Anfechtung Erbausschlagung über verkehrswesentliche Eigenschaften Nachlass geirrt
OLG Düsseldorf I-3 Wx 12/16
Vorinstanz:
Amtsgericht Dinslaken, 14 VI 356/16
Sachverhalt:
Die Erblasserin und ihr Vater verstarben beim Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 am 24. März 2015.
Die Beteiligte zu 1, eine Tante der Erblasserin, schlug zunächst zusammen mit anderen Verwandten das Erbe aus,
da sie davon ausging, dass der Nachlass nur einen geringen Wert habe.
Später erfuhr sie, dass der Erblasserin aufgrund des Flugzeugabsturzes erhebliche Schmerzensgeldansprüche gegen die Germanwings GmbH zustanden.
In der Annahme, diese Ansprüche seien nicht Teil des Nachlasses, hatte sie diese bei der Ausschlagung nicht berücksichtigt.
Die Beteiligte zu 1 focht daraufhin ihre Ausschlagung an und beantragte die Erteilung eines Erbscheins.
Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, da es keinen Anfechtungsgrund sah.
Es argumentierte, dass ein Irrtum über die Größe des Nachlasses keine Anfechtung rechtfertige.
Entscheidung des OLG Düsseldorf:
Das OLG Düsseldorf gab der Beschwerde der Beteiligten zu 1 statt und änderte den Beschluss des Nachlassgerichts.
Die Beteiligte zu 1 habe ihre Erbausschlagung wirksam angefochten.
Begründung:
Anfechtungsgrund:
Ein Irrtum über die Größe des Nachlasses allein berechtigt grundsätzlich nicht zur Anfechtung einer Erbausschlagung.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Irrtum die Zusammensetzung des Nachlasses betrifft. Ein Irrtum über die Zugehörigkeit bestimmter Rechte zum Nachlass kann einen Anfechtungsgrund darstellen, wenn es sich um eine verkehrswesentliche Eigenschaft handelt.
Im vorliegenden Fall irrte die Beteiligte zu 1 über die Zugehörigkeit der Schmerzensgeldansprüche zum Nachlass. Diese Ansprüche stellten aufgrund ihrer Höhe im Verhältnis zum übrigen Nachlasswert eine verkehrswesentliche Eigenschaft dar.
Kausalität:
Der Irrtum über die verkehrswesentliche Eigenschaft muss kausal für die Erbausschlagung gewesen sein. Die Beteiligte zu 1 muss darlegen, dass sie die Erbschaft bei Kenntnis der Sachlage nicht ausgeschlagen hätte.
Das OLG Düsseldorf sah die Kausalität als gegeben an. Die Beteiligte zu 1 hatte angegeben, dass sie die Ausschlagung im Hinblick auf drohende familiäre Konflikte erklärt hatte. Bei Kenntnis der Schmerzensgeldansprüche hätte sie diese Konflikte jedoch in Kauf genommen, da ihr die Geltendmachung dieser Ansprüche zur Verarbeitung des traumatischen Verlustes wichtig war.
Fristgerechte Anfechtung:
Die Anfechtung muss gemäß § 1954 Abs. 1 BGB fristgerecht erfolgen, d.h. innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes.
Die Beteiligte zu 1 hatte die Anfechtung fristgerecht erklärt.
Ergebnis:
Das OLG Düsseldorf wies das Nachlassgericht an, der Beteiligten zu 1 den beantragten Erbschein zu erteilen.
Wichtige Punkte des Urteils:
Das Urteil verdeutlicht, dass nicht nur ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses, sondern auch ein Irrtum über die Zugehörigkeit wertvoller Vermögensgegenstände zum Nachlass einen Anfechtungsgrund darstellen kann.
Die „verkehrswesentliche Eigenschaft“ wird im Einzelfall anhand der Bedeutung des fraglichen Nachlassgegenstandes für den Gesamtwert des Nachlasses beurteilt.
Die Kausalität des Irrtums für die Erbausschlagung ist im Einzelfall zu prüfen.
Die fristgerechte Anfechtung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anfechtung.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.