Anfechtung Testament später geborener Pflichtteilsberechtigter
Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19.09.2024 (Az. 33 W 1507/24 e) befasst sich mit der Frage, ob ein Testament angefochten werden kann, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der
Testamentserrichtung noch keine Kenntnis von der Existenz eines später geborenen Pflichtteilsberechtigten hatte.
Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser im Jahr 1994 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem er seiner damaligen Lebensgefährtin eine Eigentumswohnung vermachte.
Im Jahr 2008 wurde dem Erblasser eine Tochter geboren, die er in seinem Testament nicht berücksichtigt hatte.
Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2023 focht die Tochter das Testament an, da sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden war.
Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Anfechtung des Testaments durch die Tochter berechtigt ist.
Gemäß § 2079 Satz 1 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, wenn der Erblasser einen zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein
ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist.
Im vorliegenden Fall war die Tochter des Erblassers erst nach der Errichtung des Testaments geboren worden.
Daher war sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden und hatte das Recht, das Testament anzufechten.
Das Gericht stellte fest, dass im Regelfall vermutet wird, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage einen Pflichtteilsberechtigten nicht übergangen hätte.
Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn ein entgegenstehender Erblasserwille festgestellt werden kann.
Im vorliegenden Fall konnte die Lebensgefährtin des Erblassers jedoch nicht nachweisen, dass der Erblasser seine Tochter auch bei Kenntnis ihrer Existenz nicht als Erbin eingesetzt hätte.
Daher blieb die Vermutung des § 2079 Satz 1 BGB bestehen und die Anfechtung des Testaments durch die Tochter war erfolgreich.
Das Oberlandesgericht München wies darauf hin, dass zur Ermittlung des hypothetischen Erblasserwillens auch der Umstand herangezogen werden kann,
dass der Erblasser das Testament „geflissentlich“ nach Kenntnis von dem Erbrecht des Pflichtteilsberechtigten weiter hat bestehen lassen.
Hierfür reicht aber eine bloße Untätigkeit nicht aus.
Im vorliegenden Fall konnte die Lebensgefährtin des Erblassers nicht nachweisen, dass der Erblasser das Testament nach Kenntnis von der Existenz seiner Tochter „geflissentlich“ weiter bestehen lassen wollte.
Daher konnte die Vermutung des § 2079 Satz 1 BGB auch nicht durch den Umstand widerlegt werden, dass der Erblasser das Testament nach Kenntnis von der Existenz seiner Tochter nicht geändert hatte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19.09.2024 (Az. 33 W 1507/24 e) klarstellt,
dass ein Testament angefochten werden kann, wenn der Erblasser einen später geborenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat.
Die Vermutung, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage den Pflichtteilsberechtigten nicht übergangen hätte,
kann nur widerlegt werden, wenn ein entgegenstehender Erblasserwille festgestellt werden kann.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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