Anfechtung der Versäumung der Erbausschlagungsfrist – OLG Düsseldorf Beschluss vom 15. Dezember 2016 – I 3 Wx 314/15
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 15. Dezember 2016 (Az. I-3 Wx 314/15) befasst sich mit einer Nachlasssache und der Anfechtung der Versäumung der Erbausschlagungsfrist durch einen Pflichtteilsberechtigten, der als Erbe eingesetzt wurde.
Die Entscheidung hebt einen früheren Beschluss des Amtsgerichts (AG) Dinslaken auf und ordnet die Einziehung eines zuvor erteilten Erbscheins an.
Der Streitwert wird auf bis zu 13.000 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten zu 1 und 3 sind Töchter der Erblasserin, der Beteiligte zu 2 ist ihr Enkel.
Die Erblasserin hinterließ ein handschriftliches Testament vom 31. Juli 2013, in dem sie verschiedene Geldbeträge an mehrere Personen vermachte.
Der Wert des Nachlasses belief sich zum Zeitpunkt des Erbfalls auf 89.486 Euro.
Das AG Dinslaken erteilte am 25. November 2014 einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge, der die Beteiligten zu 1 bis 3 als Erben zu je einem Drittel ausweist.
Die testamentarischen Verfügungen wurden dabei als Vermächtnisse behandelt.
Mit einer notariellen Erklärung vom 17. März 2015 focht der Beteiligte zu 2 die Versäumung der Ausschlagungsfrist und eine etwaige Annahme der Erbschaft wegen Irrtums an und erklärte die Ausschlagung der Erbschaft.
Er argumentierte, der Nachlass sei durch Vermächtnisse so stark belastet, dass sein Pflichtteil gefährdet sei.
Zum Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft sei ihm nicht bewusst gewesen, dass dies nur gelte, wenn er die Erbschaft innerhalb der vorgesehenen Frist ausschlage.
Entscheidungen der Vorinstanzen
Das Nachlassgericht wies den Antrag auf Einziehung des Erbscheins zurück.
Es führte aus, dass die Ausschlagung erst nach Ablauf der sechs Wochen-Frist beim Nachlassgericht eingegangen sei und der Beteiligte zu 2 durch die Testamentseröffnung von den Belastungen seines Erbteils gewusst habe.
Ein Anfechtungsgrund liege nicht vor, da der Rechtsirrtum über die neuen Regelungen des § 2306 BGB keinen solchen darstelle.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des AG Dinslaken auf und entschied, dass der erteilte Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen sei.
Das OLG stellte fest, dass der Beteiligte zu 2 die Versäumung der Ausschlagungsfrist wirksam angefochten habe.
Der Anfechtungsgrund sei ein Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
Der Beteiligte zu 2 habe irrtümlich angenommen, dass ihm der Pflichtteilsanspruch trotz der Belastungen durch Vermächtnisse erhalten bleibe, was nicht der Fall sei.
Das OLG führte aus, dass die Neufassung des § 2306 BGB zum 1. Januar 2010 die Gefahr eines Rechtsirrtums nicht beseitigt habe.
Auch nach der neuen Regelung bestehe die Gefahr, dass der rechtsunkundige Erbe über die Folgen der Erbschaftsannahme und einer versäumten Ausschlagung im Unklaren sei.
Begründung der Anfechtungsberechtigung
Das OLG begründete, dass die irrige Annahme des Beteiligten zu 2 über die Rechtsfolgen der Annahme der Erbschaft und die Folgen einer versäumten Ausschlagung einen wesentlichen Inhaltsirrtum darstelle.
Der Beteiligte zu 2 sei davon ausgegangen, dass er seinen Pflichtteilsanspruch auch bei Annahme der Erbschaft behalte, was nicht zutreffe.
Diese Fehlvorstellung rechtfertige eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft.
Folgen und weitere Prüfungen
Der Erbschein ist aufgrund der erfolgreichen Anfechtung einzuziehen.
Das Nachlassgericht wird erneut prüfen müssen, ob das Testament vom 31. Juli 2013 tatsächlich nur Vermächtnisse enthält oder ob es sich dabei um Erbeinsetzungen handelt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, und die Wertfestsetzung richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Beschwerdeführers.
Zusammenfassung und Implikationen
Diese Entscheidung verdeutlicht die Komplexität und die potenziellen Irrtümer bei der Annahme von Erbschaften, insbesondere wenn der Nachlass mit Vermächtnissen belastet ist.
Es zeigt sich, dass auch nach der Neuregelung des § 2306 BGB die Gefahr von Rechtsirrtümern besteht, die zur Anfechtung berechtigen können.
Das Urteil stellt klar, dass eine irrige Annahme über die Rechtsfolgen der Erbschaftsannahme einen beachtlichen Inhaltsirrtum darstellt, der zur Anfechtung berechtigt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.