungserklärung

  • Wirksame Ausschlagung: Die Ausschlagungserklärung von C4 war form- und fristgerecht und somit wirksam.
  • Unbeachtlicher Irrtum: Ob C4 tatsächlich von der Gültigkeit des Testaments ausging, konnte dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall war, sei der Irrtum unbeachtlich.
  • Kausalität des Irrtums: Es sei nicht feststellbar, dass der Irrtum über die Gültigkeit des Testaments für die Ausschlagung kausal geworden ist. Die Geschwister, die Rechte aus der Unwirksamkeit der Ausschlagung herleiten wollten, hätten die Feststellungslast hierfür getragen.
  • Ausschlagung „aus allen Berufungsgründen“: C4 hatte die Erbschaft ausdrücklich „aus allen Berufungsgründen“ ausgeschlagen. Eine solche Erklärung erfasst nicht nur die bekannten, sondern auch die unbekannten Berufungsgründe. C4 habe damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Erbschaft in jedem Fall ausschlagen wollte.
  • Kein Wille zur Erbschaft: Die Gesamtumstände sprachen dafür, dass C4 die Erbschaft auf keinen Fall antreten wollte. Er habe bei der Ausschlagung auf eine Beteiligung am Nachlass keinen Wert gelegt.
  • Folgen der Ausschlagung: Durch die wirksame Ausschlagung hat C4 seine Erbenstellung rückwirkend verloren. Sein Erbteil fiel an seine Kinder.

Fazit:

Das OLG Hamm hat in diesem Urteil klargestellt, dass ein Irrtum über die Gültigkeit eines Testaments nicht automatisch zur Anfechtung einer Ausschlagungserklärung berechtigt.

Entscheidend ist, ob der Irrtum für die Ausschlagung kausal war.

Im vorliegenden Fall sprach alles dafür, dass C4 die Erbschaft unabhängig von der Gültigkeit des Testaments ausschlagen wollte.

Anfechtung Ausschlagungserklärung

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen Abwägung vor der Ausschlagung einer Erbschaft.
  • Im Zweifel sollten sich Erben, die eine Ausschlagung erwägen, anwaltlich beraten lassen.
  • Die Formulierung „Ausschlagung aus allen Berufungsgründen“ sollte nur verwendet werden, wenn der Erbe die Erbschaft in jedem Fall ausschlagen möchte.

Wichtige Punkte des Urteils in Stichpunkten:

  • Irrtum über die Gültigkeit eines Testaments allein rechtfertigt nicht die Anfechtung der Ausschlagung.
  • Kausalität des Irrtums für die Ausschlagung muss feststellbar sein.
  • „Ausschlagung aus allen Berufungsgründen“ schließt auch unbekannte Berufungsgründe ein.
  • Ausschlagung führt zum rückwirkenden Verlust der Erbenstellung.
RA und Notar Krau

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