Anfechtung Erbschaftsannahme aus steuerlichen Gründen

August 4, 2017
Anfechtung Erbschaftsannahme aus steuerlichen Gründen
OLG Frankfurt am M 20 W 325/09
Beschl. v. 08.12.2009,
RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Zwei Schwestern, die Beteiligten zu 1) und 2), waren Miterbinnen nach ihrer verstorbenen Schwester.

Die Beteiligte zu 2) hatte die Erbschaft zunächst angenommen, jedoch später angefochten, da sie sich über den Umfang des Nachlasses geirrt hatte.

Sie war von einem geringen Vermögen ausgegangen, tatsächlich befand sich im Nachlass eine Immobilie im Wert von ca. 600.000 €.

Hätte sie dies gewusst, hätte sie die Erbschaft aufgrund der höheren Erbschaftsteuerbelastung ausgeschlagen.

Anfechtung Erbschaftsannahme aus steuerlichen Gründen

Das Amtsgericht wies die Anfechtung zurück, wogegen die Beteiligte zu 2) Beschwerde einlegte.

Rechtsfrage:

Kann die Annahme einer Erbschaft angefochten werden, wenn sich der Nachlass im Nachhinein als werthaltiger erweist und dies zu einer höheren Erbschaftsteuer führt?

Entscheidung des OLG Frankfurt:

Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Die Anfechtung der Erbschaftsannahme war unwirksam.

Begründung:

  • Anfechtung der Erbschaftsannahme: Die Annahme einer Erbschaft kann nach den allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen angefochten werden (§§ 119, 123 BGB).
  • Irrtumsanfechtung: In Betracht kam hier eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums gemäß § 119 Abs. 2 BGB. Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn sich der Anfechtende über Eigenschaften der Person oder der Sache irrt. Der Nachlass wird als „Sache“ angesehen.

Anfechtung Erbschaftsannahme aus steuerlichen Gründen

  • Wert des Nachlasses: Der bloße Wert einer Sache ist jedoch keine Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB.
  • Kausalität des Irrtums:
    • Selbst wenn ein Eigenschaftsirrtum vorliegen würde, müsste dieser für die Willenserklärung kausal gewesen sein. Das bedeutet, der Anfechtende hätte die Erklärung bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben.
    • Ein Anfechtungsrecht besteht in der Regel nicht, wenn der Erklärende durch den Irrtum wirtschaftlich keinen Nachteil erleidet.
  • Keine wirtschaftliche Schlechterstellung:
    • Im vorliegenden Fall war die Beteiligte zu 2) durch den größeren Umfang des Nachlasses nicht wirtschaftlich schlechter gestellt, auch wenn sie mehr Erbschaftsteuer zahlen musste.
    • Es gab keinen Grund, warum die Immobilie die Beteiligte zu 2) veranlasst hätte, die Erbschaft nicht anzunehmen, außer den steuerlichen Gründen.
  • Steuerliche Gestaltung:
    • Allein eine anderweitige kostengünstigere steuerliche Gestaltungsmöglichkeit berechtigt nicht zur Anfechtung einer Erbschaftsannahme.
    • Ein Irrtum über die günstigste steuerliche Gestaltung bei Annahme eines Nachlasses ist nicht durch das Anfechtungsrecht geschützt.

Fazit:

Das OLG Frankfurt stellte klar, dass eine Erbschaftsannahme nicht allein aufgrund von steuerlichen Nachteilen angefochten werden kann.

Der Irrtum über den Wert des Nachlasses ist kein relevanter Anfechtungsgrund, solange keine wirtschaftliche Schlechterstellung eintritt.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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